Herr der Welt hat geschrieben: Was die Entwicklung des Hintergrundes angeht: Weniger Metaplot "in die Tiefe", wie Sumaro es gesagt hat, ist in meinen Augen eher ein Feature als ein Bug.
Auch wenn ich Sumaros Sicht insoweit teile, als dass ich gerne viel DSA-Hintergrund lese und mich auch gerne mit den Details auseinandersetze - für das Bespielen der Welt kann es je nach Präferenzen der jeweiligen Gruppe eher ein Hindernis sein, dass es zu jedem Grashalm eine eigene Geschichte gibt, die sich dann auch noch laufend ändert.
Ich glaube nicht, dass Sumaro mit der Tiefe des Hintergrundes bzw. der Ausschöpfung desselben in Abenteuern, Kampagnen und Szenarioideen (z.B. in Spielhilfen) eine breite Beschreibung meinte [...]
Das Gegenteil von tief ist flach - und so kommen mir die meisten Plot-Ideen und Entscheidungen für die Metaplot-Entwicklungen inzwischen auch vor.
Verstehe und kann ich nachvollziehen. Ich persönlich möchte das nach so kurzer Zeit noch gar nicht abschließend bewerten, sehe den Trend vorsichtig betrachtet aber ähnlich.
Nur gehen dann die Meinungen dazu auseinander: Ich finde das gut. Spieltiefe erzeuge ich persönlich, wenn die Runde und ich das wünschen, in der Spielrunde.
Herr der Welt hat geschrieben:
Und wenn ich hier noch lesen muss, dass mit Michael Masberg einer der letzten geht, von dem ich ungelesen einen Kampagnenband gekauft hätte, dann stimmt mich das in der Hinsicht nicht wohler.
Kann ich auch nachvollziehen. Ich bedaure z. B. sehr, dass Uli Lindner DSA verlassen hat.
Andererseits: Wie überall gibt es hier eben eine gewisse Fluktuation. Ich denke, da sollte den Nachfolgern auch die Chance gegeben werden, sich zu entwickeln und tolle Arbeit zu leisten - deren Bewertung ja wiederum relativ subjektiv ist.
Der Koch im Lieblingsrestaurant hat gewechselt. Der neue Koch kocht eben anders. Kann sein, dass es für manche nicht mehr das Lieblingsrestaurant ist. Andererseits gibt es 100 Gründe, in ein Restaurant zu gehen und die Küche ist nur einer davon.
Herr der Welt hat geschrieben:
Vielleicht ist es auch eine nur logische Konsequenz, dass mit einem engeren Personenstab (ist doch so?) die ohnehin schon immer prekär gewesene aventurische Plot-Verwaltung in einer Art verunmöglicht wird, dass man größere Fäden nur sehr vereinzelt spinnt, im Gros aus den (monetär) vielversprechenderen Spielhilfen schöpft und darum herum eben kleine Abenteuer schreibt oder - mit mehr oder minder fixer Verbindung – selbige zu Kampagnen webt. Latent war das ja nie anders (was hat man sich über fragmentarische Drachenchronik beschwert), wird nun aber möglicherweise stärker konzeptionell verfolgt. Dass nebenher auch die Fan-Arbeit quantitativ abgenommen hat, forciert eine solche Entwicklung, ohne dass ich mehr tun möchte, als den aktuell gegebenen Zustand aus der Warte meiner Wahrnehmung heraus zu beschreiben (nicht etwa mögliche Gründe nennen oder Verantwortlichkeiten zuweisen).
Ja, volle Zustimmung. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das insgesamt gut oder schlecht finde. Die Zeit eines Managements mit viel Personal und logischerweise sehr vielen unterschiedlichen Ansichten hatten wir auch schon - unbedingt besser muss das nicht sein.
Ich fände es schade, wenn aus diesem Grund weniger "große" Kampagnen oder ambitionierte Abenteuer herausgebracht werden würden, denn die empfand ich durchaus als eine Bereicherung. Interessanterweise war die Qualität da auch sehr schwankend. Drüben im Tanelorn haben wir gerade einen Thread, der die ikonischen Kampagnen der unterschiedlichen Systeme listet. Von DSA sind natürlich auch einige dabei. Alles Werke, die in der Qualität sehr unterschiedlich bewertet wurden - ikonisch sind sie aber eben trotzdem.
Ich möchte solche Kampagnen gerne haben, auch wenn ich am Ende sage: Alles quatsch, baue ich komplett um. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die Entwicklung dieser Kampagnen viel Arbeit bedeutet und damit Personal bindet.
Kampagnen sind aber m. E. nicht deshalb groß, weil sie von Haus aus episch sind und übergeniale Twists mitbringen (ich habe immer das Gefühl, dass das leider in der Bewerbung von "The next big Thing" und so rüber kommt und teilweise erwartet wird). Kampagnen sind dann groß, wenn die Spielrunde etwas Großes daraus macht. D.h., eine Kampagne vom Verlag muss das Handwerkszeug dazu mitbringen und sich nicht selbst in dem Versuch, die perfekte Handlung gleich mitzubringen (aka eine Geschichte zu schreiben) übertreffen. Das wiederum - um den Bogen zu meinem Eingangsargument zu spannen - kann eben durch "weniger ist mehr" und damit auch weniger Aufwand erreicht werden.
Herr der Welt hat geschrieben:
Übrigens funktionieren aus meiner Sicht unter den genannten Bedingungen gerade kleine Abenteuer (immer noch) gut: 'Offenbarung des Himmels' gefiel mir - den Regelkram beiseitegelassen; den brauche ich nicht - durchaus. Solche Schlaglichter abseits versponnener Groß-Handlungsbögen scheinen sehr viel mehr dem Kaliber des Leistbaren zu entsprechen.
Ja, solange es nicht nur Bauerngamingkram ist gerne. Auch da scheint eine weitläufige Meinung zu sein: Je hochstufiger, epischer, mehr "Krawumm" ein Abenteuer ist, desto dicker muss das Abenteuer sein. Nein, muss es nicht.
Herr der Welt hat geschrieben:
Man könnte also sagen: Das Defizit in der Kundenbindung wird mit der Neukundengewinnung ausgeglichen, möglicherweise sogar übertroffen.
Wie viele Spieler durch (nicht nur) diese neue Linie vergrault und gewonnen wurden, lässt sich - das sollte sich inzwischen als Konsens für diesen Thread erwiesen haben - nicht sagen.
Von uns nicht, der Verlag müsste zumindest die Neukundengewinnung in Zahlen fassen können.
@Sumaro:
Danke für die Klarstellung erst mal. Ich schreibe später noch was dazu, muss jetzt erst mal weg.
Edit: So, mal kurz Zeit, um zu deinem Statement noch was zu sagen.
Disclaimer: Mir geht es hier nicht um Rechthaberei, ich möchte allerdings eine Meinung schildern, die m. E. hier im DSA-Forum unter eingefleischten Experten und semiprofessionellen Nerds
unterrepräsentiert ist. Gleichzeitig respektiere ich deine Sicht der Dinge natürlich.
Ich habe die DSA5-Abenteuer noch nicht im Detail gelesen, sondern nur überflogen. In der Regel lese ich ein AB erst dann genau, wenn ich es zu leiten in Erwägung ziehe. Deshalb kann ich zu Niobaras Vermächtnis nicht viel sagen.
Was die Motivation und die Darstellung von NSC angeht (für mich auch sehr wichtig: Ressourcen), hast du grundsätzlich meine Zustimmung, da bin ich absolut bei dir. Es ist erschreckend, dass offensichtlich selbst heutzutage diese elementaren Bestandteile eines guten Abenteuers fehlen.
Das ist allerdings etwas, an dem DSA-Abenteuer hin und wieder kranken und nicht etwa ein neues Phänomen. Man sehe sich allein die Motivationen, Ressourcen und die Darstellungen von NSC in den bekannten Kampagnen an (G7 als herausragendes Schlecht-Beispiel).
Dennoch ist das von dir gesagte die Details (in diesem Fall eine Philosophie) betreffend ein gutes Beispiel dafür, was ich eher als ein Hemmnis für solche Spieler sehe, die entweder neu im Thema sind oder grundsätzlich keine derartige Detailtiefe wünschen, da es nicht ihre Form des Stiles darstellt. Es ist eine Vermischung von möglicherweise abenteuerrelevanten und damit direkt spielbaren Inhalten und Barbiespiel. Mir ist bewusst, dass beides nicht so einfach trennbar ist.
Wie viel Prozent der DSA-Spieler sind wirklich so tief im Thema, dass sie die von dir bemängelte Detailtiefe brauchen bzw. möchten?
Viele wird ein zu langer pseudo-philosophischer Hintergrund abschrecken.
Ich zitiere mal aus einer Rezension von Weltengeist im Tanelorn, die ich kürzlich gelesen habe (betraf die Drachenchonik):
Und wenn ich schon mal dabei bin, noch ein Wort zu den ersten 13 Seiten des Bandes - dem Kampagnenvorwort (das mWn aus einer anderen Feder stammt). Um Himmels Willen, was für ein zähes, pseudo-akademisches Geschwurbel! Sollte so ein Vorwort nicht so richtig Lust auf die Kampagne machen? Tut es nicht. Echt nicht. Wir lesen hier Monologe über Sikaryan und Nayrakis, über die widersprüchlichen Interpretationen einer Essenz eines Drachen, über die wechselvolle Vorgeschichte Pardonas und über ihre (mal wieder) Von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge-Pläne. Trotzdem versteht man ohne eine Habilitation in Aventurologie nur Bahnhof. Ich war jedenfalls ziemlich abgeturnt - das ist für mich genau das DSA, über das sich immer alle lustig machen...
Das entscheidende habe ich fett markiert.
Ideal aus meiner Sicht wäre eine optionale Detailvertiefung, was aber vermutlich nicht so einfach umsetzbar ist. Aus dem Kopf mal ein Paradebeispiel dafür, wie man es gut machen kann: Die Dracula Dossiers für Nights Black Agents. Für Otto-Normal-Spieler reicht völlig die Hauptkampagne, aber für Leute, die sich richtig tiefgehend mit dem Thema beschäftigen müssen, gibt es drei (!) weitere Supplements.
Vielleicht ein ähnliches Beispiel für DSA. Die G7: Viele, wahrscheinlich die meisten, Spielleiter werden sich zu NSC und Schauplätzen vermutlich weitere Informationen heranziehen. Aber müssen diese Zusatzinformationen in das Abenteuer? Meiner Meinung nach nein. Sie gehören in Quellenbände.