Nachdem mir ein Spielermagier seit Monaten damit im Ohr lag, habe ich das Buch letzte Woche gekauft und gestern zu Ende gelesen.
Das Abenteuer gliedert sich in drei Teile (nebst Einleitung, Prolog, Epilog und Anhang).
Im ersten Kapitel kommen die Helden als Forscher ans Institut der Arkanen Analysen und gehen einem Projekt Prishyas von Garlischgrötz nach, wobei sich erst nach und nach heraus kristallisiert, worum es geht. Neben Bücherstudium übernehmen die Helden hier vor allem den "Außendienst" und suchen verschiedene Standorte des Horasreiches (und einen in Almada) auf, um dort weitere Fährten aufzunehmen. Damit können die Helden einmal so richtig Akademieluft schnuppern und sich wissenschaftlich betätigen, aber auch andere (z.B. gesellschaftliche und kämpferische) Charaktere kommen auf ihre Kosten. Am Ende des Kapitels jedoch kommt ein Rückschlag, als die Helden von einem stets im Verborgenen bleibenden Schurken aufs Kreuz gelegt werden.
Das zweite Kapitel ist immer noch recht forschungsorientiert, aber hier sind die Helden deutlich mehr unterwegs und müssen dabei auch direkt gegen eine andere Abenteurertruppe antreten. Am Ende steht ein Teilerfolg, und sie wissen nun immerhin, wer ihr Gegenspieler ist (ohne ihm jedoch wissentlich begegnet zu sein).
Das dritte Kapitel spielt auf den Allaventurischen Konvent, wobei hier - neben verschiedenen gildenpolitischen Themen, die der Meister entweder sehr kurz halten oder länger ausspielen kann - vor allem die Basiliusprüfung prägend ist. Dabei kommt es zu dem, was man vorher bereits geahnt hat: Der ominöse Gegenspieler unterminiert die große Prüfung und versucht sie, zu seinen Zwecken zu missbrauchen. Aber letztlich können die Helden ihn in einem großen Showdown stellen und besiegen (wenn auch nicht sicher ist, ob er wirklich den Tod findet).
Ich finde die Art, wie das Abenteuer eine "wissenschaftliche Schnitzeljagd" aufzieht, sehr schön gemacht, und auch die Atmosphäre wirkt spannend. Viele kleine und größere nette Ideen garnieren das Abenteuer, und am Ende steht ein gelungenes Konzept für die Basiliusprüfung.
Für den Meister wird das Abenteuer sicher eine große Herausforderung darstellen, da man es mal wieder mit einer Masse von NSC zu tun bekommt, er stets einen genauen Überblick über die Handlung und den Kenntnisstand der Helden behalten muss, und da er noch eine Menge Eigenarbeit in die Vorbereitung stecken muss (vor allem muss das Finale sehr stark individualisiert werden je nach Helden).
Zur Erleichterung der Übersicht gibt es am Anfang und am Ende jeder Szene ein kurzes Briefing, was in der Szene erreicht werden (bzw. worden sein) sollte, sowie Hinweise wie mit unplanmäßiger Entwicklung umgegangen werden kann und wo man die Hürde für die Helden nach Wunsch noch etwas höher legen kann. Außerdem findet sich im Anhang ein vollständiges Namensregister mit Seitenangaben. Beides halte ich für eine sehr gute Idee.
Die Handlung ist am Anfang relativ modular aufgebaut, d.h. die Helden können zwischen verschiedenen Einzelaufgaben in einem gewissen Rahmen hin- und herspringen und so ihre eigene Reihenfolge durchsetzen. Auch der Zeitplan ist insgesamt sehr locker gehalten und kann vom Meister weitgehend nach eigenen Bedürfnissen angepasst werden. Erst gegen Ende ist mit dem Magierkonvent ein fixer Terminplan gegeben. Im Laufe des zweiten und vor allem dritten Kapitels engt sich dann der Handlungsverlauf immer weiter ein, so dass die Helden gegen Ende fast nur noch linear vorgehen können.
Ein paar Kritikpunkte muss ich leider vorbringen:
- Terdin ya Rascallo wird in Kapitel eins wiederholt erwähnt - aber stets absolut beiläufig und geradezu brutal kontextlos. Bei der Erstlektüre fand ich das sehr irritierend, da ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung hatte, wer das jetzt eigentlich sein soll oder was seine Funktion im Abenteuer ist. (Zugegeben: Bei der Einleitung ist er bereits einmal erwähnt worden, allerdings in ähnlich "ausgiebiger" Form, so dass nicht einmal sein Name bei mir hängen geblieben war.) Zumindest ein kurzer Verweis auf seine ausführliche Darstellung im Kapitel zwei wäre wünschenswert gewesen.
- Die genaue Funktionsweise des magischen Brettspieles am Ende des ersten Kapitels (sehr coole Idee übrigens
) wird nicht erklärt. In meinen Augen die plausibelste Erklärung wäre eine dämonische Beseeltheit - was jedoch die Helden schon deutlich früher als vorgesehen auf die Spur eines Amazeroth-Dieners bringen könnte. Allgemein habe ich (wenn man bedenkt, an was für Helden sich das Abenteuer richtet) hin und wieder Hinweise auf die Ergebnisse von magischen Analysen vermisst (wirkende Zauber/Merkmale/Repräsentationen, ungefähre AsP etc.).
- Wenn die Helden im zweiten Kapitel das Rätsel der Sonnenuhren lösen können (wollen wir doch hoffen, dass sie das tun
) wäre es nicht so weit hergeholt, dass sie auch noch einen Abstecher nach Drôl machen wollen. Darauf geht das Abenteuer leider überhaupt nicht ein. Es kann natürlich sein, dass sie von ya Rascallo erfahren, dass sie dort ohnehin zu spät kämen, aber a) hängt das davon ab, wie die Helden ihren Konflikt mit ihm gelöst haben, und b) ist die Frage, ob der Cavalliere es überhaupt selbst weiß? Aus Sicht Rohaldors wäre es doch vollkommen unnötig, den Mercenario bei diesem Detail ins Vertrauen zu ziehen.
- Die Beschreibung des Allaventurischen Konventes bleibt, vom Rohaldor-/Basiliusprüfungs-Plot abgesehen, ziemlich oberflächlich.
- Das Finale... bedarf einer gründlichen Überarbeitung. Die Grundidee finde ich super, daraus lässt sich eine Menge stricken. Aber das Buch setzt seine eigenen Ansätze nicht besonders toll um. Z.B. gibt es für die beim Konvent zurückbleibenden Helden (also alle, die keine Kandidaten sind) eigentlich nicht mehr viel zu tun, bis ihnen dann der folgende Schritt von selbst in den Schoß fällt.
- Das Finale (2): Die sieben Fragen an die Prüflinge stehen nicht im Abenteuer. Statt dessen kommt der Hinweis, etwas für den Helden passendes zu überlegen. Etwas blöd, da die Fragen doch schon seit Jahrtausenden unverändert überliefert werden - die individuelle Note bekommt die Prüfung später schon genug.
- Das Finale (3): Die Anregungen für individuelle Heldenprüfungen (die naturgemäß nicht allzu sehr in die Tiefe gehen können) wirken für mich alle etwas banal und auf Würfelwürfe und Fertigkeitswerte abgezielt. Für mich sollte das vielmehr eine rollenspielerische Herausforderung sein.
- Das Finale (4): Und sobald die Helden ihre individuelle Prüfung bestanden haben wartet ein relativ schnöder Endkampf, wo sich der Erzbösewicht ihnen endlich entgegen stellt. Seltsam ist übrigens, dass Rohaldor sich hier in seinen bisherigen Lieblingsmasken zeigt, jedoch eine Tarnidentität dabei ist, die er im ganzen Abenteuer niemals verwendet hat. Etwas schade.
- Das Finale (5): Ich habe mich beim Lesen etwas um den großen, mystischen Endpunkt der Basiliusprüfung betrogen gefühlt, z.B. eine leibhaftige Begegnung mit dem Basilius-Avatar, oder irgendetwas anderes. Der rein kampfbasierte Ausgang der Szene entzaubert das ganze irgendwie etwas...
- Allgemein zu den "Szenenbriefings": Wie gesagt, die Idee finde ich ganz gut, aber da ist noch Luft nach oben. Gerade am Anfang, wo die Helden nach und nach neue Erkenntnisse gewinnen, hätte man solche Boxen etwas öfter einschieben können, um dem Meister den Überblick zu erleichtern. Weiter hinten im Buch hingegen wiederholen die Briefings in vielen Fällen lediglich das Offenkundige.
- Unzufrieden bin ich mit den Handouts. Das Abenteuer liefert zwei Handouts, von denen das erste unwichtig bis völlig überflüssig ist, und das zweite sich auch in
Horte magischen Wissens findet. Andere Dinge die ich mir als Handout gewünscht hätte, fehlen hingegen: Z.B. die Sonnenuhr-"Schatzkarten". Schön wäre es auch gewesen, ein paar inneraventurische wissenschaftliche Quellentexte zur Hand zu haben, um die Forschungsarbeit im ersten Kapitel stimmungsvoll unterfüttern zu können.
- Wie schon gesagt: Dem Meister wird einiges an Eigenarbeit abverlangt. Es finden sich immer wieder mal offene Ansätze, die der Meister erst mit Leben füllen muss.
- Da das Thema Rechtschreibung hier im Unterforum (zumindest von einigen) gerne thematisiert wird: Ja, es gibt (wie in jedem Buch der Welt) Fehler. Und ja, es sind auch Fehler dabei die jede Rechtschreibprüfung hätte finden können. Ich hab das Gefühl, vor allem im Finale hat sich vor lauter Aufregung etwas Unaufmerksamkeit eingeschlichen. Insgesamt ist es allerdings alles im Rahmen und hat mich nicht weiter gestört (vielleicht hab ich da auch einfach eine höhere Toleranzschwelle als andere).
Fazit:
Ich habe das Abenteuer mit Spannung erwartet, und es hat mich nicht enttäuscht. Von dem Moment an, wo ich
Im Schatten des Elfenbeinturmes aufgeschlagen hatte, zog mich die Lektüre in ihren Bann. Ich werde da noch eine Menge Eigenarbeit rein investieren um das Abenteuer meinen Vorstellungen anzupassen, aber ich brenne bereits darauf, es mit meinen Helden zu erleben. Auf Grund der genannten Kritikpunkte kann ich jedoch nur 4 Punkte vergeben.
Trivia:
- Nahema und ihr Kettenhemd sind unvergessen
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- Ein Appell an die Autoren dieses Abenteuers und alle zukünftigen DSA-Autoren: Sätze wie "Basilius hat Rohaldor bereits getötet" sind in der deutschen Sprache immer etwas für den ..., da man so nicht weiß wer eigentlich Subjekt und wer Objekt ist
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- Musste es sein, dass als NSC sowohl ein "Rohaldor" als auch ein "Rohalion" vorkommt? Ich sehe schon viele, viele Versprecher auf mich zukommen.
- Spricht man Prishya eigentlich "Pri-schya" oder "Pris-hya" aus? Ich habe immer zu ersterem tendiert, aber ein Trennungsstrich im Abenteuer brachte mich zum Nachdenken über die zweite Version, die eigentlich gar nicht so schlecht klingt.
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!