Ob der Tatsache, dass in der Zwischenzeit eine ganze Reihe von Punkten angesprochen wurden, auf die ich zumindest flüchtig eingehen möchte, habe ich mich einmal mehr für das Kommentieren einzelner Zitate entschieden, und gegen den Flusstext der mir zwischenzeitlich vorschwebte.
Sternenkrähe hat geschrieben:
Aber den Spielern steht doch die Kontrolle über ihren Bereich zu... innerhalb der Regeln. Genau wie für den Meister.
Für beide aber werden hier grundsätzlich
verschiedene Regeln propagiert...
Sternenkrähe hat geschrieben:
Alles andere würde keinen Sinn machen.
Darüber ließe sich zwar auch streiten, aber ich denke, dass können wir vorerst getrost unterlassen.
Sternenkrähe hat geschrieben:
Ich gehe hier von offiziellen Regeln aus, solange nichts anderes geschrieben wird. Diese beschränken für die Spieler die Möglichkeit, Würfelergebnisse zu verändern, für den Meister hingegen nicht.
Aber sind es denn tatsächlich die
Regeln, die die Spielleitung in solcher Art und Weise "bevorteilen"?
Meiner Meinung nach langt man hier nämlich wieder an dem Punkt an, an dem eine Einteilung in das, was ich auch in diesem Forum hier in der Vergangenheit als Regeln und Techniken, System- und Spielmechanismen, bezeichnet habe, interessant wird. Die Erteilung von "Sonderrechten" an einzelne Spielteilnehmer fällt dabei meines Erachtens nach in aller Regel unter die Techniken. Hier werden keine Prozesse innerhalb der Spielwelt oder direkt auf diese bezogen verwaltet, nicht System oder Welt stehen im Vordergrund, sondern das Spiel an sich und seine Teilnehmer.
Sternenkrähe hat geschrieben:
Du kannst mit deiner Gruppe ja entsprechend andere Regeln vereinbaren, wenn du dann glücklicher wirst.
Dass man das
kann ist mir bewusst, und ist sogar zum Teil mein Punkt bei der ursprünglichen Frage gewesen. Aber wann, warum und wie macht man denn von dieser Möglichkeit Gebrauch? (Und mit "dieser Möglichkeit", der Möglichkeit bestimmte Techniken/Spielmechanismen zu verwenden, soll auch ausdrücklich die Möglichkeit gemeint sein, wie beispielsweise von dir (und vielen Publikationen) vorgeschlagen zu spielen.)
Amazeroth hat geschrieben:
Weil man es dann wohl gleich sein lassen kann, wenn jeder machen kann was er will haben wir Anarchie und dann kommt kein Rollenspiel zustande.
Wieso sollte kein Rollenspiel zustande kommen, wenn jeder machen kann was er will? Ist es so abwegig zu vermuten, dass das, was alle Beteiligten wollen rollenspielen ist, und es daher ein gemeinsames Interesse an dessen Zustande kommen gibt? Ist es wirklich zwingend erforderlich, dass einem Teil der Spieler zusätzliche Befugnisse wie "darf Würfelergebnisse verändern" zu Teil werden?
Amazeroth hat geschrieben:
Man macht halt den Kompromiß als Spieler und gibt dem Meister freiwillig die Kontrolle über die Welt in der man sich aufhält.
Freiwillig. Da ist ja das Wort! Und:
Kompromiss.
Rechte einzelner Spielteilnehmer, wenn sie über die der anderen hinausgehen, erwachsen stets daraus, dass die Gemeinschaft diese Rechte
freiwillig überträgt. Ob und welche Rechte ist dabei nicht entscheidend für die Möglichkeit, dass Rollenspiel stattfinden kann. Andernfalls wäre die einzige freiwillige Entscheidung, zu der ein Mitglied der Runde fähig wäre, ja bloss "ja, ich gebe die Kontrolle ab und will spielen" oder "nein, ich gebe die Kontrolle nicht ab und will nicht spielen" zu sagen. In einer solchen Situation ist es für mich schon unsinnig überhaupt auf die Abgabe der Kontrolle einzugehen, sie anzuführen, denn sie würde ja in der Idee des Spiels selbst aufgehen. Betrachtet man sie dagegen einzeln, und das tutst da ja anscheinend, Amazeroth, dann folgt in meinen Augen daraus zwangsläufig, dass diese Kontrolle und das Spiel nicht so grundlegend miteinander verknüpft sind, wie du zu Beginn behauptet hast. Ein
Kompromiss zwischen unterschiedlichen Ansichten lässt sich schließlich auch anders treffen, als "einfach" eine einzelne Person als Entscheidungsbefugt zu deklarieren - gerade wenn eben gewisse gemeinsame Interessen vorliegen. So wie die Spieler scheinbar natürlich - gewohnheitsmäßig - oft auf gewisse Möglichkeiten oder Rechte, auf einen Teil der Kontrolle wie du es nanntest, verzichten, so kann auch die Spielleitung auf ihre eben auch nur gewohnheitsmäßigen, und eben
nicht natürlichen oder gott-gegebenen (;)), Rechte verzichten.
Amazeroth hat geschrieben:
Vertrauen, daß der Meister diese Macht nicht mißbraucht muß schon da sein, man kann sich ja auch auf ein paar Eckpfeiler ( vulgo Regeln ) stützen dabei.
Diese Annahme des Vertrauens kann man aber auch in anderer Richtung machen. Auch die Spielleitung kann darauf vertrauen, dass andere Teilnehmer ihre Möglichkeiten und ihre Rechte nicht missbrauchen. Wenn ein solches Vertrauen herrscht, dann lässt sich auf künstliche Beschränkungen wie "darf verdeckt würfeln" contra "darf nicht verdeckt würfeln" oder "darf Würfe manipulieren", "darf keine Würfe manipulieren" verzichten. Wenn ein Spieler der Spielleitung zugesteht die Regeln zu brechen (nüchtern betrachtet handelt es sich bei der Veränderung von Würfelergebnissen für mich um nichts anderes), immer in dem Vertrauen, dass dies zu Gunsten des Abenteuers und des Spielspasses aller geschieht, dann kann auch die Spielleitung dieses Vertrauen in die Spieler setzen.
Mysticus hat geschrieben:
Mit Vertrauen hat das weniger zu tun, den Punkt hast du auch in dem anderen Thread schon angeführt.
Wie hoffentlich auch aus meiner letzten Antwort auf Amazeroth hervorgeht tue ich mich schwer damit hier zuzustimmen. Mit Vertrauen hat Sternenkrähe in meinen Augen einen der vielleicht wichtigsten Punkte in dieser speziellen Diskussion, aber auch im Rollenspiel allgemein angesprochen.
Mysticus hat geschrieben:
Der optimale Spielspaß wird nicht mit verdecktem Würfeln herbeigeführt.
Hängt der optimale Spielspass denn an dem Zufallselement der Würfel? Schach und Go machen keinen Spass? Diceless Systeme machen keinen Spass?
Mysticus hat geschrieben:
Immer diese impliziten Annahmen.
Dagegen ist man hier eben nicht gefeit.
Mysticus hat geschrieben:
Mit Würfeln hat das Ganze wenig zu tun, aber wie langweilig ist es denn, wenn der Meister verdeckt in Kämpfen würfelt?
Ich weiss nicht. Wie langweilig ist es denn? Und wenn du gerade dabei bist kannst du mir dann vielleicht auch noch auseinandersetzen wie langweilig Filme und Bücher sind, bei denen man bereits zu Beginn davon ausgehen kann (oder gar weiss), dass die Helden überleben und siegen werden?
Mysticus hat geschrieben:
Ich will als Spieler keine Gnade, ich will Gerechtigkeit. Und die ergibt sich, wenn alle mit offenen Karten spielen.
Gerechtigekeit kann sich aber auch ohne offene Karten ergeben. Womit man auch wieder auf das Vertrauen zurückkommt. (Und in einem weiteren Bogen auf den Zufall.)
Sternenkrähe hat geschrieben:
Der Meister sollte genug Rückgrad besitzen und es nicht nötig haben, bei unbequemen Sachen den Würfeln die Schuld zu geben.
Gerade dafür können sich Zufallsgeneratoren aber anbieten. Sie können als Entscheidungshilfe in schwierigen oder unklaren Situationen ebenso dienen, wie als "Blitzableiter" innerhalb einer Spielgruppe.
mfG