'Gender'-Diskussion

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Tilim

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@Talasha
Die Erdbeere ist auch keine Beere oder? Warum regt sich darüber niemand auf. Ist doch genau so falsch.

Wenn jemand auf eine Frau zeig und sagt: "Geh mal zu dem Feuerwehrmann da." Verstehe ich was er meint und finde das genau so richtig wie die Bezeichnung Erdbeere.
Ein extrem großer Nachteil aller sprachen (die ich kenne) ist der, dass Bezeichnungen von Objekten und deren tatsächlichen Eigenschaften meist unzureichend wenn nicht sogar faktisch falsch sind. Damit habe ich mich abgefunden.
Zuletzt geändert von Tilim am 02.08.2017 00:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Madalena
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Ungelesener Beitrag von Madalena »

Eulenspiegel hat geschrieben: 01.08.2017 23:28Eigentlich ist Sprache dazu da, um sich über Sachen auszutauschen. Dazu benötigt man aber ein einheitliches Vokabular. Aber du könntest ja zumindest mal sagen, welche Definition von Frau du verwendest.

Ansonsten klingt das ganze für mich sehr nach Neusprech: Gut ist böse. Wahr ist falsch. Oben ist Unten. Mann ist Frau.
Für gewöhnlich dient Sprache (im Gegensatz zum von dir genannten Neusprech) mehr Zwecken als dem bloßen Austausch von Informationen.

Meine Definition von "Frau" ist im Allgemeinen "Mensch, der sich als Frau identifiziert". Wobei ich -solange ich keine anderen Informationen habe - erstmal nach dem Äußeren und dem Vornamen gehen muss. Ich halte es aber auch für sinnvoll, in bestimmten Bereichen andere Definitionen zu nutzen ("körperlich eine Frau", "juristisch weiblich" etc.).
Eulenspiegel hat geschrieben: 01.08.2017 23:28Was funktioniert bei dir nicht anders? Was lässt sich nicht nachträglich abschalten?
Das Leben funktioniert für mich nur in Einklang mit meiner Geschlechtsidentität, und dass diese sich mit meinem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht beißt kann kein Arzt oder Psychologe der Welt abschalten. Wenn überhaupt könnte nur ich selbst erwirken mich mit einem Leben als Mann zu arrangieren und anderslautende Bedürfnisse unterdrücken, aber ich wüsste nicht wieso ich das tun sollte, ich bin eigentlich gerne glücklich.
Eulenspiegel hat geschrieben: 01.08.2017 23:28Da unterschätzt du den aktuellen medizinischen Fortschritt! Vor 100 Jahren hatte er keine Wahl! Mittlerweile hat er eine Wahl.
Nur so halb. Wie gesagt, ein Transsexueller kann seine Geschlechtsidentität auch ignorieren - aber ein erfülltes, gesundes Leben wird das mit ziemlicher Sicherheit nicht.
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Talasha
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 00:21
Talasha hat geschrieben: 02.08.2017 00:12Dann lies den Artikel nochmal, kleiner Tip: auf dem Grabstein steht David.


Ich schließe aus dem Umstand eher, dass diese Behandlung dazu geführt hat, dass er mit seinem Körper unzufrieden wurde und diesen wechseln wollte.
Dann lies den Artikel bitte nochmal, er wollte niemals ein Kleid tragen und immer im stehen pinkeln. David Reimer zeigte schon vor diesen "Spielen" welchem Geschlecht er sich zugehörig fühlte.

btw.
Das Blondinen-Schwarzhaarigen-Beispiel kam übrigens von Thargunitoth, es wäre durchaus dienlich das zu beachten und diesen Vergleich nicht andauernd Magdalena in die Schuhe zu schieben.



Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 00:25@Talasha
Ein extrem großer Nachteil aller sprachen (die ich kenne) ist der, dass Bezeichnungen von Objekten und deren tatsächlichen Eigenschaften meist unzureichend wenn nicht sogar faktisch falsch sind. Damit habe ich mich abgefunden.
Aber warum sollen es alle tun? Wenn man eine Feuerwehrfrau als Feuerwehrfrau bezeichnet dann geht der Betreffende automatisch zu der Feuerwehrfrau, wenn die Frau aber in einer Gruppe aus Feuerwehrmännern steht musst du nochmal völlig unnötig herum präzisieren. Selbes Prinzip wenn du einen Erdbeerstrauch zwischen anderen Rosengewächsen siehst dann hast du auch die Wahl: Direkt Präzise sein und Erdbeere sagen oder eben: Gehe doch mal zu der Pflanze mit dem zu einer Scheinbeere vergrößerten Blütenboden. Wobei bei mir auch immer schon Polizistinnen Polizistinnen waren und Feuerwehrfrauen Feuerwehrfrauen waren.
Zuletzt geändert von Talasha am 02.08.2017 00:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Ungelesener Beitrag von Madalena »

Zu Bruce/Brenda: Auch bei Intersexualität wurde lange Zeit versucht, den Menschen zu einer gefestigten Geschlechtsidentität zu verhelfen, indem man sie von Geburt an eindeutig in einem festgelegten Geschlecht groß zog, ggf. die nicht dazu passenden Organe "korrigierte". Hat leider nicht so wirklich funktioniert - manchmal hatte man zufällig die richtige Wahl getroffen, aber oft genug hatten die Patienten ihre eigenen Vorstellungen davon, in welchem Team sie mitspielen.
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Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 00:29Meine Definition von "Frau" ist im Allgemeinen "Mensch, der sich als Frau identifiziert".
Das ist rekursiv. Für rekursive Definitionen ist unbedingt ein Rekursionsanfang notwendig.

Ansonsten haben wir:
Eulenspiegel: Ich bin ein Velandiner und möchte als Velandiner wahrgenommen werden.
Madalena: Was ist ein Velandiner? :???:
Eulenspiegel: Ein Velandiner ist ein Mensch, der sich als Velandiner identifiziert.

Weißt du nun, was ein Velandiner ist? Hilft dir diese Definition irgendwie weiter? Weißt du nun, ob du auch ein Velandiner bist? (Vielleicht ist "Velandiner" einfach nur ein Fremdwort für "Frau". Vielleicht ist es ein Fremdwort für "Mann". Vielleicht ist ein Velandiner eine Person, die gerne Kleider trägt und viele Schuhe kauft. Vielleicht bezeichnet es etwas ganz anderes.)

Fazit:
Rekursive Definitionen ohne Rekursionsanfang sind keine echten Definitionen und helfen nicht weiter.
Eulenspiegel hat geschrieben: 01.08.2017 23:28Nur so halb. Wie gesagt, ein Transsexueller kann seine Geschlechtsidentität auch ignorieren - aber ein erfülltes, gesundes Leben wird das mit ziemlicher Sicherheit nicht.
Naja, aber er hat die Wahl, ob er ein erfülltes Leben hat oder nicht. - Das ist wesentlich mehr als andere Personen:
Personen mit angeborener Glatze oder blinde Personen oder Querschnittsgelähmte Personen haben diese Wahl nicht.*

*Disclaimer: Das stimmt so nicht ganz. Auch Leute mit Glatze, Blinde und Querschnittsgelähmte können ein erfülltes Leben führen. Ihnen fällt dies nur wesentlich schwerer, da sie nicht wirklich von der Medizin unterstützt werden.

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Ungelesener Beitrag von Madalena »

Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 00:43Das ist rekursiv. Für rekursive Definitionen ist unbedingt ein Rekursionsanfang notwendig.

Ansonsten haben wir:
Eulenspiegel: Ich bin ein Velandiner und möchte als Velandiner wahrgenommen werden.
Madalena: Was ist ein Velandiner?
Eulenspiegel: Ein Velandiner ist ein Mensch, der sich als Velandiner identifiziert.

Weißt du nun, was ein Velandiner ist? Hilft dir diese Definition irgendwie weiter? Weißt du nun, ob du auch ein Velandiner bist? (Vielleicht ist "Velandiner" einfach nur ein Fremdwort für "Frau". Vielleicht ist es ein Fremdwort für "Mann". Vielleicht ist ein Velandiner eine Person, die gerne Kleider trägt und viele Schuhe kauft. Vielleicht bezeichnet es etwas ganz anderes.)

Fazit:
Rekursive Definitionen ohne Rekursionsanfang sind keine echten Definitionen und helfen nicht weiter.
Nö, sehe ich anders. Ich halte nichts davon, irgendwelche Definitionen mit dem Vorschlaghammer zu Schubladen zu prügeln, in die man dann Menschen steckt egal ob es für sie passt, oder ob man ihnen beim Schließen der Schublade was einklemmt.

Da überlasse ich die Definition lieber der Person selbst. Wenn du willst, kannst du auch gerne Velandiner sein. Ist doch wurscht ob ich es verstehe, oder ob ich überhaupt weiß was das ist. Wenn es dich glücklich macht...

Mal anders gefragt: Angenommen wir würden uns auf einem DSA-Forentreff begegnen - würdest du dann sagen "Das ist Zulhamid, ich kenne ihn aus der Gender-Diskussion", oder "Das ist Madalena, ich kenne sie aus der Gender-Diskussion" - oder noch was anderes? Und was würdest du dir von der gewählten Variante versprechen, welchen Nutzen hätte es sie zu verwenden?

Was die Blinden und Querschnittsgelähmten angeht: Ein schweres Schicksal, aber Themenbezug...?
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Tilim

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Ungelesener Beitrag von Tilim »

Wie stehen die Leute hier im Forum eigentlich zum Thema sprachlicher Wahrnehmung von Geschlecht und Geschlechtsidentität?
Mir ist aufgefallen, dass es in Deutschland meines Wissens nach keine direkte Übersetzung von engl. "gender" gibt. Es gibt nur das deutsche "Gender" :rolleyes: und das Kompositionswort "Geschlechtsidentität.
Ich finde das sagt schon viel über unsere Kultur aus. Es kann entweder bedeuten, dass sich noch nie jemand Gedanken darüber gemacht hat (was ich bezweifle weil es sehr wohl Worte wie "Transe" oder "Tunte" gibt) oder, dass aus Gründen kein Wort für "gender" Sinnvoll ist.

Ich bin etwas, was man heutzutage wohl als "hetero cis Mann" bezeichnen würde. Ich kann einige Sachen daher nicht zu 100% nachvollziehen. Warum brauchen wir ein Wort für Geschlechtsidentität? Was ist Geschlechtsidentität?
Jetzt mal eine Frage auf die ich wirklich gerne eine Antwort hätte: "Was unterscheidet einen [biologischen Mann, der sich als Frau sieht], von einem [biologischen Mann, der gerne Kleider trägt, sich schminkt, sich sehr "feminin" verhält, nicht viel von Fußball und Autos hält usw]?

Ich kann mich da schlecht in die Gedankenwelt hinein versetzten. Bis jetzt sind für mich beide oben genannten Beispiele das gleiche. Liege ich da falsch? Was ist die "essenzielle (destillierte) Bedingung" ab der man sagt "Ich fühle mich als Frau?
Zuletzt geändert von Tilim am 02.08.2017 06:13, insgesamt 3-mal geändert.

Tilim

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Ungelesener Beitrag von Tilim »

Talasha hat geschrieben: 02.08.2017 00:36Aber warum sollen es alle tun? Wenn man eine Feuerwehrfrau als Feuerwehrfrau bezeichnet dann geht der Betreffende automatisch zu der Feuerwehrfrau, wenn die Frau aber in einer Gruppe aus Feuerwehrmännern steht musst du nochmal völlig unnötig herum präzisieren. Selbes Prinzip wenn du einen Erdbeerstrauch zwischen anderen Rosengewächsen siehst dann hast du auch die Wahl: Direkt Präzise sein und Erdbeere sagen oder eben: Gehe doch mal zu der Pflanze mit dem zu einer Scheinbeere vergrößerten Blütenboden. Wobei bei mir auch immer schon Polizistinnen Polizistinnen waren und Feuerwehrfrauen Feuerwehrfrauen waren.
Erdbeere ist falsch. Die Erdbeere ist keine Beere.
Feuerwehrmann ist falsch. Die Person ist kein Mann.

Warum sollte man das Geschlecht überhaupt in Worte stecken? Das macht man bei der Haarfarbe/Größe/Herkunft/Frisur/Kleidung auch nicht. Wir sagen nicht Feuerwehrblond/ Feuerwehrgroß/ Feuerwehrtürke/ Feuerwehraffro/ Feuerwehrblauejeansmitrotemtshirt.
Wenn man einen bestimmten Feuerwehrmann in einer menge heruasstellt, sagt man "Geh mal zu dem blonden, großen, türkischen Feuerwehrmann mit dem Affro und der blauen Jeans.
Jetzt kann ich natürlich nachvollziehen warum man sich ausgerechnet über Feuerwehrmann beschwert. Ich würde aber sagen, wir lassen das erstmal so. Es funktioniert doch. Das Zeichen für Telefon ist doch auch noch ein altes Schnurtelefon mit riesigem Hörer und sogar Wählscheibe. Einfach aus Tradition und weil es funktioniert. Heutzutage hat jeder ein schnurloses Telefon wenn nicht sogar ein Smartphone.
Ich kann verstehen wenn man sich für eine präzise, Moderne und Wissenschaftliche Sprache und Piktogramme einsetzten möchte. Dann aber bitte bei allen Wörtern und nicht nur bei vermeintlich sexistischen.

Viele Wörter stehen nun mal für etwas, was ihren Eigenschaften direkt widerspricht.
Der Walfisch ist kein Fisch. ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Die Erdbeere ist keine Beere. ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Der Schornsteinfeger fegt nicht nur Schornsteine ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ein Sandwich besteht nicht aus Sand ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ein Pferd hat nicht nur 1 PS ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ein Brot hat nicht nur eine BE (Broteinheit) ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ein Feuerwehrmann ist nicht zwingend ein Mann ---> Ist der mir egal weil ich weiß, was gemeint ist.
Für mich ist Feuerwehrmann das gleiche wie Feuerwehrperson.
Genau so wie Walfisch für mich das gleiche ist wie "Walsäugetier". Setze ich mich dafür ein, dass Walfisch zu "Walsäugetier" unbenannt wird oder finde ich es wichtig, dass man das macht? Nö

Mein Name ist Simon. Ich habe gar nichts mit dem nächstbesten Simon gemein. Simon ist einfach eine künstliche Bezeichnung für meine Person. Hat Simon irgendwas mit meinem Charakter oder meinem Aussehen oder meiner allgemeinen Gedankenwelt zu tun?
Ich identifiziere mich nicht als Simon. Trotzdem finde ich es 100% in Ordnung wenn Leute mich mit Simon ansprechen.

Ich mag Videospiele, ich mag DSA, ich fühle mich von weiblichen Körpern angezogen und habe einen Penis. Möchte ich, dass diese Eigenschaften irgendwie in meinen Pronomen oder meinem Namen vorkommen? Nö, ist mir ziemlich egal.
Ich weiß, dass es niemals ein Wort geben wird, was mich in meiner "Allgemeinheit als ganzes Wesen" treffend darstellt. Ich habe keinen "Wahren Namen" wie die Elfen in DSA. Damit habe ich mich abgefunden. So ein Name wäre maximal unpraktisch, nicht pragmatisch und nicht erstrebenswert.
Zuletzt geändert von Tilim am 02.08.2017 06:23, insgesamt 9-mal geändert.

Eulenspiegel
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Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Talasha hat geschrieben: 02.08.2017 00:36Dann lies den Artikel bitte nochmal, er wollte niemals ein Kleid tragen und immer im stehen pinkeln. David Reimer zeigte schon vor diesen "Spielen" welchem Geschlecht er sich zugehörig fühlte.
1. Hast du Kinder? Es ist vollkommen normal, dass auch weibliche Babys keine Kleider anziehen wollen, weil diese furchtbar unbequem sind. Selbst bei Frauen, die als Erwachsene furchtbar gerne Kleider anziehen, war es so, dass sie als Babys eher ungern Kleider anzogen. (Weil für ein Baby Bequemlichkeit wichtiger ist als gutes Aussehen.)

2. Ansonsten finde ich es furchtbar sexistisch zu sagen:
ZIeht gerne Kleider an. --> Frau
Mag keine Kleider. --> Mann
Ich kenne zahlreiche Frauen, die auch als Erwachsene Kleider hassen, aber dennoch durch und durch Frau sind.

3. Im Stehen pinkeln: Im Stehen pinkeln ist nunmal furchtbar praktisch. Es gibt sogar extra Accessoire, die es Frauen ermöglichen, bei einer Wanderung auch im Stehen zu pinkeln. Dass sich Frauen hinsetzen, liegt nicht daran, dass sie gerne sitzen. Es liegt daran, dass sie sonst ihre eigene Beine bzw. Unterhose beschmutzen.
Aber selbst hier gilt: Eine Freundin, die gerne zum FKK-Strand geht, hatte mir mal voller Stolz erzählt, dass es ihr gelungen sei, im Stehen zu pinkeln und dass sie das total praktisch findet. (Geht aus naheliegenden Gründen nur beim FKK. Ansonsten gibt es da Probleme mit der Kleidung.)
Das Blondinen-Schwarzhaarigen-Beispiel kam übrigens von Thargunitoth, es wäre durchaus dienlich das zu beachten und diesen Vergleich nicht andauernd Magdalena in die Schuhe zu schieben.
Das Beispiel kam von Thargunitoth. Aber Madalena hatte darauf geantwortet: Schwieriger ist es, wenn die Blondine gar nicht erst vor hat, etwas an ihren schwarzen Haaren zu ändern, sich aber dennoch im Geiste als blond sieht und auch so gesehen werden will. Für mich ist sie dann definitiv trotzdem eine Blondine, aber es würde auch mich vor eine gewisse Herausforderung stellen, und womöglich würde mein Unterbewusstsein sie dennoch als schwarzhaarig verbuchen. Da kann ich dann auch jeden verstehen, der diese Sichtweise schwer nachvollziehbar findet.
Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 00:56Da überlasse ich die Definition lieber der Person selbst. Wenn du willst, kannst du auch gerne Velandiner sein. Ist doch wurscht ob ich es verstehe, oder ob ich überhaupt weiß was das ist. Wenn es dich glücklich macht...
Ich überlasse es der Person doch selbst! Ich will dir doch gar keine Definition vorschreiben. Im Gegenteil, ich will deine Definition wissen!
Das Problem ist, dass es Velandiner nicht als Option beim Geschlecht gibt. Dort wird nur zwischen männlich und weiblich unterschieden. Mittlerweile gibt es bei einigen Foren auch noch "Anderes", was jedoch extrem unbefriedigend ist, einfach unter "anderes" Geschlecht abgehandelt zu werden.
Mal anders gefragt: Angenommen wir würden uns auf einem DSA-Forentreff begegnen - würdest du dann sagen "Das ist Zulhamid, ich kenne ihn aus der Gender-Diskussion", oder "Das ist Madalena, ich kenne sie aus der Gender-Diskussion" - oder noch was anderes? Und was würdest du dir von der gewählten Variante versprechen, welchen Nutzen hätte es sie zu verwenden?
Du bist Zulhamid? Damit fängt es schon an. Ich wusste bis gerade eben nicht, dass Zulhamid und Madalena die gleiche Person sind.

Ansonsten versuche ich "er" und "sie" in Diskussionen zu vermeiden. Nicht nur bei dir, sondern allgemein. Ich würde also sagen: "Das ist Madalena, wir kennen uns aus der Gender-Diskussion." Aber das hat wie gesagt nichts mit dir zu tun. Auch bei anderen Personen verzichte ich nach Möglichkeit auf er/sie. Manchmal lässt sich ein Pronomen nicht vermeiden oder es würde ohne Pronomen extrem seltsam klingen. In diesem Fall würde ich "sie" sagen, da du dieses Pronomen wahrscheinlich wünschst.
Was die Blinden und Querschnittsgelähmten angeht: Ein schweres Schicksal, aber Themenbezug...?
Es geht darum, zu akzeptieren, was man körperlich ist. Und nicht dem hinterherzutrauern, was man körperlich gerne wäre.
Wenn ein neues Verfahren entwickelt wird, mit dem der Blinde wieder sehen kann, dann soll er dieses Verfahren natürlich anwenden. Und dann freue ich mich für ihn, wenn er sehen kann. Aber solange es dieses Verfahren nicht gibt, wird er wahrscheinlich glücklicher, wenn er akzeptiert, blind zu sein.

Genau so beim Geschlecht: Wenn es ein Verfahren gibt, mit dem die Frau zum Mann werden kann, dann soll die Person das Verfahren anwenden und ich freue mich über den Erfolg. Falls es das Verfahren aber nicht gibt, sollte man es wie der Blinde halten und das Geschlecht akzeptieren, das man hat, anstatt dem Geschlecht hinterherzutrauern, das man gerne hätte.

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Ungelesener Beitrag von sagista »

Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 01:16Du bist Zulhamid? Damit fängt es schon an. Ich wusste bis gerade eben nicht, dass Zulhamid und Madalena die gleiche Person sind.
Das hättest du aber wissen können, wenn du in Madalenas / Zulhamids Signatur geschaut hättest. Da steht es nämlich seit einiger Zeit drin :wink:

Zu der Frage mit dem Feuerwehrmann: Redet man nicht überwiegend von Feuerwehrleuten? Das ist doch das einfachste der Welt.
Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 01:16Es geht darum, zu akzeptieren, was man körperlich ist. Und nicht dem hinterherzutrauern, was man körperlich gerne wäre.
Wenn ein neues Verfahren entwickelt wird, mit dem der Blinde wieder sehen kann, dann soll er dieses Verfahren natürlich anwenden. Und dann freue ich mich für ihn, wenn er sehen kann. Aber solange es dieses Verfahren nicht gibt, wird er wahrscheinlich glücklicher, wenn er akzeptiert, blind zu sein.

Genau so beim Geschlecht: Wenn es ein Verfahren gibt, mit dem die Frau zum Mann werden kann, dann soll die Person das Verfahren anwenden und ich freue mich über den Erfolg. Falls es das Verfahren aber nicht gibt, sollte man es wie der Blinde halten und das Geschlecht akzeptieren, das man hat, anstatt dem Geschlecht hinterherzutrauern, das man gerne hätte.
Klingt sehr vereinfachend und fasst auch ein wenig arrogant, wenn man selbst nicht in der Situation ist. Ist aber letztendlich der klügste Weg für den Betroffenen, da es wenig bringt, auf ewig mit dem eigenen Schicksal zu hadern, anstatt es anzunehmen und das Beste daraus zu machen, sofern es keine Möglichkeit gibt, das Schicksal zu ändern.

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Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 01:16Du bist Zulhamid? Damit fängt es schon an. Ich wusste bis gerade eben nicht, dass Zulhamid und Madalena die gleiche Person sind.
Liegt das eventuell daran, dass du dich nicht mit dem beschäftigst, was im Thema vorkommt, sondern einfach irgendwo trolligen Diskussionsstil pflegen willst? Nein, mit Sicherheit nicht. Die Signatur, die seit dem Namenswechsel angepasst wurde, und die Selbstauskünfte über Namenswechsel sind einfach nur nicht prominent genug gewesen...

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Im Übrigen noch Hut ab, dass du dich der teils sehr trolligen Diskussion stellst, obwohl (oder gerade weil?) dir da so viel Unverständnis und Anfeindung entgegen schlägt.
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

sagista hat geschrieben: 02.08.2017 08:33

Zu der Frage mit dem Feuerwehrmann: Redet man nicht überwiegend von Feuerwehrleuten? Das ist doch das einfachste der Welt.
Ich mache das seit ich als Kind Feuerwehrfrauen gesehen habe so.
Der Walfisch ist kein Fisch. ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ist es der Allgemeinheit nicht, weshalb sie auch das Fisch gestrichen hat, das Walfisch war einfach derartig unpräzise und irreführend das es weg musste, im Gegensatz zu Sandwich das der Sage nach so heißt weil John Montagu, 4. Earl of Sandwich beim Kartenspielen keine Zeit fürs Essen fand und sich so seine Mahlzeiten zwischen zwei Brotscheiben packen ließ. Die Ursprüngliche Bezeichnung für Sandwich war demnach:
"Brot wie Sandwichs" das wurde dann aber auch auf das Sandwich eingekürzt. Wenn man nun boshaft ist müsste man von dir fordern in Zukunft "Eine Zwischenmahlzeit im Stile von John Montagu des 4. Earls of Sandwich" zu bestellen.
Sprache hat sich immer schon neuen Gegebenheiten angepasst. Früher hat man nur von Feuerwehrmännern gesprochen nun gibt es das genauso einfache Feuerwehrleute.
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Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Feuerwehrleute ist doch völlig in Ordnung :)

Interessant ist die Argumentation nicht "Feuerwehrmann" zu sagen, wenn die eine Frau im Kreise von mehreren Feuerwehrmännern gemeint ist und ein "weibliche Feuerwehrmann" zB zu viel unnötige Spezifikation in der Sprache wäre, denn der eine Feuerwehrmann im Kreise von mehreren Feuerwehrmännern muss 'genau so unnötig viel' spezifiziert werden; Zu dem in der Mitte, zu dem mit den blauen Jeans, zu der großen Frau, zu dem kleinen Türken, zu dem mit dem Afro....
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Ungelesener Beitrag von Tilim »

Ich stimme euch beiden zu euren letzten Beiträgen auch uneingeschränkt zu.

Ich bin nur der Meinung, dass der Begriff "Feuerwehrmann" kein Problem ist. Wahrscheinlich wird sich das ganze organisch hin zu Feuerwehrleute verändern (obwohl der Singular schon problematisch werden kann und daher Feuerwehrmann evtl. noch eine Daseinsberechtigung hat). Ich möchte aber nochmal betonen, dass Feuerwehrmann genau betrachtet weder falsch (zumindest nicht "fälscher" als der Rest unserer Sprache) noch problematisch oder sexistisch ist.
Man sollte niemanden zwingen oder überreden den einen "richtigen" Wortschatz zu benutzen. Das machen nur autoritäre Leute und Regime die ihre Bürger unter der fuchtel haben wollen.

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Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Im Grunde deutet sehr viel darauf hin, dass Transsexualität eine biologische Störung ist, in der die genetischen Marker auf männilch bzw. weiblich stehen, allerdings während der Schwangerschaft im Mutterleib, die Hormone nicht richtig ausgeschüttet wurden und so die Hirnentwicklung gegenteilig verlaufen ist.

Das zementiert eigentlich, dass es zwischen Mann und Frau einen biologischen Unterschied gibt.

@Eulenspiegel
Natürlich kann man Wörter zu einer Sprache hinzufügen, beispielsweise "sitt".

Es stellt sich nur fragen ob die neuen Wörter von der Gesellschaft angenommen werden.
Aber wenn man auf akademischer Ebene mit diesen Wörtern arbeiten muss, stehen die Chancen ganz gut, dass die Gesellschaft diese irgendwann übernimmt.

Tilim

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Ungelesener Beitrag von Tilim »

Gibt es hier im Forum wirklich jemanden der sagt: "Zwischen Mann und Frau gibt es keine biologischen Unterschiede." oder alternativ "Biologie und "Gender" haben nichts miteinander zu tun." ?

Wie gesagt ich habe nicht alle 20 Seiten gelesen aber das hört sich verdächtig nach einem Strohmann man.

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Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

An Transgender kann man nun aber sehen was die biologische Assoziation von "Frau sein" auslöst.

Ist beispielsweise Kleider tragen anerzogen oder biologisch bestimmt? Oder ist mit Raketen und Star Wars Figuren spielen anerzogen oder biologisch bestimmt?

Ist es möglich das aus Transsexuellen abzuleiten?

Wenn jemand biologisch männlich geboren wurde, aber er setzt sich dann fundamental gegen seine männlich orientierte Erziehung durch, trägt Kleider und spielt mit Puppen, was sagt das über die Gendertheorie aus?

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Ungelesener Beitrag von sagista »

Talasha hat geschrieben: 02.08.2017 09:17Sprache hat sich immer schon neuen Gegebenheiten angepasst. Früher hat man nur von Feuerwehrmännern gesprochen nun gibt es das genauso einfache Feuerwehrleute.
Die Frage ist, ob das gewissermaßen von selbst passiert oder ob es gewissermaßen von oben aufgezwungen wird. Ich empfinde eine innere Abscheu davor, wenn Leute anderen Leuten vorschreiben wollen, was sie nicht mehr sagen dürfen / sollen und was sie stattdessen sagen sollen. Ich denke, lebendige Sprachen sind dynamisch, sie entwickeln sich auch ganz ohne Sprachpolizei und merkwürdig anmutende Sprachkonstruktionen.

Gerade die Feuerwehrleute sind ein gutes Beispiel dafür. Feuerwehrmann bzw. Feuerwehrmänner ist tatsächliche eine Frauen ausschließende Formulierung, die sich im allgemeinen Sprachgebrauch an die Realität angepasst hat, so dass nun von Feuerwehrleuten gesprochen wird. Und wer der Meinung ist, bei der Feuerwehr dürften eh nur Männer arbeiten, der wird sich auch durch sprachliche Vorgaben nicht beeindrucken lassen.

Tilim

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Ungelesener Beitrag von Tilim »

@Targunitoth
Natürlich wird das "nature versus nurture" Argument immer zur Debatte stehen und wahrscheinlich niemals endgültig geklärt sein und schon gar nicht in einem Pen&Paper Forum im Internet gelöst werden.
Soweit ich weiß, ist aber schon bei sehr sehr kleinen Kindern zu sehen, dass sich Jungen eher "mechanische" Spielzeuge interessieren und Mädchen eher für Puppen.
Das ganze ist natürlich nicht in Stein gemeißelt und es wird immer einen gewissen teil von "Abweichlern" (nicht negativ konnotiert) geben.

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BenjaminK hat geschrieben: 02.08.2017 08:48Liegt das eventuell daran, dass du dich nicht mit dem beschäftigst, was im Thema vorkommt, sondern einfach irgendwo trolligen Diskussionsstil pflegen willst? Nein, mit Sicherheit nicht. Die Signatur, die seit dem Namenswechsel angepasst wurde, und die Selbstauskünfte über Namenswechsel sind einfach nur nicht prominent genug gewesen...
Bekannte Vorgehensweise: Wer keine Sachargumente (mehr) hat aber gerne weiter mitdiskutieren möchte, postet eine ad hominem Unterstellung. :rolleyes:

Wie kommt es, dass du nur Unterstellungen postest, anstatt sachlich zu diskutieren? Wie kommt es, dass du auf eine persönliche Antwort eingehst, die sich auf eine persönliche Frage von Madalena bezieht, aber den Sachtext ignorierst? Willst du nur rumtrollen oder kann es sein, dass du zum sachlichen Teil des Posts keine Argumente hast? (Der persönliche Teil des Post ist eine Antwort auf Madalenas persönliche Frage gewesen.)

Aber um deine Unterstellungen nicht unkommentiert stehen zu lassen:
Nein, es liegt daran, dass ich am Thema und nicht an den Personen interessiert bin. Signaturen werden bei mir standardmäßig ausgeblendet, da sie eh nichts Themenrelevantes enthalten.
Und möglich, dass der Namenswechsel irgendwo angekündigt wurde. Dann aber in irgendeinem anderen Thread.

Ansonsten ist ein Namenswechsel eine persönliche Information und keine Sachinformation. Und ich bin wiegesagt am Thema und nicht am Persönlichen interessiert.
Im Übrigen noch Hut ab, dass du dich der teils sehr trolligen Diskussion stellst, obwohl (oder gerade weil?) dir da so viel Unverständnis und Anfeindung entgegen schlägt.
Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Vor deinem letzten Troll-Beitrag, der Null (!) Sachinformation beinhaltete, war die Diskussion sehr sachlich. Durch deinen Beitrag droht die Diskussion abzugleiten.
Ansonsten Hut ab vor Madalena, dass sie wesentlich intelligenter, sachbezogener und vernünftiger als BenjaminK argumentiert. Und dass Madalena auf ad hominem Argumente verzichten kann.

Nebenbei: Die einzige Anfeindung in diesem Thread kam von dir. Und diese war gegen mich gerichtet.

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Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 01:00Wie stehen die Leute hier im Forum eigentlich zum Thema sprachlicher Wahrnehmung von Geschlecht und Geschlechtsidentität?
Mir ist aufgefallen, dass es in Deutschland meines Wissens nach keine direkte Übersetzung von engl. "gender" gibt. Es gibt nur das deutsche "Gender" :rolleyes: und das Kompositionswort "Geschlechtsidentität.
Ich finde das sagt schon viel über unsere Kultur aus. Es kann entweder bedeuten, dass sich noch nie jemand Gedanken darüber gemacht hat (was ich bezweifle weil es sehr wohl Worte wie "Transe" oder "Tunte" gibt) oder, dass aus Gründen kein Wort für "gender" Sinnvoll ist.
Das ist in Deutschland tatsächlich etwas schwerer. Für gewöhnlich wird Geschlecht in die folgenden Bestandteile zerlegt:
  • Biologisches Geschlecht, das kann und sollte man noch weiter aufteilen
  • Geschlechterrolle, die gesellschaftlich erwarteten Verhaltensweisen an Männer und Frauen, in manchen Kulturen auch an andere Geschlechter
  • Geschlechtsidentität, zurückgehend auf "core gender identity" von Robert Stoller. Teilweise habe ich dafür auch den Begriff Kopfgeschlecht gelesen.
  • Präsentation, manchmal noch aus differenziert, als welches Geschlecht sich jemand nach außen darstellt. Die Sprache dazu wird natürlich zum größten Teil von der Geschlechterrolle geliefert.
Der Begriff Geschlecht kann sowohl eines der Teilbereiche als auch ein kongruentes Gesamtpaket meinen wo alle Teilbereiche sauber übereinstimmen.
Ich bin etwas, was man heutzutage wohl als "hetero cis Mann" bezeichnen würde. Ich kann einige Sachen daher nicht zu 100% nachvollziehen. Warum brauchen wir ein Wort für Geschlechtsidentität? Was ist Geschlechtsidentität?
Geschlechtsidentität wird für gewöhnlich mit dem innerem Wissen eine Frau/Mann oder beides/keines/dazwischen zu sein erklärt. Das bringt die meisten allerdings nicht viel weiter. Häufig kommt dann der Einwurf das man selber so etwas nicht habe. Mann weiß das man ein Mann ist weil Penis und Bart und weil es einem von allen anderen so gesagt wurde. Steht ja auch so schwarz auf weiß auf der Geburtsurkunde!
Was cis Menschen dabei übersehen ist das es sich bei diesem Prozess, der in der Psychoanalyse als Spieglung bezeichnet wird, nicht um eine Einbahnstraße handelt. Identität ist immer ein Ringen zwischen du bist wie ich und du nicht wie ich. Es ist ein aktiver Prozess.
Im Fall eines Cis Jungen dessen Geschlechtsidentität männlich ist und der die richtigen Geschlechtsteile aufweist wird die eigene Identität vom Körper gespiegelt. Also muss man sich auch keine weiteren Gedanken machen. Und von anderen wird er auch als Junge bezeichnet, also wird wieder seine Identität von der Umgebung richtig wieder gegeben. Kein Problem.
Bei Transpersonen ist es problematischer. Ihre Identität wird nicht gespiegelt. Ein Transjunge sieht seinen Körper und merkt das es nicht passt, das ist nicht wie er ist. Und wenn er von den anderen als Mädchen bezeichnet wird kommt auch immer "Das bin nicht ich!".
Woher dieser Unterschied in der Geschlechtsidentität kommt und wo die genau sitzt ist noch ungeklärt. Es gibt aber Anzeichen dafür das sie biologisch determiniert ist, zumindest zum Teil. Siehe dazu den schon öfter verlinkten AMA.
Jetzt mal eine Frage auf die ich wirklich gerne eine Antwort hätte: "Was unterscheidet einen [biologischen Mann, der sich als Frau sieht], von einem [biologischen Mann, der gerne Kleider trägt, sich schminkt, sich sehr "feminin" verhält, nicht viel von Fußball und Autos hält usw]?
So einiges. Eine Transfrau die sich nicht schminkt, keine Kleider trägt, 'Butch' und Dortmund Fan ist und mit ihrer Schwester jedes Wochenende am Auto rumschraubt hat absolut nicht gemeinsam mit dem Mann der gerne Kleider trägt.
Trans und Cis unterscheiden sich nicht in ihrer Fähigkeit Geschlechterrollen zu erfüllen oder sich ihnen zu entziehen. Wobei das in der Realität für Transmenschen nur begrenzt zutrifft. Vor allem am Anfang müssen sie 'performen' um akzeptiert zu werden. Zu der Entwicklung könnte man noch so einiges schreiben.
Ich kann mich da schlecht in die Gedankenwelt hinein versetzten. Bis jetzt sind für mich beide oben genannten Beispiele das gleiche. Liege ich da falsch? Was ist die "essenzielle (destillierte) Bedingung" ab der man sagt "Ich fühle mich als Frau?
Ja tust du. Aber ich befürchte um mehr Verständnis zu bekommen könnte es notwendig sein den eigenen Kopf und die Theorie-Welt zu verlassen und Transmenschen kennen zu lernen.
Die Floskel "Ich fühle mich als Frau" hasse ich wie die Pest. Sie führt einen total aufs Glatteis. Besser ist eigentlich wie fühle ich mich wenn ich mich selbst oder andere mich als Mann/Frau sehen?
Hoffentlich konnte ich zumindest etwas helfen. Das Thema ist verflucht komplex und es hilft auch nicht das man sich erst mit vielen Vorurteilen auseinander setzen muss.

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Ungelesener Beitrag von myrkur »

Talasha hat geschrieben: 02.08.2017 09:17
Der Walfisch ist kein Fisch. ---> Ist der Allgemeinheit egal weil jeder weiß, was gemeint ist.
Ist es der Allgemeinheit nicht, weshalb sie auch das Fisch gestrichen hat, das Walfisch war einfach derartig unpräzise und irreführend das es weg musste, im Gegensatz zu Sandwich das der Sage nach so heißt weil John Montagu, 4. Earl of Sandwich beim Kartenspielen keine Zeit fürs Essen fand und sich so seine Mahlzeiten zwischen zwei Brotscheiben packen ließ. Die Ursprüngliche Bezeichnung für Sandwich war demnach:
"Brot wie Sandwichs" das wurde dann aber auch auf das Sandwich eingekürzt. Wenn man nun boshaft ist müsste man von dir fordern in Zukunft "Eine Zwischenmahlzeit im Stile von John Montagu des 4. Earls of Sandwich" zu bestellen.
Sprache hat sich immer schon neuen Gegebenheiten angepasst. Früher hat man nur von Feuerwehrmännern gesprochen nun gibt es das genauso einfache Feuerwehrleute.
Der Walfisch ist ein schönes Beispiel, das ich da gern mal aufgreifen würde.
Meiner Meinung nach ist diese "das Denken folgt der Sprache" ein ziemliches Henne-Ei-Problem, bei dem Ursache und Wirkung nicht so ganz trennscharf voneinander abgegrenzt werden können.
Grade der Walfisch weist aber ja eher auf das Gegenteil hin, also dass die Sprache dem Denken folge.
Hier führt, denke ich, überhaupt erst die Erkenntnist, dass der Wal kein Fisch im eigentlichen Sinne ist, zu der Erkenntnis, dass das Wort irgendwie nicht mehr passt und nicht ganz zeitgemäß ist und damit ist es vermittelbar, dass man es besser nicht mehr benutzt.
Zudem erfordert die Alternative "Wal" keine ausufernde sprachliche Verrenkung.
Bei dem versuch gender-neutrale Sprache zu definieren und zu verbreiten kommt es mir zumindest so vor als würde versucht andersherum einen Schuh draus zu machen und das halte ich für den falschen Ansatz.
Ich bin nicht überzeugt, dass Denken der Sprache folgt. Ich glaube, dass es trotz zunehmender Präsenz des Themas bei einer Mehrheit der Menschen noch sehr große Unkenntnis über Transgender-Themen (und was man noch so in den erweiterten Themenkreis reinpacken muss) herrscht. Da nehme ich mich selbst übrigens nicht aus, ich bin zwar ganz schnell mit an Bord, wenn es drum geht gleiche Rechte für Menschen zu fordern, weil das einfach prinzipiell zu meinem Menschenbild gehört und es da ganz egal ist, was das nun genau für ein Mensch ist und warum er wie verschieden von der Mehrheit ist. Dennoch bin ich größtenteils unbedarft was den Hintergrund zu dem Thema angeht. Weder hab ich groß Ahnung von der aktuellen Wissenschaft, noch kenne ich jemanden persönlich, den das Thema betrifft. (Es sei denn man zählt ein gewisses Unwohlsein mit den "Idealen" der Geschlechterrollen schon dazu; dann kenne ich eigentlich ziemlich viele Leute, die das betrifft. Aber ich glaube das rangiert auf einer anderen Stufe. )
Menschen mit solchem Unverständnis und Unkenntnis der Lage bringt man schwerlich eine Veränderung bei.
Während man beim Walfisch sagen kann:
"Du, die Biologie hat herausgefungen: das ist gar kein Fisch, sondern ein Säugetier. Das Wort ist also irgendwie blöd und missverständlich. Wir sagen jetzt "Wal". "
Dann kriegt man den "Walfisch"-Benutzer damit vermutlich schon irgendwie überzeugt, weil der sicher auch schonmal was davon gehört hat, dass das kein Fisch ist, und vielleicht auch mal ein paar anatomische Unterschiede zwischen Fischen und Walen gesehen hat, die das ganze recht offensichtlich machen. (Und wahrscheinlich ist es auch hilfreich, dass es nicht sooo schlimm wäre trotzdem "Walfisch" zu sagen und ihm deswegen niemand vorwerfen würde dem Wal sein Recht auf das Säugetierdasein abzusprechen. )
Versucht man hingegen einem Menschen, der noch nie was von Transgenderthemen gehört hat und auch nicht verstanden hat warum Feminismus eigentlich eine sinnvolle Angelegenheit ist (deren Zweck es nicht ist ihm die Eier abzuschneiden), klarzumachen, dass er jetzt das Binnen-i mit vorangestelltem Sternchen verwenden muss, weil er sonst als Chauvinist, Frauenfeind oder Nazi beschimpft wird, dann prognostiziere ich Widerstandsreaktionen, und seien sie nur innerlich.

Mir scheint da einfach, dass das Sprachthema ein unwichtiger Nebenschauplatz ist, der viel zu ausufernd diskutiert wird. Und anstatt über affige Sprachumformulierungen zu diskutieren, könnte man seine Zeit doch mit wichtigeren Themen verbringen:
Zum Beispiel:
Ist eine Welt automatisch gerechter in der wir durch sprachliche Markierung klarmachen, dass in der Gruppe der Vorstandsvorsitzenden auch Frauen gemeint sein können, wenn in der Realität der Großteil trotzdem von Männern gestellt wird?
Ist eine Welt gerechter/besser, wenn für Führungspositionen eine 50%-Frauenquote haben, und brauchen wir dann auch eine Quote für Müllfrauen, Kanalreinigerinnen, Kindergärtner und Grundschullehrer, Bergfrauen, Krankenbrüder oder Zahnarzthelfer?
Brauchen wir eine Quote für Trans-Menschen in Führungspositionen?
Und wenn ja, soll die dann auch 50% betragen?
Wenn ja: wo kriegen wir so viele hochqualifizierte Trans-Menschen her?
Wollen die überhaupt Vorstandsvorsitzend* werden oder müssen wir sie erst dazu zwingen?
Existiert das Gender-Pay-Gap nun wirklich? Und hat das auch noch Bestand, wenn man nach Berufen aufschlüsselt?
Wäre eine Welt gleichberechtigt, in der jedes Individuum den Beruf ergreifen kann, den es möchte und es dabei nicht darauf ankommt, was es zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren hat?
Wäre sie auch dann noch gleichberechtigt, wenn in den Statistiken dieser Welt 85% der Unternehmensvorstände von Männern besetzt sind und 65% der KrankenpflegerInnen immer noch weiblich sind und 95% der Bergarbeiter männlich?

Ja, bewusst ein wenig überzeichnet formuliert und mit ein wenig Zynismus gewürzt, aber ich denke schon, dass das Fragen sind über die man nachdenken müsste und deren Antworten und drausfolgende Konsequenzen bedeutender sind als ein generisches Maskulinum.
Sowohl Feminismus als auch Genderismus (falls man das wertneutral sagen darf und nicht eigentlich in ersterem mit eingeschlossen ist) haben meines Erachtens ihre Kämpfe noch auf wichtigeren Schauplätzen zu führen als in der Sprachumformulierung.
Sprache ist ein Werkzeug und man sollte es als solches benutzen. Und ein Werkzeug benutzt man ja überlicherweise indem man das Werkstück damit bearbeitet, bis es die gewünschte Form hat. Nicht indem man das Werkzeug so umformt, dass es zu der Form passt die das Werkstück in der Vorstellung mal haben soll.
(Ok, der Verlgeich hinkt auch ein bisschen. Aber lasst uns jetzt bitte nicht über Schnitzmesser vs Spritzgussformen diskutieren...)

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Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 01:00Jetzt mal eine Frage auf die ich wirklich gerne eine Antwort hätte: "Was unterscheidet einen [biologischen Mann, der sich als Frau sieht], von einem [biologischen Mann, der gerne Kleider trägt, sich schminkt, sich sehr "feminin" verhält, nicht viel von Fußball und Autos hält usw]?

Ich kann mich da schlecht in die Gedankenwelt hinein versetzten. Bis jetzt sind für mich beide oben genannten Beispiele das gleiche. Liege ich da falsch? Was ist die "essenzielle (destillierte) Bedingung" ab der man sagt "Ich fühle mich als Frau?
Ich will mich da nicht an einer allgemeinen Definition versuchen. Nur so viel: In der Regel zieht man die Grenze zur Transsexualität dort, wo eine Person körperliche Angleichungen anstrebt. Aber auch da gibt es Ausnahmen, und es erklärt auch nicht andere Formen der abweichenden Geschlechtsidentität.

Für mich habe ich eine zeitlang versucht, mit dem Bild "Mann mit ein paar femininen Seiten" meinen Frieden zu machen. Aber das hat nicht wirklich gepasst, weil ich mich magisch zum Frau-sein hingezogen gefühlt habe. Am liebsten wäre es mir, gleich von Anfang an mit weiblichem Körper zur Welt gekommen zu sein. Da das nicht geht strebe ich das zweitbeste an: Dem "Original" so nahe wie möglich zu kommen. Das werde ich nie zu 100% erreichen, aber das ist auch OK -was nicht geht das geht halt nicht. Aber ich strebe dahin. Ich trage Röcke und Nagellack, weil ich mich so schöner finde, aber ich trage sie eben auch und in erster Linie, weil ich als Frau rüber kommen möchte - für mich selbst und für andere. Dafür muss ich keinen Rock tragen, Frau sein kann man natürlich auch in Jeans - aber dann bitte trotzdem feminine Kleidung und Accessoires etc., um das Gesamtbild in die gewünschte Richtung zu lenken. D.h. z.B. auch dass ich BH trage, um mir eine kleine Oberweite zu zaubern - und auf kurz oder lang lautet der Plan, mir ein paar echte Brüsten aus Fleisch und Blut in diesen BH hinein wachsen zu lassen (spätestens an dem Punkt unterscheidet es sich wohl endgültig vom femininen Mann).

Das heißt auch, dass ich mich mit dem männlichen Pronomen unwohl fühle, und es für mich unglaublich befreiend war meinem Umfeld mitzuteilen (sinngemäß) "seht mich bitte als Frau, als eine 'sie'".

Das heißt auch, dass ich nicht nur die Rosinen vom weiblichen Kuchen zu schätzen weiß: Ich pinkle inzwischen nur noch sehr ungern im Stehen. Ist zwar super praktisch, und viele andere Frauen würden mich darum beneiden, aber es reißt mich ein kleines Stück weit aus dem Selbstbild als Frau heraus (ich weiß natürlich, dass auch manche Frauen das können).

Das heißt auch, dass ich zwar heilfroh bin nicht zu menstruieren. Aber ein Teil von mir findet es trotzdem traurig, diese spezifisch weibliche Erfahrung nie machen zu können. Es gibt sogar im Internet Rezepte wie Transfrauen sich ihr eigenes Regelblut basteln können, um die Situation möglichst echt nachzufühlen - DAS ist mir dann ja doch etwas zu abgedreht :censored:, aber ich kann das Motiv dahinter gut nachfühlen.

Gar nicht so wenige Transfrauen empfinden offenen Ekel gegenüber ihren Genitalien. Ich persönlich habe da zum Glück ein entspanntes Verhältnis zu meinem Körper - aber es zeigt auf welche Formen das auch annehmen kann.

Wie man sieht folgt das alles keinem rational nachvollziehbaren Master- äh Mistressplan, und wird für Ausenstehende vermutlich schwer zu verstehen sein. Aber ich hoffe es wird klar, dass zwischen "femininer Mann, evtl. Crossdresser" und "Frau mit Trans-Hintergrund" ein paar deutliche Unterschiede bestehen.
Eulenspiegel hat geschrieben: 02.08.2017 01:16Ich überlasse es der Person doch selbst! Ich will dir doch gar keine Definition vorschreiben. Im Gegenteil, ich will deine Definition wissen!
Das Problem ist, dass es Velandiner nicht als Option beim Geschlecht gibt. Dort wird nur zwischen männlich und weiblich unterschieden. Mittlerweile gibt es bei einigen Foren auch noch "Anderes", was jedoch extrem unbefriedigend ist, einfach unter "anderes" Geschlecht abgehandelt zu werden.
Wie gesagt mache ich keine Definitionen. Ich habe lange versucht zu kategorisieren, zu analysieren, objektive Kriterien aufzustellen - und anhand dieser zu entschlüsseln wo ich hingehöre. Das ist grandios gescheitert. Ich habe mir jahrelang das Gehirn verdreht, ohne zu einer zufriedenstellenden Antwort zu kommen - und es ging mir echt nicht gut damit. Irgendwann habe ich dann die Strategie geändert und einfach mal die Tatsache akzeptiert dass es mir wichtig ist mich als Frau zu sehen. Ich habe mir eines Tages - sehr schüchtern - bewusst selbst gesagt "Ich bin eine Frau", und in mich hinein gehorcht wie es mir damit geht. Das Resultat war in etwa so wie wenn man vor einem Schloss steht das man partout nicht aufkriegt, und nach langer Suche findet man endlich den passenden Schlüssel, er rastet ein, es macht Click - und mir ist eine große Last vom Herzen gefallen. Besser kann ich es nicht beschreiben. Ich weiß nicht wirklich warum ich so ticke, und ich hatte in diesem Moment auch keine Ahnung wie ich dieses "ich bin eine Frau" inhaltlich fülle, aber es hat einfach gepasst.

In letzter Konsequenz ist es mir auch relativ egal, ob ich nun eine Frau bin , mich wie eine Frau fühle, oder ob ich lediglich eine möglichst gute Illusion von Frau-sein erzeuge. Der Unterschied in meinem persönlichen Wohlbefinden, meiner Lebensqualität und -energie ist gewaltig, und das gibt mir die einzige Antwort die ich WIRKLICH brauche: Ich bin innerlich, aus welchen Gründen auch immer, darauf geeicht eine Frau zu sein.

Beantwortet das deine Frage?

Was die ganzen nicht-binären Geschlechtsoptionen betrifft: Ich kann auch nicht wirklich was mit "neutrois, two spirit, agender" etc. anfangen. Ich habe eine ungefähre Vorstellung was das sein soll, aber ich habe kein Konzept in meinem Gehirn, an dass ich diese Begriffe andocken kann. Aber das könnte auch einfach an meinem fehlenden Vorstellungsvermögen liegen. Mir geht es ja genauso, dass viele nicht verstehen wieso ich mich so fühle wie ich fühle. Wenn mir jemand erklärt er sei Velandiner, dann verstehe ich es vielleicht nicht, aber ich respektiere diese Selbstzuschreibung, gehe davon aus dass diese für diesen Menschen selbst einen Sinn ergibt und wichtig ist, und frage nach dem gewünschten Pronom.

Ich kann nicht von mir behaupten, die ganze Thematik der Geschlechtsidentitäten voll zu durchblicken, aber für mich hat letztlich die Frage Priorität "Womit fühlt sich dieser Mensch wohl?"

-----

Eine Sache noch: Auch ich finde,,das hier teilweise ein etwas rauer Wind herrscht, und da möchte ich auch deine Beiträge, Eulenspiegel, ausdrücklich mit einnehmen. Das schmeckt mir nicht wirklich, und ich habe lange gezögert ob ich die doch etwas intimen Antworten in diesem Beitrag hier wirklich preisgeben soll.

Andererseits kam dein letzter Beitrag von heute Nacht bei mir wesentlich versöhnlicher an, und ich bin dir auch dankbar dass du meinen Wunsch, als "sie" bezeichnet zu werden, respektierst. Letztlich bringt es uns alle nicht weiter wenn wir hier jetzt aufrechnen wer wo wie sachlich oder unsachlich war. Internetdiskussionen neigen manchmal dazu etwas ruppiger zu werden. Vielleicht bin ich da ja auch einfach vor meinem persönlichen Hintergrund etwas sensibler, und was bei mir eher ungut ankam war von dir überhaupt nicht böse gemeint.

Schauen wir am besten einfach alle darauf, freundlich und rücksichtsvoll miteinander umzugehen. ;) Ich für meinen Teil fände es toll, wenn ich ein kleines bisschen mehr Verständnis für die Trans-Thematik schaffen kann.
Zuletzt geändert von Madalena am 02.08.2017 11:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Ungelesener Beitrag von Tilim »

Anima hat geschrieben: 02.08.2017 10:34Hoffentlich konnte ich zumindest etwas helfen. Das Thema ist verflucht komplex
Danke für deine Erklärungsversuche.

Also, du sagst, Trans sein hat gar nichts mit Geschlechterrollen zu tun? Okay, das ist schon mal neu für mich. Ich dachte Geschlechterrollen seien ein wichtiger Teil.

Ich glaube du sagst, Trans sein, hat was mit Identität zu tun. Habe ich das richtig verstanden?
Hier hapert es tatsächlich bei mir. Für mich ist und war Identität immer nur die Summe meiner Vorlieben und Eigenschaften. Ich mag A, B und C aber hasse X, Y und Z. Mir ist bewusst, dass ich in der exakten Intensität und Auswahl meiner Vorlieben auf der Erde wahrscheinlich einzigartig bin. Deshalb habe ich nie versucht ein "Label" auf meine Identität zu Kleben.
Als ich 6 war fand ich es blöd wenn man mich als Mädchen bezeichnet hätte. Inzwischen wäre es mir egal, so wie ziemlich jede Beleidigung/ Label welches man mir an den Kopf wirft. Ich unterscheide mich in meinem verhalten von vielen anderen Menschen und auch vielen anderen Männern. Das hat allerdings noch nie eine Idenentitäskrise bei mir ausgelöst.

Ab welchen Punkt findet eine Trans Person heraus, dass die Trans ist? Ich höre immer wieder "Ich/ Es fühlt sich nicht richtig an".

Ich habe tatsächlich mal mit ca. 16 mehrere Wochen mit einer Trans Person im Urlaub verbracht und fand sie seht nett. Sie war lesbisch und stand auf androgyn aussehende Mädchen. Sie hat mir gesagt sie fühle sich in ihrem Körper nicht wohl und hatte vor allem Probleme mit ihren Brüsten (waren ihr zu groß). Für mich hat es sich so angehört, als wäre sie vor allem nicht mit ihrem Körper zufrieden.
Unterscheidet sich dieses "Ich bin mit meinem Weiblichen/ Männlichen Körper nicht zufrieden." vom allgemeinen "Ich bin mit meinem Körper nicht zufrieden."-Problem, welches sehr viele Menschen haben?
Es gibt Leute die ihre Nase hassen und sich diese um operieren lassen. Es gibt Menschen die lassen sich Fett absaugen oder schnippeln sich sogar selber im Gesicht rum weil sie einem bestimmten Ideal näher kommen wollen. Ist das ähnlich?

@Madalena Danke für deine Erkärung
Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 10:51Da das nicht geht strebe ich das zweitbeste an: Dem "Original" so nahe wie möglich zu kommen. Das werde ich nie zu 100% erreichen, aber das ist auch OK -was nicht geht das geht halt nicht. Aber ich strebe dahin. Ich trage Röcke und Nagellack, weil ich mich so schöner finde, aber ich trage sie eben auch und in erster Linie, weil ich als Frau rüber kommen möchte
Wenn wir in einer Gesellschaft leben würden in denen es keine Geschlechterrollen gäbe und Frauen die gleiche Kleidung tragen und sich gleich verhalten würden wie Männer. (Wie) würde das dein Verhalten ändern?
Das hört sich für mich so an, als wären bei dir Geschlechterrollen ein wichtiger Teil, kann das sein?


Mal eine Frage an euch beide:
Wie definiert ihr Identität (im allgemeinen) und warum glaubt ihr, es gibt eine weibliche und eine männliche Identität?
Zuletzt geändert von Tilim am 02.08.2017 11:43, insgesamt 1-mal geändert.

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Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 11:11Also, du sagst, Trans sein hat gar nichts mit Geschlechterrollen zu tun? Okay, das ist schon mal neu für mich. Ich dachte Geschlechterrollen seien ein Wichtiger Teil.
Wieder nur ganz subjektiv aus meiner Sicht: Ich sehe Geschlechterrollen differenziert. Jeder Mensch sucht sich irgendwie seinen Platz in der Welt. Rollenbilder können dabei beengten und einschränkend sein. Sie können aber auch Halt und Orientierung geben. Mir hat erst kürzlich eine Cisfrau erzählt, wie spannend sie doch meine Entwicklung fände, da sie selbst als Kind sehr "unmädchenhaft" erzogen wurde, und darunter gelitten hat. Sie fand es erleichternd, später im Leben die feminine Seite an sich zu entdecken. Andere Frauen wiederum wollen damit am liebsten so gar nichts am Hut haben und leiden darunter, von ihren Eltern zu Kleidchen und Puppen genötigt zu werden.

Ich persönlich sehe Geschlechterrollen eher als Zwang denn als Inspiration. Ich mag Actionfilme, trinke gerne Bier, und interessiere mich für Militärgeschichte. Das ist nicht typisch Frau, macht mich (oder andere) aber auch nicht weniger zur Frau. Das will ich auch nicht aufgeben. Andererseits gibt es eben auch viele Dinge, die ich jetzt neu für mich entdecke, und was mir gefällt nehme ich mit auf.

Vor allen äußerlich ist mir Feminität sehr wichtig. Das "ich bin eine Frau" kam ganz aus mir selbst heraus, aber es wirkt (auch auf mich selbst!) letztlich überzeugender, wenn mein Spiegelbild nicht "Typ mit Bart", sondern "hübsches Mädel" sagt.

Trotzdem würde ich natürlich keiner Frau, die lieber Holzfällerhemden als High Heels trägt und lieber derbe flucht als Liebesfilme schaut deswegen auch nur einen Funken Frau-sein absprechen.

Geschlechterrollen sind für mich kein festgelegtes Korsett das man sich anzieht, zumal es ja auch nicht jeweils DIE EINE männliche/weibliche Rolle gibt. Ich habe es für mich auf folgenden Nenner gebracht: Ich bastle mir meine ganz persönliche Interpretation von Weiblichkeit.
Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 11:11Wenn wir in einer Gesellschaft leben würden in denen es keine Geschlechterrollen gäbe und Frauen die gleiche Kleidung tragen und sich gleich verhalten würden wie Männer. Wie würde das dein Verhalten ändern?
Das ist eine sehr hypothetische Frage, also eigentlich keine Ahnung. :P

Ich schätze allerdings, dass ich dennoch rein körperlich betrachtet lieber weiblich wäre.
Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 11:11Mal eine Frage an euch beide:
Wie definiert ihr Identität (im allgemeinen) und warum glaubt ihr, es gibt eine weibliche und eine männliche Identität?
Identität ist die Art, wie sich ein Mensch in der Welt verortet, was er denkt das ihn ausmacht.

Ich glaube dass es - zumindest für manche Menschen - einen Unterschied zwischen "ich sehe mich als Frau/Mann" gibt, weil ich es hautnah erlebe. "Geschlechtsidentität" ist dafür nun mal der gängige Begriff.

Gegenfrage: Wenn du glaubst, dass es keine Geschlechtsidentität gibt (lese ich jedenfalls bei dir heraus), wie würdest du dann beschreiben was in mir vorgeht?
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!

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So wie ich das jetzt verstanden habe ist das für Nicht-Trans-Menschen schon sehr schwer zu verstehen.

Ich würde es aus dem Geschriebenem so verstehen:
Für normale Menschen gibt es diese Divergenz gar nicht, weil das psychische und körperliche Geschlecht zueinander passen und die Kombination einem das Gefühl gibt, dass alles so richtig ist. Es stellt gar kein Problem dar zu sagen, dass man geschlechtsunabhängig man selber ist, weil "das Gehirn" oder "das Gefühl" einem sagt, dass es so sein soll. Wenn die Geschlechtsidentität stimmt, macht man sich darüber einfach keine Gedanken, wie es falsch sein müsste.

Bei Transmenschen ist diese Divergenz vorhanden, und damit ein Kampf gegen sich selber, weil sie sich selbst wahrnehmen, aber eigentlich wissen, dass es nicht so sein sollte. So wird man natürlich nicht glücklich.

@Tilim
Wenn wir in einer Gesellschaft leben würden in denen es keine Geschlechterrollen gäbe
Aus diesem Ansatz heraus wäre die Antwort: es wird niemals eine Gesellschaft geben in der es keine Geschlechterrollen gibt, völlig gleichgültig woran du sie ausmachst.

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Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 11:41Gegenfrage: Wenn du glaubst, dass es keine Geschlechtsidentität gibt (lese ich jedenfalls bei dir heraus), wie würdest du dann beschreiben was in mir vorgeht?
Das hast du nicht ganz verstanden.
Meine Vorstellung von Geschlechtsidentität ist eine ganz andere als deine. Meine Identität ist mir, um es mal auf den Punkt zu bringen, extrem egal. Ich versuche nur dich zu verstehen.
Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 11:41Identität ist die Art, wie sich ein Mensch in der Welt verortet, [...]
Das finde ich sehr interessant. Meine Identität hat (soweit ich das beurteilen kann) nichts mit der Welt um mich herum zu tun. Wenn sich die Welt um mich herum verändert, bleibt meine Identität die "gleiche".

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Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 11:11 Also, du sagst, Trans sein hat gar nichts mit Geschlechterrollen zu tun? Okay, das ist schon mal neu für mich. Ich dachte Geschlechterrollen seien ein wichtiger Teil.
Jnein. Es hat nichts damit zu tun das eine Person trans ist. Aber mit Geschlechterrollen müssen sich alle auseinander setzen, egal ob trans oder cis. Für Transmenschen ist es besonders schwierig weil auf einmal viele Dinge die vorher als falsch oder sogar verboten galten auf einmal eine Option sind. Das lädt sehr zum Experimentieren ein und es dauert eine Zeit bis man heraus gefunden hat was davon zu einem passt. Und das bezieht sich nicht nur auf Kleidung, Interessen oder Machotum. Es geht auch ganz allgemein mit den neuen Erwartungen die die Gesellschaft an einen stellt zurecht zu kommen.
Ich glaube du sagst, Trans sein, hat was mit Identität zu tun. Habe ich das richtig verstanden?
Hier hapert es tatsächlich bei mir. Für mich ist und war Identität immer nur die Summe meiner Vorlieben und Eigenschaften. Ich mag A, B und C aber hasse X, Y und Z. Mir ist bewusst, dass ich in der exakten Intensität und Auswahl meiner Vorlieben auf der Erde wahrscheinlich einzigartig bin. Deshalb habe ich nie versucht ein "Label" auf meine Identität zu Kleben.
Ja. Aber du bist gerade auf einem, sehr abgewetzten, Holzweg. :wink: Die Geschlechtsidentität ist natürlich auch bei Transmenschen ein Teil der gesamten Identität. Wenn das Geschlecht alles ist was du über eine Person weißt dann weißt du nicht wirklich irgend etwas über die Person. Aber wenn ich dich als Frau sehen würde, dann würde ich nicht dich sehen sondern nur ein merkwürdiges Zerrbild. Wie bei einem Jahrmarkt-Spiegel.
Transmenschen mussten Label auf ihre Identität kleben um sie anderen mitteilen zu können.
Als ich 6 war fand ich es blöd wenn man mich als Mädchen bezeichnet hätte. Inzwischen wäre es mir egal, so wie ziemlich jede Beleidigung/ Label welches man mir an den Kopf wirft. Ich unterscheide mich in meinem verhalten von vielen anderen Menschen und auch vielen anderen Männern. Das hat allerdings noch nie eine Idenentitäskrise bei mir ausgelöst.
Ist das nicht weil deine Identität inzwischen viel gefestigter ist als mit 6? Das ist doch etwas total gesundes. Aber es ist auch etwas das viele Transmenschen nie hatten. Weil ihre Identität nie gespiegelt wurde hat sie sich nicht festigen können. Mit der Zeit können auch Transleute diese Reaktion entwickeln.
Ab welchen Punkt findet eine Trans Person heraus, dass die Trans ist? Ich höre immer wieder "Ich/ Es fühlt sich nicht richtig an".
Das ist sehr unterschiedlich. Manche Kinder tun ihre Identität kund sobald sie sprechen können. Andere brauchen ihr ganzes Leben lang um es zu erkennen. Viele bemerken erst in der Pubertät wenn sich der Körper verändert das da was falsch läuft. Häufig wird allerdings von dem Gefühl berichtet das irgendetwas falsch ist, aber das man nicht darauf kommt was es ist.
Dazu kommt auch noch die Zeit die es braucht um es zu akzeptieren, auch wenn die Antwort schon eigentlich offensichtlich ist.
Unterscheidet sich dieses "Ich bin mit meinem Weiblichen/ Männlichen Körper nicht zufrieden." vom allgemeinen "Ich bin mit meinem Körper nicht zufrieden."-Problem, welches sehr viele Menschen haben?
Es gibt Leute die ihre Nase hassen und sich diese um operieren lassen. Es gibt Menschen die lassen sich Fett absaugen oder schnippeln sich sogar selber im Gesicht rum weil sie einem bestimmten Ideal näher kommen wollen. Ist das ähnlich?
Kommt darauf an? Ehrlich gesagt empfindet das jede Person anderes. Wichtig sind eigentlich nur zwei Fragen. Ist ein klinisch relevanter Leidensdruck vorhanden und kann dieser durch Veränderungen beseitigt werden? Generell gilt das sich bei Transmenschen der Leidendruck auflöst je mehr ihre Körper der eigenen Identität entspricht. Nicht jede Transperson braucht körperliche Veränderungen und das Bild das alle chirurgische Eingriffe anstreben ist auch falsch.
Mal eine Frage an euch beide:
Wie definiert ihr Identität (im allgemeinen) und warum glaubt ihr, es gibt eine weibliche und eine männliche Identität?
Identität ist wer ich bin. Und ich glaube das eine geschlechtliche Identität existiert weil Transmenschen existieren und es ihre Erfahrungen erklärt. Die Begründung ist also im Prinzip rein klinisch. Wenn man das 'Problem Trans' so betrachtet kann man den Menschen helfen und sie können ein gesundes Selbst entwickeln und ein 'normales' Leben führen. Alle anderen Ansätze haben bislang dazu geführt das man nichts versteht und anderen weh tut.

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Thargunitoth hat geschrieben: 02.08.2017 12:07Ich würde es aus dem Geschriebenem so verstehen:
Für normale Menschen gibt es diese Divergenz gar nicht, weil das psychische und körperliche Geschlecht zueinander passen und die Kombination einem das Gefühl gibt, dass alles so richtig ist. Es stellt gar kein Problem dar zu sagen, dass man geschlechtsunabhängig man selber ist, weil "das Gehirn" oder "das Gefühl" einem sagt, dass es so sein soll. Wenn die Geschlechtsidentität stimmt, macht man sich darüber einfach keine Gedanken, wie es falsch sein müsste.
Ich glaube, das trifft es ganz gut.
Bei Transmenschen ist diese Divergenz vorhanden, und damit ein Kampf gegen sich selber, weil sie sich selbst wahrnehmen, aber eigentlich wissen, dass es nicht so sein sollte. So wird man natürlich nicht glücklich.
Oh, man kann glücklich werden wenn man sich selbst so akzeptiert. :)

Selbst wenn es eine einfache Zauberpille gäbe, die diese innere Divergenz nebenwirkungsfrei abstellen könnte, würde ich sie nicht haben wollen. Ich finde es nämlich sehr schön Frau zu sein, viel schöner als ich für mich persönlich das Mann-sein erlebt habe. Wäre ich vor 50 Jahren geboren worden, oder hätte ich einen deutlich maskulineren Körper, sähe die Antwort vermutlich anders aus...

Hätte sich mir nie die Frage gestellt, ob ich mich als Mann wohl fühle, hätte ich auch nie einen Weg eingeschlagen, den ich - bei allen Schwierigkeiten - als sehr erfüllend empfinde.
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!

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Madalena
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'Gender'-Diskussion

Ungelesener Beitrag von Madalena »

Tilim hat geschrieben: 02.08.2017 12:18
Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 11:41Gegenfrage: Wenn du glaubst, dass es keine Geschlechtsidentität gibt (lese ich jedenfalls bei dir heraus), wie würdest du dann beschreiben was in mir vorgeht?
Das hast du nicht ganz verstanden.
Meine Vorstellung von Geschlechtsidentität ist eine ganz andere als deine. Meine Identität ist mir, um es mal auf den Punkt zu bringen, extrem egal. Ich versuche nur dich zu verstehen.
Madalena hat geschrieben: 02.08.2017 11:41Identität ist die Art, wie sich ein Mensch in der Welt verortet, [...]
Das finde ich sehr interessant. Meine Identität hat (soweit ich das beurteilen kann) nichts mit der Welt um mich herum zu tun. Wenn sich die Welt um mich herum verändert, bleibt meine Identität die "gleiche".
Ich glaube, als soziales Wesen versucht der Mensch immer auch, sich selbst irgendwie in Bezug zu seinen Mitmenschen zu setzen. Man vergleicht, und findet "Gruppen". Diese Gruppen können sehr exklusiv oder sogar feindselig gezogen werden (Nationalismus, Sexismus, Fundamentalismus etc.), oder eher offen und respektvoll, und die Übergänge sind oft fließend. Trotzdem verbindet man ja meist zumindest ein ungefähres Bild. Wenn ich erfahre dass jemand ein Flüchtling aus Syrien ist, vermute ich erstmal dass er Kriegsgräuel erlebt hat, halte es jedenfalls für deutlich wahrscheinlicher als bei den meisten anderen. Wenn ich weiß dass jemand regelmäßiger Kirchgänger ist nehme ich natürlich an, dass er sich viel mit Glauben und Religion befasst. Usw...

Diese Gruppen können auch eine gewisse Verbundenheit erzeugen, gemeinsame Gesprächsthemen generieren (es hat sicher jeder schon mal erlebt, dass ein paar Lehrer, oder ein paar frisch gebackene Mütter, ihre ganz eigene Gesprächsdynamik entwickeln wenn sie unter sich sind). Es kann auch Solidarität stiften. Auf diese Weise identifiziere ich mich sozial gesehen schon als Frau, und werde wohl auch zunehmend selbst so gesehen ("weil ich weiß, dass du bestimmte typisch weibliche Erfahrungen machst, oder noch machen wirst") - was natürlich nicht heißt, dass die vorangegangene männliche Sozialisierung dadurch komplett überschrieben wird. All das prägt mich.

Insofern finde ich schon, dass es eine soziale Identität als Mann oder Frau gibt, die natürlich individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. In meinem Fall ist die Identität als Frau halt in meiner jetzigen Lebensphase etwas, womit ich mich intensiv auseinander setze.

Wobei diese sozialen Faktoren nur ein Teil sind, es kommt eben noch die körperliche Seite hinzu.

Eigentlich mache ich mir aber auch keine riesengroße Mühe, meine Identität zu definieren - wie oben schon gesagt habe ich das Definieren zunehmend als müßig und anstrengend gefunden. Letztlich ist es eine rein subjektive Gefühlssache, die ich lieber einfach auf mich zukommen lasse als sie zu analysieren.
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