Chancen(-un-)gleichheit

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Gubblinus
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Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Chancenungleichheit, das Glück oder Unglück der Geburt.

Das Problem ist ja nicht wenn sich jemand etwas für sich selbst leisten kann (was er sich zum Beispiel selbst erarbeitet hat). Sondern zum Problem wirds (meiner Meinung nach) dann, wenn gewisse Dinge (wie zum Beispiel Qualität der Bildung und Ausbildung) zu sehr vom Glück der Geburt abhängt.
Da startet dann der eine mit einem riesen Paket an Nachteilen schon mal ins Leben, obwohl er nichts dafür kann. Das mag dem der keine Gefahr läuft dass das ihn, oder seine Kinder/Enkelkinder je als Nachteil trifft egal sein.
Ist aber die alte Debatte zwischen rechts und links, zwischen Chancengleichheit und Ungleichheit. Die einen finden Chancengleichheit erstrebenswert , die anderen finden das unnötigen Mumpitz. Ich gehör halt zu den ersteren (und meiner Meinung nach gehört Leistungsgesellschaft und Chancengleichheit in einen Topf, auch wenn die 2 Begriffe aktuell von 2 unterschiedlichen Politischen Lagern befeuert werden. Individuelle Leistung soll belohnt werden, und eben nicht das Glück der Geburt. Zumindest meiner Meinung nach).

(hat aber jetzt nicht direkt was mit Gated Communities zu tun, außer dass man natürlich dort eher als Kind bis Jugendlicher mehr Beziehungen knüpft die einem Jobchancen verbessern, als in anderen Gegenden. Hat eher etwas mit Privatschulen, und der parallel dazu meist betriebenen Aushungerung der öffentlichen Schulen zu tun).

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sagista
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Re: Trump - jetzt gehts los

Ungelesener Beitrag von sagista »

Als Vater würde ich für mein Kind die bestmögliche Ausbildung anstreben. Wenn ich nun der Meinung bin, dass dies eher auf einer Privatschule verwirklicht werden kann und ich mir das leisten kann, mein Kind dorthin zu schicken, und das Kind die Voraussetzungen erfüllt, warum sollte ich das nicht tun? Weil mein Kind das Glück hat, als mein Kind geboren zu sein und andere Kinder das Pech, nicht als mein Kind geboren zu sein, soll ich meinem Kind nun diese bestmögliche Ausbildung verwehren? Das halte ich für Unsinn. Die individuelle Leistung, die Privatschule zu schaffen, muss mein Kind dann schon noch erbringen. Ich würde meinem Kind ja auch nicht den Zugriff auf meine Bücher verwehren, nur weil es viele Kinder gibt, die bedauerlicherweise in einem Haushalt ohne Bücher aufwachsen müssen. Das hat jetzt auch nur begrenzt etwas mit Chancengleichheit zu tun, da ich es für völlig abwegig halte, meinem Kind etwas aus dem Grunde zu verwehren, weil sich andere das nicht leisten können, obwohl ich mir das leisten kann.

@ GrisGris: Magst mir eine Zusammenfassung geben? Irgendwie habe ich keine Lust, mir das ganze Video anzusehen, nur um dann zu erraten, was du meinen könntest.

Teferi
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Re: Trump - jetzt gehts los

Ungelesener Beitrag von Teferi »

Gubblinus hat geschrieben:Chancenungleichheit, das Glück oder Unglück der Geburt.

Das Problem ist ja nicht wenn sich jemand etwas für sich selbst leisten kann (was er sich zum Beispiel selbst erarbeitet hat). Sondern zum Problem wirds (meiner Meinung nach) dann, wenn gewisse Dinge (wie zum Beispiel Qualität der Bildung und Ausbildung) zu sehr vom Glück der Geburt abhängt.
Da startet dann der eine mit einem riesen Paket an Nachteilen schon mal ins Leben, obwohl er nichts dafür kann. Das mag dem der keine Gefahr läuft dass das ihn, oder seine Kinder/Enkelkinder je als Nachteil trifft egal sein.
Ist aber die alte Debatte zwischen rechts und links, zwischen Chancengleichheit und Ungleichheit. Die einen finden Chancengleichheit erstrebenswert , die anderen finden das unnötigen Mumpitz. Ich gehör halt zu den ersteren (und meiner Meinung nach gehört Leistungsgesellschaft und Chancengleichheit in einen Topf, auch wenn die 2 Begriffe aktuell von 2 unterschiedlichen Politischen Lagern befeuert werden. Individuelle Leistung soll belohnt werden, und eben nicht das Glück der Geburt. Zumindest meiner Meinung nach).

(hat aber jetzt nicht direkt was mit Gated Communities zu tun, außer dass man natürlich dort eher als Kind bis Jugendlicher mehr Beziehungen knüpft die einem Jobchancen verbessern, als in anderen Gegenden. Hat eher etwas mit Privatschulen, und der parallel dazu meist betriebenen Aushungerung der öffentlichen Schulen zu tun).
Hey! Ich will hier die nach oben größer werdenden Steuern erwähnen, aber vor allem zwei Dinge hervorheben:

1) Falls das Staatliche Schulsystem eklatant schlechter ist als private Schulen, dann hat der Staat seinen Bildungsauftrag verfehlt, verstößt gegen die Gerechtigkeit im Einzelfall welche bei uns ja auch im GG verankert ist, und dehnt die Schere zwischen Arm und Reich weiter.
> Bildung sollte: Niemals Eklatant Ungerecht verteilt sein aufgrund von Geburt oder Herkunft.

2) Es gibt noch etwas wichtiges zu bedenken: Nur weil jemand "reiche Eltern" hat, ist dies kein Garant dafür, dass einer davon auch stark profitiert. Viele Kinder aus dem Gehobenen Mittelstand stehen vor dem Problem, eine anstrengendere Studienzeitzu haben als solche Kinder aus minderprivilegierten Familien, u.a. vielleicht wegen:
?? andersartigem Leistungsdruck von Familienseite
?? fehlender Unterstützung von Seiten des Elternhauses
> Bildungsförderung sollte: Niemals Eklatant Ungerecht verteil sein aufgrund von Geburt oder Herkunft.
>> -> ! Das bedeutet aber auch, dass es prinzipiell Ungerecht ist, besserverdienende Eltern höher zu besteuern als minderverdienende Eltern, gleichzeitig aber de-facto den Kindern von besserverdienenden Eltern viel Förderung welche den Kindern von schlechter verdienenden Eltern offensteht zu versagen.
(( bspw: Einer kommt aus wohlhabendem Elternhaus und qualifiziert sich deshalb nicht für staatliche Unterstützung. Dann lautet seine de-facto Option: Radikaler Bruch mit dem Elternhaus, im Zweifel Klage gegen die Eltern mit dem Bafögamt als Vermittler und Klageführer. )),

[[ unter anderem deshalb Deshalb bin ich Freund eines Bedingungslosen Grundeinkommens. ]]

.
Es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, den man nicht ausser Acht lassen sollte.
Vorerstgeschoben: Die Segregation unserer Kinder läuft schon. "Deutsche" Eltern suchen kirchengestützte Kindergärten und Schulen, weil sie die Bildungsschancen ihrer Kinder nicht verbauen wollen. In Wiesbaden wird dann konsequent ein Flüchtlingsheim so in Schulbezirke gesetzt und eine Schule hinein, dass Eltern gezwungen wären ihre "Deutschen" Kinder dahinzuschicken (wo sie offensichtlich schlechtere Bildungsaussichten haben ) --> Was dann den erstgenannten Schritt ( verstärkte Unternehmung Kinder in nicht- oder teil-öffentlichen Schulen unterzubringen ) nur verschärft.

Chancengleichheit "für alle" und unter allen Bedingungen,
sowie eine Wettbewerbsorientierte Leistungs- und Bildungsgesellschaft,
Genauso wie ein Generationenvertrag schließen sich fast prinzipiell aus,
das will ich anhand eines nationalistischen Arguments zeigen ( welches ich mir aber ausdrücklich und nicht ganz zu eigen mache - weil es eben neben diesem Argument noch viele weitere Punkte gibt die man immer beachten muss, egal ob in Bildungs- Flüchtlings-, Wirtschafts-, oder Aussen-Politik. ):
> 1) Die Linke sagt gerne dinge die in etwa so lauten: " Kein Mensch hat prinzipiell ein besonderes größeres Anrecht darauf an einem bestimmten Fleckchen Erde zuleben, als ein beliebiger anderer Mensch ", und damit bin ich prinzipiell einverstanden: Es ist nicht mein Recht, welches vorang hat vor dem Recht von irgendjemand anderem, in Deutschland leben zu dürfen.
> 2) Es ist jemand anderes Recht, welches bedeutet, dass Ich vorrang haben sollte in Deutschland leben zu dürfen und die Vorzüge diesen Landes und unserer Kultur zu genießen. Und zwar ist dies das Recht am einfachsten formuliert jenes meiner Eltern und derer Eltern sowie derer Eltern. Meine Urgroßeltern, meine Großeltern, meine Eltern haben nicht deshalb (oder: dafür) gearbeitet, damit Mustafa aus Anatolien ein gutes Leben in Deutschland genießen kann. Der Biologische Imperativ diktiert klar: Eltern haben ein intrinsisches Interesse daran, das Leben ihrer Kinder bestmöglich zu gestalten. Meine Urgroßeltern haben hart gearbeitet, damit meine Großeltern und all deren Nachfahren ein gutes Leben in Deutschland haben können. Und meine Eltern schließlich dafür, damit dasselbe für ihre Kindergeneration gilt.
> 3) Falls jeder das Recht hat sich aus eigenem Fleiß heraufzuarbeiten um dem Biologischen Imperativ (Sorge um Kinder und Nachfahren) gerecht werden zu können, dann haben Andere Eltern prinzipiell keinen Anspruch darauf, von den Früchten der Arbeit Dritter zugunsten ihres eigenen Kindes zu profitieren.

Wenn eine Regierung einen Schulbezirk so zieht, und eine Schule mitten in ein Flüchtlingsheim setzt, dann ist das - ganz banal heruntergebrochen - Verrat am Deutschen Volk, von welchem Schaden abzuwehren ist. Gleichzeitig: Auch Flüchtlingskinder haben einen Anspruch darauf, eine anständige Schulbildung zu genießen die qualitativ vergleichbar sein muss mit derjenigen Schulbildung, welche "deutsche" Kinder genießen dürfen. ( Gerechtigkeit im Einzelfall, Menschenwürde, Chancengleichheit, aber auch als rein christlicher Wert formuliert: Man sollte die Söhne nicht für die Sünden der Eltern sühnen lassen. )

.
Deshalb: Stehe ich bspw dem Zentralabitur auf Arabisch sehr zwiegespalten gegenüber, welches wohl in Hessen vielleicht schon dieses Jahr kommen soll. ( Zwangsläufig: Wie sonst will man (rein praktisch) hunderttausende von "minderjährigen" Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bringen und ihnen überhaupt eine Chance geben? ), denn einerseits haben diese Kids ein Recht darauf, einen Schulabschluss bekommen zu können und dann einen weiteren Bildungsweg oder eine Ausbildung wahrzunehmen.
Andererseits: Zentralabitur auf Arabisch ist die de-facto Kür der Parallelgesellschaft. Kids die arabisches Zentralabi machen gehen danach in Unternehmen und Betriebe die vornehmlich arabisch sprechen, bewegen sich nur noch mehr ( NOCH VIEL MEHR als die sowieso schon minderprivilegierte Migrantenschicht welche seit 30 Jahren marginalisiert wird durch die schändliche Deutsche Politik! ) in bestimmten Umfeldern welche eine Integration verschlimmern.

Ausserdem: Werden diese Kinder uns hassen. Und sie werden jedes Recht dazu haben. Oben schribe ich schonmal von meiner Sympathie für den durchschnittlich 4 oder 5 Jahre auf Arbeitserlaubnis wartenden Asylanten. Der wird Frust haben, und zu Recht, wenn er mit dem Wohlstand im Rest der Gesellschaft konfrontiert wird. Die Kinder jener Asylanten aber, die jetzt hier in Deutschland vermehrt auch in den letzten paar Jahren aufgeschlagen sind, die werden nicht von irgendwoanders hergekommen sein. Deren Perspektive lautet vornehmlich:
> Ich bin hier
> Andere Kinder machen... daaaaas alles was ihnen Spaß macht
> Andere kinder haben... aaaaall diese Chancen für ihr Leben
> Und ich hatte eine scheißschule in einem Flüchtlingsheim
> Und ich hatte keine Chance anständig Deutsch zu lernen weil ich ausgegrenzt und de-facto Ghettoisiert wurde
> Und ich habe kein anderes Umfeld als jenes arabischsprachige Umfeld welches Frustration mit der Lebensrealität und Ungleichheit in Deutschland hat.
> EIN GLÜCK kann mir der Prediger aus der Moschee nebenan einen Koranverein empfehlen in welchem ich mich besser fühlen kann
> ...
> ???
> ALLAHU AKBAR

Und es gibt niemanden den wir ( "Deutsche" ) Dafür werden verantwortlich machen können,
ausser uns selbst,
weil wir als Gesellschaft 30 Jahre später immernochnichts aus den Problemen von Gastarbeiterintegration oder Kindern aus de-facto Parallelgesellschaften gelernt haben,
weil wir als Gesellschaft als beste Lösung für knapp 2mio Flüchtlingen in gut 2 Jahren keine bessere Idee haben, als sie weiter auszugrenzen ( mit arabischem Zentralabitur ).

:(

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sagista
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Re: Trump - jetzt gehts los

Ungelesener Beitrag von sagista »

Nur ganz kurz zwei bis drei Punkte:
Teferi hat geschrieben:> 1) Die Linke sagt gerne dinge die in etwa so lauten: " Kein Mensch hat prinzipiell ein besonderes größeres Anrecht darauf an einem bestimmten Fleckchen Erde zuleben, als ein beliebiger anderer Mensch ", und damit bin ich prinzipiell einverstanden: Es ist nicht mein Recht, welches vorang hat vor dem Recht von irgendjemand anderem, in Deutschland leben zu dürfen.
Die von dir zitierte Aussage ist aber Blödsinn. Ich weiß, dass die Linken damit den Nationalismus und das Zusammengehörigkeitsgefühl durch Abgrenzung überwinden wollen, was ja per se nichts schlechtes ist. Trotzdem ist Blödsinn oder, um es freundlicher auszudrücken, ein schöner Traum. Allein wenn man weiß, dass sich ein Staat u. a. über das Staatsvolk definiert, erkennt man die Abwegigkeit dieses Gedankens. Die dahinter stehende Parolen "Kein Mensch ist illegal" oder "Bleiberecht für alle" würde bei konsequenter Anwendung zum vollständigen Zusammenbruch des Staates führen.
Teferi hat geschrieben:Deshalb: Stehe ich bspw dem Zentralabitur auf Arabisch sehr zwiegespalten gegenüber, welches wohl in Hessen vielleicht schon dieses Jahr kommen soll. ( Zwangsläufig: Wie sonst will man (rein praktisch) hunderttausende von "minderjährigen" Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bringen und ihnen überhaupt eine Chance geben? ), denn einerseits haben diese Kids ein Recht darauf, einen Schulabschluss bekommen zu können und dann einen weiteren Bildungsweg oder eine Ausbildung wahrzunehmen.
Man muss sich entscheiden, wo die Reise hingehen soll. Gehen die Leute nach dem Krieg zurück in die Heimat, dann wäre ein Abitur auf Arabisch in Ordnung und würde eine Starthilfe in das aufzubauende Land darstellen. Werden sie dauerhaft hierbleiben, wäre das Abitur auf Arabisch kontraproduktiv.
Teferi hat geschrieben:Ausserdem: Werden diese Kinder uns hassen. Und sie werden jedes Recht dazu haben.
Nein, habe sie nicht und werden sie nicht haben!
Es gibt Leute, die den Flüchtlingen sagen oder zeigen, dass sie quasi das Recht hätten auszurasten, wenn ihnen nicht jeder Wunsch erfüllt wird. Das ist komplett hirnrissig. Das bisweilen kritisierte Anspruchsdenken der Flüchtlinge resultiert vorrangig daraus. Ich verlange kein devotes kriecherisches und ewig dankbares Verhalten der Flüchtlinge, aber Verständnis, dass es länger dauern wird. Wer sich in radikale Kreise begibt, der zeigt, dass er hier nichts zu suchen hat. Den Zwang vieler Deutscher, die Schuld zunächst bei sich zu suchen, kann ich nicht verstehen.

Aber so rutschen wir hier eher in den Flüchtingsthread weiter unten. Hier ist Trump das Thema ;-)

Die USA haben nun einen neuen Außenminister. Schaun wir mal, ob er seinen Chef im Zaum halten wird.

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Gubblinus
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Re: Trump - jetzt gehts los

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

sagista hat geschrieben:Als Vater würde ich für mein Kind die bestmögliche Ausbildung anstreben.
Das ist aus individueller Sicht absolut verständlich, und in dem heutigen System auch absolut nachvollziehbar.
Wenn man allerdings aus Systemsicht an die Sache herangeht, wäre die Lösung Privatschulen einfach prinzipiell zu verbieten, und mit dem Geld das bisher in die Privatschulen geflossen ist, den öffentlichen Sektor aufzufetten.

Ich würde nie verlangen dass man für seine Kinder eine schlechtere als die beste Option die es gibt will. Das wäre auch Unsinn. Aber gleichzeitig kann man sich ja trotzdem Gedanken über Fairness des Systems machen.
Meine Frau zum Beispiel hat eine Kranken-Zusatzversicherung, ich persönlich gehe hin und wieder zum Wahlarzt. Weil das die Optionen sind die das System mir bietet. Trotzdem fordere ich politisch die Abschaffung von Wahlärzten, und die Bündelung der Gelder die bis jetzt in die Wahlärzte geflossen sind, und deren Umleitung in die Kassenärzte.
Ich finde das keinen Widerspruch, eine politische Forderung aufzustellen, und trotzdem die Mehrheitsentscheidung (Demokratie eben) zu akzeptieren und in dem bestehenden System den Weg zu gehen den man für am besten hält, selbst wenn man das System am liebsten grundlegend ändern würde.

Eine komplette Chancengleichheit ist nur herstellbar indem die Kinder ab Geburt nicht von den Eltern betreut werden. Das will niemand, das soll auch nicht so sein. Jeder Linke sollte wissen dass das ein unrealistisches Ideal ist. Was aber nicht heißt dass man nicht dort, wo Chancenungleichheit verhinderbar ist, man dies auch tun sollte.

@Teferi: Bei manchen anderen Argumenten bin ich schlicht nicht deiner Meinung.
- Der Staat kann nicht besser sein als Privatschulen wenn er wie in Österreich die Lehrer von religiösen Schulen bezahlt, aber im Gegensatz zu Privatschulen keine zusätzlichen Gebühren einheben darf. (das ist strukturell so dass Privatschulen mehr Geld haben)
- Kinder "reicher" Eltern haben es signifikant besser im Leben. Zumindest spricht da die Statistik eine sehr deutliche Sprache: Geringere Chance auf Armut und Alkoholismus, höhere Lebenserwartung, höheres durchschnittliches Einkommen etc etc.
- Warum sollte es ungerecht sein besserverdienende Eltern höher zu besteuern wenn dieses besserverdienen statistisch nicht nur an ihnen liegt, sondern an ihren Eltern (also nur teilweise persönliche Leistung beinhaltet). Die Steuer ist dann eben dazu gedacht Ungerechtigkeiten des Systems im Nachhinein teilweise auszugleichen. (mal abgesehen von der sozialen Notwendigkeit niemanden verhungern zu lassen ...)
- Du bringst ein "Generationenrecht" in ein "Individualrecht" (Anrecht eines Individuums auf etwas begründet mit vorherigen Generationen, dessen Leistung du für dich beanspruchst, ohne selbst Leistung erbracht zu haben, um Begünstigungen zu rechtfertigen). Es ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, weil durchaus viele Menschen für die Kinder leben, und nicht für sich selbst. Und das ist biologisch so, gehört so, und muss oder sollte man nicht abstellen. Allerdings ist hier zwischen den Extrempositionen (Kinder den Eltern wegnehmen, staatlich erziehen, jeder kriegt 10.000€ wenn er 18 ist auf der einen Seite, und eben der Generationenbegründung für Begünstigungen die systematisch sind) ein Mittelweg zu finden.
- Verrat am deutschen Volk? Wenn man annimmt dass zugezogene Menschen hier bleiben ist Integration natürlich Dienst am Volk (weil es zukünftige Probleme verhindert). Über die Maßnahmen die gesetzt werden zur Integration, darüber muss man natürlich diskutieren, weil viele davon einfach ineffektiv sind.

Leider gibts wirklich wenig was gelernt wurde von früheren Migrationen, da ich allerdings selbst auch keine Lösung weiß, also die Lösung (für mich zumindest) nicht auf der Hand liegt, bin ich schon lange dafür daraus einen Forschungsbereich zu machen und diesen mit Geldern zu versorgen.

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BenjaminK
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

@Gubblinus #1 - Wahlärztenutzung
Ich finde nicht, dass man, wenn man wirklich von etwas überzeugt ist, den anderen Weg geht weil der gerade erlaubt ist. Wenn du persönlich der Meinung bist, dass Geld, was in Wahlärzte fließt (also Patienten dafür bezahlen dort eine Konsultation zu bekommen, bzw. Verrechnungen stattfinden und solche zusätzlichen Ärzte vorgehalten werden) lieber in Kassenärzte fließen sollte, dann darfst du kein Geld in Wahlärzte fließen lassen, nur weil es gerade erlaubt ist.

@Gubblinus #2 - Steuer als nachträglicher Ungerechtigkeitsausgleich
Ich finde die Formulierung wirklich komisch. Immerhin ist eine prozentuale Steuer erst einmal eine Solidarisierung. Wer viel Geld bekommt, zahlt viel vom Staatshaushalt. Und wenn die vorhergegangenen Generationen schon viel Geld bekommen haben, dann haben sie auch schon viel Geld vom Staatshaushalt bezahlt in der Vergangenheit. Im Grunde bedeutet das, dass die ungleiche Steuer die Ungerechtigkeit ist, weil der Nutzen vom Staatshaushalt wahrscheinlich niedriger ausfällt.

Das führt zu der philosophischen Frage nach dem, was überhaupt "Gerechtigkeit" bedeutet. Gerecht kann es sein, wenn gleiche Arbeit gleich bezahlt wird, aber gerecht kann es auch sein, wenn unterschiedliche Arbeit unterschiedlich bezahlt wird. Wer mehr oder tüchtiger arbeitet als sein Nachbar, der kann gerechterweise mehr bekommen, als sein Nachbar. Und dann wiederum lässt sich wohl kaum von einem Ausgleich der Ungerechtigkeit reden, wenn er doch gerechterweise mehr bekommt.

@Teferi - Verrat am deutschen Volk
Mmmh. Wie weit willst du das denn immer zurück betrachten? Es war die Leistung meiner Urgroßeltern? Aber sie haben es nicht alleine vollbracht. Da waren noch andere Urgroßeltern im Spiel. Und Gastarbeiter haben gewerkelt. Und ausländische Politiker haben über (den Ausfall von) Reparationszahlungen diskutiert. Und irgendwann noch weiter davor wurden einfach Völker zusammen geschlossen und aus einem HRR wurde auf einmal ein großes Land. Und da gab es auch noch so eine Völkerwanderung etc.
Und die Früchte der Arbeit generationsweise als Exklusivrecht zu sehen ist interessant. Ich glaube, viele unserer heute geernteten Früchte sind am PC entstanden. Aber wir sind doch gar keine direkten nachfahren von Bill Gates? Das Spiel kann man weiter treiben, aber unterm Strich steht immer eine Durchmischung von Völkern und Früchten im makroskopischen Sinne.
Wenn man es konsequent weiter spinnt, müsste dann sämtliches Staatskonstrukt zerfallen und bis auf Familien zerbröseln. Der Pfälzer wirft dem Brandenburger vor, die Früchte der Pfälzer Urgroßeltern zu ernten, selbst die Wahl des Stadtteils kann dann irgendwann Ernte fremder Früchte sein. Albern irgendwie.
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

@#1: Warum ? Verstehe ich wirklich nicht. Das eine ist eine politische Forderung, die ich nur umsetzen kann wenn das ganze staatlich geschieht (könnte ich das alleine umsetzen, würde ich es tun). Wenn die Allgemeinheit das nicht will, dann habe ich das neue System zu akzeptieren, und mich in diesem zu arrangieren. Das tue ich nach den sich mir bietenden Möglichkeiten.
Deswegen muss ich ja noch nicht meine politische Forderung aufgeben?
Wenn ich fordern würde niemand soll mehr zum Wahlarzt gehen (ohne Systemänderung) dann wäre es heuchlerisch. Weil ich dann etwas fordere, was ich selbst tun könnte, es aber nicht tue. Ich will aber eine erhöhte Sozialabgabe die dann in das Kassenarztsystem fließt, parallel zur Abschaffung der Wahlärzte.
Im jetzigen System entlaste ich ja das (sowieso unterfinanzierte) Kassensystem wenn ich zum Wahlarzt geh.

Wenn ich zum Beispiel gegen den verpflichtenden Wehrdienst bin ist es noch lange nicht heuchlerisch wenn ich nicht Wehrdienstverweigerung betreibe.
Man arrangiert sich in dem System das demokratisch entstanden ist bestmöglich.

@#2: 1. kann man für sich ja nichts beanspruchen was die Generation vor einem geleistet hat. Und 2. zeigt die Statistik (auf die Gesellschaft bezogen, nicht auf das Individuum) dass eben ein Teil des Mehrverdienstes der Bevölkerungsgruppe die mehr verdient nicht auf individueller Leistung, sondern struktureller Bevorzugung basiert. Das ist Geld dass einem nach dem individuellen Leistungsprinzip (was ja eigentlich ein traditionell rechter Begriff ist) "nicht zusteht".
Wenn du sagt "gleiche Arbeit soll gleich bezahlt werden" aber dann als Gegenbeispiel an Beispiel nennst wo Menschen unterschiedlich arbeiten, dann ist das inkonsistent. Natürlich soll man für gleiche Arbeit, das gleiche Geld bekommen. Und natürlich soll jemand der mehr arbeitet (weil er eben nicht das gleiche arbeitet) mehr bekommen.
Ich sehe da keinen Widerspruch, das ist beides genau das gleiche.

Natürlich gibts da Probleme in der Feinabstimmung die schwer zu beurteilen sind (arbeitet jetzt jemand wirklich 50% mehr, oder nicht), aber es gibt auch Extrembeispiele die klar zu beurteilen sind (ich glaube nicht dass es irgendwen auf Gottes Erden gibt der 20 mal mehr arbeiten kann als der Durchschnittsbürger).

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Denderan Marajain
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Gubblinus hat geschrieben:Chancenungleichheit, das Glück oder Unglück der Geburt.

Das Problem ist ja nicht wenn sich jemand etwas für sich selbst leisten kann (was er sich zum Beispiel selbst erarbeitet hat). Sondern zum Problem wirds (meiner Meinung nach) dann, wenn gewisse Dinge (wie zum Beispiel Qualität der Bildung und Ausbildung) zu sehr vom Glück der Geburt abhängt.
Da startet dann der eine mit einem riesen Paket an Nachteilen schon mal ins Leben, obwohl er nichts dafür kann. Das mag dem der keine Gefahr läuft dass das ihn, oder seine Kinder/Enkelkinder je als Nachteil trifft egal sein.
Ist aber die alte Debatte zwischen rechts und links, zwischen Chancengleichheit und Ungleichheit. Die einen finden Chancengleichheit erstrebenswert , die anderen finden das unnötigen Mumpitz. Ich gehör halt zu den ersteren (und meiner Meinung nach gehört Leistungsgesellschaft und Chancengleichheit in einen Topf, auch wenn die 2 Begriffe aktuell von 2 unterschiedlichen Politischen Lagern befeuert werden. Individuelle Leistung soll belohnt werden, und eben nicht das Glück der Geburt. Zumindest meiner Meinung nach).

Ich persönlich halte die Meinung, dass es keine Chancengleichheit gibt für einen Blödsinn (ja so hart muss ich das formulieren)

1. Ich war der erste meiner Familie mit Matura und Studium. Meine Familie würde ich zwar nicht als Bildungsfern bezeichnen aber Bildungsnah ebenfalls nicht

2. Meine Frau war die erste Ihrer Familie mit Matura und Studium. Vater ist Beamter (in 1 Monat Ruhegenuss) und Mutter Verkäuferin. Auch dort wurde Bildung nicht großgeschrieben

Die beiden Punkte kenne ich auch aus meinem Freundes und Bekanntenkreis. Die Anzahl derer wo die Eltern Akademiker waren sind sehr gering.

-> Es kommt heute sehr wohl auf die individuelle Leistung an was Bildung angeht (wenigstens dort noch im Berufsleben kommt dann leider die Ernüchterung)

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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

@Gubblinus
Ich kenne euer Kassen-/Wahlarztsystem nicht, das muss ich zugeben. Deswegen hab ich versucht, das ganze etwas abstrakter zu halten. Wenn du dein Geld nimmst, dann zu einem Arzt gehst, ihn bezahlst, damit du nicht zum Kassenarzt gehen musst, weil das System unterfinanziert ist, dann kannst du doch auch gleich zum Kassenarzt gehen und ihn privat bezahlen? Ich finde einfach, es hat wenig mit Demokratie zu tun, wenn 49% etwas kritisieren und eine Änderung fordern, aber trotzdem weiterhin das gleiche machen, wie die anderen 51%. Böse Zungen unterstellen dann schnell, dass das nur moralische Überlegenheit suggerieren soll und die 49% inständig hoffen, dass nicht noch 2% Befürworter der Idee dazu kommen, weil sie dann tatsächlich ihre Tätigkeit ändern oder Privilegien abgeben müssten.

Wer eine gesetzliche Forderung zur Stärkung des Einzelhändlers absetzt, und danach bei Großhändlern oder Amazon bestellt und damit dem Einzelhändler schadet, der verhält sich inkonsistent. Sein Verhalten so gestalten, wie man es von anderen (zB der Gesellschaft durch Gesetze) fordert, ist nicht inkonsistent. Solange es erlaubt ist, es anders zu machen, trotzdem das kritisierte Verhalten an den Tag legen finde ich da eher inkonsistent.

Und, ähnlich wie Denderan Marajain, komme ich aus einer Familie von Nicht-Akademikern. In meiner Ahnenreihe blicke ich auf Busfahrer, Steuerfachgehilfen, Mechaniker, Straßenbahnfahrern und ich bin der erste mit Abitur und Studium. Ich blicke also nicht auf eine systemische Vorzugsbehandlung zurück und dennoch soll ich gerechterweise nachträglich für diese Vorzugsbehandlung zur Kasse gebeten werden? Ich zahle bereits jetzt als Young professional mehr Steuern als meine Eltern zusammen auf dem Zenit ihrer Arbeitsjahre. Wo ist das denn ein Ausgleich einer Ungerechtigkeit?

Bleiben wir bei den statistisch bevorzugten Besserverdienern. Die vorhergehende Generation hat ihren Gewinn gemacht, hat ihn versteuert (also solidarisch mit der Gesellschaft geteilt) und dann der jüngeren Generation vermacht, die damit dann ebenfalls zu Besserverdienern geworden ist, ihren Gewinn versteuert (also solidarisch mit der Gesellschaft teilt). Wo ist da der Ausgleich einer Ungerechtigkeit? Dass die vorhergehende Generation das, was beim Teilen mit der Gesellschaft übrig blieb, nicht auch noch an die Gesellschaft gegeben hat, sondern nur die eigene Nachfolgegeneration? Das hat nichts mit Ungerechtigkeit zu tun. Oder ist es die Ungerechtigkeit, dass die Nachfolgegeneration mit der Starthilfe jetzt mehr hat, was sie mit der Gesellschaft teilen muss?

Gleiche Arbeit, gleiches Geld kann vielerlei Bedeutungen haben. 40 Wochenstunden sind die gleichen 40 Wochenstunden, also sollten alle mit 40 Wochenstunden das gleiche Geld bekommen (Input-Gedanken)? Oder sind 40 Stunden, in denen 120 Vorfälle bearbeitet werden, die gleichen 120 bearbeiteten Vorfälle auch in 30 Stunden (Output-Gedanken)? Und ist eine Tätigkeit, die vielen Millionen Menschen eine schöne, aber kurze Zeit bringt (Musik-Idol), mehr wert, als eine Tätigkeit, die wenigen Menschen eine kurze, schöne Zeit bringt (Parkraumüberwachung...)? Und eine Tätigkeit, die wenigen Menschen nur eine verbesserte Lebensqualität bringt, dafür aber dann beinahe ein ganzes Leben lang (Arzt)? Ich finde diese Fragen wirklich schon philosophisch wenn dazu noch die Frage nach der Gerechtigkeit gestellt wird.
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

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Denderan Marajain hat geschrieben:Ich persönlich halte die Meinung, dass es keine Chancengleichheit gibt für einen Blödsinn (ja so hart muss ich das formulieren)
Die Statistik widerspricht dir schlicht. Ansonsten wäre unsere sozio-ökonomische Mobilität höher. Und sie ist gerade in den Ländern (zB USA) wo die Umverteilung und die Staatlichkeit der Ausbildung zurückgedrängt ist, noch schlechter.
Wenn du dein Geld nimmst, dann zu einem Arzt gehst, ihn bezahlst, damit du nicht zum Kassenarzt gehen musst, weil das System unterfinanziert ist, dann kannst du doch auch gleich zum Kassenarzt gehen und ihn privat bezahlen?
Die meisten Kassenärzte bei uns bieten keine Privatleistungen an, bzw haben wenn sie die Kassenleistungen ihres Kassenvertrages erfüllen wollen/müssen schlicht keine Zeit für Privatleistungen daneben.

Wir sehen das ganz offensichtlich anders was eine politische Forderung ist. Eine politische Forderung ist ein politischer Vorschlag wie etwas besser/anders zu machen wäre, und keine Ideologie. Wenn sich für den Vorschlag nicht genug Unterstützung findet, dann wird dieser eben politisch nicht umgesetzt.
Wie gesagt, ich würde den Kassenärzten gerne bessere Konditionen verschaffen indem ich das Geld dass im Moment in Wahlärzte fließt, den Kassenärzten zukommen lasse. Ich hab nichts gegen Wahlärzte an sich, ich hab nur was dagegen wenn eine 2 Klassenmedizin entsteht. Wären die Behandlungssätze zB bei Wahlärzten immer gleich wie bei Kassenärzten, kein Problem.
Das heißt mein Problem ist nicht der Wahlarzt an sich, sondern dass Geld ins Wahlarztsystem fließt, dass über Kassenärzte 3 mal so viel Kassenärzte bezahlen könnte. Das ist aber etwas dass ich persönlich und individuell schlicht nicht umsetzen kann, dazu brauche ich das System.

Auf Amazon übertragen: Dort kann ich ja beeinflussen wer Geld bekommt, ich kann aber nicht einfach der Sozialversicherung Geld in die Hand drücken damit sie den Ärzten einen besseren Kassenvertrag geben. Schlicht nicht möglich. Deswegen fordere ich ja auch eine Erhöhung des Sozialbeitrages für höhere Einkommen.
Wo ist da der Ausgleich einer Ungerechtigkeit? Dass die vorhergehende Generation das, was beim Teilen mit der Gesellschaft übrig blieb, nicht auch noch an die Gesellschaft gegeben hat, sondern nur die eigene Nachfolgegeneration?
In Österreich haben wir zB kein Erbschaftssteuer, heißt Einkünfte aus Erbschaften sind steuerfrei.

Dass Menschen die reich geboren wurden bevorzugt sind in der Gesellschaft da sind wir uns einig oder nicht ? Das wäre mal grundlegend zu klären, weil das ist ein Argumentationspunkt.

Und das zweite ist: Ist eine Bevorzugung aufgrund von Geburt Leistungsbezogen? Wenn ja, warum? Nach dem Leistungsgedanken sollte man ja nach persönlicher Leistung Reichtum anhäufen können. Und nicht durch Faktoren die dem Zufall entspringen.

Ich bin jemand der Leistung nach dem Output-Gedanken definiert. Da gibts es natürlich Bereiche die schwierig zu definieren sind. Manche davon kann man vom Markt lösen lassen (zB Musik) weil es sich dabei um Luxusgüter handelt. Andere wiederum muss man staatlich dem Gleichheitsgrundsatz unterwerfen (zum Beispiel ärztliche Versorgung).

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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Selbst ohne Erbschaftssteuer; Die Generation erarbeitet sich etwas, versteuert es (=solidarisches Teilen mit der Gesellschaft) und was übrig bleibt, verschenkt sie durch Todesfall an die nächste Generation. D.h. das ist bereits versteuertes Einkommen. Mit Erbschaftssteuer wird es nur dann nochmal solidarisch geteilt. Und die nachfolgende Generation, so sie dadurch Privilegien bekommt und besser verdient, teilt ihre hohen (aber unverdienten?) Einkünfte auch wieder mit der Gesellschaft. Ich seh immer noch nicht, wo da Ungerechtigkeit nachträglich gerade gezogen wird, weil die Starthilfe der folgenden Generation ja bereits einmal solidarisch geteilt wurde oder mit Erbschaftssteuer vielleicht sogar ein zweites mal, und wenn es sich um eine Immobilie handelt dank Grunderwerbsteuer sogar ein drittes mal, bevor die folgende Generation etwas davon hat.

Ich versteh irgendwie euer Ärztesystem nicht :( Gehe ich zum Kassenarzt, bekommt der Kassenarzt für die Behandlung Geld. Gehe ich regelmäßig zum Kassenarzt, bekommt er regelmäßig Geld für meine Behandlung. Gehe ich irgendwann mal zum Privatarzt, um den Kassenarzt zu entlasten, bekommt der Privatarzt Geld für meine Behandlung und der Kassenarzt hatte an dem Tag weniger zu tun. Geht keiner mehr zum Privatarzt, macht er seine Praxis dicht. Gehen mehr zum Privatarzt, macht eine zweite Praxis auf. Gehen zu viele zum Kassenarzt, steigen die Kassenbeiträge und ein zweiter Kassenarzt bekommt die Erlaubnis für das Viertel. Geht keiner mehr zum Kassenarzt, macht er die Praxis dicht.
Will ich also das System der gesetzlichen Kassenversicherung stärken, muss ich zum Kassenarzt gehen, nicht beim Privatarzt vorbei schauen und gleichzeitig nicht die Parteien wählen, die eine Senkung der Kassenbeiträge im Wahlprogramm haben. Mit dem Besuch beim Privatarzt bestätige ich dem System seine Funktionsfähigkeit; Es baut genügend Leidensdruck auf, sodass nur die zum Kassenarzt gehen, die medizinische Versorgung benötigen, ermöglicht aber Luxus-Erkrankten einen Besuch beim Arzt, ohne das Kassensystem zu belasten.

Reichtum aus eigener Leistung anhäufen? Ja. Und dann? Verschenken oder jemand anderem zugänglich machen darf ich dann nicht mehr, weil dann mein Wille (dass jemand bestimmtes davon profitiert) ignoriert wird (und jemand bestimmtes nur weniger davon profitiert, dafür aber viele andere etwas mehr)? Das würde dazu führen, dass über kurz oder lang "der Staat" der Alleinerbe aller Erbschaften ist.

Die "Bevorzugung" durch Geburt kann man sicherlich aus Statistiken herauslesen. Allerdings bezweifel ich, dass die richtigen Einflussfaktoren dabei betrachtet werden. "Menschen, die Coca Cola trinken, sind gesünder" ist auch etwas, was man aus einer Statistik herauslesen kann. Genau so ist "Kinder von erfolgreichen Eltern, sind später im Leben auch erfolgreich" eine andere Statistik. Beiden gemein ist aber, dass da irgendwo noch ein Bindeglied fehlt und die nackte Gleichzeitigkeit noch keine Kausalität ergibt. Menschen, die Coca Cola trinken, sind meist unter 40. Menschen unter 40 sind meist gesünder, als Menschen über 40. Also macht nicht Cola gesund, sondern wird nur von jüngeren (=gesünderen) Menschen getrunken.

Umgedreht: In der Erziehung werden Werte und Anreize vermittelt. oftmals gestaltet es sich so, dass die Erziehung ein Faktor für Erfolg im späteren Leben ist. Es ist also nicht das Geld der Eltern, sondern die Einstellung und Erziehung (okay, machen wir uns nichts vor: Geld hilft aber ungemein dabei, die Einstellung zu transportieren und die Erziehung zu fördern...) machen die nachfolgende Generation auch erfolgreich. Wer dagegen keinen Erfolg im Leben hat, (Unterstellung: ...im Leben haben wollte,) der wird auch der nachfolgenden Generation nicht vermitteln können, was wichtig ist, um Erfolg zu haben.
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Andwari
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Ein Thread, der nur zerfasern kann, solange man keine abgeschlossene Gruppe definieren kann, für die das gelten soll. Globale Chancengerechtigkeit?

@Ausbildung unserer Vorfahren
Man sollte dabei berücksichtigen, wie stark die Quote von Abitur usw. insgesamt angestiegen ist - zu Zeiten unserer Großeltern und Eltern waren Abitur oder Studium noch was Besonderes - je nach Alter der hier Schreibenden.

Die jetzt gerade in Rente gehenden Jahrgängen sind etwa die letzten, die wirklich massive Hindernisse gegen Ausbildung und Erwerbsarbeit von Frauen hatten - insbesondere wenn man sich höher qualifizierte Tätigkeiten anschaut. Stichworte dazu: Berufsbildungsgesetz (1969), BAföG (1971), neue Unis, überhaupt FHs, ... viele der Arbeitnehmerinnen aus der Zeit haben halt als angelernte Schreibkraft angefangen, wo der männliche Kollege eine Fachausbildung hatte.

Aber:
Es bestand schon länger Schulpflicht für Jungen und Mädchen (1919), d.h. auch unsere Groß- und Urgroßmütter konnten alle lesen, schreiben, rechnen... = es gab eine gewisse Minimalbildung, die nicht unterschritten wurde. Auch in anderen Bereichen gab es soziale Standards - Sozialversicherungen waren schon länger etabliert, es gab (BRD) betriebliche Aus- und Weiterbildung.
Ausnahme: Gastarbeiter konnten ohne eigene Schulbildung und mit sprachunkundiger Ehefrau usw. da leicht durchrutschen - wo die italienischen, spanischen, griechischen und portugiesischen Gastarbeiter das irgendwie hingekriegt haben, wurde andererseits eine türkische Parallelgesellschaft daraus.

@Kassenärzte usw.
BenjaminK, Gubblinus spricht von "Wahlarzt" - das ist in Österreich ein Arzt, der nicht vertraglich an Kassenleistung gebunden ist, aber wo der Patient das erstattet bekommt, was Kassenleistung wäre = wenn ich es richtig verstehe, nur eine Verlagerung der Abrechnung von Arzt-Krankenkasse auf Arzt-Patient + Patient-Krankenkasse (ist in D bei Privatversicherten ja ähnlich). Vmtl. darf der Wahlarzt auch völlig private Zusatzangebote machen, dann sind wir wie in Deutschland beim Zahnarzt, wo die Kassenleistung halt 30€ von meiner 100€-Füllung sind.
=> Wenn Kassenärzte in Österreich vertraglich verpflichtet sein sollten, nur Kassenleistungen anzubieten, wäre das wie ein Arzt der in Deutschland "nur gesetzlich Versicherte" nimmt = der schneidet sich von den lukrativen Zusatzleistungen ab, die einige halt (D: privat versichert oder selbst zahlend) haben wollen. Dazu braucht es nicht mal den höheren Abrechnungssatz deutscher Privatversicherer - der ja eigentlich krass widersinnig ist, die zahlen mehr für dieselbe Leistung, was nur mit einer wesentlich zahlungskräftigeren und gesünderen Klientel funktionieren kann.

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BenjaminK
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Also ist "Wahlarzt" der "normale" Arzt ("Alle Kassen und privat") in BRD, mit seinen IGEL etc? Und der Kassenarzt darf "nur gesetzlich", darf erst gar keine IGEL anbieten, muss aber 40 Stunden Kassenpatienten leisten, sonst ist er vertragsbrüchig...?
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Andwari
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Was der österreichische Kassenarzt genau darf oder nicht - weiß ich nicht.

Da das für den Versicherten anscheinend immer kostenlos abläuft, wohl keine IGEL. Und Österreich hat ein wohl ähnlich komplexes Regelwerk für Kassenleistungen wie Deutschland. Irgendeinen Vorteil für den Kassenarzt muss es deshalb geben, sei es ein zugewiesener "eigener" Bezirk (vgl. Apotheker in D), evtl. mit Umsatzgarantie? - oder dass Österreicher bei Vorkasse noch krasser drauf sind als Deutsche.

Wie aufwändig die Abrechnung des Wahlarztbesuchs für den österreichischen Kassenpatienten ist? Die Kassen haben mMn damit auf jeden Fall den Vorteil, dass der Patient die Abrechnung sieht, was ggf. kostendämpfend wirken kann.

"Chancenungleichheit" in dem System wäre (bei gleicher Leistung, nur Kassenleistung) halt, dass der (voll ausgelastete?) Wahlarzt durch anderswo erbrachte Zusatzleistungen finanziell besser dasteht, dass man auf Patienten selektiert, die Vorkasse leisten und den Abrechnungsprozess mit der Krankenkasse bewältigen können = die mit Verständigungsproblemen, ohne finanzielle Rücklagen oder schlecht vergütete chronische Fälle sind da eher nicht (unterstellt, dass auch in Österreich die Erklärung, wie die Medikamente zu nehmen sind, für den Arzt nicht lukrativ ist, wenn die echt lange dauert, bis der Patient das kapiert).

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Gubblinus
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Wenn man von individuellen Einkommen rechnet, hat derjenige der das Geld geschenkt bekommt (durch Erbschaft) weder für dieses Einkommen etwas geleistet (nach dem Leistungsgedanken) noch dieses Geld mit der Allgemeinheit geteilt. Etwas wie "Endversteuertes" Geld gibt es in unserem System nicht. Jedes Geld wird immer wenn es den Besitzer wechselt versteuert (Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, etc.). Nur die Erbschaft nicht, allerdings ist das einer der Faktoren die laut Studien maßgeblich an der Schere zwischen Arm und Reich beteiligt sind.
Wenn ich nach dem individuellen Leistungsgedanken gehe (und diesen strikt auslege) ist Erbschaft prinzipiell etwas das es nicht geben sollte, weil dafür keinerlei Leistung erbracht wurde. Natürlich ist das ein sehr striktes Modell, und die Frage ist: Wie weit sollten, oder wollen wir uns von diesem Modell entfernen.
Dass ein Modell in dem alles immer steuerfrei an die nächste Generation weitergegeben werden kann irgendwann zu zwei Klassen, einer mit Produktionsmittel (Vermögen), einer ohne Produktionsmittel (Vermögen) führt, muss jedem klar sein, und ist das was wir auch seit 30 Jahren sehen: Aufgehen der Schere zwischen arm und reich.

Natürlich gibt man mit diesem Vermögen mit der Erziehung auch Werte mit, das ist das was ich meinte mit "wirkliche Chancengerechtigkeit ist nur herzustellen wenn man ab Geburt die Kinder nicht von den Eltern erziehen lässt". Und das ist natürlich keine Lösung, weil es mit dem menschlichen Geist nicht kompatibel ist.
Dass es allerdings nur diese Werte sind die den Erfolg der nächsten Generation ausmachen, das mag man sich einreden, weil es den persönlichen Erfolg den man hatte nicht schmälert, ist aber blauäugig.
Ist eben das was ich oben meinte: Nur weil eine vollkommene Gleichheit nie hergestellt werden kann, ist das noch lange kein Grund Ungleichheiten die ohne größere Probleme beseitigt werden könnten, teilweise, oder ganz zu beseitigen.

Der Kassenarzt ist ein Arzt mit Kassenvertrag (heißt er hat einen Vertrag mit der Krankenkasse, und wird nach Tarif bezahlt). Kassenärzte können auch verpflichtet sein (um einen Kassenvertrag zu bekommen) eine gewisse Anzahl an Leistungen durchzubringen (heißt eine gewisse Behandlungsanzahl). Die meisten Kassenärzte haben daher keine zusätzliche Privatordination.
Der Wahlarzt hat keinen Kassenvertrag. Heißt man bezahlt ihn je nachdem was man bereit ist dafür zu bezahlen (was bei "Gesundheit" ein sehr dehnbarer Begriff ist). Meistens irgendwo zwischen 90 und 150 Euro, bei normalen Dingen, mehr wenn irgendwas anfällt. Einen Teil dieses Geldes (üblicherweise 80% des Regelsatzes der Krankenkasse, also bei 120€ Rechnung oft nur 24€ Rückerstattung, weil das eben 80% des Kassensatzes wäre) kann man sich dann als Patient falls man versichert ist wiederholen von der Versicherung.

Wenn man die Leistungen der Kassen- und die Preise der Wahl-ärzte ausrechnet kommt man ca. auf ein Verhältnis 1:3. Das heißt dass jeder Euro der beim Wahlarzt für Behandlung X landet, über das Kassensystem ausgegeben die dreifache Menge an Behandlungen ermöglicht hätte.

Edit: Und dass Sozialabgaben einfach erhöht werden wenn mehr Bedarf an Sozialabgaben da ist, das spielts im Normalfall nicht wirklich. Meist wird der Leistungskatalog gekürzt. Was wieder mehr Leute zum Wahlarzt treibt, etc. Heißt das öffentliche Gesundheitsangebot wird über die Dauer ausgehungert, parallel dazu ein privates Gesundheitsangebot aufgezogen, und die 2 Klassen-Medizin mit Leuten die sich Behandlungen schlicht nicht leisten können, ist geboren).

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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Die Statistik widerspricht dir schlicht. Ansonsten wäre unsere sozio-ökonomische Mobilität höher. Und sie ist gerade in den Ländern (zB USA) wo die Umverteilung und die Staatlichkeit der Ausbildung zurückgedrängt ist, noch schlechter.
Die ist ja vorhanden. Der Punkt ist du kannst es nicht ändern wenn die handelnden Akteure nicht wollen
In Österreich haben wir zB kein Erbschaftssteuer, heißt Einkünfte aus Erbschaften sind steuerfrei.
Gott sei Dank

Wenn man von individuellen Einkommen rechnet, hat derjenige der das Geld geschenkt bekommt (durch Erbschaft) weder für dieses Einkommen etwas geleistet (nach dem Leistungsgedanken) noch dieses Geld mit der Allgemeinheit geteilt. Etwas wie "Endversteuertes" Geld gibt es in unserem System nicht. Jedes Geld wird immer wenn es den Besitzer wechselt versteuert (Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, etc.). Nur die Erbschaft nicht, allerdings ist das einer der Faktoren die laut Studien maßgeblich an der Schere zwischen Arm und Reich beteiligt sind.
Wenn ich nach dem individuellen Leistungsgedanken gehe (und diesen strikt auslege) ist Erbschaft prinzipiell etwas das es nicht geben sollte, weil dafür keinerlei Leistung erbracht wurde. Natürlich ist das ein sehr striktes Modell, und die Frage ist: Wie weit sollten, oder wollen wir uns von diesem Modell entfernen.
Dass ein Modell in dem alles immer steuerfrei an die nächste Generation weitergegeben werden kann irgendwann zu zwei Klassen, einer mit Produktionsmittel (Vermögen), einer ohne Produktionsmittel (Vermögen) führt, muss jedem klar sein, und ist das was wir auch seit 30 Jahren sehen: Aufgehen der Schere zwischen arm und reich.
Das ist einen eigenen Thread wert

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BenjaminK
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ohne Erbschaftssteuer mit vernünftigen Freibeträgen laufen wir wirklich in eine Gesellschaft hinein, bei der die einen das Produktionsmittel Vermögen horten, die andere Klasse es nutzt. Aber das hat ja erst einmal nichts mit Ungerechtigkeit zu tun bzw. einem nachträglichen Ausgleich vom Ungerechtigkeit.
Du bleibst aber beim Inbound. Ja, für eine Erbschaft muss ich nichts leisten (wobei; Ist ein Leben als würdiger Erbe, der es in all der Zeit nicht geschafft hat, enterbt zu werden, nicht auch eine Leistung? *G*). Es stellt aber auch keine Form von Leistungsentlohnung dar. Aber sei es drum; Wenn ich, weil ich dafür nichts geleistet habe, keine Erbschaft bekomme(n darf), dann kann mir auch niemand eine Erbschaft/Schenkung zukommen lassen. Damit greift man unmittelbar und direkt in die Verfügungshoheit des Eigentumsrecht ein. Da landen wir halt beim Outbound: Wieso soll ich mir vorschreiben lassen, was ich mit meinem Vermögen anstelle, nachdem(!) ich erst einmal mit der Gesellschaft geteilt habe? Man kann sich über Menge und Größe, Art und Abwicklung der Teilung unterhalten, Steuerfreiheiten, Freibeträge etc, aber wenn das abgeschlossen ist, warum darf ich dann nicht entscheiden, was mit meinem Vermögen passiert? Wenn ich möchte, dass die nachfolgende Generation es nutzt, und am Ende wird ihr die Nutzung an anderer Stelle wieder weg gerechnet, weil es nicht selbst geleistet hat, dann hat man offensichtlich meinen Willen und die Verfügung für mein Vermögen ignoriert.

Das mit der Erziehung als single fact bezweifel ich auch, weil einfach mit Geld vieles einfacher wird (so viele gute Nannies, die sich um die Kleinen kümmern, so viele Nachhilfelehrer, die Mathenachhilfe in der Vorschule geben, so viele personal Trainer, etc *G*). Aber die Erziehung anstatt des Vermögens für den Erfolg der nachfolgenden Generation verantwortlich zu machen, hat den netten Nebeneffekt, dass man erklären kann, warum sich manchmal auch Nicht-privilegierte mit Tüchtigkeit hervor tun können und auch warum so mancher privilegierter abgestürzt ist und nicht nach Erfolg gesucht hat.
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Cifer
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Cifer »

Denderan Marajain hat geschrieben:Ich persönlich halte die Meinung, dass es keine Chancengleichheit gibt für einen Blödsinn (ja so hart muss ich das formulieren)

1. Ich war der erste meiner Familie mit Matura und Studium. Meine Familie würde ich zwar nicht als Bildungsfern bezeichnen aber Bildungsnah ebenfalls nicht

2. Meine Frau war die erste Ihrer Familie mit Matura und Studium. Vater ist Beamter (in 1 Monat Ruhegenuss) und Mutter Verkäuferin. Auch dort wurde Bildung nicht großgeschrieben

Die beiden Punkte kenne ich auch aus meinem Freundes und Bekanntenkreis. Die Anzahl derer wo die Eltern Akademiker waren sind sehr gering.

-> Es kommt heute sehr wohl auf die individuelle Leistung an was Bildung angeht (wenigstens dort noch im Berufsleben kommt dann leider die Ernüchterung)
Ich und mein Kumpel haben beide Lotto gespielt. Da ich ein bisschen mit den Ausrichtern gemauschelt habe, kannte ich die ersten zwei Zahlen vor der Ziehung, er kannte sie nicht. Dennoch haben wir beide drei richtige gehabt.
Hatten wir beide gleiche Chancen oder nur das gleiche Ergebnis?
Niemand bestreitet, dass es Tellerwäscher gibt, die es zum Millionär geschafft haben. Aber aus seiner persönlichen Filterbubble darauf zu schließen, dass das ein üblicher Werdegang sei, wenn Statistiken eine deutlich andere Sprache sprechen, ist nicht klug.

@BenjaminK
Das führt zu der philosophischen Frage nach dem, was überhaupt "Gerechtigkeit" bedeutet. Gerecht kann es sein, wenn gleiche Arbeit gleich bezahlt wird, aber gerecht kann es auch sein, wenn unterschiedliche Arbeit unterschiedlich bezahlt wird. Wer mehr oder tüchtiger arbeitet als sein Nachbar, der kann gerechterweise mehr bekommen, als sein Nachbar. Und dann wiederum lässt sich wohl kaum von einem Ausgleich der Ungerechtigkeit reden, wenn er doch gerechterweise mehr bekommt.
Bist du der Meinung, dass es möglich ist, fünfmal so viel und so tüchtig wie ein Altenpfleger, ein Fabrikarbeiter, ein Kellner zu arbeiten? Zehnmal? Zwanzigmal?
Und hat es etwas mit "Tüchtigkeit" zu tun, wenn man den eigenen Besitz ohne wesentliches weiteres Zutun für sich mehr Besitz generieren lässt?

Gewisse Unterschiede im erworbenen Geld sind sicherlich sinnvoll - gerade akademische Ausbildungen bedingen ja deutlich mehr schlecht- bis unbezahlte Jahre im Lebenslauf. Wer am Tag 8 Stunden mit Arbeit zubringt, verdient dafür auch mehr Ausgleich als jemand, der nur 4 Stunden arbeitet. Und Berufe, die man nur eine gewisse Zeit ausüben kann, bevor sie einen körperlich (Bauarbeiter) oder geistig (Fluglotse) ruinieren, verdienen hier sicherlich auch mehr.
Aber ab einem gewissen Punkt würde ich absolut bestreiten, dass das Gehalt noch in einem proportionalen Zusammenhang zu einer erbrachten Leistung, einer "Tüchtigkeit" steht. Und dort können dann entsprechend massive Steuersätze greifen.
Freiheit aus Schmerz.
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Denderan Marajain
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Ich und mein Kumpel haben beide Lotto gespielt. Da ich ein bisschen mit den Ausrichtern gemauschelt habe, kannte ich die ersten zwei Zahlen vor der Ziehung, er kannte sie nicht. Dennoch haben wir beide drei richtige gehabt.
Hatten wir beide gleiche Chancen oder nur das gleiche Ergebnis?
Niemand bestreitet, dass es Tellerwäscher gibt, die es zum Millionär geschafft haben. Aber aus seiner persönlichen Filterbubble darauf zu schließen, dass das ein üblicher Werdegang sei, wenn Statistiken eine deutlich andere Sprache sprechen, ist nicht klug.
Du kannst dir deinen Sarkasmus sparen. Niemand spricht hier vom Tellerwäscher Millionärs Gschichtl sondern einfach darum, dass Bildung jedem offen steht. Ich muss es aber auch wollen.

Die Legende von der bösen Vererbung halte ich definitiv für einen Blödsinn und jetzt bediene ich mich ebenfalls einer polemischen Aussage

" Vertraue nur der Statistik die du selbst gefälscht hast"

Die Statistiken erheben Zahlen aber sie erheben nicht den Grund und der Grund ist schlicht es will sich die Mehrheit der Bildungsfernen Schicht nicht antun. Das ist traurig aber die Gesellschaft kann niemanden zwingen


Bist du der Meinung, dass es möglich ist, fünfmal so viel und so tüchtig wie ein Altenpfleger, ein Fabrikarbeiter, ein Kellner zu arbeiten? Zehnmal? Zwanzigmal?
Und hat es etwas mit "Tüchtigkeit" zu tun, wenn man den eigenen Besitz ohne wesentliches weiteres Zutun für sich mehr Besitz generieren lässt?
Nein aber ich kann einfach mit einer Ausbildung komplexere Arbeit leisten als der Fabrikarbeiter der nix anderes tut als am Fließband 8 Stunden die idente Bewegung auszuführen. Dafür bekomme ich mehr Geld. Und ja auch der Fabriksarbeiter soll dafür einen Lohn erhalten der ein gutes Auskommen im Leben ermöglicht.

Der Besitz ist eine Grundsubstanz und die gehört nicht besteuert (wenn du vom Erbe sprichst). Sollte dieses Erbe Einkommen generieren ist so oder so eine Steuer fällig
Aber ab einem gewissen Punkt würde ich absolut bestreiten, dass das Gehalt noch in einem proportionalen Zusammenhang zu einer erbrachten Leistung, einer "Tüchtigkeit" steht. Und dort können dann entsprechend massive Steuersätze greifen.
Was ist denn ein Gehalt was "unanständig"ist bzw was für massive Steuersätze stellst du dir denn vor?

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BenjaminK
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Cifer hat geschrieben:Bist du der Meinung, dass es möglich ist, fünfmal so viel und so tüchtig wie ein Altenpfleger, ein Fabrikarbeiter, ein Kellner zu arbeiten? Zehnmal? Zwanzigmal?
Und hat es etwas mit "Tüchtigkeit" zu tun, wenn man den eigenen Besitz ohne wesentliches weiteres Zutun für sich mehr Besitz generieren lässt?
Wie gesagt, das artet in philosophische Gespräche aus. Es könnte genau so gut die Menge an Lebensqualitätsverbesserung sein, die man einem anderen Menschen mit seiner Tätigkeit verschafft. Wenn mehr Menschen in ihrer Lebensqualität verbessert werden, wird dann die Tätigkeit mehr wert? Vieles davon wird ja erst mit einer Relation interessant. Und am Ende ist alles nur so viel wert, wie jemand anderes bereit ist, dafür zu geben.
Was die "Tüchtigkeit" des Vermögens, was sich selbst erhöht angeht; 2 Leute stranden auf einer einsamen Insel, einer von ihnen hat eine Angel, der andere nicht. Mit einer Angel kann man 8 Fische am Tag fangen, ohne Angel muss man 8 Kokusnüsse am Tag sammeln. Man braucht zum Leben entweder 2 Fische oder 8 Kokusnüsse. Steht jetzt jeder ohne Angel da, überleben sie beide, müssen aber beide durchgängig arbeiten. Fängt der Angler jetzt seine 2 Fische, hat er den 3/4 vom Tag frei lässt es sich gut gehen, der andere schuftet den ganzen Tag. Jetzt "leiht" der eine aber dem anderen seine Angel für eine Gebühr von 2 Fischen am Tag. Der andere fängt also den halben Tag lang Fische, hat 2 für sich gefangen und 2 für den anderen und gibt ihm Angel und 2 Fische, hat dafür dann den halben Tag frei. Beide haben davon profitiert, dass der eine Vermögen hatte. Der mit Vermögen hat natürlich mehr profitiert.

Und ja, natürlich greifen irgendwann massive Steuersätze. Na und? Das reicht doch. Jeder Besserverdiener, der utopisches Einkommen erzielt, finanziert dann einiges an Steuerlast und damit Staatshaushalt. Und seinen Gewinn steckt er wahrscheinlich in Dinge, die von einfachen Arbeitern hergestellt werden und sichert so deren Auskommen. Ich seh da nicht das Problem. Ich finde nur die Brandmarkung als Ungerechtigkeitsausgleich im Nachhinein problematisch, solange eine normale Teilung des Einkommens mit der Gesellschaft statt findet.
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Gubblinus
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Denderan Marajain hat geschrieben:Die Legende von der bösen Vererbung halte ich definitiv für einen Blödsinn und jetzt bediene ich mich ebenfalls einer polemischen Aussage

" Vertraue nur der Statistik die du selbst gefälscht hast"

Die Statistiken erheben Zahlen aber sie erheben nicht den Grund und der Grund ist schlicht es will sich die Mehrheit der Bildungsfernen Schicht nicht antun. Das ist traurig aber die Gesellschaft kann niemanden zwingen
Wenn wir ein allgemeines Bildungssystem mit Chancengleichheit hätten dass Talente erkennt und diese fördert, wäre es unerklärlich warum sich gerade in der Schicht mit geringem sozio-ökonomischen Status alle Kinder mit Motivationsmangel wiederfinden sollten.
Man kann natürlich Statistiken mit "ich glaube prinzipiell nicht an Statistiken" immer ablehnen, allerdings ist das wissenschaftlicher Humbug. Einfach keine Statistiken anschaun die in den Medien sind, sondern solche in peer-reviewed Journals, dann findet man dort auch eine ganz andere Qualität an Statistik, die sich den polemischen Vorwurf auch nicht mehr gefallen lassen muss.

Zu dem Thema von "wieviel mehr kann jemand arbeiten als jemand anderer" wurde hier noch keine Grenze genannt. Diese kann ja schwammig sein, aber ich hoffe wir sind uns einig dass irgendwo eine Grenze bestehen wird. Das heißt, dass zum Beispiel das 100 fache Einkommen niemals gerechtfertigt sein kann, selbst wenn man Arbeit macht, die jemand anderer nicht tun kann. Zumindest wenn es um einen Leistungsgedanken geht, und nicht um "wieviel kann ich jemanden abpressen nur weil er mich zwingend braucht und es nicht selbst kann".

Der Besitz ist eine Grundsubstanz und die gehört nicht besteuert (wenn du vom Erbe sprichst). Sollte dieses Erbe Einkommen generieren ist so oder so eine Steuer fällig
Das ist ein Statement ohne Begründung. In meinen Augen nimmt der Erbe eben das Erbe ein. Es ist ein Vermögenszuwachs des Erben, und ist deswegen als Einkommen zu versteuern. (es gibt übrigens auch keinen prinzipiellen Grund warum zB Grund und Boden überhaupt von Privatpersonen besitzt werden muss).

"massive" Steuersätze für hohe Einkommen gibt es übrigens weder in Deutschland noch in Österreich. In Österreich ist aktuell bei 55% (befristet), in Deutschland bei glaube ich 45%. Historisch kennen wir Spitzensteuersätze bis 90% und darüber (auch in demokratischen Ländern, zB USA)

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Gorbalad
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Es gab auch schon Steuersätze über 100%, wenn auch nicht beabsichtigt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Astrid_Li ... nenpolitik
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

Andwari
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gubblinus, österreichische Kassenärzte
Nach Deinem letzten Beitrag könnte man annehmen, die wären Angestellte der Krankenkasse und bekämen ein fixes Gehalt - das stimmt doch aber nicht, oder? In Deutschland rechnen Kassenärzte direkt mit den Krankenkassen "1x Untersuchung = 10€" ab und müssen ansonsten als Freiberufler selbst zusehen, wie sie ihre Praxis damit am Laufen halten. Österreich genauso?
Darf der Wahlarzt in Österreich für dieselbe Leistung wie der Kassenarzt mehr oder dasselbe abrechnen? Kriegt der Patient in jedem Fall dann den Kassen-Tarif von der Krankenkasse erstattet? Weil bekäme der nix, wäre es doch "Privatarzt" und nicht "Wahlarzt".
Gibt es für den Patienten irgendwelche weiteren Anreize, zum Kassenarzt zu gehen (quasi deutsches Hausarzt-Modell), z.B. eine Reduzierung der Kassenbeiträge?


@geschenktes Vermögen
Klein Mäxchen hat geschrieben: Oma, Du darfst mir nix schenken, das wäre sozial ungerecht ...
Schenkungen und Vererbung auszuschließen funktioniert einfach nicht. Schenkungs- und Erbschaftssteuer sind Krücken, die gegenüber demjenigen, der sich den Betrag brav zusammengespart hat und alles auf dem Weg dahin versteuerte, eigentlich ungerecht sind. Deshalb auch die ziemlich hohen Freibeträge da. Was Oma mit ihrem Geld macht ist so lange ihre Sache, wie sie nicht anderweitig von Sozialleistungen abhängig ist - und selbst da würde es als ungerecht empfunden, ihren Sparstrumpf für die aufgestockte Rente komplett zu konfiszieren. Der Bevölkerung jegliche Vermögensbildung abzutrainieren wäre mMn eine nicht wünschenswerte Tendenz, denn das führt letztlich zu Wehrlosigkeit gegenüber jeglichen u.a. staatlichen Einflüssen. Wer nix auf der Hohen Kante hat, wird z.B. auch nicht für seine Arbeitsbedingungen streiken können, konsumiert immer brav das, was geliefert wird usw.

Ansatzpunkt müssen doch die Erträge aus Vermögen sein. Da haben allerdings praktisch alle Gesellschaftsformen bisher entweder gepennt oder massiv überreagiert. Klar kann man Vermögende enteignen und zwecks Rechtssicherheit am Besten gleich erschießen. Nur führt das gerne mal zu massiver Abwanderung, wirtschaftlichem Zusammenbruch und die vllt. staatlichen Verwalter des konfiszierten Vermögens werden sich kurz darauf so richtig hemmungslos bereichern.
Warum es für Einkommen aus privatem Vermögen in Deutschland einen Steuersatz von 25% gibt, während er für Arbeitseinkommen gestaffelt deutlich höher liegen kann, ist dabei schlicht nicht nachvollziehbar. Kleinigkeiten sind dabei sowieso per Freistellungsauftrag ausgenommen (800€ Zinsen muss man als Einzelperson erst mal kriegen). Wer einen niedrigeren Steuersatz hat, kriegt den für Kapitalerträge angewendet (richtig) - wer einen höheren Steuersatz hat, nicht (warum? falsch).

@x-faches Einkommen
Die 100-fache Arbeitsmenge dürfte schwer werden. Eine vielfach höhere Leistung ist schon eher möglich. Das ist aber im Bereich Arbeitseinkommen einfach eine Sache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie viel wo für gezahlt wird. Das ist mMn nicht Aufgabe staatlicher Regelung, zumindest so lange es nach unten hin noch funktioniert = Tariflöhne, die Vollzeit nur über Hartz4-Aufstockung funktionieren usw. sollen verboten sein. Zumindest ich habe auch Leute erlebt, deren hirnloses Tun im Job keine 8,84 € pro Stunde * 170 Stunden mtl. wert ist, auch wenn die Tätigkeit es hergeben würde. Aber: Anderes Thema.

@Erbe =!= Einkommen
Die Idee scheitert ab dem Moment, wo "unsterbliche Wesen" wie juristische Personen ins Spiel kommen. Selbst bei Menschen gäbe es massive Ungerechtigkeiten: Stirbt der Papa vor dem Opa, spart sich der Enkel eine Versteuerung des Erbes. Wer vier statt drei Generationen im Jahrhundert unterbringt, ist selbst schuld. Ganz generell lassen sich oft "normale" Größenordnungen von Erbschaft nicht mal eben zu Bargeld machen um eine Steuerschuld zu begleichen. Ganz abgesehen vom Aufwand und den Schwierigkeiten in der Durchsetzung einer solchen Idee.
Ein Erbe in dem einen Jahr des Erbfalls als Einkommen zu sehen stellt den Erben viel schlechter als jemanden, der denselben Betrag in passenden Portionen ausgezahlt kriegt.

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Gorbalad
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

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Andwari hat geschrieben:Zumindest ich habe auch Leute erlebt, deren hirnloses Tun im Job keine 8,84 € pro Stunde * 170 Stunden mtl. wert ist, auch wenn die Tätigkeit es hergeben würde. Aber: Anderes Thema.
Die kenne ich auch. Meist beziehen die aber ein vielfaches dieser Summe...
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

Eulenspiegel
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

BenjaminK hat geschrieben:Wer eine gesetzliche Forderung zur Stärkung des Einzelhändlers absetzt, und danach bei Großhändlern oder Amazon bestellt und damit dem Einzelhändler schadet, der verhält sich inkonsistent. Sein Verhalten so gestalten, wie man es von anderen (zB der Gesellschaft durch Gesetze) fordert, ist nicht inkonsistent. Solange es erlaubt ist, es anders zu machen, trotzdem das kritisierte Verhalten an den Tag legen finde ich da eher inkonsistent.
Wieso ist das inkonsistent?

Mal anhand eines abstrakten Beispiels am Gefangenendilemma, wieso das durchaus konsistent ist.
Nehmen wir an, bei einer bestimmten Handlung gibt es zwei unterschiedliche Arten, wie man sich verhalten kann: Sozial oder egoistisch.
Wenn sich die beiden Leute, die diese Handlung zusammen ausführen sozial verhalten, bekommen beide 3€. Wenn sich jedoch einer entschließt, egoistisch zu verhalten, bekommt der Egoist 5€ und die soziale Person 0€. Entschließen sich beide, egoistisch zu handeln, bekommen beide Personen 1€.

Nehmen wir ferner an, der Status Quo ist es, dass sich der Großteil der Menschen bei dieser Handlung egoistisch verhält. Dann ist es nur konsistent, ein Gesetz zu fordern, dass man sich bei dieser Handlung nur sozial verhalten darf. Solange es aber freigestellt ist, wie man sich verhält, sich egoistisch zu verhalten.

Denn im Status Quo ist es wie folgt: Wenn ich mich sozial verhalte, gehe ich leer aus. Solange ich mich aber egoistisch verhalte, bekomme ich wenigstens 1€. Wenn man aber per Gesetz verlangt, dass man sich dort sozial verhalten muss, würde ich (und alle anderen) 3€ bekommen. Das Gesetz hilft also sowohl mir als auch den anderen. Wir würden alle davon profitieren, wenn das Gesetz erlassen wird, dass wir uns bei dieser Handlung sozial verhalten müssen. Solange das Gesetz aber noch nicht verabschiedet wurde, ist die sinnvollste Variante, sich egoistisch zu verhalten. Denn wer sich sozial verhält, würde im Status Quo ausgebeutet werden.

@geschenktes Vermögen
Hier muss man zwischen Geldgeber und Geldempfänger unterscheiden. Der Geldgeber hat das Geld bereits versteuert und muss es nicht nochmal versteuern. Der Geldempfänger hat das Geld jedoch noch nicht versteuert und muss es noch versteuern.

Nehmen wir mal an, die Oma hat ein kaputtes Wasserrohr und ruft deswegen den Handwerker. Außerdem freut sie sich, ihren Neffen regelmäßig zu sehen. Die Oma gibt anschließend dem Handwerker 100 €, weil er das Rohr repariert hat. Und sie gibt ihrem Neffen 100 €, weil sie ihn gerne hat.
Für die Oma macht das keinen Unterschied, ob das Geld nun ein Geschenk oder eine Lohnzahlung ist: Sie gibt in beiden Fällen 100 € und muss nichts versteuern.

Für den Handwerker und Neffen macht es dagegen einen Unterschied, ob sie es als Lohn oder als Geschenk bekommen: Sie erhalten beide 100 € brutto. Aber wer keine Gegenleistung für das Geld in Anspruch nimmt, wird damit belohnt, dass er es nicht versteuern muss.
Wer eine Gegenleistung für das Geld erbringt, wird dafür bestraft und muss Steuern zahlen.

Wir haben hier also eine doppelte Ungerechtigkeit:
Der Handwerker muss arbeiten und Steuern zahlen.
Der Neffe muss weder arbeiten noch Steuern zahlen.

Fairer wäre es, wenn man sich aussuchen könnte, was von beiden man macht: Das heißt, jeder der Geld bekommt, muss sich entscheiden: Entweder er verzichtet auf Arbeit und versteuert das Geld. Oder er versteuert das Geld, muss dafür aber nicht arbeiten.
Dann hätten wir einmal Leute, die für ihr Geld arbeiten. Und zum anderen Leute, die für ihr Geld steuern zahlen. - DAS wäre fair.

Aber im Augenblick haben wir Leute, die für ihr Geld arbeiten und Steuern zahlen. Und auf der anderen Seite Leute, die für ihr Geld weder arbeiten noch Steuern zahlen. Das ist doppelt unfair.

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sagista
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von sagista »

Eulenspiegel hat geschrieben:Wir haben hier also eine doppelte Ungerechtigkeit:
Der Handwerker muss arbeiten und Steuern zahlen.
Der Neffe muss weder arbeiten noch Steuern zahlen.

Fairer wäre es, wenn man sich aussuchen könnte, was von beiden man macht: Das heißt, jeder der Geld bekommt, muss sich entscheiden: Entweder er verzichtet auf Arbeit und versteuert das Geld. Oder er versteuert das Geld, muss dafür aber nicht arbeiten.
Dann hätten wir einmal Leute, die für ihr Geld arbeiten. Und zum anderen Leute, die für ihr Geld steuern zahlen. - DAS wäre fair.

Aber im Augenblick haben wir Leute, die für ihr Geld arbeiten und Steuern zahlen. Und auf der anderen Seite Leute, die für ihr Geld weder arbeiten noch Steuern zahlen. Das ist doppelt unfair.
Wollen wir das wirklich?
Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, indem man keine Geschenke machen darf?
Das ist zwar logisch stimmig argumentiert, führt aber in der Praxis zu völlig bescheuerten Konsequenzen, nämlich eben diesen, die du aufgeführt hast, auch wenn man natürlich noch hinzufügen muss, dass der Handwerker sicherlich auch von Verwandten Geschenke bekommt oder zumindest bekommen hat, wie auch der Neffe sicherlich steuerpflichtig arbeiten muss.

Ich bin der Meinung, dass die Leute mit ihrem Geld machen können müssen, was sie wollen. Die einen haben mehr, die anderen haben weniger, that's life. Wenn man über Schenkungs- und / oder Erbschaftssteuern reden will, stellt sich zunächst die Frage, wie will man es mit Freibeträgen handhaben. Ist dieser entsprechend gestaltet, dass Oma ihr Haus und ihr Erspartes vererben kann, ohne dass der Staat seine gierigen Hände aufhält, fände ich das ok. Warum sollen die Nachkommen nicht von den Leistungen ihrer Vorfahren profitieren? Das ist doch letztendlich wirklich eine Neiddebatte, gehüllt in das Mäntelchen von Chanchengleichheit, die so an sich ohnehin nicht existiert und nie existieren wird, wie es ja Gubblinus schon treffend festgestellt hat.

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BenjaminK
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Eulenspiegel hat geschrieben:
BenjaminK hat geschrieben:Wer eine gesetzliche Forderung zur Stärkung des Einzelhändlers absetzt, und danach bei Großhändlern oder Amazon bestellt und damit dem Einzelhändler schadet, der verhält sich inkonsistent. Sein Verhalten so gestalten, wie man es von anderen (zB der Gesellschaft durch Gesetze) fordert, ist nicht inkonsistent. Solange es erlaubt ist, es anders zu machen, trotzdem das kritisierte Verhalten an den Tag legen finde ich da eher inkonsistent.
Wieso ist das inkonsistent?

Mal anhand eines abstrakten Beispiels am Gefangenendilemma, wieso das durchaus konsistent ist.[...]
Eigentlich funktioniert das Gefangenendilemma nicht über Belohnung, sondern Bestrafung. Es ist immer einfacher, etwas nicht zu bekommen, als etwas wieder abzugeben. Richtig übersetzt wäre es also nicht ein möglicher Gewinn, der lockt, sondern ein Verlust, der abgemildert werden kann. Aber auch beim Gefangenendilemma kann der eine nicht nach Kooperation rufen und vor dem Verhör zu Kooperation aufrufen und dann im Verhör doch die Option Verrat ziehen, weil damit alle, die seinem Aufruf zur besseren Lösung gefolgt sind, schlechter abschneiden als er selbst. Ein "Selbst schuld, ich hab ja nur gesagt, dass Kooperation kollektiv die beste Option ist, nicht dass ich sie selbst wählen würde, solange Verrat unterm Strich für mich bessere Möglichkeiten bietet" ist dann genau die Inkonsistenz. Zurück zur politischen Forderung ist das dann ein "Alle verraten, wir sollten alle inkl. mir zu Kooperation gezwungen werden"? Klingt für mich heuchlerisch "Ich verrate weiterhin solange, bis mich wer zu Kooperation zwingt, auch wenn Verrat kollektiv die schlechtere Lösung ist".

Und der Neffe und die Oma und der Monteur sind ja schöne ikonische Figuren, ist aber, um mal die Worte von Sagista zu unterstützen, auch nur Neiddebatte. Irgendwo muss die Oma die 100 her haben, die sie dem Neffen schenkt. Also muss die Oma irgendwo mal 200 erarbeitet haben, bzw. mehr je nach Steuern, weil sie ja von ihrem versteuerten Vermögen die Schenkung vor nimmt. Je mehr Einkommen auf einer Person vereinigt werden, desto größer fällt die Steuer aus. Einkommen auf mehrere verteilt belastet weniger mit Steuern, Grundfreibeträgen etc. sei Dank. D.h. da der Neffe sich von der Oma aushalten lässt, generiert es mehr Steuern und damit Teilung mit der Gesellschaft, als wenn beide ein reguläres Einkommen erzielen würden und nicht ein extra hohes um einen zweiten auszuhalten. Ehegattensplitting zwischen Neffe und Oma funktioniert auch nicht.

Überhaupt ist interessant, was denn mit den Schenkungen und Erbschaften passiert. Da sind im groben 2 Möglichkeiten gegeben, entweder es wird als Konsum genutzt, also sozusagen aufgegessen und ist dann irgendwann weg oder es wird als Vermögen benutzt und bleibt Ersparnis. Wird es Konsum, profitiert davon derjenige, der den Konsum ermöglicht. Wird es angespart und erhöht sich von alleine, werden davon andere Startups finanziert. Demnach ist das Vermögen, was sich selbst vermehrt ein Irrglaube, weil quasi die Verleihgebühr die Vermehrung bringt. Das ist zwar im strengen auch keine Leistung, weil das Vermögen schon da war und nicht erst erarbeitet wurde, bevor es verliehen wird, aber eben auch kein Gewinn für Nichts. Die Verwendung für Kredite für Startups, Autofinanzierung oder Hausbau fördert den Wohlstand und dafür gibt es im Umkehrschluss auch einen Gewinn.
Leitet gerade;
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Wenn wir ein allgemeines Bildungssystem mit Chancengleichheit hätten dass Talente erkennt und diese fördert, wäre es unerklärlich warum sich gerade in der Schicht mit geringem sozio-ökonomischen Status alle Kinder mit Motivationsmangel wiederfinden sollten.
Man kann natürlich Statistiken mit "ich glaube prinzipiell nicht an Statistiken" immer ablehnen, allerdings ist das wissenschaftlicher Humbug. Einfach keine Statistiken anschaun die in den Medien sind, sondern solche in peer-reviewed Journals, dann findet man dort auch eine ganz andere Qualität an Statistik, die sich den polemischen Vorwurf auch nicht mehr gefallen lassen muss.
Wir haben ein Bildungssytem mit Chancengleichheit.
Jeder darf jede Schule besuchen und mit einer Matura darf ich alles studieren was ich möchte.
Aber wenn mir Eltern was anderes vorleben dann werde ich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch so leben. Das ist aber kein Fehler des Systems an sich.

Und das mit den Statistiken war nur eine Antwort auf eine dämliche Aussage die mir vorgeworfen wurde.

Gute Statistiken haben Ihre Berechtigung aber trotzdem habe ich am Ende nur eine Zahl und keine Begründung warum



Das ist ein Statement ohne Begründung. In meinen Augen nimmt der Erbe eben das Erbe ein. Es ist ein Vermögenszuwachs des Erben, und ist deswegen als Einkommen zu versteuern. (es gibt übrigens auch keinen prinzipiellen Grund warum zB Grund und Boden überhaupt von Privatpersonen besitzt werden muss).
dieses Statement enthält ja bereits die Begründung. Wenn ich die Substanz besteure dann wird die immer weniger. Ich vernichte somit Vermögenswerte die geschaffen wurden. Das ist ja sinnfrei.

Wenn ich heute ein Haus erbe muss ich so oder so Abgaben zahlen die sich gewaschen haben (nennt sich halt nicht Erbschaftssteuer)

Und wer soll denn bitte Grund und Boden deiner Ansicht nach besitzen?

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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Andwari hat geschrieben:[...]österreichische Kassenärzte[...]
Nach Deinem letzten Beitrag könnte man annehmen, die wären Angestellte der Krankenkasse und bekämen ein fixes Gehalt - das stimmt doch aber nicht, oder? In Deutschland rechnen Kassenärzte direkt mit den Krankenkassen "1x Untersuchung = 10€" ab und müssen ansonsten als Freiberufler selbst zusehen, wie sie ihre Praxis damit am Laufen halten. Österreich genauso?
Darf der Wahlarzt in Österreich für dieselbe Leistung wie der Kassenarzt mehr oder dasselbe abrechnen? Kriegt der Patient in jedem Fall dann den Kassen-Tarif von der Krankenkasse erstattet? Weil bekäme der nix, wäre es doch "Privatarzt" und nicht "Wahlarzt".
Gibt es für den Patienten irgendwelche weiteren Anreize, zum Kassenarzt zu gehen (quasi deutsches Hausarzt-Modell), z.B. eine Reduzierung der Kassenbeiträge?
Österreichische Kassenärzte sind per se selbstständige, aber sehr stark an die Kasse gebunden, weil sie sonst den Kassenvertrag verlieren können. Sie rechnen nach Leistung ab (eben 1x Untersuchung gibt X Geld), allerdings hat die Kasse relativ viel Macht, auch über die (eigentlich) selbstständigen Kassenärzte.
Der Wahlarzt ist in Österreich der Privatarzt. Man darf in Österreich zu irgendeinem Kassenarzt gehen, pro Quartal aber nur zu einem Hausarzt (bei Begründung aber auch im Quartal noch wechseln). Niemand hat in Österreich einen zugeteilten Arzt, weder Hausarzt, noch Facharzt, noch Spital.
Der Wahlarzt bietet die gleiche Leistung zum ca. drei bis fünffachen Preis an (gut, nicht ganz die gleiche Leistung, weil er sich mehr Zeit für jeden Patienten nehmen kann). Der Patient kann sich 80% des Kassentarifs für diese Leistung von der Kasse rückerstatten lassen. (was in der Regel so ca. 120€ für eine Erstuntersuchung beim Wahlarzt ist, und dann 20€ Rückerstattung).
Wer sichs leisten kann, geht in Österreich eben zum Wahlarzt (also zum Privatarzt. vielleicht sollt ich einfach Privatarzt schreiben, das wäre eindeutiger).
Der Bevölkerung jegliche Vermögensbildung abzutrainieren wäre mMn eine nicht wünschenswerte Tendenz, denn das führt letztlich zu Wehrlosigkeit gegenüber jeglichen u.a. staatlichen Einflüssen. Wer nix auf der Hohen Kante hat, wird z.B. auch nicht für seine Arbeitsbedingungen streiken können, konsumiert immer brav das, was geliefert wird usw.
Das ist zumindest ein gutes Argument. Allerdings reden wir hier ja über Vermögensübertragung, nicht über Vermögensbildung!
Ansatzpunkt müssen doch die Erträge aus Vermögen sein.
Das ist ein guter Ansatz, allerdings müssen wir uns die Frage stellen ob das ausreicht. Das bremst ja nur die Exponentialkurve der Vermögensansammlung, stoppt sie allerdings nicht. Gewinnbesteuerung, und über einem gewissen Freibetrag auch die Besteuerung des Vermögens selbst, das wäre zumindest mein Vorschlag.
Warum es für Einkommen aus privatem Vermögen in Deutschland einen Steuersatz von 25% gibt, während er für Arbeitseinkommen gestaffelt deutlich höher liegen kann, ist dabei schlicht nicht nachvollziehbar.
Vollkommen deiner Meinung, in meinen Augen gehören alle gewinne aus Vermögen in die Einkommenssteuer eingemündet, und nach gestaffeltem Steuersatz besteuert.
Das ist aber im Bereich Arbeitseinkommen einfach eine Sache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie viel wo für gezahlt wird.
Funktioniert aber nur mäßig wenn einer vom anderen abhängig ist, aber der andere vom einen nicht. Bei Arbeitgeber/nehmer Verhandlungen ist immer das Problem des Abhängigkeitsverhältnisses, das bis jetzt nur durch Gewerkschaften gebrochen wurde (eine andere Variante das zu brechen wäre das bedingungslose Grundeinkommen)
@Erbe =!= Einkommen
Meiner Meinung nach ist allerdings Erbe das Einkommen des Erben ! Er hat nachher mehr als vorher, warum sollte dieses Einkommen unversteuert bleiben ?
(bei juristischen Personen kann man ohne Probleme die Auszahlung an reale Personen mit dem gleichen Steuersatz versehen. Wir haben das gleiche Problem ja auch bei Stiftungen, die Auszahlungen dort sind mit 25% besteuert).
Stirbt der Papa vor dem Opa, spart sich der Enkel eine Versteuerung des Erbes. Wer vier statt drei Generationen im Jahrhundert unterbringt, ist selbst schuld.
Ich halte das alles noch für wesentlich geringere Ungerechtigkeiten des Lebens als wenn jemand arm und jemand reich geboren wird. Wer also solche Ungerechtigkeiten schon anmerkt, der müsste sich eigentlich maßlos aufregen über die Ungerechtigkeit der armen oder reichen Geburt. (wer 4 Generationen unterbringt hat übrigens auch mehr Gelegenheit Vermögen aufzubauen, wüsste auch nicht warum jemand noch Anrecht darauf haben soll irgendwas zu bekommen was vor 100 Jahren von wem erwirtschaftet wurde den er nichtmal kannte ...)
Ich halte daher diese Ungerechtigkeit (man erbt weniger, weil eine Generation mehr dazwischen war) im Vergleich für die wesentlich akzeptablere, als die der reichen und armen Geburt.
Ganz generell lassen sich oft "normale" Größenordnungen von Erbschaft nicht mal eben zu Bargeld machen um eine Steuerschuld zu begleichen. Ganz abgesehen vom Aufwand und den Schwierigkeiten in der Durchsetzung einer solchen Idee.
Es gab in Österreich eine Erbschaftssteuer, so ca. 50 Jahre lang. Es gibt in den USA eine Erbschaftssteuer, es kommt keine Erbschaftssteuer ohne Freibeträge daher, und man kann auf unbewegliche Güter ohne Probleme einen besicherten Kredit aufnehmen und den begleichen. Es muss nicht jedes Vermögen schuldenfrei vererbt werden, und die Freibeträge sind in der Regel so gestaltet dass gerade Dinge wie normale Wohnungen, oder kleinere Häuser, eben nicht besteuert werden.
Ein Erbe in dem einen Jahr des Erbfalls als Einkommen zu sehen stellt den Erben viel schlechter als jemanden, der denselben Betrag in passenden Portionen ausgezahlt kriegt.
Ich würde das nicht einmünden in die normale Einkommenssteuer. Dann wäre dein Argument zutreffend. Eine 20% Besteuerung, nicht gestaffelt wäre allerdings sicher steuerlich günstiger als das in "passenden Portionen (zB über 5 Jahre) ausgezahlt bekommen". Eine Abschreibung auf 10 Jahre wäre sicher auch problemlos möglich.

Ich finde man kann nicht behaupten eine Erbschaftssteuer würde oder könnte nicht funktionieren, wenn wir lange eine Erbschaftssteuer hatten (und die auch funktioniert hat) und andere Länder eine Erbschaftssteuer haben, die aktuell auch funktioniert.
Denderan Marajain hat geschrieben:Wir haben ein Bildungssytem mit Chancengleichheit.
Alle Statistiken widersprechen dir. Würden sie es nicht tun, würden wir diese Diskussion nicht führen !
Du kannst gerne weiterhin Fakten leugnen, das steht dir frei, allerdings ist dann auch jegliche Diskussion mit dir sinnbefreit ...

Die Substanz wird übrigens nicht weniger. Sie wechselt entweder nur den Besitzer, oder man muss für deren Erhalt (und den Gewinn aus dieser Substanz) eben arbeiten.
Jeder ist seines Glückes Schmied, sollte es heißen, und nicht einer hatte Glück weil er einen fleißigen Schmied als Opa hatte ...

Grund und Boden könnte auch ausschließlich der Staat besitzen, von welchem man Grund und Boden pachtet (von mir aus auch auf Lebenszeit). Es gibt Konzepte dafür.

"sich gewaschen haben" ... klar ... ich weiß was man dafür zahlt, gewaschen hat sich da gar nix.

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Denderan Marajain
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Re: Chancen(-un-)gleichheit

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Alle Statistiken widersprechen dir. Würden sie es nicht tun, würden wir diese Diskussion nicht führen !
Du kannst gerne weiterhin Fakten leugnen, das steht dir frei, allerdings ist dann auch jegliche Diskussion mit dir sinnbefreit ...
Hör doch bitte auf die an irgendwelche Statistiken zu klammern die in Wahrheit niemanden interessieren da sie das Thema ja gar nicht erfassen.

Fakt ist ich kann in Österreich Arzt werden egal ob meine Eltern Ärzte sind oder Häusl putzen. Deswegen haben wir Chancengleichheit.

Es ist nur für die, die es nicht schaffen, eine willkommene Ausrede

Das es nicht genutzt wird ist aber nicht die Schuld des Systems
Die Substanz wird übrigens nicht weniger. Sie wechselt entweder nur den Besitzer, oder man muss für deren Erhalt (und den Gewinn aus dieser Substanz) eben arbeiten.
Jeder ist seines Glückes Schmied, sollte es heißen, und nicht einer hatte Glück weil er einen fleißigen Schmied als Opa hatte ...
Natürlich wird sie weniger da ein Teil zum Staat abwandert und nur weil mein Opa eine faule Sau war und deiner Nicht sollst du bestraft werden?
Grund und Boden könnte auch ausschließlich der Staat besitzen, von welchem man Grund und Boden pachtet (von mir aus auch auf Lebenszeit). Es gibt Konzepte dafür.
Ich dachte das hätten wir hinter uns gelassen
"sich gewaschen haben" ... klar ... ich weiß was man dafür zahlt, gewaschen hat sich da gar nix.
Dann gratuliere ich dir zu deinen Reserven. Es gibt genug die sich ein Erbe nicht leisten können und da wollen wir noch eine Erbschaftsteuer draufwerfen? Alles klar

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