Flüchtlingsthread

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Eulenspiegel
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Sagista hatte sich bei diesem Post hier tatsächlich noch sehr nah am Thema gehalten.
sagista hat geschrieben:Das nicht, aber man sollte nicht annehmen, dass Flüchtlinge per se Unschuldige sind, die nur aus Gründen, die sie nicht zu verantworten haben, zur Flucht getrieben wurden
Das stimmt. Flüchtlinge sind nicht grundsätzlich unschuldig. Genau so, wie Einheimische nicht grundsätzlich unschuldig sind.

Disclaimer: Damit will ich nicht unterstellen, dass du das behauptet hättest.

Schwarze Schafe gibt es immer.

Zu den IS-Terroristen:
Zum einen ist da die praktische Seite: Ein IS-Terrorist wird wohl kaum an der Grenzkontrolle groß sagen, dass er IS-Terrorist ist. Das heißt, hier hat man eh Probleme, den Nicht-IS-Flüchtling vom IS-Flüchtling zu unterscheiden.

Zur juristischen Seite: Wenn einem im Heimatland die Todesstrafe droht, darf man ihn nicht aus Deutschland ausliefern. Wenn ihm im Heimatland aber eine Gefängnisstrafe droht, darf man ihn ausliefern. Das gilt selbstverständlich auch für IS-Terroristen.
Besonders merkwürdig finde ich übrigens die Debatte um die sogenannte "Massenabschiebung" von Afghanen. Da stellen sich wirklich Leute hin, die gegen die Abschiebung von Leuten sind, deren Asylantrag hier nach einem rechtsstaatlichen Verfahren abgelehnt wurde und die sogar zu einem erheblichen Anteil (ein Drittel) schwerste Straftaten begangen haben. Da frage ich mich doch, wie soll denn eine Asylpolitik aussehen, die diesen Leuten wohlgefällig ist?
Ich denke mal, die meisten Demonstranten waren dafür, dass das Drittel Straffälliger abgeschoben wird. Sie haben dagegen demonstriert, dass auch die anderen beiden Drittel mit abgeschoben werden.

Nur weil bei 33% die Abschiebung in Ordnung geht, heißt das ja noch lange nicht, dass es bei den restlichen 67% auch in Ordnung ist.

Disclaimer: Auch hier will ich dir nicht unterstellen, dass du das gesagt hättest.

Und dann gibt es noch ein paar wenige Demonstranten, die tatsächlich auch gegen die Abschiebung der Straffälligen sind. Hier geht die Argumentation dann wie folgt: "Sie haben eine Straftat begangen. Wenn man sie nach Afghanistan abschiebt, dann kommen sie dort sehr wahrscheinlich auf freien Fuß. Wenn jemand in Deutschland eine Straftat begeht, dann sollte er auch in Deutschland ins Gefängnis. - Und nach dem Gefängnisaufenthalt gibt es entweder Sicherheitsverwahrung oder man gilt als rehabilitiert."

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sagista
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Eulenspiegel hat geschrieben:Das stimmt. Flüchtlinge sind nicht grundsätzlich unschuldig. Genau so, wie Einheimische nicht grundsätzlich unschuldig sind.
Das war nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte. Ich wollte darauf hinaus, dass sich unter den Flüchtlingen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Kriegsverbrecher befinden, die eine Mitschuld an den Zuständen in ihrem Heimatland haben.

Letztendlich erweist es sich allerdings immer mehr als Falschaussage, Deutschland sei durch die Flüchtlingsbewegungen nicht unsicherer geworden. Das war von Anfang eine Beruhigungspille. Selbstverständlich ist Deutschland unsicherer geworden. Nehmen wir einmal an, nur 5 % der Flüchtlinge neigten zur Kriminalität - die 5 % soll als Durchschnitswert für alle Ethnien verstanden werden, ich weiß es grad nicht genau, wieviel % der Deutschen kriminell sind - hat man bei knapp einer Million Flüchtlinge die stattliche Anzahl von 50.000 potentiellen kriminellen zusätzlichen Menschen.

Wenn man dann noch bedenkt, dass insbesondere was Körperverletzungen, Sexualstraftaten und Raub betrifft, die Quote bei jungen Männern doch deutlich höher ist als bei Frauen generell und Männern anderer Altersgruppen - ja, es gibt auch weibliche Sexualstraftäter und Bankräuber im Rentenalter - und sieht, dass dann doch der Anteil an jungen Männern unter den Flüchtlingen exorbitant hoch ist, so frage ich mich schon, wie man zu der Einschätzung kommen kann, die ja von vielen Politikern vertreten wird, durch die Flüchtlingsbewegungen sei Deutschland nicht unsicherer geworden.
Eulenspiegel hat geschrieben:Zu den IS-Terroristen:
Zum einen ist da die praktische Seite: Ein IS-Terrorist wird wohl kaum an der Grenzkontrolle groß sagen, dass er IS-Terrorist ist. Das heißt, hier hat man eh Probleme, den Nicht-IS-Flüchtling vom IS-Flüchtling zu unterscheiden.
Es gibt auch andere, sehr trickreiche Methoden, sich der Abschiebung zu entziehen.

Aber grundsätzlich klar, kann man nicht unterscheiden. Deswegen sollte man auch konsequent die Personalien prüfen und feststellen. Die Praxis, bei fehlenden Pässen grundsätzlich den Angaben der Person zu vertrauen, mag früher human gewesen sein, heute öffnet sie jedoch dem Mißbrauch durch Kriminelle Tür und Tor. Das kann ein Rechtsstaat, der ernstgenommen werden will, nicht dulden. Leider fällt mir keine wirklich gute Lösung ein, was man mit Menschen ohne Pässe machen soll, wo man sie unterbringen kann etc., vielleicht doch Transitzonen, aber die Praxis, dass man nur seinen Pass wegwerfen muss und dann quasi eine beliebige Identität annehmen kann, in inakzeptabel.
Eulenspiegel hat geschrieben:Zur juristischen Seite: Wenn einem im Heimatland die Todesstrafe droht, darf man ihn nicht aus Deutschland ausliefern. Wenn ihm im Heimatland aber eine Gefängnisstrafe droht, darf man ihn ausliefern. Das gilt selbstverständlich auch für IS-Terroristen.
Da man wohl davon ausgehen muss, dass gefangenen IS-Terroristen sowohl im Irak als auch Syrien Folter und Todesstrafe droht, bedeutet das also, dass IS-Terroristen Asyl gewährt werden muss. Nun ja, wahrscheinlich juristisch vertretbar, moralisch eher nicht.
Eulenspiegel hat geschrieben:Ich denke mal, die meisten Demonstranten waren dafür, dass das Drittel Straffälliger abgeschoben wird. Sie haben dagegen demonstriert, dass auch die anderen beiden Drittel mit abgeschoben werden.

Nur weil bei 33% die Abschiebung in Ordnung geht, heißt das ja noch lange nicht, dass es bei den restlichen 67% auch in Ordnung ist.
Naja, die Asylanträge dieser Personen wurde abgelehnt, nach allem was ich weiß schon vor längerer Zeit. Dass einige dieser Leute schwere Straftaten begangen haben ist nicht der alleinige Grund für ihre Abschiebung, man muss nicht kriminell geworden sein, um abgeschoben werden zu können. Aber es gibt ja einige Organisitionen und Parteien, die generell gegen Abschiebungen sind...
Eulenspiegel hat geschrieben:Und dann gibt es noch ein paar wenige Demonstranten, die tatsächlich auch gegen die Abschiebung der Straffälligen sind. Hier geht die Argumentation dann wie folgt: "Sie haben eine Straftat begangen. Wenn man sie nach Afghanistan abschiebt, dann kommen sie dort sehr wahrscheinlich auf freien Fuß. Wenn jemand in Deutschland eine Straftat begeht, dann sollte er auch in Deutschland ins Gefängnis. - Und nach dem Gefängnisaufenthalt gibt es entweder Sicherheitsverwahrung oder man gilt als rehabilitiert."
Ja, diese Argumentation gibt es auch. Allerdings machten die Demonstranten in diesem speziellen Fall nicht den Eindruck, als ginge es ihnen darum. Kriminelle Asylbewerber sollten meiner Meinung nach hier ihre Strafe absitzen, dann in ihre Heimat abgeschoben und mit einem sehr langem oder auch lebenslangen Einreiseverbot belegt werden, wenn irgendwie möglich.

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Talasha
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Talasha »

sagista hat geschrieben: Letztendlich erweist es sich allerdings immer mehr als Falschaussage, Deutschland sei durch die Flüchtlingsbewegungen nicht unsicherer geworden. Das war von Anfang eine Beruhigungspille. Selbstverständlich ist Deutschland unsicherer geworden. Nehmen wir einmal an, nur 5 % der Flüchtlinge neigten zur Kriminalität - die 5 % soll als Durchschnitswert für alle Ethnien verstanden werden, ich weiß es grad nicht genau, wieviel % der Deutschen kriminell sind - hat man bei knapp einer Million Flüchtlinge die stattliche Anzahl von 50.000 potentiellen kriminellen zusätzlichen Menschen.
Aber die Anzahl an potentieller Opfer ist im gleichen Maße gestiegen, also lebst du nicht gefährlicher als vorher.
Sir Isaac Newton ist der tödlichste Bastard im ganzen Weltraum!

Eulenspiegel
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

sagista hat geschrieben:Letztendlich erweist es sich allerdings immer mehr als Falschaussage, Deutschland sei durch die Flüchtlingsbewegungen nicht unsicherer geworden. Das war von Anfang eine Beruhigungspille. Selbstverständlich ist Deutschland unsicherer geworden.
Schauen wir uns doch mal die Kriminalitätsstatistik zu Gewaltverbrechen an:
Anzahl ausgewählter Gewaltdelikte in Deutschland von 2010 bis 2015

Hier sieht man, dass es 2014 und 2015 sogar weniger Gewaltverbrechen gab als 2013.

Der folgende Artikel behandelt ebenfalls das Thema: Polizeiliche Kriminalitätsstatistik: Starker Anstieg - aber nur auf den ersten Blick

2015 ist laut Artikel die Anzahl der Straftaten um rund 250.000 gestiegen. Dies beruht jedoch hauptsächlich auf Verstößen gegen das Ausländerrecht. Als Beispiel werden "illegale Einreise nach Deutschland" oder "Verstöße gegen die Residenzpflicht für Flüchtlinge" genannt.
Wenn man diese Straftaten herausrechnet, bleibt übrig, dass die Anzahl der restlichen Straftaten nur um 0,1% gegenüber dem Vorjahr angestiegen ist.
Nun ja, wahrscheinlich juristisch vertretbar, moralisch eher nicht.
Was ist für dich die moralisch vertretbare Lösung?

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sagista
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Eulenspiegel hat geschrieben:Hier sieht man, dass es 2014 und 2015 sogar weniger Gewaltverbrechen gab als 2013.
Warten wir diesbezüglich die Zahlen für 2016 ab.
Für die Frage nach der veränderten Sicherheitslage durch die massiven Flüchtlingsbewegungen sind 2014 und selbst auch 2015 in der Gesamtheit nicht sonderlich aussagekräftig.
Aber ich bin diesbezüglich sehr an einer objektiven Statistik interessiert. Ich denke, die PKS ist diesbezüglich schon vertrauenswürdig, zumindest die vertrauenswürdigste Verfügbare.
Eulenspiegel hat geschrieben:Was ist für dich die moralisch vertretbare Lösung?
Ich persönlich hätte keine moralischen Bedenken, IS-Terroristen an die Länder auszuliefern, in denen sie Kriegsverbrechen begangen haben. Alternativ halte ich eine Überstellung nach Den Haag, wenn möglich, für sinnvoll. Ihnen hier Asyl zu gewähren und frei herumlaufen zu lassen, solang sie sich hier in Deutschland nicht haben zu Schulden kommen lassen, finde ich hingegen moralisch nicht vertretbar.

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sagista
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Dieser Kommentar trifft den Punkt ziemlich genau.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Welt Kommentar von sagista hat geschrieben:Es ist nicht länger akzeptabel, dass ein Mensch ohne Pass ist, ohne Identität – und sich so billig dem Gewaltmonopol des Staates entziehen kann. Zudem müssen Menschen, die kein Asyl erhalten, abgeschoben werden. Wer nicht abgeschoben werden kann, weil er keine Ausweispapiere hat, muss in Abschiebehaft. Es kann nicht sein, dass man akzeptiert, dass Menschen ohne Aufenthaltsrecht abtauchen.
Der macht es sich aber auch leicht. Menschen auf unbegrenzte Zeit einsperren, weil ihre Heimatland sie nicht zurück nimmt, passt mit unserer Auffassung von Rechtsstaat auch nicht zusammen.

Wenn, dann muss man sie außerhalb des Landes in Auffanglagern abschieben und das ist aus rechtlicher Sicht auch schon schwierig.

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Na'rat
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Na'rat »

sagista hat geschrieben: Ich persönlich hätte keine moralischen Bedenken, IS-Terroristen an die Länder auszuliefern, in denen sie Kriegsverbrechen begangen haben.
Pro Todesstrafe? Von so banalen Sachen wie eines rechtssicheren Nachweis mal nicht zu reden.
Thargunitoth hat geschrieben: Der macht es sich aber auch leicht. Menschen auf unbegrenzte Zeit einsperren, weil ihre Heimatland sie nicht zurück nimmt, passt mit unserer Auffassung von Rechtsstaat auch nicht zusammen.
Jepp, reichlich oberflächlich geschrieben.
Sogar dann, als er als islamistischer Gefährder identifiziert war.
...
Nur wenn der Staat die Regeln des Zusammenlebens im Rahmen der Verfassung durchsetzt, können die Menschen innerhalb dieser Regeln in Freiheit leben.
Man kann Menschen aus guten und richtigen Gründen nur unter sehr wenigen Umständen wegsperren, weil sie eine Straftat begehen könnten. Eine rechtliche Handhabe gibt es erst, wenn es konkrete Planungen gibt. Dann sind diese aber schon ein Haftgrund.
Dazu bedarf es der Grenzkontrollen, bei denen die Identität von Menschen geklärt wird.
Tja, und wie ohne Papiere? Was mit denen mit den falschen Papieren? Zurück aufs Meer rudern oder ins Flugzeug setzen? Was wenn der angebliche oder tatsächliche Heimatstaat diese Leute nicht zurückhaben will?
Abschiebelager?

Andwari
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Schon Rühmann als Hauptmann von Köpenick wollte nur seinen Pass...

Ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung des Asylrechts nach dem 2.WK war es, Staatenlosigkeit zu vermeiden. Damals hat man nicht damit gerechnet, dass Personen ihre vorhandenen Ausweisdokumente wegwerfen könnten und sich dadurch besser stehen als wenn sie sie noch hätten.

Die Rücknahme eigener Staatsbürger wäre eigentlich geregelt - die Fiktion sieht so aus, dass nur Leute mit einem Pass aus einem Land raus und in ein anderes reingelassen werden.
Dieser Pass ist nix anderes die Garantie von Staat 1 an Staat 2, den Typen bei Bedarf wieder zurückzunehmen. Das System hat seit eigentlich 200 Jahre lang praktisch funktioniert - es war immer erstrebenswerter, solche Dokumente zu haben statt ohne rumzulaufen.

Schaut man sich den aktuellen Einzelfall an, fehlt es doch offensichtlich am zwischenstaatlichen Konsens, wie man mit für alle Beteiligten unangenehmen Personen umgeht: Anis Amri hätte sowohl aus italienischer Haft als auch aus Deutschland ja anscheinend direkt in eine tunesische Haftanstalt abgeschoben werden müssen, weil da auch noch ein unvollstrecktes Urteil wartete. Der war schon lange kein ganz normaler Flüchtling mehr - bessere Propaganda dahingehend, europäische Verwaltung als völlig unfähig darzustellen, hätte sich kaum jemand ausdenken können.

"Unser Rechtsstaat/Sozialstaat" ist kein weltweit umgesetzter Maßstab - und darf nicht bei maximal antisozialem Verhalten immer noch angenehmer daherkommen als das ganz normale Dasein in einem x-beliebigen Schwellenland.

Wie viel mehr Perspektive man jemandem geben kann, der sich wenigstens anständig verhält, wäre die davon unterschiedliche nächste Frage - dabei sind nicht nur die Interessen des Flüchtlings, sondern auch die des aufnehmenden Staates zu berücksichtigen. Sonst ist das einfach eine negativ-Auswahl: Der brave, integrierbare und bildungswillige Flüchtling geht irgendwann zurück, der problematische Kandidat bleibt, weil er es nirgends so viel besser als daheim hat als hier.

@Na'rat
Was Du schreibst, gilt für Staatsbürger, Leute mit geklärtem Aufenthaltstitel ... - dagegen, illegal eingereiste Personen bis zur Klärung ihres Status oder solche mit abgelehntem Asylantrag bis zur Abschiebung festzusetzen gibt es erst mal keine unüberwindbaren rechtlichen Hürden.
Und wenn sich real die gesetzten Rahmen (18 Monate) nicht halten lassen, muss halt da der Gesetzgeber tätig werden.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Andwari hat geschrieben: @Na'rat
Was Du schreibst, gilt für Staatsbürger, Leute mit geklärtem Aufenthaltstitel ... - dagegen, illegal eingereiste Personen bis zur Klärung ihres Status oder solche mit abgelehntem Asylantrag bis zur Abschiebung festzusetzen gibt es erst mal keine unüberwindbaren rechtlichen Hürden.
Und wenn sich real die gesetzten Rahmen (18 Monate) nicht halten lassen, muss halt da der Gesetzgeber tätig werden.
Und was soll der Gesetzgeber machen?

Natürlich kann man jemanden, der kein Aufenthaltsrecht hat in Abschiebehaft nehmen, aber das heißt definitiv nicht, dass man ihn unbegrenzt in Haft lassen kann. Es ist massiv gegen den Rechtsstaat und die Würde des Menschen jemanden unbegrenzt einzusperren, weil man sonst nicht weiß was man mit ihm machen soll, das geht absolut gar nicht.

Jedes Gesetz, das in diese Richtung gehen würde, würde das BVG mit gutem Recht einsacken.

Abschiebelager im Ausland sind da sogar realistischer, da der Typ keine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland hat, kann er in ein anderes Land verfrachtet werden unter der Bedingung, dass er dort verhältnismäßig menschenwürdig behandelt wird.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Na'rat »

Und so richtig gut zu funktionieren scheint die australische Lösung auch nicht:
https://en.wikipedia.org/wiki/Asylum_in_Australia

Andwari
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Targunitoth
Zwischen 18 Monaten und "unbegrenzt" liegt noch eine halbe Ewigkeit. Ich sage ja: Wenn 18 Monate real nicht reichen - und irgendwo müssen da zeitliche Begrenzungen sein. Aktuell ist es wohl so, dass man die 18 Monate nicht ausschöpft und rechtzeitig eine Duldung ausspricht - die auch keine völlige Freizügigkeit o.ä. begründet.

Ich weiß nicht, ob die EU-Staaten, die zumindest bis zur entsprechenden EU-Richtline (iirc 2009, gemeint ist das was von Dublin II bzw. Dublin III (2013) dann im Detail umzusetzen ist) eine unbegrenzte Dauer von Abschiebehaft hatten, das schon haben ändern müssen. Das waren iirc nicht nur Großbritannien sondern auch ein paar kontinentaleuropäische EU-Mitgliedsstaaten. Außerhalb der EU sieht man z.T. Menschenwürde gewährleistet ohne dabei gleich den Sozialstaat mitzuliefern.

Im Fall Amri klingt es schon sonderbar, dass Italien dem (nach Verbrechen, Haft und erfolglosem Abschiebeversuch) eine Ausreiseverpflichtung aufdrückt und die anscheinend nach Deutschland erfolgen kann = wenn EU nicht klappt, dann halt Ping-Pong zwischen den EU-Staaten?

Rechtlich ist Abschiebelager im Ausland viel angreifbarer als Abschiebelager im Inland, weil im ersten Fall zusätzlich zu allen realen Problemen nie sichergestellt werden kann, dass von den Ausländern, in deren Land das Lager steht, dann deutsches Recht vollständig umgesetzt wird. Deshalb heißt es ja "Ausland", weil man akzeptiert, dass dort evtl. andere Regeln gelten. Gemeint ist hier insbesondere ein Lager außerhalb des Schengen-Raums. Die EU hat sich nicht einmal auf gemeinschaftliches Vorgehen innerhalb desselben einigen können.

Was da rauskommt, gefällt einfach nicht - auch wenn es funktioniert: Der "Türkei-Deal" ist ja schon kritisch genug, und da geht es nur darum, Personen auf die in Sichtweite befindliche andere Seite zurückzubringen und das mit einer ganz normalen bilateralen Kontingent-Vereinbarung für Flüchtlinge zu koppeln.
Diktatoren wie Gaddafi, Ben Ali, Mubarak usw. haben in der Hinsicht sehr effizient funktioniert = ihre Bevölkerung im Land festgehalten und keine Schwarzafrikaner, Eriträer, Somalis usw. durchgelassen. Total praktisch, wir finden diese Diktatoren sowieso undemokratisch, unmoralisch usw. und konnten uns zudem noch nen schlanken Fuß machen.

@Na'rat
Du meinst "Manus Island", oder?
Das ist genau die schiefgegangene Idee, dass sich ein anderer Staat (hier: Papua Neu-Guinea) recht dauerhaft als Lagerstandort kaufen lässt. Das ist mMn hauptsächlich eine angelsächsische Juristenidee - siehe Guantanamo - jemandem im offshore-Lager viel weniger rechtliche Mittel einzuräumen als wenn er im inländischen Lager wäre.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Na'rat »

Dann gibt es noch so ganz praktische Probleme. Wie zum Beispiel die ca. 200.000 Ausreisepflichtigen überhaupt wegsperren können. Geduldet sind von diesen ca. 150.000. Davon wiederum ca. 40.000 wegen fehlender Papiere. Wieviel Platz ist in den Gefängnissen?

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sagista
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Thargunitoth hat geschrieben:Der macht es sich aber auch leicht. Menschen auf unbegrenzte Zeit einsperren, weil ihre Heimatland sie nicht zurück nimmt, passt mit unserer Auffassung von Rechtsstaat auch nicht zusammen.

Wenn, dann muss man sie außerhalb des Landes in Auffanglagern abschieben und das ist aus rechtlicher Sicht auch schon schwierig.
Dass dieser Artikel nicht die alleinseligmachende Lösung enthält, ist mir schon klar. Wäre ja super, wenn es diese einfache Lösung gäbe und schon wäre alles gut. Aber er bringt die Problematik ziemlich gut auf den Punkt.

Es ist ja verschiedene Dinge zu unterscheiden.

Zunächst einmal muss man einmal prüfen, auf welcher Grundlage sich die Heimatländer weigern, ihre Landsleute zurückzunehmen. Ist das überhaupt zulässig? Ich weiß noch, dass die DDR mißliebige Bürger einfach ausbürgerte, aber dass das noch immer völkerrechtlich erlaubt zu sein scheint, finde ich "interessant". Anscheinend ist es nicht zu beanstanden, wenn Länder Teile ihrer (mißliebigen) Bevölkerung auf diese Art entfernen.

Zum anderen gibt es die Leute ohne Pass. Ich fand es gut, dass man früher Leute, die ihren Pass verloren hatten bzw. denen ihr Pass weggenommen worden war, dennoch aufgenommen hat und ihren Angaben zur Person und Herkunft vertraut hat. Aber inzwischen muss man konstatieren, dass dieses von Übles Planenden mißbraucht wird. Diese Leute erfinden dann mehrere Identitäten und niemand weiß, wer das ist, wo er herkommt etc. Und solche Leute lässt man hier einfach rumlaufen. Wenn man das unter einem Rechtsstaat versteht, der die Kontrolle über das Geschehen hat, ist das eine recht eigenwillige Vorstellung.

Ich denke schon, dass es möglich ist, zumindest herauszufinden, wo die betreffende Person in etwa herkommt (Sprache) und wie alt eine Person ist. Auch Fingerabdrücke sollte man abgleichen können. Und eine solche Person kann man auch festhalten, bis ihr wieder einfällt, wo sie herkommt. Wie gesagt, ich denke, die Transitzonen sind die diesbezüglich wahrscheinlich schon der sinnvollste Vorschlag.

Die Abschiebung von Ausländern, deren Asylantrag nach einem rechtsstaatlichen Verfahren abgelehnt worden ist, ist in meinen Augen unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Asylsystems. Dieses Prozedere mit der Duldung, teilweise über Jahre, ist zutiefst inhuman und ineffizient. Aber man halt eine Verbesserung auch wollen. Den Kopf in den Sand zu stecken und zu resignieren bringt nichts und stärkt diejenigen, die man sicher nicht stärken möchte.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Das bringt alles nichts, wenn das Herkunftsland sich weigert den aufzunehmen. Denn dieses Land kann einfach sagen, dass die die Identität nur mit dem Pass anerkennen und ansonsten niemanden zurücknimmt. Dann bringt alles andere auch nichts.

Wenn der illegale Einwanderer unkooperativ ist, ist das natürlich ein negativer Punkt und erlaubt Beugehaft zu einem gewissen Grad, unbegrenztes Einsperren wird dadurch aber nicht gerechtfertigt.

Die besten Möglichkeiten sind noch

1.) diese Menschen nicht ins Land zu lassen.
2.) Sie dorthin abschieben wo die sozialen Umstände schlechter, aber nicht miserabel sind
3.) Mit den Herkunftsländern Rückführungsabkommen aushandeln.

Und das alles hart umsetzen, auch mit Abschiebehaft, damit der Staat sich nicht ausnutzen lässt, was nur zu mehr illegalen Einwanderern führt.

Und gleichzeitig die legale Migration erleichtern.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Ich glaube ein großer Pluspunkt wäre Asyl auch an anderer Stelle zu prüfen, nicht nur im Land.

Im Moment zwingt man ja de facto Menschen illegal einzuwandern, weil solange sie nicht auf eigenem Staatsgebiet sind, darf man keinen Asylantrag stellen. Vor Ort wäre Asyl wesentlich leichter prüfbar (weil man auch Zustände vor Ort einschätzen kann) und die Identität bzw Herkunft wäre wesentlich leichter festzustellen.
Dazu finde ich öffnen Asylmöglichkeiten außerhalb die Möglichkeit dazu an den Grenzen wesentlich rigoroser abzuweisen ohne in eine moralische Zwickmühle zu kommen, und noch dazu würde es den Leuten die wir aufgrund von Asyl dann auch aufnehmen eine gefährliche Reise ersparen und das Schlepperwesen würde seinen Sinn verlieren.

Wenn man dann Angst hat dass man zu viele aufnehmen würde, muss man die Kriterien für Asyl eben enger und genauer definieren. Ich sehe ehrlich gesagt keine großen Nachteile daran (und würde ebenfalls in die Kerbe schlagen die Thargunitoth fordert: legale Migration erleichtern. Das würde eben ermöglichen legal einen Asylantrag zu stellen, ohne illegal einreisen zu müssen) und verstehe nicht warum das nicht breiter gefordert oder diskutiert wird.

Im Moment müssen die die wirklich Schutz suchen illegal gefährlich einreisen um ein Antragsformular abzugeben, und eröffnen damit auch Wege wie Kriminelle die ins Land wollen auch ins Land können, und bringen das Problem mit dass die dann natürlich schon da sind.

Aber eigentlich hat der Teil der Diskussion wenig damit zu tun wie man das Attentat in Berlin verhindern hätte können. In diesem Falle sollten wir eher darüber diskutieren: Was wären denn eigentlich die Voraussetzungen unter denen wir einen Attentäter stoppen können? Denn eigentlich hatte die Polizei in dem Fall beste Voraussetzungen: Täter als gefährlich bekannt, Fingerabdrücke in Italien schon vorhanden, Aufenthaltsort bekannt, Moschee bekannt, Umfeld bekannt. Was kann man sich eigentlich noch wünschen?
Man sollte hier die Gesetzeslage überprüfen und eine genaue Definition von zB "Vorbereitung einer terroristischen Tat" oder "Bildung einer kriminellen Vereinigung" oder ähnlichem vornehmen (und zwar auch für Organisationen die unter dem Deckmantel Religion operieren). Das würde es zumindest der Justiz erleichtern dann auch vor der Tat Handlungen zu setzen, müsste noch immer über ein Gericht gehen, und würde noch immer erst nach einer Verurteilung erfolgen (jemanden einzusperren obwohl er nie wegen irgendwas verurteilt wurde ist immer sehr kritisch zu sehen).
Und eventuell müssen wir auch für solcherart geistig Verwirrte andenken die Sicherheitsverwahrung anzuwenden, egal ob sie religiös geistig verwirrt sind, oder anderweitig.

Ich glaube nämlich dass eigentlich Mechanismen um damit umzugehen schon vorhanden sind, nur nicht angewandt werden. Sobald sich jemand im Netz als Selbstmordattentäter ernsthaft anbietet (was der ja angeblich auch getan hat) muss es eine Möglichkeit geben für die Justiz einzuschreiten, U-Haft, danach eine Verurteilung wegen Vorbereitung einer terroristischen Tat, und danach Sicherheitsverwahrung (was ja was anderes als Haft ist, dann den Rechtsweg geht, und Einspruchsmöglichkeiten vorsieht).
Man muss da vielleicht auch darüber nachdenken dass Religionsfreiheit nicht Straffreiheit bedeutet, wie es zB für Beschneidung der Fall ist (und eine stark religiöse Haltung in einzelnen Fällen eben wie eine Geisteskrankheit zu bewerten ist, und deswegen Sicherheitsverwahrung möglich macht, oder die stationäre Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt).

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Besteht nicht eigentlich schon jetzt die Möglichkeit, Asyl in der Botschaft eines Landes zu beantragen? Grundsätzlich ist die Idee, den Menschen vor Ort die Möglichkeit zu geben, Asyl zu beantragen, das Gesuch vor Ort zu prüfen und dann zu entscheiden sehr sinnvoll, denn letztendlich stimmt es ja, was du sagst, Gubblinus. So wie es derzeit läuft, zwingt man die Leute praktisch zur illegalen Einreise. Ein solches Konzept wäre auch den Transitzonen vorzuziehen.

Besonders bemerkenswert finde ich die Geschichten von den jungen Männern, die Frau und Kinder in Syrien zurücklassen, um sich nach Deutschland durchzuschlagen, wahrscheinlich mit der Hoffnung, über den Familiennachzug die Familie nachzuholen. Entweder muss man wohl Verzeifelung oder völlige Verantwortungslosigkeit unterstellen - ich kann mir kaum ein Szenario vorstellen, meine Frau und ggf. Kinder allein im Bürgerkrieg zurückzulassen - aber wie dem auch sei, dies offenbart doch die völlig Sinnbefreitheit des jetzigen Systems.

Insofern, ja zur Ermöglichung legaler Migration, aber nur in Verbindung mit effizienter Grenzsicherung gegenüber illegaler Migration. Ich erinnere mich noch an die ganzen Debatten rund um das Thema "Festung Europa". Ich glaube, die Frage ob diese Festung kommen muss, ist von der Realität längst beantwortet. Die Frage ist nur noch, wann sie kommt. Ich meine das übrigens ganz wertfrei, ich wünsche mir das nicht. Aber ich sehe keine Alternativen. Genauso wie es ja das Schleppergeschäft subventioniert, wenn man die Leute rettet, sie aber nicht zurückbringt, sondern nach Italien rüberbringt.

Die Frage, warum man nicht im Stande war, den Anschlag von Berlin zu verhindern, ist in der Tat nicht leicht zu beantworten, vor allem, wenn man hört, was dann doch alles über diesen Mann bekannt war. Was mich neben den ganzen Fragen, die du aufwirfst auch etwas ratlos zurücklässt ist das ganze Thema Residenzpflicht. Hat man die zwischenzeitlich abgeschafft oder warum hat es niemanden interessiert, dass sich dieser Mann "hochmobil" durch die ganze Republik bewegt hat? Wie kann es sein, dass ein abgelehnter und damit ausreisepflichtiger Asylbewerber mit dieser Vorgeschichte, die ja anscheinend bekannt war, aus der Abschiebehaft entlassen wird und abtauchen kann? Ich meine, es gibt ja gute Gründe, warum es keine Präventivhaft oder Gesinnungshaft für religiöse Extremisten gibt. Aber hier gehören die Mittel des Rechtsstaats auf den Prüfstand, denn zur Zeit gibt er einfach ein sehr schlechtes Bild ab. Wenn die Bürger das Vertrauen in den Rechtsstaat verlieren, dann besteht höchster Anlass zur Besorgnis.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Talasha »

sagista hat geschrieben: Besonders bemerkenswert finde ich die Geschichten von den jungen Männern, die Frau und Kinder in Syrien zurücklassen, um sich nach Deutschland durchzuschlagen, wahrscheinlich mit der Hoffnung, über den Familiennachzug die Familie nachzuholen. Entweder muss man wohl Verzeifelung oder völlige Verantwortungslosigkeit unterstellen - ich kann mir kaum ein Szenario vorstellen, meine Frau und ggf. Kinder allein im Bürgerkrieg zurückzulassen - aber wie dem auch sei, dies offenbart doch die völlig Sinnbefreitheit des jetzigen Systems.
Wenn du nur einen schicken kannst dann schickst du den der die Reise am ehensten schaffen kann und setzt auf den Familiennachzug. Wenn keiner geht kommt auch keiner aus dem Bürgerkrieg heraus. Imho wäre es besser wenn wir einfach sagen: Wir holen so und soviele pro Jahr aus libanesischen oder jordanischen Flüchtlingslagern heraus und machen ansonsten die Grenzen dich.
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

sagista hat geschrieben:Besteht nicht eigentlich schon jetzt die Möglichkeit, Asyl in der Botschaft eines Landes zu beantragen?
Deutschland hatte noch nie die Möglichkeit in einer Botschaft Asyl zu beantragen. Jemand kann nur temporär in der Botschaft Schutz finden (wenn die Botschaft ihn nicht ausliefert), er kann aber nicht nach Deutschland gebracht werden, oder dort Asyl beantragen.
Man muss illegal in Deutschland einreisen um Asyl zu beantragen, es gibt leider keinen anderen Weg, was eigentlich komplett idiotisch ist in meinen Augen.
Ich bin daher ein sehr großer Freund davon vor Ort Asyl zu prüfen und dort Anträge anzunehmen. Ich sehe wie gesagt keinen Nachteil und nur Vorteile für alle Beteiligten.
Was mich neben den ganzen Fragen, die du aufwirfst auch etwas ratlos zurücklässt ist das ganze Thema Residenzpflicht.
Deutschland hat soweit ich weiß keinen Datenaustausch zwischen einzelnen Bundesländern. Heißt wenn der in 8 verschiedenen Bundesländern mit 8 verschiedenen Pässen (der hatte einige) aufschlägt fällt das nichtmal wem auf. Die mussten die Italiener nach Fingerabdrücken fragen weil sie selbst keine hatten ...

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sagista
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Talasha hat geschrieben:Wenn du nur einen schicken kannst dann schickst du den der die Reise am ehensten schaffen kann und setzt auf den Familiennachzug. Wenn keiner geht kommt auch keiner aus dem Bürgerkrieg heraus. Imho wäre es besser wenn wir einfach sagen: Wir holen so und soviele pro Jahr aus libanesischen oder jordanischen Flüchtlingslagern heraus und machen ansonsten die Grenzen dich.
Das sehe ich ganz genau so.
Das hätte nur Vorteile, da man so schutzbedürftige Familien nicht auseinanderreißt und den wirklich Schutzbedürftigen Schutz gewährt. Ich glaube auch, dass dann die vielen kritischen Stimmen hierzulande deutlich weniger werden würden, da die meisten ja Asyl für wirklich Schutzbedürftige begrüßen.
Gubblinus hat geschrieben:Ich bin daher ein sehr großer Freund davon vor Ort Asyl zu prüfen und dort Anträge anzunehmen. Ich sehe wie gesagt keinen Nachteil und nur Vorteile für alle Beteiligten.
Auch das sehe ich auch so. Stellt sich die Frage, warum das nicht gemacht wird.
Gubblinus hat geschrieben:Deutschland hat soweit ich weiß keinen Datenaustausch zwischen einzelnen Bundesländern. Heißt wenn der in 8 verschiedenen Bundesländern mit 8 verschiedenen Pässen (der hatte einige) aufschlägt fällt das nichtmal wem auf. Die mussten die Italiener nach Fingerabdrücken fragen weil sie selbst keine hatten ...
Ich denke, man sollte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nachdenken, der mal genau zusammenträgt, was wann wie und warum falsch gelaufen ist. Wie der Datenaustausch zwischen den Ländern funktioniert weiß ich nicht, anscheinend jedoch nicht sonderlich gut. Aber das Ganze steht und fällt ja mit der Frage der Registrierung der Ankommenden.

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Gubblinus
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Der Ankommende wurde ja registriert. Er wurde in Italien registriert, und er war in Deutschland bekannt. Also gerade in diesem Falle hatte das nichts mit der Registrierung zu tun, oder dass der untergetaucht wäre, sondern damit dass die Daten der Registrierung nicht getauscht wurden, und die Überwachung mangelhaft war. (und dass die Justiz entweder nicht willens ist, oder keine Möglichkeit hat, Attentäter die Taten sogar ankündigen einzusackeln, und es scheinbar noch nicht angedacht wird Menschen die religiös verwirrt sind in eine Anstalt einzuliefern, und wenn unheilbar, in Sicherheitsverwahrung zu nehmen. (das würde aber voraussetzen dass man starke Religiösität als Geisteskrankheit ansieht, und ich bin mir sicher dass das nicht kommen wird).

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von sagista »

Den Gedanken, starke / extremistische Religiosität als Geisteskrankheit einzustufen, finde ich durchaus reizvoll, dürfte sich aber wahrscheinlich als kaum umsetzbar erweisen. Aber dass man Typen, die sich sogar als Selbstmordattentäter anbieten und ihre Gewaltbereitschaft bereits unter Beweis gestellt haben, wenn auch in einem anderem EU-Staat, dennoch freirumlaufen lässt, wirft zumindest Fragen auf, ob die gesetzlichen Vorgaben und die Durchsetzung dieser den aktuellen Anforderungen gerecht werden.

Aber es stellt sich ja auch die Frage, wieviele dieser Leute unterwegs sind, unter wievielen unterschiedlichen Identitäten sie wo registriert sind etc. Im Fall Amri macht es so ein wenig den Eindruck, als wären alle Informationen verfügbar gewesen, man habe nur versäumt, sie zusammenzuführen. Da ich jetzt den Sicherheitsbehörden keinen Vorsatz unterstellen möchte, stellt sich die Frage, ob diese ausreichend besetzt, geschult und auch legitimiert sind. Aber auch die Rolle der zuständigen Richter bedarf einer Überprüfung.

Grundsätzlich möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass wir hier zwei Themen haben, die gleichwohl miteinander verwoben sind. Das ist zum einen die Flüchtlingspolitik generell und zum anderen der Schutz vor Terroristen. Dass hinsichtlich Punkt 1 selbst aus der SPD Überlegungen hinsichtlich Transitzonen oder vergleichbarem laut werden stimmt positiv - nicht zuletzt auch deshalb, weil dadurch Überlegungen zu Rot-Rot-Grün weniger wahrscheinlich werden - aber das kann natürlich nicht darüber hinweg täuschen, dass selbst eine rigidest mögliche Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik Terroranschläge nicht vollständig verhindern werden. Aber sie würde es Terroristen zumindest erheblich erschweren.

Und ganz ehrlich, ein Flüchtling, der es nicht aushält, für ein paar Wochen in einer solchen Transitzone auszuharren, bis seine Identität geklärt ist und der insbesondere angesichts der Vorkommnisse dieses Jahres, beginnend mit Silvester 2015/16 kein Verständnis dafür hat, der muss sich die Frage stellen lassen, warum man ihn dann aufnehmen sollte.

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Gubblinus
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Ich glaube da geht es weniger darum "ob man das aushält". Es hält auch jeder aus mal für 2 Monate in Untersuchungshaft zu sitzen, obwohl er nix getan hat. (und trotzdem machen wir keine Gesetze die der Polizei einfach erlauben Leute für 2 Wochen einzusperren).

Prinzipiell sind Menschen die sich nichts zuschulden kommen lassen erstmal nicht einzusperren. Die Argumentation "das wird er schon aushalten" könnte man auf so viele andere Sachen ebenfalls anwenden (halt auf Staatsbürger, auf dich ebenfalls) dass sie zu einer erheblichen Einschränkung der persönlichen Freiheit führen würde, und zu wesentlich mehr Rechten der Polizei oder Behörden, eventuell dann sogar ohne Gericht und Einspruchsmöglichkeiten Menschen sehr lange ihrer Freiheit zu berauben.

Die persönliche Freiheit ist ein sehr sehr hohes Gut, und genau das und solche Gesetze wie du sie vorschlägst waren gemeint mit dem Zitat "Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren". Der Polizei zu erlauben Menschen auf Monate einzusperren nur weil irgendwo Papiere fehlen ist ein Aufgeben eines sehr großen Stücks an Freiheit.

In Deutschland scheinen solche Freiheiten aber generell anders gesehen zu werden. zB hat in Österreich jeder die Freiheit auch ohne Ausweis und ohne ID-Nachweis herumzuspazieren wo es ihm auch immer passt. Es gibt bei uns keine Ausweispflicht, ich sehe das als Zugewinn von Freiheit.
In Deutschland gilt allerdings Ausweispflicht, das heißt auch dass die Behörden immer das Recht haben festzustellen wer du bist, auch wenn es keinen Straftatverdacht gibt. Ich sehe das als Verlust von Freiheit. (und verfrachtet man dann alle die zufällig keinen Ausweis mit haben in die Transitzonen?)

Mag man anders sehen, mag vielleicht auch generell in Deutschland anders gesehen werden, Kulturen und Empfinden was Freiheit ist sind sicherlich unterschiedlich, aber prinzipiell ist es sehr sehr kritisch zu sehen wenn man Menschen die nichts verbrochen haben einsperrt. Und in diesem Falle von Berlin hätte das sowieso keinerlei Unterschied gemacht. Wie gesagt, die Identität war bekannt, Fingerabdrücke waren bekannt, Aufenthaltsort war bekannt !!
Es ist nicht so dass in dem Falle Transitzonen irgendwas geändert hätten.

Edit, PS: weil ichs grad gelesen hab und eventuell dazupasst zum Thema Freiheit: http://derstandard.at/2000049788218/Phi ... -Freibrief

Eulenspiegel
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Gubblinus hat geschrieben:Die persönliche Freiheit ist ein sehr sehr hohes Gut, und genau das und solche Gesetze wie du sie vorschlägst waren gemeint mit dem Zitat "Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren".
Das Leben ist ein noch viel höheres Gut als die persönliche Freiheit.

Das Zitat mag zwar oft zitiert werden, ich halte es dennoch für falsch. Ich denke, es gilt eher das Gegenteil: "Wer die Sicherheit aufgibt, um Freiheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren."
und verfrachtet man dann alle die zufällig keinen Ausweis mit haben in die Transitzonen?
Wenn du keinen Ausweis dabei hast, darf dich die Polizei soweit ich weiß festhalten bis deine Identität geklärt ist.

Normalerweise wird man dann nicht in eine Transitzone, sondern aufs Polizeirevier verfrachtet. - Aber das ist halt auch immer eine Frage der Größenordnung: 10 Leute kann man problemlos im Polizeirevier unterbringen, bis die Identität geklärt ist. Bei 1.000 Leuten ist es schon schwieriger, diese solange auf dem Polizerevier festzuhalten. Bei 10.000 Leuten ist es schon fast unmöglich, diese auf dem Polizerevier solange festzuhalten.
Edit, PS: weil ichs grad gelesen hab und eventuell dazupasst zum Thema Freiheit: http://derstandard.at/2000049788218/Phi ... -Freibrief
Sehr schönes Interview.

Andwari
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Wobei auch in Deutschland keine Polizisten in der Früh um halb sieben beim Bäcker oder im sommerlichen Freibad Leute abpassen um sich selbst aus einem nicht-mitgenommenen Personalausweis Arbeit zu generieren.
Die "Ausweispflicht" ist in D keine Pflicht, den Personalausweis dabei zu haben, sondern dass man dem Polizisten sagen muss, wer man ist und dass man einen PA besitzen muss.
Personalienfeststellung wird immer nur dann interessant, wenn irgendein Anlass vorliegt. Wenn der einzige Anlass ist, "saß mit Brötchentüte im Auto und konnte bei Verkehrskontrolle keinen Führerschein zeigen" (was man anders als PA muss = Anlass) wird da üblicherweise kein Aufriss gemacht. Also entweder nix (Belehrung) oder demnächst mit beidem vorbeikommen und iirc 10€ zahlen.

Eulenspiegel
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Andwari hat geschrieben:Also entweder nix (Belehrung) oder demnächst mit beidem vorbeikommen und iirc 10€ zahlen.
Wenn man sich nicht ausweisen kann, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Person irgendwann freiwillig bei der Polizei auftaucht. Man weiß ja nicht, wer die Person ist.

Für das Nicht-Führen eines Ausweises muss man auch keine Geldstrafe zahlen. - Man muss halt "nur" die Unannehmlichkeit in Kauf nehmen, solange festgehalten zu werden, bis deine Identität festgestellt wird.

Und der Anlass kann recht trivial sein. Es kann von "benimmt sich verdächtig" bis zu "will in Deutschland einreisen" sein. - Und ja, wenn du als Deutscher deine Ausweispapiere vergessen hast und wieder in Deutschland einreisen willst, kann es dir auch passieren, dass du festgehalten wirst, bis deine Identität festgestellt wird.
Die "Ausweispflicht" ist in D keine Pflicht, den Personalausweis dabei zu haben, sondern dass man dem Polizisten sagen muss, wer man ist und dass man einen PA besitzen muss.
Es gibt zwei verschiedene Sachen:
1. Wenn du keinen Ausweis besitzt, musst du eine Geldstrafe bezahlen.

2. Wenn du einen Ausweis besitzt, ihn aber nicht mitführst, musst du keine Geldstrafe bezahlen. Allerdings ist das im Zweifelsfall mit der Unnanehmlichkeit verbunden, solange festgehalten zu werden, bis deine Identität festgestellt wird.

Disclaimer: Das ganze ist meine persönliche Kenntnis als juristischer Laie. Wenn es für eine Person relevant sein sollte, sollte sie lieber einen echten Juristen aufsuchen.

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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Eulenspiegel
Bei meiner Verwandtschaft hat es so immer geklappt (ca. 4 Fälle in 20 Jahren).
Die Strafe in meinem Beispiel ist für nicht mitgenommenen Führerschein - nicht für den Ausweis. Das sollte genau so ein Mini-Anlass sein, weil ich nicht gleich in den Bereich "verdachtsunabhängige Personenkontrolle am Hauptbahnhof" gehen wollte - wo halt schon wieder Spezialregelungen gelten und man das beidseitig beliebig eskalieren kann.

@Hilfstopic
Proteste in Tunesien gegen die Rückkehr von Dschihadisten einerseits natürlich positiv, dass diese nach der Revolution ihr Tätigkeitsfeld überwiegend woanders gesucht haben - andererseits wäre eine Ansage "die gehen uns nix mehr an" halt gleichzeitig eine Absage an zwischenstaatliche Gepflogenheiten - nämlich dass eigene Staatsbürger generell zu ihrem Heimatland gehören, auch wenn sie andernorts Verbrechen begehen.
Gerade Tunesien belegt beim "Export von Vollidioten" einen unrühmlichen Spitzenplatz im Vergleich zur Bevölkerungszahl. Zu sagen, die aktuellen Aufenthalts-Länder (Syrien, Irak, Libyen, evtl. EU = wo man halt ist als Dschihadist) sollen sich bitte selber darum kümmern, ist recht einseitig - wie es andererseits auch eine 100%ige Rückführung ohne Hilfsangebote beim Gefängnisbau wäre.

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Gubblinus
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Eulenspiegel hat geschrieben:]Das Leben ist ein noch viel höheres Gut als die persönliche Freiheit.
Das Leben ja, die Chance zu sterben, nein. Ansonsten würde es ja auch keine Leute geben die die Gefahr auf sich nehmen Alkohol zu trinken, zu rauchen, oder Auto zu fahren.
Wenn man die Wahl hat zu sterben oder nicht frei zu sein, wählt man natürlich das Leben. Wenn man aber eine geringe Chance hat zu sterben, oder nicht frei zu sein, will man dann noch immer unfrei sein?
Ich nicht.

Freiheit erkauft man immer mit einer Reduktion in Sicherheit. Alles was wirklich Spaß macht, ist halt in der einen oder anderen Weise gefährlich. Ein Leben in vollkommener Sicherheit, aber ohne jegliche Freiheit, ist das noch leben? Und wer bestimmt die Regeln der Sicherheit?

Eulenspiegel
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Du vergleichst hier die Chance zu sterben mit der Gewissheit keine Freiheit zu haben.

Wenn du schon Wahrscheinlichkeiten betrachtest, dann solltest du auf beiden Seiten die Wahrscheinlichkeiten nehmen.

Also "Die Chance das Leben zu verlieren" vs. "Die Chance die persönliche Freiheit zu verlieren".

Auf der einen Seite hat man die geringe Chance, durch ein Attentat ums Leben zu kommen. Auf der anderen Seite hat man die geringe Chance, unschuldig in U-Haft zu gelangen.
Freiheit erkauft man immer mit einer Reduktion in Sicherheit. Alles was wirklich Spaß macht, ist halt in der einen oder anderen Weise gefährlich. Ein Leben in vollkommener Sicherheit, aber ohne jegliche Freiheit, ist das noch leben? Und wer bestimmt die Regeln der Sicherheit?
Die Regeln der Sicherheit werden entweder in einem offenen Diskurs oder durch Experten bestimmt.

Ohne jedwede Freiheit ist das Leben wahrscheinlich nicht lebenswert. Aber man kann die Sicherheit doch drastisch erhöhen, ohne dass die Freiheit gleich auf Null sinkt.

Ansonsten gibt es Tätigkeiten, wo man sich nur selber gefährdet: zu Hause Alkohol trinken, zu Hause rauchen etc.
Und dann gibt es Tätigkeiten, wo man andere gefährdet: betrunken Autofahren, mit dem Auto rasen, in öffentlichen Einrichtungen rauchen etc.

Man muss hier imho immer unterscheiden, ob durch das Verhalten nur das eigene Leben oder auch das Leben von anderen gefährdet wird.

Andwari
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Re: Flüchtlingsthread

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gubblinus
"Völlige Sicherheit" in allen Lebensbereichen (oder auch nur gegen bestimmte Vorkommnisse) propagiert doch sowieso niemand als Ideal - und "völlige Freiheit" wird nur unter den Randbedingungen eines übermenschlich idealisierten Individuums gefordert = Anarchismus funktioniert nur unter der Annahme, dass sämtliche notwendigen Regeln beim Individuum selbst realisiert werden und es daher keine Grenzüberschreitungen gibt.

Praktisch alle Gesellschaftsmodelle sehen doch eher Freiheit als den innerhalb von notwendigen Grenzen (!) zu maximierenden Begriff an und "Sicherheit" ist die Gewährleistung dieser Grenzen. "Grenze" kann hier auch ein bestimmter Moralbegriff sein oder das Motto eines gar nicht so netten Totalitarismus.

Wer die Regeln bestimmt, ist je nach Gesellschaftsmodell unterschiedlich - aber dass Regeln von den dafür Beauftragten bestimmt und durchgesetzt werden sollen, ist universell.

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