Berto hat geschrieben:Auch der Gezielte Stich ist ziemlich über. Grundansage +4 +RS/2 ist schon eine Ansage von +6 oder +7, wenn die Gegner nicht praktisch nackt herumlaufen, dazu muss in der Regel auch eine Fintenansage kommen, die die Ansage in den zweistelligen Bereich hebt und dann immer noch keine Garantie für einen Treffer liefert. Und selbst dann ist in der Regel maximal nur die Doppelwunde drin, sprich das Ganze muss mindestens zweimal klappen, damit der Gegner ausgeschaltet ist.
Hinzu kommt die Problematik, dass auch der Gezielte Stich durch ein erfolgreiches Gegenhalten negiert wird. Ein nicht unwahrscheinlicher Fall, weil die Ansage deutlich höher als die des Gegenhalters ist. Auch die Beschränkung auf humanoide Gegner mag in üblichen Wald&Wiesen-Abenteuern ein Problem darstellen.
Edit: Ja, es gibt auch Gegner, gegen die die Erfolgswahrscheinlichkeiten nicht signifikant schlechter sind, als mit Wuchtschlag+Finte. Die laufen in meinen Augen aber in der Regel unter Schlachtvieh und werden maximal durch ihre Überzahl gefährlich, so dass es in der Einzelbetrachtung faktisch egal ist, wie ich dem Gegner die Wunde zufügen werde, die ihn aufgrund der nicht geschafften Wundschmerzprobe kampfunfähig machen wird. In dem Fall ist Wuchtschlag+Finte in der Regel aber wenigstens kosteneffizienter und ich kann die AP in andere, tolle Sachen stecken. Oh wait, so viel gibt's da ja abseits von Kampfgespür, RG 3, Waffenmeister und TaW der Hauptwaffe und Selbstbeherrschung ja gar nicht. Schade.
Nein, ich sehe ehrlich gesagt nicht, warum die Investition getätigt werden sollte. Stichwaffen sind wegen dem fehlenden Wuchtschlag ihre AP außerhalb bestimmter Szenarien nicht wert und die Gesamtansage braucht vor dem Waffenmeister fast schon zwingend eine Vorbereitung mittels Binden. Wenn ich aber vorher binde, könnte ich auch auf die übliche Kombination aus Wuchtschlag und Finte zurückgreifen und fahre damit genauso gut, manchmal sogar besser.
Ab dem Waffenmeister ist natürlich interessanter Kram drin, aber ich halte ehrlich gesagt nichts von Konzepten, die erst durch massives Cherrypicking konkurrenzfähig werden. Insbesondere, weil dem Anschein nach sehr viele Gruppen irrsinnig restriktiv mit dem Waffenmeister umgehen.
Bei DSA4 läuft es in meinen Augen darauf hinaus, dass der Gegenhalter mit dicker Rüstung bei wenig BE (7/1 ist ohne große Verbiegungen drin) und dem klassischen Zweihänder so massiv viel besser ist, dass maximal Hiebwaffen-BHK (aber eben auch wieder mit Gegenhalten) dagegen nicht wie der Versuch wirkt, den Charakter absichtlich schlecht zu gestalten.
BenjaminK hat geschrieben:Nicht nur, dass der Stich nicht nach oben skaliert, er tut das auch nicht nach unten. Mit der AT18 musst du bei einem RS8-Gegner auf die 10 würfeln. Du hast keine Möglichkeit auf irgendwas dazwischen zu würfeln um Effekt und Erschwernis selbst zu entscheiden. Dagegen kannst den Wuchtschlag auch stufenlos im unteren Bereich einsetzen...
Der Gegner muss halt genau in deinen sweet spot reinfallen
Was du, Jewel Blue, in meinen Augen übersiehst, ist folgendes: Gegen einen Profikämpfer muss, damit der Gezielte Stich in einen erfolgreichen Treffer mündet, wenn der Gegner eine Parade übrig hat, eine zweistellige Ansage her.Jewel Blue hat geschrieben:Ich finde die Ausführungen von BEnjamin in dem verlinkten Post ja ganz nett und auch einleuchtend. Aber irgendwie geht er überhaupt nicht auf die eigentliche Stärke des gezielten Stichs ein. Die liegt nach meinem Empfinden nicht im Ignorieren der Rüstung, was Benjamin ja gut dargelegt hatte, sondern in den Zusatzeffekten.
- eine Auto Wunde unabhängig von der gegnerischen Wundschwelle : Das ist entweder ein zusätzlicher W6 SP und/oder eine Senkung der Kampfkraft des Gegners durch AT/PA-Malus. Das beeinflusst den Kampfverlauf sehr zu meinen Gunsten
- Gesenkte Wundschwelle ohne Rüstungswirkung kann bei einem guten Schadenswurf (mit dem Schwert fast zuverlässig) auch schnell mal eine zweite Wunde mit zusätzlichem Effekt geben.
- Man kann sich in Kombination mit dem gezielten Schlag eine weniger schwer gerüstete Trefferzone auswählen und diese gezielt Kampfunfähig machen.
Gerade Dosen vieleicht noch mit Eisern als Vorteil sind mit Wuchtschlägen echt langwierig runter zu prügeln. Da ist der Gezielte Stich, gerade wenn situationsbedingt nicht pariert werden kann, eine echt schnellere Lösung, den Gegner kampfunfähig zu machen.
Gegen eine typische Dose (WS 10 dank Eisern und KO 15, RS 7) ist schon eine Grundansage von 8 notwendig. Um damit allein auf die 15 würfeln zu können, braucht es einen AT-Wert von 23, was wiederum TaW 21(23) und Basis 9 voraussetzt. Je nach Gegnertyp und Regelauslegung (wirkt Finte bei Gegenhalten? Nutzt der Gegner einen Schild?) muss da aber noch eine nicht geringe Finte oben drauf, die den Rahmen dann praktisch sprengt.
Dass die von dir aufgelisteten Zusatzeffekte überhaupt zum Tragen kommen können, ist also bereits hinreichend unwahrscheinlich.
Ein wenig anders sieht es aus, wenn der Gegner nicht mehr parieren kann, weil er sich einer Überzahl gegenüber sieht und unser Kämpfer sich (idealerweise) im Rücken des Gegners befindet. Aber auch hier müssen bei Profikämpfern mindestens zwei Gezielte Stiche gelingen, damit die Kampfunfähigkeit durch Wunden herbei geführt werden kann, denn mit besseren Selbstbeherrschungswerten ist es problemlos möglich die negativen Auswirkungen (abseits etwaiger Zusatz-TP) zu ignorieren. Außerdem ist der Effekt in meinen Augen nur in sehr bestimmten Fällen signifikant größer. Zum Vergleich:
Unser Schwertkämpfer (1w6+5 TP) mit AT 20 (TaW 15(17), Basis 9), Gezieltem Stich und Wuchtschlag hat es also geschafft, sich in den Rücken unserer Dose mit WS 10 und RS 7 zu manövrieren. Letztere hat etwa 38 LE. Dadurch, dass er im Rücken steht, erhält er eine AT-Erleichterung von 5 (korrigiert mich bitte, ich bin mir nicht sicher, ob die Zahl stimmt und habe gegenwärtig kein WdS zur Hand).
Fall a), der Gezielte Stich:
Mit 85% Wahrscheinlichkeit gelingt ihm dieser, was sofort eine Autowunde für die Dose zur Folge hat und mit 50% Wahrscheinlichkeit verursacht er eine zusätzliche Wunde. Die Folgen beider können mit relativ einfachen Selbstbeherrschungsproben verhindert (Selbstbeherrschung +0 und +1-3, wenn ich mich recht erinnere) werden. Zusätzlich verliert die Dose 6-11 LE.
Fall b), der Wuchtschlag:
Wir sagen bis zur 15 an, was einem WS von 10 entspricht und mit 75% Wahrscheinlichkeit gelingt. Die Dose verliert im Erfolgsfall 9-14 LE und erhält in 66% der Fälle eine Wunde, die mittels einer Selbstbeherrschungsprobe +1-4 ignoriert werden kann.
Beide Aktionen müssen mehrmals durchgeführt werden, wobei der Gezielte Stich mit etwas Glück nach einer Wiederholung das sofortige Ende des Kampfes zur Folge hat, während der Wuchtschlag mindestens noch zweimal wiederholt werden muss. In diesem speziellen und meiner Erfahrung nach hinreichend seltenen Fall hat der Gezielte Stich also klar die Nase vorn.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass diese Situation doch sehr konstruiert wirkt und eigentlich nur dann zu Stande kommt, wenn Spielleiter*innen ihre NSC bis zum letzten Blutstropfen kämpfen lassen. Abseits ganz bestimmter Gegner (die dann aber auch Vorbereitungsmaßnahmen getroffen haben, um eben nicht so dilletantisch ausmanövriert zu werden und/oder zusätzlich bis unter die Hutkrempe übernatürlich gebufft sind) ist das zumindest in meinen Spielrunden nicht der Fall gewesen. Spätestens wenn der SC oder NSC sich praktisch umzingelt sah, hat er den Kampf aufgegeben, denn sobald es ein halbwegs ebenbürtiger Kontrahent in den Rücken schafft, ist der Ausgang des Kampfes ohnehin klar.
Zur Nützlichkeit im Kampf gegen Redshirts habe ich bereits in meinem zitierten Post das meiner Meinung nach Passende geschrieben.
Mein Fazit bleibt also erst einmal bestehen: abseits bestimmer (teilweise konstruierter) Spezialfälle, halte ich die Nützlichkeit des Gezielten Stichs für so gering, dass sich die notwendige Investition nicht lohnt.