DSA ein System voller Rivalität und Neid? Oder voll Kooperation und Freundschaft?

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Andwari
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DSA ein System voller Rivalität und Neid? Oder voll Kooperation und Freundschaft?

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@Zur Frage, was das System tun kann:

1. Kein Rollenspiel-Regelwerk betreibt Rollenspiel, klar. Es soll die Spieler irgendwie unterstützen.

2. Das kann durch direkte Hilfestellung zum "wie man spielt" erfolgen - also Hinweise für gutes Spielleiten, dafür wie ich als Spieler mit meinen Mitspielern usw. umgehen soll. Macht jedes System in unterschiedlichem Umfang, von einem "habt alle Spaß" bis hin zu kompletten Büchern dazu.

3. Der Hauptteil des Systems sind aber Detailregeln, wie man mit spezifischer Situation X umgehen soll - DSA ist da eher auf der ausführlichen Seite und betreibt z.T. Mikromanagement.

4. Wenn wir als Maßstab anlegen wollen, wie viel welcher Spieler/Chari über den Rollenspielabend "angespielt" wird, hat Punkt 3. schon einen Einfluss: Die Gruppe wählt aus den vom System angebotenen Regeln für Situation X eine passende aus - und daraus ergibt sich zumindest ein Mindestwert, wie lange das dauert, bis man durch die Situation durch ist. Beispiele:
=> Kampf: Es funktioniert in DSA beispielsweise kaum, einen Kampf von 5 Mitspielern mit einer "interessanten" Zahl/Qualität von Gegnern in 15 Minuten abzuhandeln. Könnte man sich wünschen, wird aber nicht angeboten.
=> Ausrüstungsverschleiß: Ich habe in DSA noch nie erlebt, dass das ausführlicher thematisiert wurde. In anderen Rollenspielen haben wir öfter irgendwelches Gerümpel zusammengeflickt, verbessert oder optimiert.

5. Wenn die Gruppe festlegt, was sie spielen will, sollte ein gutes System das unterstützen. Nur deshalb gar keine Kämpfe zu spielen, weil die entweder ewig dauern oder die ohne Systemunterstützung selbstgemachten Alternativen unattraktiv sind, ist keine gute Lösung. Klar kann ich eine superschnelle Kampfsimulation machen: "Die Heldengruppe gewinnt, jeder würfelt W20, bei 19+20 ist der Held tot."
=> Superschnell und vmtl. als unattraktiv empfunden. Bei einigen anderen Tätigkeiten haben wir aber genau solche schnellen, sehr auf Maximalergebnisse fokussierte Anleitungen - würfel einmal auf Y, die Resultate/Reaktionen kennen zwei extreme (ja/nein) Ausprägungen und wenig dazwischen.

6. Zu langsame/aufwändige Systemvorschläge werden dann oft gar nicht bespielt, bei den als zu kurz empfundenen versuchen die Spieler üblicherweise, da ganz viel drumherum zu reden um den Würfelwurf/Systemvorschlag zu relativieren.

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

@Andwari

Danke - dass bestimmte Regeln bestimmte Spielsituationen attraktiver oder abschreckender für die Spieler machen können (wie hier im Beispiel Kampf), was sich dann wieder auf die Spielweise auswirkt, leuchtet mir ein.

@Steigerungen

Ist nett, weil es eine gewisse Charakter- und Persönlichkeitsentwicklung möglich macht. Wir bleiben ja alle nicht statisch, warum also die Charaktere?

Aber zur Motivation ("Cool, ich werde immer besser und irgendwann gelingt mir alles!") bräuchte ich persönlich das jetzt nicht unbedingt.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Lanzelind
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Ungelesener Beitrag von Lanzelind »

Ich schließe mich aufgrund meiner Erfahrungen der gewagten These an, dass es am Ende des Tages an den Spielern und ihrem Naturell liegt und weniger am System. 8-)

Es gibt wohl in jeder Runde aktive und nicht so aktive Spieler und mal hat die mehr Screentime, mal der. Das ist IMHO alles so lange kein Problem, wie alle mehr oder weniger Teamplayer sind und darauf achten, ein gemeinsames Spielerlebnis zu haben. (Also bspw. aktivere Spieler die stilleren vielleicht auch mal mit einbinden, das muss mE nämlich keineswegs nur die Aufgabe des SL sein). Und manchmal ist man (z. B. nach einer anstrengenden Arbeitswoche) ja vielleicht auch mal ganz zufrieden, einfach nur still daneben zu sitzen und zuzuhören. :)

Problematisch wurde es nach meiner Erfahrung immer dann, wenn ein sehr aktiver und "lauter" Spieler (es gibt so Typen, unabhängig vom Geschlecht, die einfach immer "Hier!" schreien, egal wie passend oder unpassend es für die Situation oder ihren Charakter ist) die Screentime wirklich ohne jegliche Rücksicht an sich riss und der damalige SL dann auch kein Gespür dafür hatte, ob das für den Rest der Gruppe ggf. ein Problem sein könnte. Das habe ich aber sowohl bei DSA als auch bei AD&D erlebt und dafür konnte das jeweilige System nun wirklich nichts.
Warum von einem System oder Welt oder Personen sagen lassen, dass ich es so oder so spielen muss oder dass es 'Blood, Sex n Gore' nur in Westeros geben darf?
Dem schließe ich mich übrigens an und kann nur immer wieder sagen, dass ich z. B. bei AD&D (Birthright), obwohl es angeblich so Hack'n'Slay-lastig ist, aus rollenspielerischer (oder wie es Neudeutsch heißt: "fluffiger") Sicht einige meiner besten, amüsantesten und eindrücklichsten Spielabende hatte. Sogar welche komplett ohne Kämpfe. 8-) Letztendlich kommt es doch darauf an, was die Gruppe draus macht. :)

Andwari
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Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Steigerungen
Es gibt ja Systeme, in denen noch deutlich weniger "Veränderung" in den Chari-Werten drin ist als in DSA (4.x). Beispiel wäre Star Wars D6 - man hat da quasi auf ewig den Helden wie er anfänglich mit Werten ausgestattet wurde - und dieser Held ist dort auch definitionsgemäß deutlich besser als ein Nicht-Held. Ob die einzelnen Bereiche ausgewogen sind? Vermutlich nicht - aber sie passen alle auf ein A4-Chariblatt und man könnte die ggf. ganz fix mit Radiergummi und Bleistifft systemkonform korrigieren.

Andere Systeme machen aus der Steigerung sogar ein Event - bis DSA3 war "Stufensteigerung" doch irgendwie ein Erlebnis und spannend - andererseits das Warten darauf auch manchmal zäh. Das haben spätere DSA-Versionen ziemlich vollständig aus Generierung und Spielumfeld rausgenommen. Was den einen nur genervt hat und andere zu fiesen Schummlern machte war für wieder andere vllt. ein netter Zeitvertreib.

Eulenspiegel
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Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Monokausale Erklärungen sind meistens falsch:
- Es liegt nur an den Mitspielern. --> wahrscheinlich falsch
- Es liegt nur am System. --> wahrscheinlich falsch.
- Sowohl Mitspieler als auch System sind wichtige Einflussgrößen. --> eher richtig.

Ansonsten geht es nicht darum, sich vom System vorschreiben zu lassen, was man spielen will. Es geht darum, sich ein System auszusuchen, das die eigenen Spielvorlieben unterstützt.

Mal anhand eines Autobeispiels:
Ein Ferrari ist ein super Auto. Und wenn du damit über Autobahnen fahren willst, ist das auch super. Aber du solltest damit nicht querfeldein fahren. Wenn du querfeldein fahren willst, ist ein Jeep besser geeignet.

Um es klarzustellen: Ich will den Ferrari-Besitzern nicht verbieten, querfeldein zu fahren. Ich will ihnen nur den Rat geben: Wenn ihr querfeldein fahren wollt, solltet ihr vielleicht euer Auto wechseln und eines benutzen, das besser dazu geeignet ist. Zum Beispiel einen Jeep.

Ansonsten sind sich DSA und (A)D&D verdammt ähnlich. Dass man zwischen diesen beiden Systeme keinen wesentlichen Einfluss feststellt, liegt wahrscheinlich daran, dass die beiden Systeme keinen unterschiedlichen Einfluss ausüben.
Wer sich dafür interessiert, wie sich unterschiedliche Systeme auf das Spielgefühl auswirken und unterschiedliche Spielstile unterstützen können, würde ich Systeme empfehlen, die sich deutlich von DSA unterscheiden. Hier könnte man zum Beispiel die folgenden Systeme ausprobieren: Ich sage nicht, dass diese Spiele besser oder schlechter als DSA sind. Ich sage nur, dass diese Spiele sich deutlich von DSA unterscheiden. Und wenn man diese Systeme mal im Vergleich zu DSA spielt, merkt man deutlich: System matters.

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