Demonstrationen - Gewalt legitim?

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Andwari
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Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Talron
Vermutest Du, die hamburgischen Anwälte, Staatsanwälte und Richter seien U-Boote der CDU oder der FDP? Denn dass es SPD, Grünen und Linken eher schadet, wenn das Thema "Innere Sicherheit" im Wahlkampf weiter bedeutsam ist, ist klar (die FDP profiliert sich da stark als rechtsstaatliches Korrektiv zur CDU/CSU mit Wählbarkeit von Mitte-links bis zum rechten Rand). Oder sollten sie gar den perfiden Plan hegen, durch eine Stärkung der AfD eine weitere GroKo zu erzwingen?

Die kommunizierte (-> FAZ oben) Vorgehensweise ist schon bemerkenswert:
- es seien für keine der 13 Personen Haftbefehle beantragt worden - d.h. nicht der Ermittlungsrichter hat die abgelehnt, sondern die Staatsanwälte haben das nicht mal vorgelegt.
- die Aussage, "die Polizei" habe die Anträge erst spät eingereicht, passt nicht - das muss ein Staatsanwalt machen und kriegt dafür natürlich die Infos seiner Ermittlungshelfer (Polizei).
- 4 Fälle seien wegen mangelnder Tatbeteiligung nicht weiter verfolgt worden - O.K, kann sein, da hat also jemand (Staatsanwalt) rechtzeitig dran gearbeitet.
- 4 weitere Fälle sei eine 'Ingewahrsamnahme' (von Fr bis So/Mo) verlängert worden - das klingt sehr speziell, d.h. ist eigentlich länger als erlaubt (Polizeigewahrsam) und passt nicht zu festgenommenen Verdächtigen. Da muss irgendein Richter was entschieden haben - vmtl. Unterbindungsgewahrsam - und das klingt hier eigentlich nach der völlig falschen Schiene, wenn man eigentlich von Personen ausgeht, die schwerer Straftaten verdächtigt werden.
- 5 Fälle wurden einfach so verbummelt?

Falls irgendwer noch vermutete, dass unter den 13 Personen die Dach-Steineschmeisser sind, gibt das insgesamt eine echt schwaches Bild. Wenn sich alle einig waren, dass man durch den SEK-Einsatz nur "die Falschen" erwischt hat, ist sowohl die unterschiedliche Behandlung als auch die Kommunikation völlig daneben. Wie eigentlich doch eher "festgenommene" statt "in Gewahrsam genommene" Personen über viele Stunden in einer Zelle der Gefangenensammelstelle hocken, ohne dass irgendwer meint, dass man mit denen doch irgendwie mal feststellen sollte, warum die eigentlich hier sind - sonderbar. Irgendwie muss zwischen Festnahme durchs SEK und Ankunft in der Gefangenensammelstelle die Info verloren gegangen sein, wer diese Personen eigentlich waren und dass man denen (zumindest einigen) eigentlich versuchten Mord vorwerfen will.

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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

Warum Verschwörungstheorien bemühen, wenn es auch einfache menschliche Dummheit und Arroganz tut.
Man schaue sich den ganzen Skandal zur Antisemitismus Doku und die Selbstentleibung des MDR/ der ARD an.
Oder das Verhalten des amtierenden Richters in einem der letzten NS-Verbrecher Fälle in Deutschland. (Der jetzt auch an die Wand gefahren wurde...)

Was ist denn das für eine Aussage: Da wurden Leute die mutmaßlich einen Mordversuch begangen haben freigelassen (werden nicht belangt?) weil uns zwei Stunden zu wenig waren einen Antrag zu bearbeiten. In meinen Augen steht da ein sich für "unfehlbarhalten" dahinter. Ich stehe über allem bin der King und keiner hat das Recht mich zu kritisieren. Nennt sich Gottkomplex. Kommt generell bei Menschen vor die Macht über das Leben von anderen Menschen haben bzw es gewohnt sind letzte und unwidersprochene Kontrollinstanz zu sein und mental diesem Druck nicht gewachsen sind.
Ich glaube viele kappieren die Außenwirkung ihrer Worte nicht, weil sie annehmen, dass sie als nahezu göttliche Fügung zu verstehen sind. Sprich Vorbehalts und kritiklos zu akzeptieren. Und das ist eben nicht mehr der Fall. Wenn man Umfragen glauben kann, dann vertrauen schon jetzt mehr Leute der Polizei als der Justiz.

Andwari
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Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Hesindian Fuxfell
Noch mal bzgl. Münchner Sicherheitskonferenz - und warum ich die für tendentiell vergleichbar halte - und dabei die Beeinträchtigungen für normale Stadtbewohner und arbeitende Bevölkerung klar geringer sind:

- es sind immer dutzende Personen mit Sicherheitseinstufung da, vmtl. sogar zahlenmäßig mehr als bei G20
- diese liefern gute Feindbilder für Extremisten, die sich aussuchen können, ob sie was gegen Israelis, Iraner, Araber oder sonstige internationale Gäste oder gegen Nato, Militär überhaupt oder deutsch-amerikanische Beziehungen haben.
- es sind hochrangige Politiker anwesend - wenn auch nicht die Spitze wie bei bei G20 - halt einige Regierungschefs (überwiegend kleinerer Staaten) und sehr viele Außen- und Verteidigungsminister - die Redner- und Teilnehmerliste und wann die da sind, ist beim Veranstalter leicht in Erfahrung zu bringen (siehe dort), das ist eine Konferenz mit vorher bekanntem Ablauf.
- die Teilnehmer müssen irgendwie vom Flughafen zum Konferenzort in die Innenstadt.
- es wird ein Innenstadtbereich abgesperrt - dass der nur ca. 500*500 Meter groß ist - spricht mMn für die Veranstalter der SiKo bzw. das Sicherheitskonzept der Polizei.
- es gibt während der Veranstaltung mehrere Demonstrationen gegen diese - meist in unmittelbarer Umgebung. Diese sind allerdings merklich kleiner, d.h. einige tausend Teilnehmer und nicht zigtausend. Das liegt wohl auch daran, dass das halt eine wiederkehrende Veranstaltung ist (verringert spontane Mobilisierung von mäßig interessierten Personen) und diese halt im Februar stattfindet, d.h. es ist kalt. Es gab früher (z.B. 2004) durchaus größere Demonstrationen und auch mehr Konfrontation mit der Polizei.
- die Verkehrsbehinderungen ergeben sich überwiegend durch die Demos gegen die Veranstaltung - die laufen auf den umliegenden stark frequentierten Straßen. Als Folge ist der Altstadtring typischerweise zwischen Stachus und Odeonsplatz dicht und der oberirdische ÖPNV-Plan da auch Makulatur (Trambahnen, Busse) - bei S-Bahn und U-Bahn ist das weniger bis nix an Beeinträchtigung.
- Presseinteresse erschließt sich mir nur wenig als Argument, einige hundert akkreditierte Journalisten sind da auch - für Krawallmacher würde die Presse schon berichten, wenn die was Spektakuläres machen.

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Ungelesener Beitrag von Hesindian Fuxfell »

Andwari hat geschrieben: 12.07.2017 18:13wenn auch nicht die Spitze wie bei bei G20
Andwari hat geschrieben: 12.07.2017 18:13Das liegt wohl auch daran, dass das halt eine wiederkehrende Veranstaltung ist (verringert spontane Mobilisierung von mäßig interessierten Personen)
Ich hab mal zwei mMn wichtige Unterschiede, die genau den Punkt angeben, warum dort nicht so viel passiert, herausgenommen.
Das andere ist: Wie große wird im Vorfeld der Sicherheitskonferenz in der Presse darüber gesprochen, dass die jetzt wieder ansteht? Das ist der entscheidende Punkt, den ich mit Presseinteresse meinte. Diese Informationsflut direkt im Vorfeld ist auch ein Aktivierungsfaktor.
Außerdem brauchen die Krawallmacher die möglichst große Gruppe um unerkannt zu bleiben/besser untertauchen zu können. Durch die Verringerung der allgemeinen Demonstrationen ist es für die "professionellen" Brandstifter und Steinewerfer halt gefährlicher, nicht durch das Sicherheitskonzept.
Andwari hat geschrieben: 12.07.2017 18:13Es gab früher (z.B. 2004) durchaus größere Demonstrationen und auch mehr Konfrontation mit der Polizei.
Und wenn du das jetzt mit der Gewaltentwicklung der extremistischen Szenen besonders nach der Finanzkrise hernimmst: Wenn die Aufmerksamkeit und der Wille da wären, würde es in München zur Sicherheitskonferenz nicht wirklich friedlicher abgehen. Seit 2004 ist nur das Interesse u.a. aus oben genannten Gründen abgeflaut.


Es hat also eher wenig bis nichts mit irgendwie besserer Sicherheitspolitik in Bayern zu tun, dass akutell bei der Sicherheitskonferenz nicht so viel passiert.

EDIT: Hier mal noch ein Interview, welches ich sehr interessant finde und in dem auch von professioneller Seite aufgezeigt wird, dass die Art und Weise schlecht mit anderen Sachen vergleichbar ist:

Interview SEK-Einsatz

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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

EDIT: Hier mal noch ein Interview, welches ich sehr interessant finde und in dem auch von professioneller Seite aufgezeigt wird, dass die Art und Weise schlecht mit anderen Sachen vergleichbar ist:
Aber zeigt das nicht augenscheinlich, dass das ganze Gerede von Eskalation seitens der Polizei völlig falsch ist?
Faktisch traf ein SEK Kommando mit Schussfreigabe (also wirklich maximale Eskalation) auf keinen Widerstand. Die mussten nicht einmal alle festsetzen, sobald klar war, dass sie da waren, war der Spuk zuende.
Bedeutet das nicht jetzt, dass die Polizei einfach generell viel zu eingeschänkt und unentschlossen vorgeht und damit ihren Respekt verspielt hat?
D.h. Deeskaltion ist faktisch Kapitulation und Staatsversagen?
Das wäre dann ja die Lektion aus Hamburg?

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Der Wanderer
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Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

Ich finde, man sollte zwei Dinge unterscheiden:

Einmal die Polizeistrategie und -taktik. Ob die aufgegangen ist, kann ich schwer beurteilen - und ich tue jetzt auch gar nicht so, als wäre ich da Experte oder hätte Ahnung. Die gewaltbereiten Krawallbrüder und -schwestern, die aus ganz Europa angereist sind, hatten ohnehin vor, Ärger zu machen, den hätte es gegeben, mit oder ohne dass die Polizei für Eskalation gesorgt hätte. Ich glaube nicht, dass also das Verhalten der Polizei die Ursache dafür war, dass es die Ausschreitungen gab. Allerdings hat man zumindest gegen manche Ausschreitungen wenig unternommen bzw. sie von vornherein nicht unterbinden können. Ob nun zu viel verlangt ist, dass man verhindert, dass hundert Vermummte irgendwo morgens Autos anzünden oder ein paar Straßenzüge stundenlang verwüsten, kann ich nicht recht beurteilen. Wobei ich ein paar Zweifel habe, dass das etwas mit "Deeskalation" zu tun hat, sondern eher mit den Möglichkeiten. (Im ersten Fall war wohl einfach keine Polizei in Reichweite, im zweiten haben sie sich nicht getraut.)

Das andere ist Polizeigewalt: Gegen Leute, die gerade Straftaten begehen, muss man nun wirklich nicht zimperlich sein (die besagte Autoanzünder-Gruppe hätte man sicherlich "robust" hindern können, ohne dass jemand gemeckert hätte), auch wenn Angemessenheit dennoch wichtig ist: Auch Straftäter haben Rechte. Und sicherlich gibt es hier, je nach Fall, Handlungsweisen, mit denen man die Situation tatsächlich eher entschärft oder noch schlimmer macht. Ich bin froh, nicht in der Situation zu sein, dass entscheiden zu müssen.
Was aber gar nicht geht, leider aber dennoch der Fall war, ist, dass man den Einsatz von Gewalt generalisiert. Es gibt genug Videos, wo man Polizisten sieht, die völlig unnötigerweise Demonstranten Gewalt antun. Sei es, einem Herumstehenden einfach fest und wiederholt ins Gesicht zu schlagen, sei es, einem Angehörigen des Schwarzen Blocks, der aber bereits am Boden liegt, ebenfalls wiederholt Faustschläge zu versetzen.
Ich gehe mal davon aus, dass das nicht grundsätzlich die Linie der Polizei war und die meisten Polizisten dies eben nicht so hielten, aber: Nein, das kann nicht sein. Leider ist mein Eindruck von den paar Demos, auf denen ich war, dass manchem Beamten schnell die Hutschnur platzt oder er von vornherein eine hohe Aggressivität an den Tag legt, die dann recht wahllos ausgelebt wird. Irgendjemand macht nicht genau das, was der Polizist will oder nervt ihn irgendwie? Zack, Faust, Schlagstock oder Pfefferspray.

Wie gesagt, ich glaube zwar nicht, dass dies nun sigfinikant eskalierend wird (nee, wenn man also Normalo den Sandhandschuh in die Fresse bekommt, regt man sich sicherlich auf, verpisst sich aber lieber generell, wenn man nicht eh direkt zum Notarzt rennt; "Deeskalation" will ich das aber nicht nennen), aber das schadet natürlich massiv dem Image der Polizei. Siehe auch Stuttgart-21-Proteste.
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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

Du stehst halt vor dem Grundsätzlichen Problem:
Bist du zu weich, wirst du nicht ernst genommen und kannst deinen Schutzauftrag nicht erflüllen. Man fürchtet dich nicht.

Und wenn ich ganz ehrlich bin, so kann ich nicht erkennen, dass der Ruf der Polizei besonders schlecht ist. Polizist ist immer an den forderen positionen an Berufsgruppen denen die Deutschen vertrauen. Da haben Politiker oder Journalisten ganz andere Werte.
Und ganz im Ernst ich würde nicht darauf wetten wollen, dass mehr Demonstranten verdreschen das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei schmälern würde. Mal im ernst, in der Bevölkerung überwiegt doch eindeutig das: Die Polizei soll mal ordentlich draufdrschen, dass die keine Autos mehr anzünden...
Du musst dir überlegen, dass viele Leute eben arbeiten müssen und nichtmal Zeit für eine Demo haben. Wenn in deren Augen dann ein Fauler haufen auchnoch ihren Besitz anzündet, für den sie hart gearbeitet haben, dann gehört dem der Ranzen voll und auch jedem Taugenichts, der da dabei steht, auch .
Klar, ich kriege meine Infos auch aus der Tagesschau, vom Scheibenwischer etc. aber das ist nicht die norm. Wenn du in der Bahn oder generell in den Öffis fährst oder auch einfach durch die Stadt läufst, dann unterhalten sich eindeutig mehr über RTL (RTL2 pro sieben?) Auf Streife? und mit was für Spacken es doch Polizisten zu tun haben. Und wie verdient und lustig es ist wenn die mal auf die Schnauze bekommen und nicht über irgendeine Arte Doku über Polizeigewahlt. Wobei ich wieder ganz ehrlich zugeben muss, dass arte auch bei mir gerade was Glaubwürdigkeit angeht so im Keller ist, das RTL2 wie eine himmlische Wahrheitsverkündung daneben erscheint.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Naja, natürlich schadet es dem Image der Polizei, wenn Bilder die Runde machen, wo Polizisten offensichtlich Unbewaffneten ins Gesicht schlagen und ob Wasserwerfer gegen Sitzblockaden eingesetzt werden müssen, darüber kann man sicher auch geteilter Meinung sein. Was jedoch albern wirkt ist, wenn man im Bezug auf die "Welcome to Hell"-Demo sagt, es sei unverhältnismäßig gewesen, da rein zu gehen, wo sich doch 90 % der Vermummten nach Aufforderung entmummt haben. Mag ja sein, dass sich 70, 80 oder von mir aus auch 90 % entmummt haben, aber trotzdem gab es immer noch Vermummte. Soweit ich informiert bin, ist selbst das Mitbringen von Vermummungsmaterial zu einer Demo bereits untersagt, also was hätte die Polizei konkret tun sollen? Vermummte gewähren lassen?

Tatsächlich finde ich vieles in der Diskussion rund um den G 20 Gipfel - also ganz allgemein, nicht hier im Speziellen - ziemlich schräg.

Zum einen ist da das ewige Gerede davon, die Polizeit habe die Eskalation provoziert. Ja glaubt wirklich ernsthaft jemand, es hätte keine Ausschreitungen gegeben, wäre keine Polizei vor Ort gewesen?

Zum zweiten die Versuche, den Leuten einzureden, die Gewalt hätte nichts mit Links zu tun. Habe ich ja hier auch schon angesprochen. Jeder Politiker, der das behauptet, stiehlt sich damit aus der Verantwortung. Ich glaube, die linken Parteien schaden sich gerade extrem selbst mit ihrem Rumgeeier und Rumlaviererei. Die autonomen Gewalttäter etc. sind eben die picklige Verwandschaft der Linken, mit denen man vielleicht nichts zu tun haben will - wobei ja selbst das nicht so ganz klar ist bei allen - aber deren Verleugnung nicht viel bringt.

Zum dritten die Nachlese, hätte man das im Hamburg nicht veranstalten sollen und wäre es woanders besser gelaufen. Das ist zum einen einfach nur Spekulation und zum anderen einfach albern, wenn man sagt, das wäre in München, Köln oder Berlin ganz anders und vor allem besser gelaufen. Man kann sich grundsätzliche Fragen stellen, ob man sowas in Großstädten machen sollte und zwar nicht aus Angst vor Randalierern, sondern vor dem Hintergrund, ob man den Menschen in der Stadt sowas mit den damit einhergehenden Unannehmlichkeiten überhaupt zumuten kann.

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Der Wanderer
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Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

sagista hat geschrieben: 13.07.2017 23:53Soweit ich informiert bin, ist selbst das Mitbringen von Vermummungsmaterial zu einer Demo bereits untersagt, also was hätte die Polizei konkret tun sollen? Vermummte gewähren lassen?
Das kann ich Dir nicht sagen und werde ich Dir daher nicht sagen. Allerdings gibt es Stimmen aus dem Polizeiumfeld, die sagen, dass man nicht unbedingt mit Gewalt reingehen muss. Rechtlich wohl okay und angemessen, aber zielförderlich wohl nicht. Der Leiter der Polizei, Dudde, scheint aber generell Anhänger harter Einsätze zu sein.
Ja glaubt wirklich ernsthaft jemand, es hätte keine Ausschreitungen gegeben, wäre keine Polizei vor Ort gewesen?
Keine Ahnung, ob das ernsthaft wer glaubt. Ich jedenfalls nicht. Aber die Polizei scheint an manchen Stellen hart eingeschritten zu sein (Vermummte), an anderen dafür dann erstmal gar nicht. (Schanzenviertel.) Konsequent sieht auch anders aus.
Die autonomen Gewalttäter etc. sind eben die picklige Verwandschaft der Linken, mit denen man vielleicht nichts zu tun haben will - wobei ja selbst das nicht so ganz klar ist bei allen - aber deren Verleugnung nicht viel bringt.
Naja, "links" ist ja ein weiter, unscharfer Begriff. Die aus den pazifistischen linken Strömungen finden Gewalt nun natürlich nicht "links" - und haben damit dann ideologisch auch nichts zu tun. Aber ja, viele sehen sich ja als Rebellen gegen das System, und da wird ideologisch eine gewisse Gewalt gerechtfertigt. Es ist jedenfalls hochgradig albern und bigott, wenn so Typen wie Blechschmidt (Organisator der "Welcome to hell" mit klaren Statements) plötzlich meinen, das wäre alles gar nicht links und sie hätten da keinen Anteil dran.

Aber: Es scheinen auch eher rechtsextrem gesinnte Krawallos dabei gewesen zu sein. Aber in den Extremen schließt sich der Kreis ja eh schnell.
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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

Keine Ahnung, ob das ernsthaft wer glaubt. Ich jedenfalls nicht. Aber die Polizei scheint an manchen Stellen hart eingeschritten zu sein (Vermummte), an anderen dafür dann erstmal gar nicht. (Schanzenviertel.) Konsequent sieht auch anders aus.
Naja, das hatte sich doch jetzt eigentlich geklärt. Sie sollte zum Schanzenviertel wurden aber schon am Eingang so massiv mit Steinen von den Dächern angegriffen, dass ein weiteres Vorrücken von den Einsatzleitern vor Ort abgelehnt wurde. Darauf hin wurde anscheinend das SEK (einige beahupten GSG) mit Schusswaffenfreigabe zur Sicherung der Lage angefordert. Die konnten die Situation dann recht schnell ohne große Gewaltanwendung beenden, weil sich kurz nach dem Bemerken ihres Eintreffen die Randalierer entweder ergaben oder verzogen.

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sagista
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Der Wanderer hat geschrieben:Das kann ich Dir nicht sagen und werde ich Dir daher nicht sagen. Allerdings gibt es Stimmen aus dem Polizeiumfeld, die sagen, dass man nicht unbedingt mit Gewalt reingehen muss. Rechtlich wohl okay und angemessen, aber zielförderlich wohl nicht. Der Leiter der Polizei, Dudde, scheint aber generell Anhänger harter Einsätze zu sein.
Solang sich die Polizei bei "harten Einsätzen" gesetzeskonform verhält, finde ich das erst einmal unproblematisch, wenn es keine andere Lösung gibt. Aber grundsätzlich denke ich, sollte die Polizei versuchen, z. B. renitente Vermummte vom Rest der Demonstration zu isolieren, insbesondere auch im Interesse der vernünftigen Demonstranten.
Der Wanderer hat geschrieben:Keine Ahnung, ob das ernsthaft wer glaubt. Ich jedenfalls nicht. Aber die Polizei scheint an manchen Stellen hart eingeschritten zu sein (Vermummte), an anderen dafür dann erstmal gar nicht. (Schanzenviertel.) Konsequent sieht auch anders aus.
Naja, wenn die Sicherheit der Beamten derart gefährdet ist, wie es wohl im Schanzenviertel gewesen zu sein scheint, ist das vollkommen normal, dass die da nicht reingeht. Auch ein Polizist muss sich nicht selbst in eine unkalkulierbare Gefahrensituation begeben. Faktisch wurde das Schanzenviertel zu einem rechtsfreiem Raum. Wie man so etwas in Zukunft verhindern will, ist eine spannende Frage. Umso merkwürdige, dass die auf dem Dach Festgenommenen alle wieder auf freiem Fuß sind.
Der Wanderer hat geschrieben:Naja, "links" ist ja ein weiter, unscharfer Begriff. Die aus den pazifistischen linken Strömungen finden Gewalt nun natürlich nicht "links" - und haben damit dann ideologisch auch nichts zu tun. Aber ja, viele sehen sich ja als Rebellen gegen das System, und da wird ideologisch eine gewisse Gewalt gerechtfertigt. Es ist jedenfalls hochgradig albern und bigott, wenn so Typen wie Blechschmidt (Organisator der "Welcome to hell" mit klaren Statements) plötzlich meinen, das wäre alles gar nicht links und sie hätten da keinen Anteil dran.
Klar, das linke Lager ist breitgefächert, wie das rechte oder islamistische Lager auch. Auch bei Pegida oder der AfD ist der Anteil jener, die Anschläge auf Asylunterkünfte oder Ausländer tolerieren oder gar befürworten, wahrscheinlich nicht so groß, wie manche zu glauben scheinen. Auch ist die Geschichte der Linken im Ganzen natürlich extrem gewalttätig und auch heute wird ja von vielen linken Gruppierungen eine gewisse Militanz gegen das System befürwortet, wie du ja auch ganz treffend angemerkt hast. Typen wie Blechschmidt, Beuth oder Damen wie Laquer oder Ditfurth erahnen wahrscheinlich garnicht, welchen Schaden sie "ihrer" Bewegung zufügen.
Der Wanderer hat geschrieben:Aber: Es scheinen auch eher rechtsextrem gesinnte Krawallos dabei gewesen zu sein. Aber in den Extremen schließt sich der Kreis ja eh schnell.
Zum einen das - also das im zweiten Satz - und zum anderen ist sowas - das im ersten Satz - immer eine sehr schwierige Sache. Natürlich kann das sein, das Gegenteil beweisen kann niemand, nur funktioniert diese Argumentation natürlich genauso gut auch anders herum, z. B. dass man sich als Linker in eine Pegida-Demo einschleicht und dann besonders markige Sprüche in Kameras raushaut. Oder Hakenkreuze an Asylunterkünfte schmiert oder noch schlimmere Dinge tut, solang es der guten Sache, also dem Kampf gegen Rechts dient.

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Ungelesener Beitrag von AngeliAter »

Bei den Links- und Rechtsextremen findet zur Zeit sowie eine Vermischung statt. Es gibt genügend Linksextrme welche auch gegen Ausländer sind, im Gegenzug auch Rechte welche den Kapitalismus ablehnen (werden die jetzt statistisch die neue mitte? :lol: ).
Da scheint der "Kampf" gegen die Staatsgewalt der einigende Faktor zu sein.
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

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Cifer
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Ungelesener Beitrag von Cifer »

Um nochmal was von weiter oben aufzugreifen:
sagista hat geschrieben: 07.07.2017 09:31Was ist denn "ein echter sagista"?
Es gibt diese "Argumentation" in linken Kreisen durchaus, so dass ich das durchaus auch ansprechen wollte und deine Frage als Anlass dazu genutzt habe. Durch die Formulierung mit "ins Hirn geschissen" vermutete ich, dass es in diese Richtung gehen könnte, so nach dem Motto "die wussten doch was passieren würde, warum machen sie es dann dort?".

Dass die Stadt in erster Linie durch die befürchtete und angekündigte Krawalle quasi stillsteht ist ja offensichtlich.

Für das, was du schreibst, spricht natürlich einiges. Aber wenn man nun in der Konsequenz zukünftig davon absähe, G 20 Gipfel in Metropolen abzuhalten, wäre dass dann nicht in letzter Konsequenz ein Triumph der Krawallmacher? Die vielen friedlichen Demonstranten profitieren ja auch davon, dass der Gipfel in einer Metropole stattfindet und nicht irgendwo auf einer Almhütte oder einem Flugzeugträger.
Was die Lahmlegung der Stadt angeht: Es gab eine durchgezogene Linie vom Flughafen im Norden über das zentral gelegene Messegelände bis zur Elbphilharmonie, die die Stadt quasi zweigeteilt hat, einmal quer durch die Innenstadt. Diverse Buslinien haben den Betrieb komplett eingestellt. Und das lag nicht an den vermuteten Krawallen, sondern schlicht daran, dass gemäß Regularien die Staatsgäste eben absolut freie Fahrt auf diesen Wegen haben mussten. Auch wenn alle Demonstranten der Welt wegen Bodennebel zuhause geblieben wären, hätte dieser Korridor die Stadt die Woche über schlicht lahmgelegt - hat er ja auch schon in den Tagen vor dem Ankommen der Politiker und Demonstranten.


Was ansonsten die Krawalle und Polizeireaktionen anging, würde ich sagen, dass es auf beiden Seiten neben berechtigten Aktionen massive Exzesse gab. Die entschuldigen sich in keiner Weise gegenseitig und schaden jeweils der eigenen Fraktion.
Auf Seiten der Chaoten hat man es durch die eigenen bescheuerten Aktionen geschafft, dass die friedliche 76.000 Leute Demo medial ziemlich unbeobachtet blieb. Ich bin geneigt, den Aussagen zuzustimmen, dass sich da in den schwarzen Block noch einige von außerhalb des linken Spektrums gemischt haben, denn vermutlich hätten sich die Linken selbst nicht unbedingt die Läden um die Rote Flora herum angezündet, mit denen man AFAIK eher gute Nachbarschaft hat. Aber auch die eigentlichen Linksautonomen haben mit Sicherheit genug Scheiße angerichtet und eine deutlichere Abgrenzung und Selbstreinigung hätte einiges rausreißen können.
Auf Seiten der Polizei hat man sich mit der frühzeitigen Eskalation (damit meine ich nicht Welcome to Hell, sondern das Abreißen der zuvor genehmigten (!) Zeltplätze) einen Haufen Sympathie verspielt. Wie schwer kann es sein, bei einem Einsatz als sympathisch rüberzukommen, wenn die Gegner Kleinwagen und später sogar Geschäfte anzünden und mit Präzisionszwillen mit Stahlgeschossen anrücken? Aber anscheinend kriegt man es hin, indem man auch friedliche Demos mit überzogener Härte auseinandernimmt, Anwälten den Zugang zu ihren Mandanten (bzw. Ingewahrsamgenommenen den Zugang zu Anwälten) versperrt und Presseakkreditierungen einkassiert.

Die Gewinner der Tage sind die Erdogans und Putins dieser Welt, die in Zukunft immer darauf verweisen können, dass sie eben solche Anarchie bei sich unterbinden wollen und dazu auch nicht viel mehr Gewalt anwenden als das brave westliche Deutschland. Übrigens gibt es auch einen allgemein recht interessanten Bericht eines anwesenden Polizisten, der unter anderem genau das kritisiert.
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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Wie ich ja auch schon sagte, ich denke, das ist durchaus ein Aspekt und Gedankengang, dem ich folgen kann. Aus Angst vor Krawalle keine Gipfel mehr in Metropolen abzuhalten würde ich grundfalsch finde, keine derartigen Gipfel mehr in Metropolen abzuhalten, weil es die Bevölkerung der Metropole in einer nicht angemessenen Art und Weise im täglichen Leben beeinflusst, fände ich zumindest nachvollziehbar, vor allem, weil es ja auch über mehrere Tage ging. Gewisse Einschränkungen muss man als Bürger bisweilen ja hinnehmen, ansonsten hätte man ja gegen jede Demo solche Argumente.

Bei der Gegenüberstellung von polizeilicher Gewalt und Gewalt durch Demonstranten / Randalierer / Linksextreme / Autonome / whatever ist ein Aspekt wesentlich: Die Polizei hat das Recht, siuationsbedingt Gewalt anzuwenden, die andere Seite nicht (außer natürlich Notwehr / Nothilfe, aber die natürlich im Regelfall nicht gegen Polizisten). Deswegen halte ich es auch für falsch, diese Aspekte gegenüberzustellen. Wer kategorisch ausschließt, die Polizei habe Fehler gemacht, der macht sich natürlich unglaubwürdig; Aufzeichnungen auch aus unverdächtigen Quellen belegen, dass es auch Fehlverhalten der Polizei gegeben hat und dass das nicht alles friedliche Menschen sind, ist auch klar.

Nur muss jeder wissen, dass Steine werfen, Autos anzünden und Geschäfte plündern niemals, unter keinen Umständen durch irgendetwas zu rechtfertigen ist. Niemals! Auch nicht, wenn man vorher friedlich demonstriert hat und dann von einem Polizisten im Berserkermode verdroschen wurde. Und das ist auch nicht verständlich oder nachvollziehbar, nein, es ist und bleibt eine Straftat, die leider viel zu selten geahndet wird / werden kann, wie natürlich der Berserkerpolizist auch.

Das ändert gleichwohl nichts daran, dass insbesondere ein (scheinbar) aus dem Ruder gelaufener Polizeieinsatz anschließend präzise aufzuarbeiten ist. Was ist gut gelaufen, was schlecht? War die Einsatzstrategie die richtige? War das Maß an Gewalteinsatz berechtigt oder wurde in übertriebener Härte vorgegangen? Gab es Fehlverhalten einzelner Beamter? Und da ist halt die Frage, vertraut man den zuständigen Institutionen, die die Kompetenz und die Aufgabe haben, dies zu prüfen oder vermutet man ohne Hinweise und Indizien, dass das eh nur vertuscht, verharmlost und gefälscht wird, Nur hat man dann eigentlich noch ganz andere Probleme mit dem Staat. Genauso übrigens, wie wenn man meint, dass Polizeipräsenz per se provoziert.

Dass Autokratien sowas ganz anders lösen ist bekannt. Erdogan schwadroniert ja davon, den (angeblichen) Putschisten den Kopf abzureißen, was er, wie ich befürchte, tatsächlich auch wörtlich genau so meint. Aber würde ein G20-Gipfel in Istanbul stattfinden, wäre wahrscheinlich mit Toten zu rechnen.

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Cifer
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sagista hat geschrieben: 16.07.2017 23:11Nur muss jeder wissen, dass Steine werfen, Autos anzünden und Geschäfte plündern niemals, unter keinen Umständen durch irgendetwas zu rechtfertigen ist. Niemals!
Cifer hat geschrieben: 16.07.2017 21:55Was ansonsten die Krawalle und Polizeireaktionen anging, würde ich sagen, dass es auf beiden Seiten neben berechtigten Aktionen massive Exzesse gab. Die entschuldigen sich in keiner Weise gegenseitig und schaden jeweils der eigenen Fraktion.
Und natürlich kann man hier gegenüberstellen: Die Demonstrationen und ihre Regulierung durch die Polizei (inklusive sinnvoller Gewaltanwendung wo gegen Kriminelle nötig) auf der einen Seite und die Brandstifter und Prügelpolizisten auf der anderen. Bei letzteren Gruppen ist es Aufgabe des Staates, Schaden zu vermeiden und strafbare Aktionen zu verfolgen. Das kann heißen, nicht mit dem Knüppel reinzugehen, wenn da die letzten zehn Heinis aus dem riesigen Demozug ihre Vermummung nicht ablegen (*). Das kann heißen, dafür zu sorgen, dass alle Beamten genug Schlaf, Wasser und Ruhezeiten bekommen, damit sich nicht der Stress zu stark aufbaut. Und das sollte natürlich heißen, schwerere begangene Straftaten zu unterbinden und zu ahnden.

(*) Insofern finde ich die Initiative von Herrn Pistorius, das Vermummungsverbot zur Ordnungswidrigkeit abzustufen und damit Polizisten auch offiziell mehr Spielraum in der Verfolgung zu geben sehr sinnvoll.
sagista hat geschrieben: 16.07.2017 23:11 Das ändert gleichwohl nichts daran, dass insbesondere ein (scheinbar) aus dem Ruder gelaufener Polizeieinsatz anschließend präzise aufzuarbeiten ist. Was ist gut gelaufen, was schlecht? War die Einsatzstrategie die richtige? War das Maß an Gewalteinsatz berechtigt oder wurde in übertriebener Härte vorgegangen? Gab es Fehlverhalten einzelner Beamter? Und da ist halt die Frage, vertraut man den zuständigen Institutionen, die die Kompetenz und die Aufgabe haben, dies zu prüfen oder vermutet man ohne Hinweise und Indizien, dass das eh nur vertuscht, verharmlost und gefälscht wird, Nur hat man dann eigentlich noch ganz andere Probleme mit dem Staat. Genauso übrigens, wie wenn man meint, dass Polizeipräsenz per se provoziert.
Leider gehe ich hier tatsächlich davon aus, dass aus falsch verstandenem Korpsgeist nach innen regelmäßig weniger hart aufgeklärt wird als nach außen. Dafür gibt es durchaus bekannte Beispiele, wo dann Videoaufzeichnungen an unpassenden Stellen aussetzten oder angegebene Dienstnummern plötzlich nicht auffindbar waren. Und wenn zum Beispiel der neue NRW-Innenminister aktuell die Kennzeichnung der Polizisten generell abschaffen möchte, dann wird es nun wirklich schwer, zu behaupten, die Politik habe da durchweg Interesse an größtmöglicher Aufklärung (übrigens geradezu genial paradox: Gleichzeitig beklagen, dass über die Kennzeichnung Polizisten unter Generalverdacht gestellt werden und die Vorratsdatenspeicherung für ganz Deutschland einführen!).
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Cifer hat geschrieben: 16.07.2017 23:56 Und natürlich kann man hier gegenüberstellen: Die Demonstrationen und ihre Regulierung durch die Polizei (inklusive sinnvoller Gewaltanwendung wo gegen Kriminelle nötig) auf der einen Seite und die Brandstifter und Prügelpolizisten auf der anderen. Bei letzteren Gruppen ist es Aufgabe des Staates, Schaden zu vermeiden und strafbare Aktionen zu verfolgen. Das kann heißen, nicht mit dem Knüppel reinzugehen, wenn da die letzten zehn Heinis aus dem riesigen Demozug ihre Vermummung nicht ablegen (*). Das kann heißen, dafür zu sorgen, dass alle Beamten genug Schlaf, Wasser und Ruhezeiten bekommen, damit sich nicht der Stress zu stark aufbaut. Und das sollte natürlich heißen, schwerere begangene Straftaten zu unterbinden und zu ahnden.
Was ich in diesen Diskussionen vermisse ist ehrlichkeit. Alles was du schreibst gibt es nicht einfach so.
Die erste möglichkeit wären natürlich mehr polizisten. Allein die Polizei in NRW hatte 20.000 Überstunden, das entspricht etwa 120 Polizisten. Es waren wohl an die 20.000 Polizisten im Einsatz. Wenn man das mit den Ruhezeiten und natürlich mit der Kapazität für mehr deeskaltion und deinen weiteren Forderung halbwegs verrechnet, so hätte es wohl mindestens 50.000 gebraucht. D.h. wir bräuchten mindestens 50.000 neue Stellen.
Das wäre ein weg.
Der andere Weg ist, wie sich gezeigt hat bei Randalen schlicht schneller das SEK mit scharfen Waffen zuzuziehen. Das kann dann ohne Verletzte funktionieren(wie man gesehen hat), aber natürlich riskiert man damit möglicherweise auch schnell tote.

Dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit weiter Mittel, wie z.B. Gummigschosse freizugeben. Damit ist das von dir kritisierte reingehen in die Demo nicht mehr notwendig und man kann Randalierer gezielt angehen.

Also welche der Optionen würdest du preferieren? Machen wir das doch mal ehrlich...
(*) Insofern finde ich die Initiative von Herrn Pistorius, das Vermummungsverbot zur Ordnungswidrigkeit abzustufen und damit Polizisten auch offiziell mehr Spielraum in der Verfolgung zu geben sehr sinnvoll.
Und was bringt das? Ehrlich gesagt gar nichts. Macht es irgendetwas besser? Nein, eigentlich nicht. Löst es irgendein Problem? Nein.

Cifer hat geschrieben: 16.07.2017 23:56 Leider gehe ich hier tatsächlich davon aus, dass aus falsch verstandenem Korpsgeist nach innen regelmäßig weniger hart aufgeklärt wird als nach außen. Dafür gibt es durchaus bekannte Beispiele, wo dann Videoaufzeichnungen an unpassenden Stellen aussetzten oder angegebene Dienstnummern plötzlich nicht auffindbar waren. Und wenn zum Beispiel der neue NRW-Innenminister aktuell die Kennzeichnung der Polizisten generell abschaffen möchte, dann wird es nun wirklich schwer, zu behaupten, die Politik habe da durchweg Interesse an größtmöglicher Aufklärung (übrigens geradezu genial paradox: Gleichzeitig beklagen, dass über die Kennzeichnung Polizisten unter Generalverdacht gestellt werden und die Vorratsdatenspeicherung für ganz Deutschland einführen!).
Also kurz, du erwartest von der Polizei nichts geringeres als Perfektion. Ist das nicht etwas messen mit zwei Maß?
Sorry, aber allein die Vorstellung, dass mal eben tausende über tausende von Bodycams zu 100% funktionieren bei einem dauereinsatz über teilweise mehrere Tage, dass Bildmaterial von tausenden über tausende Stunden mal eben so gesichtet werden kann. Sind wir mal ehrlich: Wenn unter solchen Umständen nur 80% im Schnitt funktionieren und vielleicht 80%+ des Bildmaterials aufgefunden werden kann so ist das in meinen Augen schon eine beeindruckende Leistung. Sorry, aber mit 4 Stunden schlaf in 3 Tagen könnte ich mich danach nicht mal mehr erinnern wo ich meine Hose hingelegt habe. Irgendwelche SD karten... Ja ne ist klar.

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Talron hat geschrieben: 17.07.2017 08:18
Cifer hat geschrieben: 16.07.2017 23:56 Leider gehe ich hier tatsächlich davon aus, dass aus falsch verstandenem Korpsgeist nach innen regelmäßig weniger hart aufgeklärt wird als nach außen. Dafür gibt es durchaus bekannte Beispiele, wo dann Videoaufzeichnungen an unpassenden Stellen aussetzten oder angegebene Dienstnummern plötzlich nicht auffindbar waren. Und wenn zum Beispiel der neue NRW-Innenminister aktuell die Kennzeichnung der Polizisten generell abschaffen möchte, dann wird es nun wirklich schwer, zu behaupten, die Politik habe da durchweg Interesse an größtmöglicher Aufklärung (übrigens geradezu genial paradox: Gleichzeitig beklagen, dass über die Kennzeichnung Polizisten unter Generalverdacht gestellt werden und die Vorratsdatenspeicherung für ganz Deutschland einführen!).
Also kurz, du erwartest von der Polizei nichts geringeres als Perfektion. Ist das nicht etwas messen mit zwei Maß?
Sorry, aber allein die Vorstellung, dass mal eben tausende über tausende von Bodycams zu 100% funktionieren bei einem dauereinsatz über teilweise mehrere Tage, dass Bildmaterial von tausenden über tausende Stunden mal eben so gesichtet werden kann. Sind wir mal ehrlich: Wenn unter solchen Umständen nur 80% im Schnitt funktionieren und vielleicht 80%+ des Bildmaterials aufgefunden werden kann so ist das in meinen Augen schon eine beeindruckende Leistung. Sorry, aber mit 4 Stunden schlaf in 3 Tagen könnte ich mich danach nicht mal mehr erinnern wo ich meine Hose hingelegt habe. Irgendwelche SD karten... Ja ne ist klar.
Neben der Tatsache, dass man von Staatsorganen tatsächlich Perfektion erwarten sollte - ohne dies für machbar zu halten! - glaube ich, dass Cifer da schon einen Punkt hat. Es geht nicht darum, dass allgemein Videomaterial fehlt, sondern sehr bestimmtes. Und leider kann man davon ausgehen, dass dies dann sehr bewusst verschwindet.
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Talron hat geschrieben: 17.07.2017 08:18Was ich in diesen Diskussionen vermisse ist ehrlichkeit. Alles was du schreibst gibt es nicht einfach so.
Die erste möglichkeit wären natürlich mehr polizisten. Allein die Polizei in NRW hatte 20.000 Überstunden, das entspricht etwa 120 Polizisten. Es waren wohl an die 20.000 Polizisten im Einsatz. Wenn man das mit den Ruhezeiten und natürlich mit der Kapazität für mehr deeskaltion und deinen weiteren Forderung halbwegs verrechnet, so hätte es wohl mindestens 50.000 gebraucht. D.h. wir bräuchten mindestens 50.000 neue Stellen.
Das wäre ein weg.
Der andere Weg ist, wie sich gezeigt hat bei Randalen schlicht schneller das SEK mit scharfen Waffen zuzuziehen. Das kann dann ohne Verletzte funktionieren(wie man gesehen hat), aber natürlich riskiert man damit möglicherweise auch schnell tote.

Dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit weiter Mittel, wie z.B. Gummigschosse freizugeben. Damit ist das von dir kritisierte reingehen in die Demo nicht mehr notwendig und man kann Randalierer gezielt angehen.

Also welche der Optionen würdest du preferieren? Machen wir das doch mal ehrlich...
Hey, ich lass mich doch gern der Lüge bezichtigen! Und natürlich ist meine Antwort: Mehr Polizistenstellen (und mehr moderne Schulung für Polizisten - nach dem, was ich gelesen habe, gibt es da einen deutlichen Unterschied zwischen den Ländern). Das bringt mehr als Kameras, die sich historisch gesehen eher selten in laufende Verbrechen eingemischt haben, oder Vorratsdatenspeicherung, die ein datenschutzrechtlicher Alptraum ist, aber dafür bemerkenswert nutzlose Datenberge produziert. Deutschland ist jetzt nicht gerade ein armes Land.
Talron hat geschrieben: 17.07.2017 08:18
(*) Insofern finde ich die Initiative von Herrn Pistorius, das Vermummungsverbot zur Ordnungswidrigkeit abzustufen und damit Polizisten auch offiziell mehr Spielraum in der Verfolgung zu geben sehr sinnvoll.
Und was bringt das? Ehrlich gesagt gar nichts. Macht es irgendetwas besser? Nein, eigentlich nicht. Löst es irgendein Problem? Nein.
Na ein Glück, dass zumindest du ehrlich bist. Natürlich bringt es was! Das Vermummungsverbot dient vor allem dazu, von späteren Straftaten abzuschrecken. Die Vermummung allein tut niemandem weh. Wenn die Polizeileitung vor Ort der Meinung ist, dass das Zulassen von Vermummung das kleinere Übel (Großteil der Demo würde offensichtlich eher mäßigend auf ein kleines schwarzes Blöckchen einwirken) gegenüber einem ggf. gewaltsamen Zugriff darstellt, dann finde ich es gut, wenn man besagter Polizeileitung nicht im Nachhinein per "Aber ihr hättet eigentlich gemusst!" an den Karren flicken kann.
Talron hat geschrieben: 17.07.2017 08:18 Also kurz, du erwartest von der Polizei nichts geringeres als Perfektion. Ist das nicht etwas messen mit zwei Maß?
Siehe der_unbenannte.
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der_unbenannte hat geschrieben: 17.07.2017 09:18 Neben der Tatsache, dass man von Staatsorganen tatsächlich Perfektion erwarten sollte - ohne dies für machbar zu halten! - glaube ich, dass Cifer da schon einen Punkt hat. Es geht nicht darum, dass allgemein Videomaterial fehlt, sondern sehr bestimmtes. Und leider kann man davon ausgehen, dass dies dann sehr bewusst verschwindet.
Natürlich fehlt immer das Material das fehlt. Wenn auf 9 von 10 Aufnahmen das beschriebene nicht zu sehen ist, dann muss es natürlich auf der zehnten sein und das die fehlt ist ja schon der Beweis, dass es passiert ist, sonst würde ja nicht garade die fehlen... Die selbe Argumentation würdest du auch fahren können wenn irgendeine der 9 vorhandenen Aufnahmen fehlen würde.

Cifer hat geschrieben: 17.07.2017 11:54 Hey, ich lass mich doch gern der Lüge bezichtigen! Und natürlich ist meine Antwort: Mehr Polizistenstellen (und mehr moderne Schulung für Polizisten - nach dem, was ich gelesen habe, gibt es da einen deutlichen Unterschied zwischen den Ländern). Das bringt mehr als Kameras, die sich historisch gesehen eher selten in laufende Verbrechen eingemischt haben, oder Vorratsdatenspeicherung, die ein datenschutzrechtlicher Alptraum ist, aber dafür bemerkenswert nutzlose Datenberge produziert. Deutschland ist jetzt nicht gerade ein armes Land.
Natürlich kannst du das wählen. Und von welchem Bereich würdest du Geld abziehen? Vielleicht vom Kampf gegen Rechts?
Und komme mir nicht mit Steuererhöhungen. Ob die überhaupt mehr oder weniger Geld einbringen ist dann schon eine Diskussion für sich, siehe Frankreich. Mal kurz nachgerechnet sind wir da bei ca. 1-2 Milliarden im Jahr.
Na ein Glück, dass zumindest du ehrlich bist. Natürlich bringt es was! Das Vermummungsverbot dient vor allem dazu, von späteren Straftaten abzuschrecken. Die Vermummung allein tut niemandem weh. Wenn die Polizeileitung vor Ort der Meinung ist, dass das Zulassen von Vermummung das kleinere Übel (Großteil der Demo würde offensichtlich eher mäßigend auf ein kleines schwarzes Blöckchen einwirken) gegenüber einem ggf. gewaltsamen Zugriff darstellt, dann finde ich es gut, wenn man besagter Polizeileitung nicht im Nachhinein per "Aber ihr hättet eigentlich gemusst!" an den Karren flicken kann.
Das kann sie jetzt auch schon und ihr flickt niemand an den Karren. Oder wann ist das letzte mal als du gehört hast, die Polizei hätte sich durch die Demo prügeln müssen? Wenn alles friedlich bleibt habe ich noch nie gehört, dass irgendjemand der Polizei den Vorwurf macht nicht genug Gewalt eingesetzt zu haben. Und auch wenn es eskaliert wird die Polizei in der Hinsicht eher nicht angegriffen. Das geht dann an die Addresse der Politik und Justiz. Also ja, es bringt genau nichts in dieser Hinsicht.

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Cifer hat geschrieben: 17.07.2017 11:54 Na ein Glück, dass zumindest du ehrlich bist. Natürlich bringt es was! Das Vermummungsverbot dient vor allem dazu, von späteren Straftaten abzuschrecken. Die Vermummung allein tut niemandem weh.
Schusswaffen allein tun auch niemandem weh... Nur wenn sie einer benutzt um Straftaten zu begehen, ist das ein Problem.

Mit der Argumentationweise solltest du Republikaner werden.
Wenn die Polizeileitung vor Ort der Meinung ist, dass das Zulassen von Vermummung das kleinere Übel (Großteil der Demo würde offensichtlich eher mäßigend auf ein kleines schwarzes Blöckchen einwirken) gegenüber einem ggf. gewaltsamen Zugriff darstellt, dann finde ich es gut, wenn man besagter Polizeileitung nicht im Nachhinein per "Aber ihr hättet eigentlich gemusst!" an den Karren flicken kann.
So gesehen könnte man auch Schüsse auf die Demonstranten als legitimes Mittel propagieren. Wenn die Polizeileitung der Meinung ist, dass ein bis zwei angeschossene Demonstranten das geringere Übel ist, dann halten sich auch die anderen an Polizeianweisungen.

Also sollten wir der Polizei auch freie Hand bei ihren Einsatzmitteln lassen.

-------------------------------------

Diese Argumente sind so nicht sonderlich überzeugend.

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Cifer
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Ungelesener Beitrag von Cifer »

Talron hat geschrieben: 17.07.2017 12:23
der_unbenannte hat geschrieben: 17.07.2017 09:18 Neben der Tatsache, dass man von Staatsorganen tatsächlich Perfektion erwarten sollte - ohne dies für machbar zu halten! - glaube ich, dass Cifer da schon einen Punkt hat. Es geht nicht darum, dass allgemein Videomaterial fehlt, sondern sehr bestimmtes. Und leider kann man davon ausgehen, dass dies dann sehr bewusst verschwindet.
Natürlich fehlt immer das Material das fehlt. Wenn auf 9 von 10 Aufnahmen das beschriebene nicht zu sehen ist, dann muss es natürlich auf der zehnten sein und das die fehlt ist ja schon der Beweis, dass es passiert ist, sonst würde ja nicht garade die fehlen... Die selbe Argumentation würdest du auch fahren können wenn irgendeine der 9 vorhandenen Aufnahmen fehlen würde.
Die Argumentation basiert darauf, dass desöfteren mal Beweisvideos der Polizeit auftauchen, die, wie der alte Witz lautet, damit beginnen, dass der Demonstrant zurückschlägt. Im Zeitalter von Smartphones ist die Polizei nur manchmal nicht die einzige Quelle von Aufzeichnungen. Und daher kann man schon manchmal den begründeten Eindruck bekommen, dass das Versagen von Polizeikameras besonders dann gehäuft auftritt, wenn auf den Aufnahmen irgendetwas für die Polizei nachteiliges sein könnte.

Talron hat geschrieben: 17.07.2017 12:23
Cifer hat geschrieben: 17.07.2017 11:54 Hey, ich lass mich doch gern der Lüge bezichtigen! Und natürlich ist meine Antwort: Mehr Polizistenstellen (und mehr moderne Schulung für Polizisten - nach dem, was ich gelesen habe, gibt es da einen deutlichen Unterschied zwischen den Ländern). Das bringt mehr als Kameras, die sich historisch gesehen eher selten in laufende Verbrechen eingemischt haben, oder Vorratsdatenspeicherung, die ein datenschutzrechtlicher Alptraum ist, aber dafür bemerkenswert nutzlose Datenberge produziert. Deutschland ist jetzt nicht gerade ein armes Land.
Natürlich kannst du das wählen. Und von welchem Bereich würdest du Geld abziehen? Vielleicht vom Kampf gegen Rechts?
Und komme mir nicht mit Steuererhöhungen. Ob die überhaupt mehr oder weniger Geld einbringen ist dann schon eine Diskussion für sich, siehe Frankreich. Mal kurz nachgerechnet sind wir da bei ca. 1-2 Milliarden im Jahr.
Ist gut, ist gut, der deutsche Staat steht kurz vor der Pleite, die deutsche Wirtschaft brummt nicht, die schwarze Null ist afrikanerfeindlicher Neonazislang, die erwähnte Videoüberwachung und VDS finanzieren sich selbst und die deutschen Millionäre knabbern bei der kleinsten Steuererhöhung am Hungertuch. Nun weiß ich endlich, was mit "Armes Deutschland!" wirklich gemeint ist.

Talron hat geschrieben: 17.07.2017 12:23
Na ein Glück, dass zumindest du ehrlich bist. Natürlich bringt es was! Das Vermummungsverbot dient vor allem dazu, von späteren Straftaten abzuschrecken. Die Vermummung allein tut niemandem weh. Wenn die Polizeileitung vor Ort der Meinung ist, dass das Zulassen von Vermummung das kleinere Übel (Großteil der Demo würde offensichtlich eher mäßigend auf ein kleines schwarzes Blöckchen einwirken) gegenüber einem ggf. gewaltsamen Zugriff darstellt, dann finde ich es gut, wenn man besagter Polizeileitung nicht im Nachhinein per "Aber ihr hättet eigentlich gemusst!" an den Karren flicken kann.
Das kann sie jetzt auch schon und ihr flickt niemand an den Karren. Oder wann ist das letzte mal als du gehört hast, die Polizei hätte sich durch die Demo prügeln müssen? Wenn alles friedlich bleibt habe ich noch nie gehört, dass irgendjemand der Polizei den Vorwurf macht nicht genug Gewalt eingesetzt zu haben. Und auch wenn es eskaliert wird die Polizei in der Hinsicht eher nicht angegriffen. Das geht dann an die Addresse der Politik und Justiz. Also ja, es bringt genau nichts in dieser Hinsicht.
Aktuell ist Vermummung eine Straftat, was bedeutet, die Polizei ist eigentlich verpflichtet, sie zu ahnden - und kann sich natürlich auch stets darauf zurückziehen, dass sie ja absolut verpflichtet war, das zu unterbinden. Und wenn ich mir den Anfang der Welcome to Hell Demo so anschaue, scheint mir das auch genau so gelaufen zu sein: Grund zur Auflösung der Demo gesucht, von der Gegenseite gelieferten Grund dankend angenommen, mit dem Knüppel reingegangen, Potenzial zur Massenpanik in Kauf genommen und dafür dann statt einer kontrollierbaren Demo einen Haufen von in der Innenstadt marodierenden Kleingrüppchen erhalten.
Großartig war in dem Zusammenhang natürlich auch der vollverschleierte Polizist, der im Interview während des Gipfels erklärte, dass Vermummung auf keinen Fall zu dulden sei, während gleichzeitig die Bild ungefragt den Hilfssheriff mit Fahndungsbildern mimte, von denen die Polizei dann später meinte, der Betreffende werde gar nicht gesucht.

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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Talron hat geschrieben: 17.07.2017 12:23Natürlich kannst du das wählen. Und von welchem Bereich würdest du Geld abziehen? Vielleicht vom Kampf gegen Rechts?
Und komme mir nicht mit Steuererhöhungen. Ob die überhaupt mehr oder weniger Geld einbringen ist dann schon eine Diskussion für sich, siehe Frankreich. Mal kurz nachgerechnet sind wir da bei ca. 1-2 Milliarden im Jahr.
Sind nicht im aktuellen Wahlprogramm der CDU Steuererleichterungen in Höhe von 15 Mrd. eingeplant, die von nirgendwo querfinanziert werden müssen, sondern einfach "da sind"? Wenn das stimmt, dann sollte doch gerade Geld wirklich kein Argument sein.
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Sumaro hat geschrieben: 17.07.2017 16:06 von 15 Mrd. eingeplant, die von nirgendwo querfinanziert werden müssen, sondern einfach "da sind"? Wenn das stimmt, dann sollte doch gerade Geld wirklich kein Argument sein.
Das Problem ist, dasss mehr Geld immer hilft. Du musst es halt aber eben irgendwo hernehmen. Natürlich kann ich sagen: Sicherheit: Mehr Geld. Bildung: Mehr Geld. Integration: Mehr Geld. Klimawandel: Mehr Geld. Entwicklungshilfe: Mehr Geld. Mag sein, das im Moment für X mehr Geld da ist. Aber warum dann nicht für Y?
Warum soll z.B. mehr Geld bei der Polizei dafür ausgegeben werden, damit man schön dem Steinewerfer zujubeln kann aber man selbst kein Risiko eingeht, wenn z.B. auf der anderen Seite die Aufklärungsrate von Vergewaltigungen in einigen Bundesländern im einstelligen Prozentbereich liegt?
Ist es nicht Aufgabe der Politik eine gewisse Verhältnissmäßigkeit der Mittel walten zu lassen? Vielleicht kann man 22000 Polizisten für einen solchen Gipfel ansetzen, vielleicht auch 25000. Schön. Aber es kann doch nicht sein, dass ich für je zwei bis drei Demonstranten einen Polizisten abstelle. Eine Klasse von 30 Schülern wird von einem Lehrer unterrichtet. (Mal ganz davon abgesehen, dass man mit mehr Geld und den von Cifer genannten Maßnahmen nicht unbedingt erfolg haben muss)

Mal eine ganz einfache Lösung: Man öffnet den zivilen Rechtsweg gegen die Veranstalter von Demonstrationen, wenn es zu Ausschreitungen kommt.

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@ Talron

Ähm, man muss es nirgendwoher nehmen, das Geld ist offenbar da, ohne dass man es querfinanzieren oder durch Steuererhöhungen einfordern müsste. Man müsste nur im Wahlprogramm auf Steuererleichterungen verzichten. Wenn das ein relevanter Punkt sein sollte. Ich bin ja nicht unbedingt der Meinung, dass mehr Polizei = bessere Lebensqualität ist, aber das monetäre Argument ist mMn nicht zugstark.

Ziviler Rechtsweg gegen Veranstalter? Wie soll dass denn aussehen? Was genau meinst du damit? Haftung für die Schäden, die aus der Demonstration entstehen? Oder Zivilklage gegen den Veranstalter (nicht die Täter) bei Schadensersatzansprüchen?
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Was ich vermisse, ist, mal die ganzen Strohmänner und Nebelkerzen wegzulassen.

Es gibt zahlreiche Fälle der Vergangenheit, bei denen massives Fehlverhalten einzelner Polizisten klar dokumentiert ist - bei denen aber im Nachhinein nichts passierte. Nichts. Ebenso sprechen die Statistiken eine klare Sprache: Bei Ermittlungen gegen Polizisten kommen fast nie Prozesse raus, erst recht dann keine Verurteilungen. Der Witz an der Sache ist doch, dass die Polizei selbst gegen Polizisten ermittelt.
Talron hat geschrieben: 17.07.2017 16:25Warum soll z.B. mehr Geld bei der Polizei dafür ausgegeben werden, damit man schön dem Steinewerfer zujubeln kann aber man selbst kein Risiko eingeht, wenn z.B. auf der anderen Seite die Aufklärungsrate von Vergewaltigungen in einigen Bundesländern im einstelligen Prozentbereich liegt?
Nö, man stellt die Polizisten ja dauerhaft ein. Das, neben besserer Schulung, fände ich generell eine gute Maßnahme zu mehr Sicherheit. Denn tatsächlich wurde in den vergangenen Jahrzehnten da viel gespart, und die Situationen haben sich geändert. Wenn generell mehr Polizei auf der Straße unterwegs ist, generell mehr Zeit für Ermittlungen da ist, die Polizisten weniger Stress haben (wegen Dauereinsätzungen und irren Überstunden) und lernen, besser mit Stressituationen umzugehen, dann sehe ich da viel Potential. Wenn man dann noch gegen Schwarze Schafe härter (oder überhaupt) vorgeht, das Selbstbild wieder mehr in Richtung "Guardian" denn "Warrior" geht (die Entwicklung zum "Warrior" lässt sich in den USA beobachten, kommt aber eben auch nach Deutschland) - was natürlich auch viel mit Stress und Strukturen zu tun hat -, dann wäre ich fast glücklich.

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Cifer hat geschrieben:Die Argumentation basiert darauf, dass desöfteren mal Beweisvideos der Polizeit auftauchen, die, wie der alte Witz lautet, damit beginnen, dass der Demonstrant zurückschlägt. Im Zeitalter von Smartphones ist die Polizei nur manchmal nicht die einzige Quelle von Aufzeichnungen. Und daher kann man schon manchmal den begründeten Eindruck bekommen, dass das Versagen von Polizeikameras besonders dann gehäuft auftritt, wenn auf den Aufnahmen irgendetwas für die Polizei nachteiliges sein könnte.
Der Aussagekraft von Videos messe ich ohnehin nicht allzu hoch ein, zumindest nicht ohne Quellenprüfung. Ich habe ja auch in anderen Zusammenhängen schon des öfteren von der Macht der Bilder gesprochen. Wirklich objektives Material, das wirklich die ganze Geschichte zeigt, ist leider nicht (mehr) die Regel. Das wäre eine Aufgabe der Medien, die diese allerdings kaum noch wahrnehmen können, weil die meisten ja irgendwie politisch eingefärbt sind. Das gilt übrigens universell, sprich, ich möchte jetzt nicht einseitig unterstellen, die links orientierten Medien würden Videos frisieren, um die Polizisten als fiese Schläger darzustellen. Ob es nun die Regel ist oder nicht, dass die Polizei sie belastendes Material verschwinden lässt, kann und will ich nicht beurteilen.
Cifer hat geschrieben:Aktuell ist Vermummung eine Straftat, was bedeutet, die Polizei ist eigentlich verpflichtet, sie zu ahnden - und kann sich natürlich auch stets darauf zurückziehen, dass sie ja absolut verpflichtet war, das zu unterbinden. Und wenn ich mir den Anfang der Welcome to Hell Demo so anschaue, scheint mir das auch genau so gelaufen zu sein: Grund zur Auflösung der Demo gesucht, von der Gegenseite gelieferten Grund dankend angenommen, mit dem Knüppel reingegangen, Potenzial zur Massenpanik in Kauf genommen und dafür dann statt einer kontrollierbaren Demo einen Haufen von in der Innenstadt marodierenden Kleingrüppchen erhalten.
Ob es diese marodierenden Kleingrüppchen ohne die Auflösung der Welcome to Hell-Demo nicht gegeben hätte, ist meiner Meinung nach Spekulation. Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass es da einen kausalen Zusammenhang gibt. Jemanden, der meint, er dürfe marodierend durch die Straße laufen, weil seine Demo aufgelöst wurde, hielte ich im Übrigen für gemeingefährlich.
Aber wenn die Polizei grundsätzlich dazu verpflichtet ist, Vermummung zu ahnden, erübrigt sich im Grunde genommen die Diskussion. Dann war der Einsatz so vollkommen gerechtfertigt, denn die Polizei muss bestehende Gesetze durchsetzen, es sei denn, die Beamten bringen sich dadurch in Lebensgefahr. Aber wenn sich die Polizei aussuchen kann, welche Gesetze sie durchsetzt und welche nicht, finde ich das vom rechtsstaatlichen Standpunkt her bedenklich.
Die Einstufung der Vermummung als Straftat grundsätzlich zu überdenken halte ich für keine schlechte Idee. Andererseits muss man sagen, dass Vermummung in einem Staat wie unserem überhaupt keinen Sinn mehr macht. Das mag früher anders gewesen sein, als man schneller zu Moskaus fünfter Kolonne zählt oder als RAF-Unterstützer diffamiert wurde, als man gucken konnte. Aber objektiv betrachtet ist das heute etwas völlig anderes. Zumindest im linken Spektrum. Aber grundsätzlich die Vermummung an sich als Straftatbestand abzuschaffen und nur noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, so dass die Polizei situationsbedingt entscheiden kann, find ich schon in Ordnung.
Der Wanderer hat geschrieben:Es gibt zahlreiche Fälle der Vergangenheit, bei denen massives Fehlverhalten einzelner Polizisten klar dokumentiert ist - bei denen aber im Nachhinein nichts passierte. Nichts. Ebenso sprechen die Statistiken eine klare Sprache: Bei Ermittlungen gegen Polizisten kommen fast nie Prozesse raus, erst recht dann keine Verurteilungen. Der Witz an der Sache ist doch, dass die Polizei selbst gegen Polizisten ermittelt.
Das klingt so, als würdest du Polizei und Staatsanwaltschaft die vorsätzliche Vertuschung eindeutig bewiesener Straftaten von Polizisten unterstellen. Nehmen wir mal an, dem wäre so, was folgt daraus und was wäre denn dann ein Gegenkonzept, damit das verhindert wird? Ich meine klar, dass sich Polizisten gegenseitig decken, das gibt es. Ich bezweifle jedoch, dass es eine Art Freibrief für Prügelpolizisten gibt.

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sagista hat geschrieben: 17.07.2017 21:18Aber wenn die Polizei grundsätzlich dazu verpflichtet ist, Vermummung zu ahnden, erübrigt sich im Grunde genommen die Diskussion. Dann war der Einsatz so vollkommen gerechtfertigt, denn die Polizei muss bestehende Gesetze durchsetzen, es sei denn, die Beamten bringen sich dadurch in Lebensgefahr. Aber wenn sich die Polizei aussuchen kann, welche Gesetze sie durchsetzt und welche nicht, finde ich das vom rechtsstaatlichen Standpunkt her bedenklich.
Grundsätzlich gebe ich Dir da völlig Recht. Wenn es Straftaten gibt, muss die Polizei diese verfolgen - auch wenn das in der Praxis nicht so simpel ist. Dass da übrigens eine gewisse Wahlmöglichkeit faktisch besteht, zeigt ja das Rechtsrock-Konzert jüngst in Thüringen. Massenhafter Hitlergruß? Kein Grund zum Einschreiten.
Der Wanderer hat geschrieben:Das klingt so, als würdest du Polizei und Staatsanwaltschaft die vorsätzliche Vertuschung eindeutig bewiesener Straftaten von Polizisten unterstellen. Nehmen wir mal an, dem wäre so, was folgt daraus und was wäre denn dann ein Gegenkonzept, damit das verhindert wird? Ich meine klar, dass sich Polizisten gegenseitig decken, das gibt es. Ich bezweifle jedoch, dass es eine Art Freibrief für Prügelpolizisten gibt.
Ja, das unterstelle ich. Vielleicht nicht mal der Staatsanwaltschaft, sehr wohl aber der Polizei, die wie gesagt, ja selbst für die Ermittlung zuständig ist. Nun bin ich auch kein Experte auf diesem Gebiet, lasse mich also gern davon überzeugen, dass ich da eine falsche Wahrnehmung habe und (fast) alles korrekt abläuft, aber dafür habe ich kaum Hinweise.

Mein Gegenkonzept? Aus dem Bauch heraus (wie gesagt, kein Experte): Eine übergeordnete, unabhängige Stelle, die die Vorfälle untersucht und zur Anklage bringt; Möglichkeiten, Beamte zu identifzieren (daran scheitert es meist von vornherein und ein noch nicht lange bestehendes Gesetz dazu soll gerade in NRW wieder kassiert werden); Maßnahmen innerhalb der Polizei, die solche Vergehen von vorneherein verhindert - siehe oben: Weniger Stress und Schulungen für Ausnahmesituationen dürften da schon helfen, aber auch scheint es mir hier und da gewisse Haltungsprobleme zu geben. Ich kenne zwei Polizisten, beides supernette Leute, die aber beide ein bisschen den Hang haben, Bürger ganz generell als lästige Arschlöcher wahrzunehmen. Ist sicher berufsbedingt, man hat nunmal verstärkt mit den Arschlöchern des Gesellschaft zu tun, aber unbedingt immer hilfreich ist das nicht, ne?
Achso, ja, die Politik sollte natürlich auch nicht ihren Scheiß auf die Polizei abwälzen (G20, Stuttgart 21 sind ja auf politischem Mist gewachsen), aber das ist ein ganz anderes Problem.

Mich wird jedenfalls brennend interessieren, was im Nachgang zu Hamburg das Ergebnis, speziell jetzt an Verfahren gegen die Polizei. Da aber schon mit der Zahl der verletzten Polizisten Stimmung gemacht wurde (statt 500 nur die Hälfte während der eigentlich Demos, darin eingerechnet Kreislaufzusammenbrüche und ähnliches und ganz überwiegend nur leichte Verletzungen), habe ich da, man sehe es mir nach, wenig Vertrauen.

Und genau das ist ja so schade. Ich habe gar nichts gegen die Polizei, nein, ich finde ich sehr, sehr wichtig und haben sogar einen großen Respekt vor dem alles andere als leichten Job. Nur finde ich eben, dass "Kollateralschäden" einfach nicht hinzunehmen sind. Die Polizei dient UNS, jedenfalls denjenigen unter uns, die keine Verbrechen begehen.
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Andwari
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Demonstrationen - Gewalt legitim?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Videos
Die im Netz kursierenden Videos starten immer erst an dem Punkt, wo der Polizist zuhaut oder sind entsprechend zusammengeschnitten. Teilweise ist es schon bemerkenswert, wie da jemand den "total unvermittelten" Gewaltausbruch schon zentriert im Bild hat, bevor er überhaupt passiert.
Da die Polizei ihre (durch die Beweissicherungs&Festnahmeeinheiten regelmäßig erstellten) eigenen Videos natürlich nicht daneben stellt - und damit vermeidet, wegen verletzter Persönlichkeitsrechte angeprangert zu werden - gibt es dann im Netz nur die eine Version samt hochkochender Empörung. Der Staatsanwalt, der ggf. den Prozess gegen den Polizisten einstellt, und natürlich auch der Richter bei einem Prozess sieht ggf. beide Videos.

@keiner wird verurteilt
Generell werden von Staatsanwälten jährlich knapp 5 Millionen Verfahren "erledigt" - da sind schon etwa 3 Millionen Anzeigen vorher raus (z.B. gegen "unbekannt") die es nicht mal so weit schaffen. Von denen schaffen etwa 10% es zu einer Anklage, weitere 10% Strafbefehle, 4% Einstellung mit Auflagen - und der Rest also etwa 3/4 wird vom Staatsanwalt aus verschiedenen Gründen eingestellt. Natürlich führen nicht alle Prozesse zu einer Verurteilung. Bei Mord oder ähnlichen schweren Straftaten ist das Verhältnis eher in Richtung Anklage, bei Vergehen noch stärker Richtung Einstellungen.
=> Bedeutet sowohl für Polizisten, gegen die wegen Körperverletzung ermittelt wird, als auch für den Krawallmacher mit derselben Beschuldigung, dass es schlicht "normal" ist, wenn da wenig bei rauskommt - allerdings wird beim Polizisten in der entsprechenden Echokammer oft noch ein akzeptierter Strafbefehl, Geld- oder Bewährungsstrafen noch als "der kommt ungeschoren davon" bezeichnet.
Nach der Staatsanwalt-Statistik 2014 wurden bei "vorsätzlichen Körperverletzungen von 430 (T)ausend erledigten Fällen 2014: angeklagt 57 T, Strafbefehl 29 T, mit Auflage eingestellt 14 T, ohne Auflagen 240 T und "anders" erledigt 90 T (das sind u.a. zusammengelegte Anklagen, an andere Staatsanwaltschaften weitergegeben usw.).

Was G20 angeht:
Nach diversen Zeitungsmeldungen 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten (unklar, wie viele strafrechtliche und disziplinarische Ermittlungen) sind. Und wie viele Verfahren gegen Krawallmacher? Das wurde afaik nicht größer öffentlich kommuniziert - bekannt ist, dass 51 zunächst Haftbefehle erstellt wurden und die Staatanwaltschaft Hamburg sich von ganz intensiver Bildmaterialdurchsicht erhofft, was aufzuarbeiten und dafür um personelle Unterstützung wirbt - aber wie viele Ermittlungsverfahren jetzt da anhängig sind, ist unklar - können zwischen 51 und hunderten sein.

@Vermummung
Die Polizei ist prinzipiell verpflichtet das Demonstrationsrecht zu gewährleisten, d.h. Störungen eine Demo zu unterbinden - und das bedeutet nach aktueller Rechtslage eben auch, da bewaffnete oder vermummte oder hakenkreuzfahnenschwenkende Personen aus der Demo rauszuholen wenn möglich.
Sie hat dabei einen gewissen Ermessensspielraum, das nicht durchzusetzen - der sogar noch mal explizit im Gesetz genannt wird. Den nutzt sie normalerweise auch - z.B. werden Leute mit Clownsmasken o.ä. auf einer absolut friedlich erscheinden Demo sehr sicher nicht belangt.

Das Geschrei wäre groß, wenn beim Aufeinandertreffen von z.B. Demo+Gegendemo die "schlagkräftigere" Gruppe halt einfach gewinnt - wenn man diverse jetztige Straftatsbestände zu Ordnungswidrigkeiten degradiert, muss die Polizei das nicht mehr unterbinden. Dass sich in den Taschen von Vermummten oft noch ein paar Steine, Pyro o.ä. finden, ist kein Geheimwissen.

@Hitlergruß
Bei dem Videomaterial, das ich davon gesehen habe - ja, sieht nach Hitlergruß aus. Ist allerdings von der Stelle wo die Polizei stand, nicht mal eben ohne reinzoomende Kamera so offensichtlich, wie wenn man da einzelne Aufnahmen sieht. Ob der Ton zum Video passt? Da wird ermittelt - und was genau hätte die Polizei da tun sollen? s.o. - "wenn möglich" gilt auch hier, sowohl auf Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs (Versammlungsfreiheit gilt halt auch für Neonazis, verflixt) als auch Eskalation hin, dass es einfacher ist, mit 1000 Polizisten gegenüber 500 möglichen Krawallmachern zu agieren als gegen 5000, ist auch irgendwo klar. Die 5000 Polizisten zahlt aber der deutsche Steuerzahler so ungern und die wachsen nicht am Wegesrand.
Die haben da übrigens deutlich mehr Strafanzeigen pro Polizistenarbeitsstunde geschrieben als beim G20-Gipfel.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Der Wanderer hat geschrieben:Grundsätzlich gebe ich Dir da völlig Recht. Wenn es Straftaten gibt, muss die Polizei diese verfolgen - auch wenn das in der Praxis nicht so simpel ist. Dass da übrigens eine gewisse Wahlmöglichkeit faktisch besteht, zeigt ja das Rechtsrock-Konzert jüngst in Thüringen. Massenhafter Hitlergruß? Kein Grund zum Einschreiten.
Zum Einschreiten sicherlich nicht. Es wird ja niemand gefährdet oder dergleichen. Aber das wird natürlich verfolgt werden. Und das klappt bei Vermummten natürlich nicht, da man sie ja nicht mehr identifizieren kann. Wenn aber ein Neonazi den Hitlergruß quasi in die Polizeikamera oder eine andere Kamera hält wird das wahrscheinlich problemlos verfolgt werden können, auch ohne dass sich Polizisten in Gefahr begeben müssen. Würde eine Gruppe marodierend und Hitlergruß zeigend durch die Straße in Richtung Asylantenheim ziehen sähe das schon anders aus.
Der Wanderer hat geschrieben:Ja, das unterstelle ich. Vielleicht nicht mal der Staatsanwaltschaft, sehr wohl aber der Polizei, die wie gesagt, ja selbst für die Ermittlung zuständig ist. Nun bin ich auch kein Experte auf diesem Gebiet, lasse mich also gern davon überzeugen, dass ich da eine falsche Wahrnehmung habe und (fast) alles korrekt abläuft, aber dafür habe ich kaum Hinweise.
Mit derartigem Expertenwissen kann ich leider nicht dienen. Da ich aber auch keine Hinweise darauf habe, dass das Vertuschen systemisch wäre, vertraue ich erst einmal darauf, dass auch die Polizei ihre schwarzen Schafe identifiziert und zur Rechenschaft zieht. Muß ja nicht mal öffentlichkeitswirksam passieren.
Der Wanderer hat geschrieben:Mein Gegenkonzept? Aus dem Bauch heraus (wie gesagt, kein Experte): Eine übergeordnete, unabhängige Stelle, die die Vorfälle untersucht und zur Anklage bringt; Möglichkeiten, Beamte zu identifzieren (daran scheitert es meist von vornherein und ein noch nicht lange bestehendes Gesetz dazu soll gerade in NRW wieder kassiert werden); Maßnahmen innerhalb der Polizei, die solche Vergehen von vorneherein verhindert - siehe oben: Weniger Stress und Schulungen für Ausnahmesituationen dürften da schon helfen, aber auch scheint es mir hier und da gewisse Haltungsprobleme zu geben. Ich kenne zwei Polizisten, beides supernette Leute, die aber beide ein bisschen den Hang haben, Bürger ganz generell als lästige Arschlöcher wahrzunehmen. Ist sicher berufsbedingt, man hat nunmal verstärkt mit den Arschlöchern des Gesellschaft zu tun, aber unbedingt immer hilfreich ist das nicht, ne?
Ein guter Freund von mir ist Polizist im Ruhrgebiet. Bei ihm sieht das ähnlich aus, was ich nachvollziehen kann. Aber klar, hilfreich ist das natürlich nicht.
Aber diese "übergeordnete, unabhängige Stelle, die die Vorfälle untersucht und zur Anklage bringt" gibt es doch, das ist die Staatsanwaltschaft. Die sind für strafrechtliche Ermittlungen zuständig und da erwarte ich, wie du ja auch, dass Fehlverhalten von Polizisten ermittelt und dann ggf. auch abgeurteilt wird.
Dass dieses Gesetz zur Identifizierung der Polizisten abgeschafft wird, finde ich richtig. Wenn ich jetzt richtig informiert bin, korrigere mich bitte, wenn ich falsch liege, war es doch mit etwas Aufwand möglich, dass auch Außenstehende Polizisten identifizieren konnten, was dazu führte, dass Polizisten und ihre Familien aufgespürt werden konnten. Das ist auf jeden Fall zu verhindern.
Weniger Streß und mehr Schulungen für Polizisten, klar, das wäre sehr wünschenswert.
Der Wanderer hat geschrieben:Und genau das ist ja so schade. Ich habe gar nichts gegen die Polizei, nein, ich finde ich sehr, sehr wichtig und haben sogar einen großen Respekt vor dem alles andere als leichten Job. Nur finde ich eben, dass "Kollateralschäden" einfach nicht hinzunehmen sind. Die Polizei dient UNS, jedenfalls denjenigen unter uns, die keine Verbrechen begehen.
Ich finde es grundsätzlich richtig, dass an Polizisten höhere moralische Anforderungen gestellt werden als an einen Demonstranten, da das Gewaltmonopol beim Staat, mithin bei der Polizei liegt und daraus eine große Verantwortung resultiert. Ich denke ferner, dass die Polizei unter einem massiven Druck steht. Selbst Bagatelleinsätze können z. B. hier im Ruhrgebiet schnell zu schlimmen Szenen ausarten, wofür die Polizei tatsächlich nicht verantwortlich ist. Ich glaube, der Job des Polizisten ist in den letzten Jahren deutlich härter und gefährlicher geworden und dafür finde ich unsere Polizei im Allgemeinen sehr human und zivilisiert, im Vergleich zu anderen Demokratien - von autoritären Staaten braucht man da nicht reden. Ich stimme dir zu, über "Kollateralschäden" sollte man nicht einfach hinweggehen, aber man sollte sie auch nicht dafür nutzen, die Polizei im Allgemeinen an den Pranger zu stellen. Gerade von den linken Parteien würde ich mir wesentlich mehr Wertschätzung von der Polizei wünschen.

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