Neue Forenaktion: Aventurien untenrum!
Bild

 

 

 

Weg vom narrativen Imperativ?

Erfahrungen, Tipps, Vorlieben, Probleme, Fragen zu RPG-Systemen und RPG-Theorie.
Travian Norfold

Weg vom narrativen Imperativ?

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

Hallo zusammen,

Ich möchte mal einen Satz aufgreifen, den Torvon in dem Thread "Warum seid ihr KEINE Helden" gesagt hat, nämlich: "Weg vom narrativen Imperativ!", und diesen sozusagen zur Diskussion stellen. Mich würde vor allem Torvons Begründung für dieses "Diktum" (klingt ein bißchen provokativ, ist aber nicht böse gemeint!) interessieren, was sich wirklich dahinter verbirgt und wie damit verbunden seine ideale Art des Rollenspiels aussieht. Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, wie man Rollenspiel ohne "Narration" machen will - aber vielleicht verstehe ich obigen Satz da auch falsch, und ansonsten finde ich es immer interessant, wie andere Gruppen spielen und was sie für Vorstellungen haben.

Ich stelle diese Anfrage in einem neuen Thread, weil sie doch zu weit vom Thema des anderen wegführt - aber ich fand die sich dort anbahnende Diskussion interessant genug, um sie hier nochmal aufzugreifen oder um zumindest diese meine Verständnisfrage zu klären.

Gruß, Travian

Gulmond
Posts in topic: 4
Beiträge: 4834
Registriert: 27.08.2003 16:58
Wohnort: Münster

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Gulmond »

Äh, welche Anfrage stellst du denn?
Nur "Weg vom narrativen Imperativ?"
Das funktioniert nicht.

Benutzeravatar
Charef ibn Nasir
Posts in topic: 4
Beiträge: 318
Registriert: 27.08.2003 10:47

Ungelesener Beitrag von Charef ibn Nasir »

So wie ich ihn verstehe, ist mit dem Narrativen Imperativ gemeint, daß unwahrscheinliche Dinge 'einfach so' ohne Rücksicht auf eine logische Begründung (bzw. mit einer fadenscheinigen Begründung) passieren können, wenn die Story, die der Meister erzählen will, dies aus seiner Sicht erfordert.

Also z.B. der Schwarzmagier in der Gruppe verträgt sich halt mit dem Krieger und die Hexe mit dem Praiosgeweihten weil alle "SC" auf der Stirn stehen haben und das anscheinend auch wissen. Ein Heer gewinnt eine eigentlich aussichtslose Schlacht gegen einen militärisch hoffnungslos überlegenen Gegner, einfach nur weil es sich um 'die Guten' handelt. Oder (im Extremfall aus der Frühzeit des Rollenspiels) der Drache sitzt in einer Kammer tief im Dungeon, obwohl er da weder rauskommt noch genug zu fressen hat, weil es da unten halt einen schön starken Endgegner braucht.

Man kann durchaus Narration betreiben, ohne den Narrativen Imperativ zu bemühen... man muß halt nur allzu abstruse Ideen fallenlassen und sich generell etwas mehr Mühe machen, weil man sicherstellen muß, daß das, was man passieren lassen will, auch logisch vernünftig begründbar und konsistent mit der Hintergrundwelt ist.

IMO ist der Narrative Imperativ etwas, das jemand bemüht, der zu faul ist, eine wirklich stimmige Geschichte zu schreiben, und sein Gebrauch untergräbt die Glaubwürdigkeit des gesamten Hintergrunds. Von daher würde ich Torvon durchaus zustimmen, daß er abzulehnen ist...

Gulmond
Posts in topic: 4
Beiträge: 4834
Registriert: 27.08.2003 16:58
Wohnort: Münster

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Gulmond »

Naja, narrativer Imperativ sorgt aber auch dafür, das die Helden gerade rechtzeitig in Dragenfeld sind, um Borbis Beschwörung fast zu verhindern.
Oder eben dafür, daß das Abenteuer nicht von vornherein absolut aussichtslos ist.
Man stelle sich vor, die Helden kommen in ein Dorf und erfahren, daß gerade eine andere Heldengruppe abgereist ist, die Dorf und Umgebung gerade vor dem Untergang gerettet haben und damit beenden wir den Spieleabend.
Oder die Helden sitzen in der Kneipe, ziehen durch die Gegend, preisen sich überall an, aber es will sich einfach kein Abenteuer einstellen.


Wer will denn so den Spieleabend verbringen?

die Wittener
Posts in topic: 2
Beiträge: 22
Registriert: 09.09.2003 15:58
Wohnort: Witten

Ungelesener Beitrag von die Wittener »

Bei uns sind die meisten Abenteuer im Szenario-Styl gemeistert, was bedeutet, dass die SC's an verschiedenen Hebeln drehen können oder auch gar nichts machen und eigentlich auch alles irgendwie Konsequenzen nach sich zieht und sei es dass das AB durch eine völlig absurde Sache gesprengt wird, was vorkommen kann...

Zur Narration bezüglich der SC's sage ich nichts.

Benutzeravatar
Gefjun
Posts in topic: 1
Beiträge: 1623
Registriert: 27.08.2003 09:48
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Gefjun »

Ich denke auch, dass man den sogenannten Narrativen Imperativ nicht überstrapazieren sollte. Aber es gibt eben auch Situationen, in denen es dann trotz bester Planung nicht mehr ohne geht.
Beispiel: Einer der Helden hört urplötzlich das Rauschen von Golgaris Schwingen, weil der Spielleiter offen gewürfelt und einen kritischen Treffer gelandet hat. Dann schickt er eben, wenn es nicht allzu unglaubwürdig wird mal den Deus ex machina vorbei, der den Helden rettet. Da kommt dann eben im Wald mal zufällig die alte "Kräutersammlerin" vorbei, die auch noch den Balsam kann.
Es muss ja nicht gleich völlig absurd sein. Aber in o.g. Fall werden die anderen über die Rettung wohl so glücklich sein, dass sie darüber hinwegsehen, dass der SL kurz zuvor noch beschrieben hat, dass es in dem Wald weit und breit keinen Menschen gibt.

Gruß, Gefjun

"I live in terror of not being misunderstood. Don't degrade me into the position of giving you useful information."

Tychon
Posts in topic: 1
Beiträge: 62
Registriert: 27.08.2003 18:04

Ungelesener Beitrag von Tychon »

Das sollte nach Notwendigkeit entschieden werden. Charefs Einwand ist schlecht zu widerlegen, Gulmonds Gegenargument aber auch. Im Grunde sind die mir bekannten Abenteuer neueren Datums aber so angelegt, dass so Sachen mit dem Drachen im 11.Level des "Eye of the Beholder"-mäßigen Dungeons, der nebenbei auch von Todesrittern und Betrachtern bevölkert wird, nicht mehr passieren. Aber das die Kaufabenteuer nicht von vorne herein Himmelsfahrtkommandos sind, sondern in der Regel auch erfolgreich beendet werden können, und zwar von den Helden, und nicht von irgendwelchen NSCs, die vorher mitbekommen haben, dass da eine schlimme Sache abgeht, damit kann ich auch leben.

Travian Norfold

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

IMO ist der Narrative Imperativ etwas, das jemand bemüht, der zu faul ist, eine wirklich stimmige Geschichte zu schreiben, und sein Gebrauch untergräbt die Glaubwürdigkeit des gesamten Hintergrunds. Von daher würde ich Torvon durchaus zustimmen, daß er abzulehnen ist...
Ja, ich auch - unbedingt! (Ich finde nichts schlimmer als die typischen Dungeonabenteuer! Und ich finde alle Abenteuer unbefriedigend, denen man anmerkt, daß die Story eher aufgrund der Logik der Dramaturgie als der Welt vorangetrieben wird.)

Was wäre denn das Gegenteil vom "narrativen Imperativ" bzw. wie würde man dann das wünschenswerte Spielprinzip nennen?

Später mehr - Travian

Rashidanya
Posts in topic: 2
Beiträge: 22
Registriert: 09.10.2003 10:14
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Rashidanya »

Also hier sind viele Meinungen und Ansätze vertreten; ich dachte an einen anderen Aspekt, als ich Travians post gelesen habe (vielleicht habe ich "narrativen Imperativ" auch falsch verstanden...):

Der "narrative Imperativ" kann u.U. auch/sogar Aufgabe der Spieler sein, und zwar in dem Sinne, dass sie, bis zu einem gewissen Maß und im Rahmen, die Darstellung ihrer Figur auf einen allgemein verträglichen Nenner bringen. Es mag zwar sein, dass Charakter XY nun partout und auch sehr rollengerecht Handlung YX setzen will (Spieler sagen da sehr gerne "muß") - aber für die Gruppendynamik der Helden und der Spieler (!) ist diese Aktion so gut wie Gift. Ich denke, dass es in solchen Situationen - hach, wie schön sind Binsenweisheiten :) - gilt, einen Mittelweg zu finden - und der heißt nun eben manchmal "narrativer Imperativ", denn ich als Spieler bin gefordert, mir eine andere Handlungsweise für meinen Charakter zu überlegen (am Besten eine, die ich auch mit aventurischer Stimmigkeit unterfüttern kann...) wenn ich merke, dass das Verhalten meines Charakters für die anderen Spieler (nicht Helden) untragbar wird. Tue ich das nicht, zwinge ich die anderen dazu, ihren Charakter unstimmig handeln zu lassen. (Es gibt Fälle, in denen das zu einer milden Form der Erpressung ausarten kann...)
Wie gesagt, mMn ist "Rollenspiel" auch eine gute Mischung aus "Gruppenverträglichkeit" und "Charakterdarstellung" zu finden, und zwar möglichst nicht auf Kosten der anderen Spieler.

Grüße
Rashidanya

PS: Ich habe "narrativer Imperativ" anscheinend als "Eingriff von Spielerebene in Heldenleben und -Wahrnehmung" verstanden...
Zuletzt geändert von Rashidanya am 23.10.2003 17:01, insgesamt 1-mal geändert.

die Wittener
Posts in topic: 2
Beiträge: 22
Registriert: 09.09.2003 15:58
Wohnort: Witten

Ungelesener Beitrag von die Wittener »

@rashidanya: Das ist einer der besten Posts die ich bisher in diesem forum gelesen habe. thx

Pequod
Posts in topic: 1
Beiträge: 4
Registriert: 22.09.2003 12:49
Wohnort: Berlin

Ungelesener Beitrag von Pequod »

Rashidanya, dass kann sogar aktivistisch passieren, indem der Spieler versucht, durch gezieltes "manipulieren" des eigenen Charakters die Handlung / die Gruppendynamik in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Gutes Beispiel: Ich spiele in unserer mittlerweile noch prä-G7-Kampagne, gemeistert von der Grauen Eminenz, einen Fasarer Beherrscher. Ich finde, dass die Gruppe (respektive gewisse NSC und darüber die Gruppe) mit der ich mehr oder minder "zufällig" seit 2 Tagen durch die Lande streife (im Sinne einer Reisegruppe) näheres über mich (= meine Motive) erfahren sollte. Also laufe ich, nachdem ich ausserhalb des Lagers einen Difar beschwor, dabei frustrierende Anfängerfehler machte, um das Artefakt, auf dessen Suche ich bin, näher zu lokalisieren (Details in Hinsicht darauf sind an dieser Stelle erst einmal irrelevant), verärgerterweise nicht im Reisegewand, in dem ich das Lager verließ, sondern in der Beschwörungsrobe (die ich, PG sei dank, natürlcih dabei hatte...) zurück ins Lager. Worauf natürlich sofort sowohl SCs als auch NSCs reagierten und dadurch die Handlung in meinen (=Spieler-) Augen weitergerieben wurde (Hier im Sinne einer gemeinsamen Gruppenmotivation: "Zufällig" hatten die meisten anderen auch ein Motiv zum Finden dieses Artefakts, durch die anschliessende Diskussion fand der Austausch statt...)

Zwei Punkte sind dabei zu beachten:

- Das ganze ist nur "erfahrenen" Rollenspielern zu empfehlen, da auch diese gezielte "Manipulation" des Spielgeschehens in sich stimmig sein muß / sollte (im obigen Falle: kein ominöses Gewispere: "Dieser verdammte Dämon..." - "Welcher Dämon? Waaaas?" - "Jo, ich bin doch grad auf der Suche nach..."...das wäre albern)

- eine gewisse Abstimmung mit dem SL sollte stattfinden, um seine Pläne nicht vollends zu zerschmettern.

Generell halte ich diese "Zusammenarbeit" zwischen Spielern und SL durch gezielte Manipulation der Charaktere für mindestens wünschenswert.

Gruß

Daniel

Benutzeravatar
Charef ibn Nasir
Posts in topic: 4
Beiträge: 318
Registriert: 27.08.2003 10:47

Ungelesener Beitrag von Charef ibn Nasir »

Das Gegenteil des "Narrativen Imperativs" ist IMO schlicht und ergreifend der "Phantatische Realismus". Sprich, die Spielwelt ist (wenn man ihre Grundprämissen wie Existenz von Magie und aktiv handelnde Götter akzeptiert) in sich logisch konsistent und erwartungskonform: Eine Schlacht gewinnt wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen die stärkere Armee, Drachen leben an Orten, wo sie genug zu fressen finden und tun noch andere Dinge als ständig darauf zu warten daß eine Heldengruppe vorbeikommt, Praiosgeweihte und Brabaker Dämonenbeschwörer arbeiten auch in Heldengruppen nicht Hand in Hand, wenn die Helden bei Gehaltsverhandlungen zu dreist sind kriegt den Job halt ein anderer usw.
Und wenn die Dinge doch mal anders laufen, gibt es einen (zumindest bei Kenntnis aller Fakten) einsichtigen Grund dafür.

Ein gewisses (begrenztes) Maß an Abweichung vom Realismus ist sicherlich akzeptabel und auch sinnvoll - wie z.B. daß Stufe 1-Helden nicht in Abenteuer geraten, wo sie in der ersten Szene von einem Rudel Zants zerrissen werden. Aber auch in diesem Fall sollte man als Meister klar machen, daß das anderen Möchtegern-Heldengruppen durchaus passiert ist, und daß die Helden der höheren Macht, die sie offenbar für Größeres ausersehen hat, und vielleicht auch ihrer eigenen Vorsicht, danken können, daß ihnen so etwas - bislang - erspart geblieben ist.

Wenn man allerdings anfangen muß, dei ex machina zu bemühen, ist das IMO schon ein Fall von Meisterversagen, was wohl jedem schon mal passiert ist, aber auch nicht zu häufig vorkommen sollte. Klar, ein Held sollte nicht versehentlich von ein paar Goblins, die als Aufwärmmonster eingebaut wurden, erschlagen werden. Aber wenn er mit dem belhalharpaktierenden Endgegner des Abenteuers in den Nahkampf geht und unglücklich in dessen Zweihänder läuft, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, daß er tatsächlich das Zeitliche segnet. Er wußte schließlich, welches Risiko er eingeht.

Und wieso sollten die Helden nicht mal durch ein Dorf kommen, wo eine andere Heldengruppe (oder die KGIA, oder die Inquisition) schon die ganze Arbeit gemacht hat? Die Welt wird sicherlich lebendiger und realistischer dadurch. (Daß das nicht das ganze Abenteuer sein sollte, das der Meister für den Abend vorbereitet hat, versteht sich natürlich auch von selbst - aber woanders gibt es für die Helden immer noch genug zu tun.)

@Rashidanya
Du hast natürlich vollkommen recht, daß die Spieler das Handeln ihrer Figur auf einen allgemein verträglichen Nenner bringen müssen.
Aber auch das sollte im Rahmen der Logik möglich sein - wenn dazu der "Narrative Imperativ" erforderlich ist, ist aus meiner Sicht bereits im Vorfeld ein schwerer Fehler gemacht worden: Das Nachdenken über Gruppenverträglichkeit sollte schon bei der Charaktererschaffung ansetzen, nicht erst, wenn jemand im Spiel dann (absehbar) Mist baut. Eine Gruppe sollte IMO immer so zusammengestellt und die Charaktere so ausgestaltet sein, daß ihre Mitglieder, wenn die Charaktere aventurisch stimmig ausgespielt werden, realistischerweise zusammenarbeiten würden.

Genau deswegen hasse ich übrigens im Allgemeinen "böse" Charaktere in der Gruppe, weil die meist praktisch nur über "Narrativen Imperativ" zu gruppenverträglichem Verhalten zu bewegen sind... OOC-Überlegungen als 'Hintergedanke' für eine bestimmte Handlung des Charakters können in Ordnung sein, aber sie ersetzen nicht eine vernünftige IC-Motivation.

Benutzeravatar
Comto Risparmio di Verroaziona
Posts in topic: 1
Beiträge: 88
Registriert: 16.09.2003 15:08
Wohnort: Balkhausen

Ungelesener Beitrag von Comto Risparmio di Verroaziona »

Ich habe nur eine Verständnisfrage, da mir der Ausdruck "Narrativer Imperativ" doch irgendwie komisch vorkommt für das, was ihr hier erzählt.

Korrigiert mich, wenn ich jetzt falsch liege: Narrativ heißt erzählen und Imperativ doch eigentlich Befehlsform. Zusammen: erzählende Befehlsform. Denkt ihr, das ist der richtige Ausdruck für diesen Thread?

Oder soll man den Begriff mit "erzwungener Realismus" bzw. "irrationale Erzählweise" übersetzen?

Ansonsten denke ich, muß ich mich den Argumenten Charefs anschließen. Zwar ist DSA eine Phantasiewelt, aber der zu Grunde liegende Realismus sollte nicht ad absurdum geführt werden.

Benutzeravatar
Mysticus
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Posts in topic: 1
Beiträge: 3246
Registriert: 23.08.2003 12:12
Wohnort: Tarmstedt
Geschlecht:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Mysticus »

Lassen wir doch Torvon mal zu Worte kommen, der diesen Ausdruck verwendet hat. Mir widerstrebt es manchmal, solche Ausdrücke zu verwenden, denn man kann das auch viel einfacher ausdrücken und dann müssten wir hier nicht über so etwas diskutieren.

Ich kann mich auch gewählt ausdrücken, es ist nur die Frage, ob das immer Sinn macht und ob man verstanden wird, das war augenscheinlich hier nicht der Fall. Man sollte immer noch bedenken, dass hier nicht studierte Leute oder auch Nichtabiturienten mitlesen, die wahrscheinlich überhaupt keine Ahnung haben, was narrativ bedeutet, und auch den Imperativ gerade nicht zuordnen können.

An die sollte man auch denken und vielleicht nicht übertreiben.

Mysticus

Travian Norfold

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

Liebe Rashi!

Ja, Du hast wieder mal genau erkannt, was ich eigentlich meinte:
Der "narrative Imperativ" kann u.U. auch/sogar Aufgabe der Spieler sein, und zwar in dem Sinne, dass sie, bis zu einem gewissen Maß und im Rahmen, die Darstellung ihrer Figur auf einen allgemein verträglichen Nenner bringen. ... ich als Spieler bin gefordert, mir eine andere Handlungsweise für meinen Charakter zu überlegen (am besten eine, die ich auch mit aventurischer Stimmigkeit unterfüttern kann...) wenn ich merke, dass das Verhalten meines Charakters für die anderen Spieler (nicht Helden) untragbar wird.
Genau so wars gemeint - vielen Dank für dieses Posting!

Lieber Gruß, Travian

Benutzeravatar
Danilo von Sarauklis
Posts in topic: 2
Beiträge: 4266
Registriert: 27.08.2003 08:42
Wohnort: Hochspessart
Geschlecht:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Danilo von Sarauklis »

Charef ibn Nasir hat geschrieben:Das Gegenteil des "Narrativen Imperativs" ist IMO schlicht und ergreifend der "Phantatische Realismus".
Volle Zustimmung zu deinem Post, Charef.
Phantastischer Realismus in diesem Sinne ist auch das, worum ich mich als Meister bemühe, ebenso wie viele (aber leider nicht alle) Autoren von Abenteuern und AB-Artikeln.

Gulmond
Posts in topic: 4
Beiträge: 4834
Registriert: 27.08.2003 16:58
Wohnort: Münster

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Gulmond »

Narrativer Imperativ ist nicht Torvons Erfindung und der hat auch nicht einfach nur klug scheißen wollen, indem er so einen "geschwollenen Begriff" verwendet, sondern NI entstammt Terry Pratchetts Scheibenwelt.
Die Scheibenwelt ist ja auch in sich schlüssig, insofern ist phantastischer Realismus und NI kein Gegensatz.
Der NI ist in Aventurien natürlich unheimlich wirksam. Es ist keine Frage von p.R., das B. oder P. die Helden am Ende von "Unsterbliche Gier" nicht einfach versteinert, permament in Mäuse verwandelt oder schlichtweg tötet.
Der NI sorgt dafür, daß die Helden in "Löwe&Rabe" auf der Novadiseite kämpfen oder das Haffax überläuft.
Er sorgt aber auch dafür, daß Dinge nicht passieren.
Die Schlacht auf den vallusanischen Weiden oder an der Trollpforte wäre sehr langweilig gewesen, wenn es wie bei Brig-Lo zugegangen wäre.
Liscom konnte seine bösen Pläne vorantreiben, ohne das Praios Bannstrahl ihn gegrillt hätte.

Benutzeravatar
Danilo von Sarauklis
Posts in topic: 2
Beiträge: 4266
Registriert: 27.08.2003 08:42
Wohnort: Hochspessart
Geschlecht:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Danilo von Sarauklis »

Gulmond hat geschrieben:Der NI ist in Aventurien natürlich unheimlich wirksam. Es ist keine Frage von p.R., das B. oder P. die Helden am Ende von "Unsterbliche Gier" nicht einfach versteinert, permament in Mäuse verwandelt oder schlichtweg tötet.
Der NI sorgt dafür, daß die Helden in "Löwe&Rabe" auf der Novadiseite kämpfen oder das Haffax überläuft.
Daß die Helden in "Löwe&Rabe" auf der Novadiseite kämpfen ist einfach eine Entscheidung des Autors - mit Helden, die das nicht tun würden, kann man das Abenteuer eben nicht spielen.
Und in Borbarads, Pardonas oder Haffax' Kopf kann man eben nicht reinschauen, von daher finde ich die Beispiele wenig hilfreich.

Und daß die Götter alles mögliche erzwingen oder verhindern könnten, es aber nicht tun, ist richtig, aber das ist eben eine Eigenart der Welt.
Zuletzt geändert von Danilo von Sarauklis am 23.10.2003 10:40, insgesamt 1-mal geändert.

Travian Norfold

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

@Pequod:
Generell halte ich diese "Zusammenarbeit" zwischen Spielern und SL durch gezielte Manipulation der Charaktere für mindestens wünschenswert.


Ebenfalls unbedingt Zustimmung dazu!

Ich denke, gerade das Beispiel mit dem Magier und dem Beschwörergewandt illustriert sehr schön, worauf es ankommt. Natürlich könnte man diese Figur völlig stimmig so spielen, daß nie jemand anderes was über sie und ihre "Machenschaften" erfährt - woran der Magier zunächst wohl selbst ein Interesse hat. Nur hast Du hast daran kein Interesse, weil das nicht im Sinne des Abenteuers ist, und deshalb läßt Du diesen Lapsus mit dem Beschwörergewand passieren. Eine Spielerentscheidung, die die Handlung vorantreibt. Vielleicht ist da ja tatsächlich der "narrative Imperativ" am Werk - aber ich sehe hier nicht, warum das schlecht sein sollte.

Ein negatives Beispiel dagegen: Meine erste Figur war ein Novadi, der natürlich immer fleißig Schattenkampf machte. Und natürlich heimlich, weil Novadis würden da ja nie einen Ungläubigen - von denen es in meiner Umgebung leider nur so wimmelte - zugucken lassen. Also beschrieb ich immer schön meinen Mitspielern, wie wieder mal die Tür zum Zimmer meines Helden verschlossen ist und sie keine Ahnung haben, was er da drin treibt. Irgendwie fand ich damals wohl noch, das wäre stimmiges und konsequentes Rollenspiel. Heute denke ich, ich hätte entweder die Hinweise auf die Heimlichkeiten ganz weglassen sollen, wenn die anderen eh keine Chance gehabt hätten, da was rauszukriegen - oder ich hätte mir selber eine Möglichkeit überlegen müssen, wie meine ungläubigen Gefährten doch irgendwann rauskriegen, was ich da immer so treibe.

@Charef:
Eine Gruppe sollte IMO immer so zusammengestellt und die Charaktere so ausgestaltet sein, daß ihre Mitglieder, wenn die Charaktere aventurisch stimmig ausgespielt werden, realistischerweise zusammenarbeiten würden.
Im Prinzip schon, würde ich auch so sehen. Aber etliche Konflikte, die sich später im Spiel ergeben, sind bei der Charaktererschaffung nicht vorauszusehen. Beispiel aus unserer Gruppe MI PdG Als sich z.B. einer unserer Spieler entschied, eine Maraskanerin zu spielen, konnte er nicht ahnen, daß die Gruppe eines fernen Tages mal im Auftrag des Raben von Punin eine Ladung Endurium von Maraskan wegschaffen würde - und daß das Charakterkonzept seiner Figur es natürlich verlangen würde, das möglichst zu verhindern... Was uns im Moment einen wirklich ernsthaften Gruppenstreit beschert.

Und wie löst man den nun? Eine Trennung von der Figur ist aus Gründen der Erfordernisse der 7G nicht möglich. Wenn alle ihre Figuren nach ihren Vorstellungen konsequent ausspielen, wird sich die Gruppe aber trennen. Was spricht hier dagegen, die einzelnen Spieler daran zu erinnern, daß es durchaus sinnvolle und stimmige Handlungen und Einstellungen ihrer Figuren geben kann, die zu einer Lösung des Konfliktes führen?

Ich glaube, das Problem liegt hier in der Formulierung "aventurisch stimmig ausgespielt". Oft ist es doch so, daß der Spieler sich eine bestimmte Vorstellung macht und von dieser ausgehend meint "meine Heldin kann da einfach nicht anders". Nach des Meisters Auffassung von aventurischer Stimmigkeit stehen für einen solchen Charakter durchaus noch andere Möglichkeiten offen - auf die sich der Spieler deshalb nicht einlassen will, weil für ihn das sture Durchboxen seiner Vorstellung wichtiger ist als daß das Zusammenspiel der Gruppe funktioniert. Und diese Haltung kritisiere ist hier.

Wenn die Überlegung, Einstellungen der Figur zugunsten der Gruppe zu verändern, für einen Spieler einzig und allein bedeutet, seine Figur verrenken oder gar verraten zu müssen - dann kann man dazu nur sagen, daß die Figur nichts mehr im Rollenspiel zu suchen hat, denn sie ist schädlich für die Gruppe, weil der Spieler zu sehr daran hängt. Jede/r Spieler/in hat eine Verantwortung in der Gruppe, die darüber hinaus geht, seine oder ihre Figur möglichst 'gut' oder 'charaktergemäß' auszuspielen.
OOC-Überlegungen als 'Hintergedanke' für eine bestimmte Handlung des Charakters können in Ordnung sein, aber sie ersetzen nicht eine vernünftige IC-Motivation.
Ja, sehe ich auch so. Anders war es auch nie gemeint. Bei der Form des "narrativen Imperatives", die ich im anderen Thread vertreten habe, sollte es keinesfalls darum gehen, daß die angesprochenen Spielerentscheidungen zu - im Sinne des Charakterkonzeptes der Figur - völlig willkürlichen Entscheidungen führen. Vielmehr geht es um Entscheidungen, bei denen mehrer Entwicklungsmöglichkeiten oder Einstellungen möglich und stimmig sind - und der Spieler dann möglichst diejenige wählen sollte, die der Gruppe am meisten zugute kommt.

@Mysticus:
Lassen wir doch Torvon mal zu Worte kommen, der diesen Ausdruck verwendet hat.
Ja, ich hatte ja diesen Thread u.a. eröffnet, um von ihm zu erfahren, was er damit genau meint. Ich würde mir auch wünschen, daß er sich hier mal meldet...

Gruß, Travian
Zuletzt geändert von Travian Norfold am 23.10.2003 11:25, insgesamt 6-mal geändert.

Windfeder
Posts in topic: 2
Beiträge: 206
Registriert: 27.08.2003 14:29
Kontaktdaten:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Windfeder »

@ Mysticus: Na, ich denke, man kann und muss schon manchmal ein gewisses befriffliches Niveau voraussetzen - das ist hier glaube ich noch lange nicht übertrieben.

Comtos Einwand ist aber natürlich korrekt: "Narrativer Imperativ" ist nicht sonderlich deutlich, es müsste eigentlich besser "Imperativ des Narrativs" heißen, wobei Imperativ hier im Sinne von "Diktum" (also (Vor-)Herrschaft, 'Vorgegebenheit', Zwang) gebraucht wird und "Narrativ" weniger die Erzählform, sondern die Erzählung selbst mit einem festgefügten Verlauf meint. Der narrative Imperativ ist also der Zwang der Teilnehmer am Rollenspiel, sich gemäß dem Abenteuer zu verhalten, auch wenn sich das nicht unbedingt mit der Spielwelt, den Charakteren oder dem gesunden Menschenverstand deckt. So habe ich's bis jetzt verstanden... ;)

Lieber Gruß, Windfeder

Benutzeravatar
Taryllian
Posts in topic: 1
Beiträge: 17
Registriert: 14.10.2003 16:40
Wohnort: Am Rande des Spessart

Ungelesener Beitrag von Taryllian »

`...die wahre Kunst aber besteht darin, komplizierte Zusammenhaenge und Begriffe so zu beschreiben, das sie ein jeder versteht. `

Travian Norfold

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

Der narrative Imperativ ist also der Zwang der Teilnehmer am Rollenspiel, sich gemäß dem Abenteuer zu verhalten, auch wenn sich das nicht unbedingt mit der Spielwelt, den Charakteren oder dem gesunden Menschenverstand deckt. So habe ich's bis jetzt verstanden...
Ja, so habe ich es bei Torvon auch verstanden.

Ich würde den narrativen Imperativ (bzw. das, was ich damit meinte) anders definieren: Der narrative Imperativ sagt nichts weiter, als daß es beim Rollenspiel darum geht, gemeinsam eine für alle interessante und spannende Geschichte zu erzählen. Eine solche Geschichte kann aber nur dann zustande kommen, wenn Meister wie auch Spieler sich an gewisse Gesetze der Dramaturgie halten, denn eine gute Dramaturgie ist das Skelett einer spannenden Geschichte.

Damit ist allerdings nicht gemeint, daß die Erfordernisse der Dramaturgie die Stimmigkeit der Welt zunichte machen sollen oder dürfen. Die Kunst eines guten Abenteuerschreibers oder einer guten Spielleiterin besteht darin, das dramaturgische Skelett derart mit "Fleisch" - also den Elementen der Welt - zu füllen, daß die Erfordernisse der Dramaturgie selber darunter nicht mehr sichtbar werden, sondern die Geschichte scheinbar von der Logik der Welt selber getragen wird.

Und ich würde eben hier noch weiter gehen und sagen: Dramaturgisch zu denken, dies aber entsprechend der Stimmigkeit der Welt umzusetzen ist nicht nur Aufgabe des Autors oder der Spielleiterin, sondern auch der SpielerInnen, wenn das Rollenspiel wirklich gelingen soll.

Es kann ja eigentlich nicht sein, daß der Meister um eine gutes Zusammenspiel aus Dramaturgie und Welt kämpft, die SpielerInnen aber seine Bemühungen immer wieder zunichte machen, indem sie einfach ihre Figuren stur so konsequent spielen, wie sie das für richtig halten - ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, daß man den Meister bei seinen Bemühungen vielleicht auch unterstützen könnte, indem man selber dramaturgische Erwägungen ins eigene Spiel mit einbezieht.

Nicht nur der Spielleiter hat die Verantwortung, ein spannendes Abenteuer zu meistern - auch die Spieler haben eine Verantwortung! Nämlich mindestens für ein Zusammenspiel der Gruppe, das den Meister in seinen Bemühungen unterstützt und nicht hintergeht.

Travian
Zuletzt geändert von Travian Norfold am 23.10.2003 16:25, insgesamt 4-mal geändert.

Windfeder
Posts in topic: 2
Beiträge: 206
Registriert: 27.08.2003 14:29
Kontaktdaten:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Windfeder »

Finde ich eine sehr gute Präzisierung und der Intention stimme ich ebenfalls voll und ganz zu! :)

Dare
Posts in topic: 1
Beiträge: 3
Registriert: 27.08.2003 11:23

Ungelesener Beitrag von Dare »

Travian hat den Bogen raus. Ich kann mich seiner Meinung nur voll und ganz anschliessen. :)

Ich möchte aber mal die praktische Umsetzung seiner Ansichten ansprechen, die nämlich noch gar nicht zu Sprache kam. Im Forum über ideales Rollenspiel zu diskutieren ist eine Sache, aber leider ist es manchmal gar nicht so einfach, die Aktionen der Helden gruppenkonform zu gestalten.

Ich behaupte mal, ein Misslingen des NI kann folgende Gründe haben:

- Die Runde ist kein eingespieltes Team. Entweder sie existiert noch nicht lange in dieser Besetzung, oder private Querelen werden ins Rollenspiel übertragen, oder die Chemie stimmt nicht.

- Die Charaktere passen nicht zusammen. Das kann eine extreme Kombination wie Schwarzmagier - Praiosgeweihter sein, oder die Gruppe spielt in lose wechselnder Zusammensetzung mit wechselnden Helden und Meistern, oder es wird nicht darauf geachtet oder ist nicht möglich, die Helden wenigstens einigermassen aufeinander abzustimmen (zwei Fundamentalisten unterschiedlicher Religionen).

- Der Meister forciert Konflikte in der Heldengruppe. Auch das kommt vor: er gängelt einen oder mehrere Helden, führt bewusst Situationen herbei, in denen unangenehme Konflikte unausweichlich sind und verhindert Kompromisslösungen, die alle Charaktere ihr Gesicht wahren lassen, selbst wenn die Spieler eine solche Lösung anstreben.

- Nicht alle wollen den NI. Es kann sein, dass Spieler und Meister zu unterschiedlich in ihren Ansichten über gutes Rollenspiel sind, oder dass sie sich noch nie mit ihren eigenen Ansichten oder denen der anderen auseinandergesetzt haben. Evtl spielt jemand einen betont unumgänglichen Charakter (Assassinen-Dieb mit Arroganz 12) und lässt dessen Wesenszüge stets an SCs und NSCs aus, oder die Möglichkeit der charakterlicheren Veränderung von SCs ist nicht erwünscht oder wird nicht in Betracht gezogen.

Insbesondere den letzten Punkt habe ich schon oft beobachtet. Kein Spieler lässt sich gerne in seinen Char hineinreden, aber man sollte mit fortschreitender Erfahrung auch eine Veränderung der Ansichten und Verhaltensweisen des Helden anstreben - nicht nur für den Gruppenzusammenhalt, sondern auch, weil ein starrer Held unheimlich langweilig ist.

Das waren meine 5 Kreuzer...
Dare

Rashidanya
Posts in topic: 2
Beiträge: 22
Registriert: 09.10.2003 10:14
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Rashidanya »

Ebenfalls Zustimmung zu Travian
(Entschuldige die vorherige Verballhornung deines Namens... aber manchmal tue ich zu viel des Guten und füge Silben ein, wo keine hingehören.)

Was sagt Torvon? War das ungefähr auch das, was er meinte?

Rashi

Benutzeravatar
Whyme
Posts in topic: 2
Beiträge: 4796
Registriert: 07.09.2003 19:33
Wohnort: Hermannsburg
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Whyme »

Dare hat geschrieben:[...]
- Nicht alle wollen den NI. Es kann sein, dass Spieler und Meister zu unterschiedlich in ihren Ansichten über gutes Rollenspiel sind, oder dass sie sich noch nie mit ihren eigenen Ansichten oder denen der anderen auseinandergesetzt haben. Evtl spielt jemand einen betont unumgänglichen Charakter (Assassinen-Dieb mit Arroganz 12) und lässt dessen Wesenszüge stets an SCs und NSCs aus, oder die Möglichkeit der charakterlicheren Veränderung von SCs ist nicht erwünscht oder wird nicht in Betracht gezogen. [...]

Dare
So ein Verhalten bemerke ich oft bei jüngeren Spielern, wenn sie gerade ihren zweiten oder dritten Charakter anfangen und sich endlich mal Gedanken darüber machen, dass ihr Charakter mehr ist als eine Sammlung von Spielwerten. Sie sind dann so stolz auf ihre Geschichte und die zurechtgelegten Charaktereigenschaften, dass sie selbst dann nicht ändern wollen, wenn sie merken, dass es damit Probleme gibt.

Damit umzugehen ist heikel, denn immerhin haben die Spieler einen wichtigen Schritt gemacht. Ihnen zu sagen, dass das nicht so toll ist, kann mehr schaden als nutzen. Wie man damit umgeht, muss jeder Meister für sich alleine rausfinden. Bei uns war es so, dass der Held irgendwann recht außen vor war, weil die Gruppe ihn einfach nicht integriert hat. Jeder Versuch des Meisters, den Spieler zu integrieren, scheiterten.

Allgemein denke ich, hat Travian das ausgedrückt, was ich seit ein paar Jahren im Gespräch mit Rollenspielern predige. Gutes Rollenspiel besteht auch darin, seine eigenen Vorstellungen aus Gründen der Spielbarkeit zurückzustellen und einen Charakter zu spielen, der auch zur Gruppe passt. Das soll nun nicht heißen, dass in der Gruppe Friede, Freude, Eierkuchen herrschen muss, aber das Konfliktpotential solle sich im Rahmen halten.

Whyme

Benutzeravatar
Torvon
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Posts in topic: 3
Beiträge: 1900
Registriert: 23.08.2003 11:12
Wohnort: muc
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Torvon »

Ich ziehe momentan um, und kann daher nicht so regelmäßig reinschauen.
Der Begriff "narrativer Imperativ" wurde von mir in einem anderen Thread erwähnt, und ich werde hier direkt aufgefordert, Stellung zu nehmen (andere natürlich auch). Das nächste mal bitte eine PM an mich, dass es da einen wichtigen Thread gibt, der beantwortet werden möchte *g*. EMails checke ich regelmäßig, und auf PM´s reagiere ich dann auch sofort.

Zum narrativen Imperativ: Mir macht Rollenspiel kein Spaß, in dem Charaktere nicht sie selbst sind. In dem Charaktere Motivationen entwickeln, die sie ihrem Charakter gemäß nicht entwickeln würden. In dem sie Dingen nachgehen, die sie nicht interessieren. In dem sie Dinge tun, die nicht zu ihnen passen. In dem sie Sachen erlernen, die sie nicht interessieren.
Der narrative Imperativ führt uns dazu. Ohne ihn auszukommen ist das Ziel, der Endzustand - damit kann man nicht anfangen. Und es muss als deklariertes Ziel der Gruppe gelten, weil man sonst einen Charakter in der Gruppe unmöglich spielen kann (da die Gruppe alsbald gesprengt werden würde).

Ich möchte, dass ein Charakter die Gruppe verläßt, wenn er die anderen nicht mag. Ich möchte, dass ein Charakter einer Sache nicht nachgeht, die ihn nicht interessiert. Ich möchte, dass ein Charakter einem anderen nachstellt, wenn es zu ihm paßt - und ich möchte nicht, dass er hierbei den Unterschied zwischen NSC und SC beachtet, denn er kann ihn nicht kennen.

Realistisches Rollenspiel ist mir wichtig. In einem anderen Thread schriebst du, Travian, wer darüber entscheidet, was der Held tut. Meine Antwort (das paßt hier nochmal gut rein, daher schreibe ich es nochmal): Der Spieler entscheidet über den Hintergrund, über den Charakter des Helden. Was dieser dann aber tut, sollte eben von diesem Hintergrund abhängen, nicht von Informationen, die der Held nicht haben kann ("oh das ist ein SC, dem darf ich nichts tun...").

Weg vom narrativen Imperativ - hin zum realistischen Rollenspiel.
Travian hat geschrieben:Ich würde den narrativen Imperativ (bzw. das, was ich damit meinte) anders definieren: Der narrative Imperativ sagt nichts weiter, als daß es beim Rollenspiel darum geht, gemeinsam eine für alle interessante und spannende Geschichte zu erzählen. Eine solche Geschichte kann aber nur dann zustande kommen, wenn Meister wie auch Spieler sich an gewisse Gesetze der Dramaturgie halten, denn eine gute Dramaturgie ist das Skelett einer spannenden Geschichte.
Ich habe das erst gelesen, nachdem ich meinen Beitrag geschrieben habe. "Gemeinsam eine Geschichte erzählen" - du hast Recht. Doch sollte dies in den Grenzen bleiben. Ich habe wohl sehr schlechte Erfahrung mit dem narrativen Imperativ gemacht, und muss mich deswegen erstmal sehr stark in die andere Richtung bewegen. Sobald ich dort ankomme, werde ich merken, dass die goldene Mitte der richtige Weg ist.
Das dauert wohl noch ein wenig.

Travian Norfold

Ungelesener Beitrag von Travian Norfold »

Das nächste mal bitte eine PM an mich, dass es da einen wichtigen Thread gibt, der beantwortet werden möchte
Sorry - ich als normalsterblicher Forumsbenutzer bin wohl irgendwie von der irregeleiteten Vorstellung ausgegangen, daß Admins sozusagen ständig präsent, ja dem Forum geradezu inherent sind, war mein Fehler.

Gruß, Travian - später mehr

Shahanja
Posts in topic: 3
Beiträge: 118
Registriert: 15.10.2003 20:09
Wohnort: Wien

Ungelesener Beitrag von Shahanja »

Hallo, ich werde es nicht ganz aushalten mich hier herauszuhalten. :-)

@Windfeder und Travian
...wobei Imperativ hier im Sinne von "Diktum" (also (Vor-)Herrschaft, 'Vorgegebenheit', Zwang) gebraucht wird und "Narrativ" weniger die Erzählform, sondern die Erzählung selbst mit einem festgefügten Verlauf meint.
Müsste es dann nicht eher Imperativ der Narration heißen?

Meiner Meinung nach ist von Spielleiterseite für eine brauchbare Lösung, zum Erhalt der Kontinuität (bei häufig durchgemischten Gruppen), um gruppeninterne, zerstörerische Tendenzen aufzuhalten, der Imperativ der Narration/narrative Imperativ sehr nützlich. Auch als Ploteinstig, oder als interessantes Element sind willkürlich, rein aus erzähltechnischen Gründen gewählte Begegnungen und Begebenheiten fast schon eine Notwendigkeit.
Da Rollenspiel zeitlich begrenzt ist, und man einen Charakter nicht 24 Stunden am Tag begleitet, auf seiner Reise durch Aventurien, muss die Erzählung für die tatsächlich ausgespielten Stunden einen Ansatz bieten, ja beinahe den Charakteren "befehlen" den Plothaken zu schlucken.
Natürlich ist meist das Rollenspiel interessanter, dass rein aus Charakter und nicht aus Spieler- bzw. Spielleitermotivation entsteht, doch um bestimmte Elemente in einer Geschichte einbauen zu können, müssen Spieler und Spielleiter sich gleichermaßen ihrer Macht bedienen ihre Charaktere den Zwängen der Erzählung folgen zu lassen.
Spielbarkeit macht den Imperativ der Narration wichtig.
Zufälle und historische Ereignisse in Aventurien basieren teilweise auch auf dem Eingreifen in die Welt, um den Zwängen der Erzählung zu folgen. Aber jeder hier hat sicher etwas von den berühmten aventurischen "Kausalknoten" gehört, die nicht unwesentlich zur Plotdichte Aventuriens für eine Heldengruppe beitragen.

Aus all diesen Gründen würde ich den narrativen Imperativ nicht kategorisch ablehnen, sehrwohl jedoch den inflationären und unsachgemäßen Gebrauch. Er sollte im Hintergrund bleiben und am besten einen logischen Rahmen bekommen, um nicht allzusehr herauszustechen, im Zweifelsfall dauert die Ausgestaltung halt etwas länger.

@Charakterdarstellung

Manchmal wird gutes Rollenspiel viel zu sehr damit gleichgesetzt, seine fixen Hintergründe und Vorbereitungen für einen SC auf jeden Fall im Spiel durchzusetzen. Das finde ich insofern etwas falsch, als dass der Mensch nicht so unflexibel ist. Ein Charakter sieht sich immer wieder in einer Situation, in die er früher nicht geraten wäre. Vielleicht erkennt der Sc einen neuen Wesenszug an sich, vielleicht ändert sich seine Einstellung schon über Monate, aber genau in "diesem" Abenteuer zeigt sich das im Spiel. Dass ungewöhnliches Handeln später Fragen aufwirft, ein schlechtes Gewissen verursacht, oder den SC dann plötzlich wieder einem extrem zutreibt ist natürlich als Folge nicht ungewöhnlich.

Bin müde, gute Nacht.

mfg

Shahanja

Gulmond
Posts in topic: 4
Beiträge: 4834
Registriert: 27.08.2003 16:58
Wohnort: Münster

Errungenschaften

Ungelesener Beitrag von Gulmond »

Torvon schrieb:
Meine Antwort (das paßt hier nochmal gut rein, daher schreibe ich es nochmal): Der Spieler entscheidet über den Hintergrund, über den Charakter des Helden. Was dieser dann aber tut, sollte eben von diesem Hintergrund abhängen, nicht von Informationen, die der Held nicht haben kann ("oh das ist ein SC, dem darf ich nichts tun...").
Du täuscht dich.
Auch das ist narrativer Imperativ.
Spätestens dann, wenn du einen Hintergrund und SC auswählst, der ein Interesse hat, ein Abenteuer zu bestehen.
Du spielst ja eben nicht den Bäckergesellen, der 20 Jahre bei seinem Meister bleibt, heiratet und später selbst Meister wird, aber nie was spannendes erlebt.

Fantasy-Rollenspiel ohne narrativen Imperativ ist unmöglich.
Das dieser Unsichtbar wirken soll, darin sind wir uns einig.

Gesperrt