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von Sumaro
16.08.2017 13:53
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Thema: Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Cavia hat geschrieben: 16.08.2017 08:38 Aber WENN man den wirklich das Interesse hat, konstruktiv was zu verbessern, was anderen Benutzern des Produktes hilreich ist, dann ist hier durchaus die Chance da.
Das ist aber mMn absolut loslösbar vom Verriss selbst machbar. Es ist sogar deutlich zu empfehlen die Rezension und die konstruktive Verbesserung voneinander zu trennen, da man sonst nicht das Produkt bewertet. Also die alternative Handlung, die man selbst vielleicht in Kapitel X einbinden würde, hat mMn nichts in der Rezension zu suchen, sondern kann und darf gerne gesondert davon angeboten werden.

Übrigens kann auch ein Roman so "verändert" werden. "Schreiben Sie einfach Kapitel 4, 6 und 10 nach folgenden Ideen um, dann ist der Roman viel stimmiger", klappt ja auch da. Nur ändert es ja, wie du selbst gesagt hast, nichts am Produkt. Und um das geht es ja in einem Verriss, ebenso wie in einer Rezension.
von Sumaro
15.08.2017 13:14
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Thema: Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Ein Verriss führt niemals zur Verbesserung des Produktes, da das Produkt keine Massenware ist, die erneut und verbessert rausgebracht wird, sondern im Regelfall ein Machwerk, welches dann genauso stehen bleibt. Sprich, das Finale von Haffax, die Geschichte mit Nandus, dies alles bleibt unberührt. Es gibt keinen konstruktiven Diskurs, weil die Weichen gestellt wurden. Konstruktiv könnte Kritik nur sein, wenn der Autor auch nachbessert, beispielsweise ein neues Finale schreibt. Ansonsten bleibt die Konstruktivität für den Autor ohnehin vollkommen auf der Strecke. Er kann seine Meinung darlegen, er kann auch seine Haltung rechtfertigen, aber am geschriebenen Wort ändert sich nichts mehr. Das ist doch der Punkt des Ganzen. Konstruktivität innerhalb der Spielgemeinde ist dann nämlich wieder etwas ganz anderes. Aber ist Pardona erst einmal in den Kessel geworfen, bleibt sie im Kessel, egal wie konstruktiv ich dem Autor Alternativen darlege. Der offizielle Kanon bleibt vom konstruktiven Diskurs gänzlich unberührt.
Bestenfalls bleibt die vage Deutung, dass es sich vielleicht in Zukunft bessern würde, dass in irgendeiner fernen Zeit die Dinge einen Retcon erfahren mögen, dass ein anderer Autor das Thema erneut aufgreift, und es in seinem Sinne neu beschreibt. Vielleicht mit der Erinnerung des Diskurses im Nacken. Aber das ist wirklich nur eine vage Hoffnung. Die Historia, in ihren subtilen Änderungen, ist da eine einzigartige Haltung gewesen, die wohl nur auf den wahrlichen Shitstorm zurückzuführen ist, mit dem man verschiedenste Fraktionen auch innerhalb des Geschichtskapitels, welches ja ebenfalls Historie umgeschrieben hat und manchmal in chaotischem Nonsens wiedergab, vor den Kopf gestoßen hat.
von Sumaro
15.08.2017 12:33
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Keideran Labharion hat geschrieben: 15.08.2017 11:58Denn immerhin sind DSA-Autoren in erster Linie schreibende Fans, die ihren Beitrag zu ihrem Spiel leisten wollen und vorrangig nicht aus monetären Motivation, sondern aus ihrer Begeisterung herausschreiben.
Ist das so? Was ist mit Leute, die festangestellt für Ulisses sind und auch für DSA schreiben? Das es schreibende Fans sind, ist mMn eben kein Argument, warum man ihre Werke nicht dennoch auch mal mit harter Hand abwatschen dürfen sollte. Begeisterung ist eine Erklärung für manchen Fehltritt, aber keine Entschuldigung.
Keideran Labharion hat geschrieben: 15.08.2017 11:58 Dies ist für mich der entscheidende Punkt, der das Autoren-Kritiker-Verhältnis bei DSA von anderer Literatur, Film, etc. unterscheidet, und der hier auch schon genannt wurde. Der Austausch ist direkter, persönlicher. Die Wahrscheinlichkeit, den Kritisierten direkt zu erreichen, ist höher, und dies erlaubt schon die Reflexion, wen man da und vor allem wie man diese Person addressiert.
Die Werke, die ich in letzter Zeit (und das umfasst jetzt eine größere Zeitspanne) verreissen wollte, waren vor allem die Historia, ein mMn klassischer Fehlgriff, in dessen Demontage ich viel Zeit investiert habe und die neuen Phileasson-Romane, die ich für absolut nicht gelungen halte und deren Darstellung der Spielwelt und auch einzelner NSC mir übel aufgestoßen ist. Dabei ist vielleicht theoretisch ein Bernhard Hennen für mich leichter zu erreichen als ein G.R.R. Martin, aber letztlich sind sie mir beide doch ziemlich fern. Auch einen Florian Don-Schauen, maßgeblicher Gestalter der HA, ist für mich kein "bekanntes Gesicht", jemand den ich einfach anschreiben könnte, um persönliche Nähe herzustellen. Und ich bezweifle, dass ich selbst irgendeine Bedeutung für diese Personen habe.
Würde ich eine Nähe zu diesen Personen empfinden oder faktisch haben, wäre es vielleicht niemals zu einem Verriss gekommen oder es hätte sogar vorher Möglichkeiten gegeben einzugreifen. Der Verriss entsteht doch gerade dann, wenn es eben keine kommunikative Nähe gibt, die während dem Schaffensprozess genutzt wird.

Ich sehe durchaus Sinn in einem generell gemäßigten Tonfall in Diskussionen, in Rezensionen und in Bewertungen. Der Verriss ist jedoch, wie ich finde, das Mittel der Wahl, wenn all diese anderen Mittel eben nicht mehr ausreichen. Es ist kein Allheilmittel und die Forderung nach mehr Mut zum Verriss ist von meiner Seite aus auch keine Forderung nach ständigen Verrissen. Sie sollen angemessen sein, es soll also in der Tat eine Grundlage haben, warum eine konstruktive Kritik dem Verriss weicht. Aber eben ohne Vorverurteilung dadurch, dass man sich jetzt dieses Mittels bedient.

Daher Mut zum Verriss, wenn er begründet ist und im Verriss begründet wird. Und keine Stigmatisierung des Mittels, nur weil auch Gefühle verletzt werden können. Das passiert übrigens auch bei einer konstruktiven Kritik. Ich kann sehr wohl vorschlagen, wie man etwas, in meinen Augen, verbessern kann und dabei die ursprüngliche Handlung/Inhalte vollkommen dekonstruieren. Ich glaube kein Autor liest gerne eine schlechte Kritik, egal wie wohlbegründet sie auch sein mag. Als Autor aber muss ich dann einen Mechanismus finden damit zu arbeiten. Im besten Fall sogar mit dem härtesten Verriss.
von Sumaro
15.08.2017 09:34
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Herr der Welt hat geschrieben: 15.08.2017 08:23Man spürt sehr gut, dass er eine Plattform suchte, die seinem Ärger Raum bieten kann, wofür er eine differenzierte Kritik ablehnte. Und selbstverständlich verhöhnt er Grass mit dieser Art der Kritik, kaschiert das auch kaum, geschweige denn, dass er es durch die Absichtserklärung, Häme vermeiden zu wollen oder durch die Hochachtungserweise wettmachen würde. Der dargebotene Verriss ist als Rezension auch nicht besonders gut, sondern mehr emotional aufgeladene essayistische Plauderei, nur erwähnenswert, weil ein großer Name einen großen Namen kritisiert.
Da sind wir wohl unterschiedlicher Meinung. Zumal ich eben sehr vorsichtig bin mit Äußerungen wie "man spürt sehr gut", denn diese Verallgemeinerung ist schon dann nicht zutreffend, wenn ein anderer genau das nicht spürt. Ich z.B. empfinde den Text eben nicht als hämisch. Er ist spitz, er ist bissig, er ist spekulativ, aber hämisch oder höhnisch, dafür lobt er viel zu oft was er an dem Autor mag, wo er die Stärken sieht und was speziell ihn an diesem Teil enttäuschte. Du sagst, er ist nicht gut gemacht, nur große Namen und daher große Aufmerksamkeit. Ich sage, er ist gut gemacht, unterhaltsam für den Leser, pointiert und gewitzt.
Herr der Welt hat geschrieben: 15.08.2017 08:23Ich hatte bislang selten das Gefühl, dass ein Verriss Grundlage für eine fruchtbare Auseinandersetzung ist. Das kann man natürlich immer einseitig dem Künstler vorwerfen. Eine einseitige Schuldzuweisung entspricht aber selten der Wahrheit.
Engor hat geschrieben: 14.08.2017 19:09Aber ist dir das denn bei DSA ernsthaft mal passiert, dass du dich persönlich von einem Autor und seinem Werk angegriffen gefühlt hast? Das klingt ehrlich gesagt etwas merkwürdig und arg theoretisch.
Nehmen wir einmal an, ein DSA-Buch beschreibt den großen Haffax, magnificent bastard, jetzt in einem Rutsch als plumpen Vergewaltiger, der in der Nase bohrend, mehr durch Glück als durch Verstand seine Leben geführt hat und eigentlich stets und immer überschätzt wurde. Dies ist ein Bild welches der Autor von der Figur hatte, seine Geschichte, die er gerne erzählen möchte. Nun erzählt er eben jene Geschichte und verletzt auf diese Weise natürlich die Vorstellung all derer, die genau die Rolle von Haffax in ihrem Aventurien nach bisherigen Quellen gänzlich anders besetzten. Auf welcher Seite liegt nun die Verantwortung dafür?
Anderes Beispiel, real passiert, eine Handvoll Autoren beschließt, in einem Moment großer Erkenntnis, dass es Nandus als Gott eigentlich gar nicht mehr gibt und alles, was bisher zu ihm existiert an Material, zum Fake zu erklären, ein großer kosmischer Irrtum. Eigentlich sind diese Nanduspriester nichts anderes als sentimentale Anhängsel von Hesinde, die in Erinnerung an Nandus eben auch diesen noch Karma gewährt. Eine Handvoll Spieler, die Nandusgeweihte gespielt hat, ist nun vor den Kopf gestoßen, denn plötzlich bricht ihre gesamte Geschichte zusammen, ihr Hintergrund setzt sie auf den Status von Narren, die in ihren Graden der Erkenntnis nicht mal erahnen können, dass sie keinem existenten Gott mehr dienen, sondern nur einem Nachhall aus Äonen. Kann man hier nachvollziehen, dass sich ein solcher Spieler verletzt vorkommen mag, ja es sogar ist, weil von außerhalb, mit der Autorität des Autoren, sein Charakter verändert wurde bzw. sein Kontext? Wer hat denn die Verantwortung dafür?

Und nun soll "man" nett sein, während einfach ohne Rücksicht, ohne Rückfrage, jemand anderes mein Konzept torpediert hat?
Ich sehe nämlich auch keine Einseitigkeit beim Verriss. Um so einen zu provozieren, hat der Autor sich bereits vorher etwas erlaubt. Er hat ihn ausgelöst und vielleicht durch ebensolche Verletzung oder ebensolche Rüpelhaftigkeit, der man nun mit Höflichkeit begegnen sollte. Der Verriss hat einen Anlass, es ist niemals nur einseitig. Nur so wie man sich eines Werkes nicht "erwehren" kann, der Autor fragt im Regelfall ja auch nicht seinen Leser, was man nun lesen möchte, so hat er dennoch viel Anteil am Verriss selbst. Er ist eine Reaktion auf einen Mangel, einen Makel, ein Eindringen des Autors in meine Lebenswelt und Vorstellung, eine Kritik an einem Werk, dem man eben nichts positives abgewinnen kann oder nur wenig.

Ich kann nachvollziehen, wieso man Autoren, die dies hobbymäßig machen und deren Bezahlung nicht sonderlich gut ist, unter einen schützenden Schirm stellen will (aus der Sorge heraus, es würde sonst niemanden mehr geben, der schreibt, sobald man erst einmal alle zu harsch angegangen ist). Aber ich teile diese Ansicht nicht. Ja, sie verdienen nicht gut. Ja, sie sind vielleicht "näher" am Kunden, weil sie selbst nur schlecht bezahlte Kunden sind. Ja, sie haben viel Arbeit investiert. Das ist sicherlich wahr, das trifft sicherlich auch auf viele andere Bereiche zu. Aber wenn sie einen Bock geschossen haben, wenn sie sich im Ton vergreifen, wenn sie es an Qualität merklich mangeln lassen, dann kann man ihnen das auch sagen und zwar ohne die schonende Haltung, die man gegenüber einem Kleinkind anschlägt, bei dessen gemaltem Gesicht in der Sonne, der Erwachsene begeistert zustimmt, welch Leistung erbracht wurde und dass es ja jetzt solange gebraucht hat das ganze Blatt blau auszumalen, weil überall sonst Himmel ist.

Für mich hat der Verriss eine Berechtigung, sogar eine notwendige Funktion, für den Fall, dass es Dinge gibt, an denen einfach wenig gutes zu finden ist oder vom Verfasser gefunden wird. An so einem Verriss kann man sich reiben, man kann sich an ihm messen und man kann ihn diskutieren. Aber ich sage, man sollte ihn niemals zensieren oder als unangemessene Form im generellen Beschreiben. Ein Denkverbot wie "Ein Verriss gegen DSA-Autoren ist ein Unding und sollte nicht geschehen, sie sind schützenswert wenige, sie verdienen den Respekt auf Basis ihres geringen Einkommens und christlich halte die andere Wange hin, wenn sie deine Spielwelt erschüttern, denn sie sind eben nur Laien" (so will ich es niemandem in den Mund legen, aber so eine Befürchtung habe ich im letzten Ende, wenn ich lese, wie viel Zustimmung die Nettiquette vor der Kritik, auch der dekonstruierenden, bekommt und mit welcher Selbstverständlichkeit ein Sonderstatus vergeben wird für Personen, die man gleichzeitig eben weder Experten noch Talente, sondern bemühte Laien nennen will) ist für mich ein fataler, falscher Schritt. Und gegen eine solche Vorverurteilung des Verrisses diskutiere ich an.
von Sumaro
14.08.2017 23:54
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Cifer hat geschrieben: 14.08.2017 23:33Konstruktiv wird die Kritik frühstens dann, wenn dem "X ist scheiße" noch ein "weil ..." nachfolgt. Nicht vorher. Und dann kann man sich auch ebensogut die Mühe machen, das "X ist scheiße" noch in ein "X gefällt mir gar nicht" umzuschreiben.
Sorry, aber niemand muss in einem Verriss "scheiße" schreiben. Man braucht keine Fäkalsprache und es soll eben auch mehr sein als ein "gefällt mir nicht".
Cifer hat geschrieben: 14.08.2017 23:33Natürlich hast du ihn aufgemacht - wenn du einen Anspruch aus dem Geld ableitest, das du zahlst, musst du auch bedenken, was dieses Geld auf Verlagsseite einkauft.
Nein, ich bin nur zu lange darauf eingegangen, weil Herr der Welt die Entlohnung als Aspekt aufgebracht hat, der je höher er ist desto mehr Verriss rechtfertigt/ausgleicht.
von Sumaro
14.08.2017 22:58
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Cifer hat geschrieben: 14.08.2017 21:47Damit wären wir mal wieder bei der Klassikerdiskussion: Wie soll Rollenspielwirtschaft angesichts der winzigen Zielgruppe funktionieren?
Nein, das ist mMn ein Nebenschauplatz, den ich nicht aufgemacht habe und auch nicht bedienen werde. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen bezahltem Gehalt und dem Anspruch auf "konstruktive" Kritik und/oder Zurückhaltung (von Respekt mag ich in dem Kontext nicht sprechen).
Abseits davon sehe ich auch in jeder Kritik etwas konstruktives. Selbst ein Verriss bietet das, vor allem bei einem AB, weil man aus der Kritik etwas herausziehen kann, wie es anders aussehen könnte. Zumindest in oben genanntem Beispiel ist es definitiv so.
von Sumaro
14.08.2017 21:05
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Herr der Welt hat geschrieben: 14.08.2017 20:47Es ist bezeichnend, dass dieser Verriss die Beziehung der beiden zueinander bis zum Schluss vergiftet hat.
Offenkundig war Günter Grass gekränkt durch den Verriss und Reich-Ranicki zu keiner differenzierten Kritik fähig. Es wäre jedenfalls unfair, nur eine möglich Dünnhäutigkeit des Künstlers als Grund zu sehen. Ich kann mir keine anderen Gründe als die von mir bereits genannten denken, warum Reich-Ranicki den Verriss verfasst hat. Das ist ein gutes Beispiel dafür, was Verrisse anrichten können und warum man sie vermeiden sollte.
Schade, dass dies die einzigen Motive sind, die du hier siehst, im Text selbst werden eine Menge anderer genannt.
Herr der Welt hat geschrieben: 14.08.2017 20:47 Insofern würde ich sagen, dass höfliches Verhalten (je nachdem, wie stark man sich dazu verpflichtet fühlt) dafür sorgen sollte, dass das Gegenüber möglichst nicht unter dem Gesagten leidet oder gekränkt wird. Und wie bereits ausgeführt, kann das sehr wohl auch dann der Fall sein, wenn ich den Künstler nicht persönlich angreife, sondern "nur" zeitlichen, Arbeits- und kreativen Aufwand mit allem bedenke, was ich daran auszusetzen habe und nicht mit mehr.
Also wenn jemand viel Geld für seine Arbeit bekommt, darf man ihn destruktiv kritisieren, wenn jemand nicht viel Geld bekommt, dann nicht? Aber welchen Unterschied macht es für mich als Käufer, ob ich 25 € für ein DSA-Buch ausgebe oder 25 € für das Buch einer sehr wohlhabenden Schriftstellerin? Ich habe in beiden Fällen das gleiche Geld investiert und mag mich in gleicher Weise aufregen. Vielleicht sogar mehr, weil die Spielwelt, die mir der Autor verdirbt, sogar sehr viel näher ist, als die Welt, die Rowling erschaffen und kreiert hat und an der ich nur erzählerisch Anteil habe.
Welchen Respekt zeigt der Autor dem Käufer gegenüber, der vielleicht ein anderes Bild hat, es sogar mit dem Hintergrund etc. belegen kann und dann dennoch seine eigene Version darüber legt, in dem Glauben/der Hoffnung es besser zu wissen oder stimmiger zu können?

Abseits davon, dass ich es auch respektvoll finde jemandem die Wahrheit zu sagen und auch wenn sie "vernichtend" ist. Klar, ich kann sie positiver rezensieren und in Watte packen, aber die Notwendigkeit an dieser Stelle, sehe ich wahrlich nicht, zumal ich eben nicht empfinde, dass mir der Autor in Waldems bedeutend näher ist als der Autor meiner liebsten Buchserie.
Und gerade der direkte Austausch ist sicherlich auch eine Option, über einen Verriss zu sprechen, anstatt ihn nur persönlich zu nehmen.

Ich kann die Perspektive verstehen, dass man sich sorgt Autoren zu vergraulen, wenn man einen Verriss nicht sanktioniert, aber letztlich sehe ich auch den Verriss schlussendlich als eine Form der Kritik an, mit der man umgehen können muss oder es lernen sollte. Und ich empfinde sie durchaus in einigen Fällen als angebracht.
von Sumaro
14.08.2017 20:08
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

@Herr der Welt
Ich persönlich empfinde das Argument des Geldes und der empfundenen Nähe als nicht stichhaltig. Wenn ein Buchkritiker in einer namenhaften Zeitung oder der Online-Version davon ein Werk verreißt, dann wird es der Autor auch mit großer Wahrscheinlichkeit lesen. Ist dies dann ein Grund seine Meinung in Zurückhaltung zu üben? Welche Verpflichtung habe ich als Kritiker und Käufer gegenüber dem Autor? Und wieso spielt es eine Rolle, ob ich eine J.K. Rowling destruktiv kritisiere oder einen Michael Masberg oder Florian Don-Schauen? Weil die beiden mutmaßlich weniger Geld mit ihrer Sache verdienen, darf ich ihre Werke nicht verreißen? Weil sie sich DSA-Autoren persönlich angegriffen fühlen können und vielleicht auch werden, darf ich meine Meinung nicht kundtun?

Und demütigen? Hier ein Verriss, der wohl dann in diese Kategorie fällt. Er beginnt damit, dass der Autor des Verrisses, den Autor des Werkes zunächst einmal Anerkennung ausspricht. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9208344.html

Da ist rein gar nichts von Häme, im Sinne von beißendem Spott, sondern der Ausdruck der Enttäuschung und die in die Wunde gelegten Finger, die Fehler und Mangel, sicherlich mit Eingriff in das Leben des Schriftstellers, der hier als Autor auch einer Analyse unterworfen ist. Daher ist ein guter Verriss eben gegen das Werk gerichtet und nicht gegen den Autor.

Ein Verriss muss nicht an Höflichkeit oder Respekt missen lassen, er braucht auch keine derbe Sprache oder Unflätigkeiten. Er ist sogar eine Menge Arbeit, aber eine Arbeit, die ich auch nicht aus falsch empfundener Höflichkeit zensiert oder als anstößig betrachtet sehen möchte. Ich denke ein jeder DSA-Autor kann sich schon geehrt fühlen, wenn man ihm einen ordentlichen Verriss hinlegt, denn damit hat jemand wirklich, wirklich viel Arbeit investiert, in das Werk und in die Rezeption. Kein Lobgesang, das Gegenteil, aber Arbeit und Zeit, neben dem Kauf natürlich.
von Sumaro
14.08.2017 18:15
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Herr der Welt hat geschrieben: 14.08.2017 09:51Letztlich ist es eine Form von Hohn, in der jemand über seine künstlerische Tätigkeit gedemütigt und eine empathisch-konstruktive Kommunikation erschwert oder verunmöglicht, ein Konflikt zugespitzt wird. Man kann Hohn gut finden, er ist sicherlich (auch für andere) unterhaltsam, Schadenfreude ist das auch. Im Sinne einer fruchtbaren Auseinandersetzung in einem freundlichen Klima, in der man aus Rücksicht gegenüber anderen die eigenen Affekte eher mäßigt als ihnen Freilauf zu gönnen, ist das aber mit Sicherheit nicht.
Da stimme ich nicht zu. Ein Verriss muss keineswegs höhnisch sein, geschweige denn dient es dazu den Autor zu demütigen. Der Autor als Mensch bleibt von einem guten Verriss vollkommen unberührt. Es geht einzig und allein um seine Schöpfung. Und hier muss sich niemand "Luft machen" über seinen Ärger, ein Verriss kann auch bei einem Verfasser der gänzlich emotional unbetroffen ist, vorkommen. Ein Verriss ist muss auch nicht destruktiv daherkommen, sondern kann auch dennoch, selbst wenn er das Werk selbst als gescheitert ansieht, andere Punkte ansprechen.

Also nein, wenn ich nach der Definition von Wikipedia gehe und den dortigen Beispielen, dann soll ein Verriss sogar niemals höhnisch und von persönlicher Emotionalität geleitet sein (wenn dies auch oft die Motivation ist). Ich habe den Eindruck, dass hier aber über eine andere Art von Verriss gesprochen wird.

Denn genau das, was Herr der Welt hier anspricht, was einen Verriss für ihn ausmacht, ist zumindest laut Definition, kein Verriss, wie er sein sollte.

Zudem finde ich es fraglich, wieso ein Autor besonderen Schutz genießt, der Konsument/Leser jedoch nicht? Was ist denn, wenn ich mich persönlich angegriffen fühle von einem bestimmten Werk? Wenn es mich "verletzt", meine Vorstellung von einer Figur/Spielwelt etc. beschädigt?

Man sollte als Autor und generell auch als Dienstleister immer die fachliche Kritik von der persönlichen Kritik trennen. Das gehört für mich ebenso zur Professionalität wie der Verzicht in einem Verriss auf die persönliche Ebene gegen den Autor zu gehen.
von Sumaro
13.08.2017 22:45
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Verrisse in Rezensionen (war Niobaras Vermächtnis)

Was sollte an einem Verriss unmoralisch sein? Oder illegal? Wenn ein Werk verrissen wird, dann richtet sich die Kritik auf das Objekt des Schaffens des Autors und nicht auf den Autor selbst. Wer das nicht trennen kann, hat ein ganz anderes Problem und sollte meiner Meinung nach eher daran arbeiten. Ein "Da hat Autor xy einen ganz schönen Bock geschossen" oder "In dieser Hinsicht hat der Autor meiner Meinung nach versagt" sind keine Angriffe auf den Autor, sondern eine Kritik an seiner Leistung und Arbeit, für die er/sie ja Geld bekommen hat.

Die meisten Rezensionen - gerade Verrisse finde ich sehr unterhaltsam, aber sie sind leider selten - halten sich gar nicht mit dem Autor als Person auf, sondern gehen direkt an die Geschichte, die Logiklücken, die Probleme etc. und da darf man ruhig mal scharf kritisieren und mit harschen Worten hantieren, wie ich finde. Immerhin schreibt jeder Rezensent letztlich nur seine Meinung auf und die kann ja durchaus drastisch ausfallen.

Nun habe ich Lust Verrisse zu den neusten DSA5-Abenteuern zu schreiben. Leider aber keine Zeit mich einzulesen. *seufz* Nun ja, man kann nicht alles haben. Vielleicht findet sich ja jemand anderes, der es macht. :)

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