"Hort der Erinnerung" spielt in Drakonia. In dem Abenteuer wird die Suche nach den Drachenstammbäumen (endlich) zu einem Ende geführt, außerdem gibt es einen Mord aufzuklären und einen sechsköpfigen Drachengeist zu entschwören. Nebenbei erfahren die Helden auch noch, wo's weitergeht.
Die Einleitung des Bandes sagt, daß man aus dramaturgischen Gründen zuerst "Feuerbündnis" und dann "Hort der Erinnerung" spielen sollte (aber nicht muß). Das würde stimmen, wenn die Entdeckung der Drachenchronik ein Höhepunkt der Kampagne wäre. Ist sie aber eigentlich nicht, weshalb unsere Helden, die sich um das eigentliche Problem (nämlich Pardonas Pläne) und nicht einen Nebenkriegsschauplatz sorgten, ein paar Motivationsschwierigkeiten bekamen (noch mehr als ohnehin schon): "Feuerbündnis" (und wenn man die einleitenden Szenarien spielt oder die Helden davon hören, auch die) hinterläßt den Eindruck, die Zeit würde drängen, da ja Pardona einen Drachen nach dem anderen aufsucht und entweder auf ihre Seite zieht oder beseitigt - also sollte man doch lieber auch ein paar Drachen suchen und Pardonas Pläne durchkreuzen, anstatt längere Zeit untätig und weitgehend ergebnislos auf Drakonia herumzusitzen.
Sinnvollerweise sollte man daher "Hort der Erinnerung" vor "Feuerbündnis" spielen (und in letzteres noch ein paar deutlichere Hinweise auf Yiyimris einbauen).
Dem Abenteuer vorangestellt sind einige längere Erklärungen zur Hintergrundgeschichte, v.a. der beiden Mandraken Yalstene und Malgorra. Das ist soweit ganz interessant, hat aber den großen Haken, daß die Helden kaum etwas davon erfahren werden - und mit dem Wissen auch nichts anfangen könnten, denn nichts davon spielt später noch irgendeine größere Rolle. Wie schon häufig bei der Kampagne, hat auch dieses Abenteuer mit diesem grundlegenden Problem zu kämpfen. Nachgerade exemplarisch wird das (um kurz vorzugreifen) am Beispiel der Drachentöterkugel, die hier prominent vorgestellt wird und verkündet wird, daß sie "im Finale der Kampagne eine wichtige Rolle spielen wird" (S. 59) - zum Zeitpunkt des Schreibens war aber offensichtlich keineswegs klar, was das für eine Rolle sein würde, und konsequenterweise ist das dann auch rausgefallen.
Pyriander hat die Helden nach Drakonia eingeladen, und irgendwann dürften die Helden daher auf die Idee kommen, dorthin aufzubrechen. Die Reise wird erfreulich kurz abgehandelt. Als Gäste können sich die Helden in Drakonia weitgehend frei bewegen, die Lehrmeister sind alle brauchbar beschrieben (ein paar mehr beispielhafte Scholaren hätte ich mir gewünscht; das Akademieleben kommt sonst etwas kurz). Was fehlt, ist ein Plan der Räumlichkeiten - es muß ja nicht übermäßig detailliert sein, und die ganze Feste schon gar nicht, aber zur groben Orientierung, was wo ist, wäre das sehr hilfreich gewesen (und soll ja in "Horte magischen Wissens" nachgereicht werden).
Die Helden können ein wenig herumforschen - und finden heraus, daß die Informationen zu den Drachen, für die sie sich interessieren, gegen Null gehen. Hier schlug der Motivationshammer bei uns zu: Wenn's hier nichts Substantielles zu finden gibt, was wollen wir dann hier? Pardona plant irgendwas - die Helden wissen nicht, ob's eilt oder Zeit hat, aber das werden sie garantiert nicht herausfinden, wenn sie in Drakonia Bücher wälzen oder den Aeolitus lernen. Hier half nur die Meisterkeule - "laßt euch Zeit, die Abenteuer warten auf euch". Wie oben angesprochen, sollte man daher "Feuerbündnis" und die Szenarien, die alle eine gewisse Dringlichkeit aufbauen, nach den Drakoniabesuch schieben.
Was sowohl dem Abenteuer als auch der enthaltenen Drakonia-Beschreibung eklatant fehlt, sind Hilfestellungen zur Erforschung der Festung. Das Teil ist rieeeesengroß - und völlig und absolut leer. Es gibt ein paar kleine Mysterien, die aber meistens nur zur Kenntnis zu nehmen sind, und darüber hinaus bietet das Abenteuer keine Informationen. Das ist Sightseeing auf die Spitze getrieben. Drakonia wird als Abenteuerschauplatz damit völlig unter Wert verkauft. Das Akademiesechstel als zivilisierte Basis und der Rest gefährlich, von Monstern überrannt und von Fallen gespickt, oder irgendwie sowas - das wäre interessant. So aber haben wir einfach nur endlose, leere Hallen.
Die Begegnung mit dem Menacoriten (als Hesindegeweihter kann er natürlich nicht anders, als kryptische Schwurbeleien von sich zu geben
) ist mal wieder symptomatisch für die Kampagne: Die Helden begegnen hier jemandem, der im Finale ein potenzieller Verbündeter sein könnte (und dann ja auch ist). Aber da Eternenwacht erstens alles schon weiß und zweitens auch gleich wieder abhaut, sind die Möglichkeiten zur Interaktion irgendwie arg beschränkt.
Das Abenteuer gewinnt an Fahrt, als Gorodez auftaucht - erstens bringt er Leben in die Bude, und zweitens geht da endlich das Abenteuer los. Seine Ankunft sollte daher so zeitig wie möglich stattfinden. Der Charakter ist nett - überhaupt gibt es an den NSCs in diesem Abenteuer wenig auszusetzen, wenn man sich auf einige der Konzilsmagier beschränkt.
Gorodez beschwört (wie gesagt: schnellstmöglich) den Drachengeist, und Eslam wird umgebracht - damit haben die Helden endlich was zu tun. Man sollte sich überlegen, wie man die Helden ein paar Tage beschäftigen kann, ohne daß es in ergebnislose Sucherei und Frust ausartet - sowohl der Drachengeist als auch die langsame Eskalation in der Akademie braucht etwas Zeit, um sich zu entwickeln, und wenn die Helden (wie man es als Held gewohnt ist) alle Energie auf die Aufklärung der Probleme richtet, sind die möglicherweise sehr schnell behoben, oder es stellt sich das Gefühl ein, das schlechte Plots auszeichnet: "Es ist egal, was wir machen, wir werden erst was rausfinden, wenn es in den Plot paßt". Das sollte man vermeiden.
Am Drachenplot an sich gibt es soweit nichts auszusetzen (man sollte bedenken, daß der Geisterruf in Drakonia zum Standardrepertoire der Druiden gehört und damit der Kreis an Verdächtigen sehr groß ist, und daß andererseits der Geisterbann Dru7 hat, also bekannt sein sollte, so daß eine zeitweilige Bannung kein Problem ist). Die Story hat zwei Haken, aber nur im Hinblick auf das Ende des Abenteuers; an und für sich funktioniert das ganz gut.
Der Mord an Eslam hat damit nichts zu tun, was aber erst einmal herausgefunden werden muß. Schwierig wird es v.a., Verdachtsmomente gegen Falleander aufzubauen - hier sollte man als Meister sich zwei oder drei Sachen vorher überlegen, die man den Helden nach und nach bzw. bei Gelegenheit präsentieren kann, da die Vorschläge im Abenteuer etwas karg sind. Ansonsten ist auch dieser Teil ganz okay.
Größere Relevanz haben hier Falleanders Aufzeichnungen - denn letztendlich sind die es, die die Helden weiter bringen ins Wadi Yiyila. Das ist mir ein bißchen sehr dürftig (zumal die Hinweise nicht viel aussagen; es ist eher so, daß die Helden nach Yiyimris reisen, weil sie sonst keine Anhaltspunkte haben). Das ist allerdings keine Kritik am Abenteuer an sich, sondern (wieder mal) an der Kampagne...
Dann kommt Rachwan zurück und klärt das Rätsel um Eslams Entdeckung auf, und der letzte Teil des Abenteuers beginnt, der mMn wesentlich schwächer ist als die beiden Hauptplots.
Die erste der Prüfungen ist noch in Ordnung (auch wenn man deutlicher herausstellen sollte, daß die zum Aussieben von Nicht-Drachen gedacht ist - mal kurz 100 Jahre zu altern (und da muß er schon sehr große Sch...e würfeln), dürfte einen ordentlichen Drachen nicht im geringsten irritieren).
Die zweite Prüfung ist verschenkt - sowohl die Auswahl, welchem der Drachen man sich zugehörig fühlt (es spielt eh keine Rolle, weil man alle durchnehmen muß), als auch die Fragen selbst, denn eine falsche Antwort hat scheinbar keine Konsequenzen (zumindest konnte ich keine entdecken). Selbst welche einzubauen, fand ich dann gar nicht so einfach: Die Prüfung ist für Drachen gedacht, und eine "Strafe" für eine falsche Antwort sollte also sowohl einen ausgewachsenen Kaiserdrachen beeindrucken als auch die Helden nicht gleich umbringen. Das ist nicht gut gelöst.
Das trifft auch auf die dritte Prüfung zu. Das Problem an Djasfrador ist, daß die Helden über ihn nichts herausfinden können. Aufzeichnungen dürfte es keine geben (und wenn doch, hätte man die mal erwähnen sollen), man muß also raten und aus den sechs Köpfen die richtigen Schlüsse ziehen. Und zweitens finde ich es dramaturgisch höchst unglücklich, den vorher mühsam aufgebauten und als kreuzgefährlichen Gegner dargestellten Drachengeist hier zum reinen Instrument zu degradieren - da haben wir den unter Mühen besiegt, aber jo mei, beschwören wir ihn halt wieder, und wenn er die Tür aufgemacht hat, wird er wieder weggebannt...
Hier kommt dann der gigantomanische Bombast, der Drakonia ist, zum Abschluß: Die Helden finden die Drachenchronik. An und für sich ein guter Abschluß und etwas, das sie erreicht haben - leider ohne jedwede Folgen, und entsprechend können die Helden sich das auch alles anschauen und auf die Schultern klopfen, aber was sie damit jetzt erreicht haben, wissen sie nicht. Das ist schade.
Die Probleme des Abenteuers, die der verkorksten Kampagnenplanung anzulasten sind, lasse ich wie üblich außen vor.
Für das eigentliche Abenteuer gibt's drei Punkte:
Die Handlung mit ihren zwei verknüpften Plotsträngen an sich und die NSCs bilden ein gutes Abenteuer. Leider ist das hier ein Abenteuer in Drakonia, kein Drakonia-Abenteuer: die Handlung an sich erwächst nicht aus dem Schauplatz, sondern findet nur zufällig dort statt. Der Geist ist halt ein Drache, aber er könnte auch irgendein anderer Nachtalp sein; der Mord passiert an einer Magierakademie, aber es könnte auch irgendeine andere Gemeinschaft sein - nichts davon muß zwingend in Drakonia spielen. Das ist etwas schade und trägt noch mehr dazu bei, daß die Feste irgendwie blaß bleibt. Dazu kommt das eher schwache Ende, das die vier Punkte leider verhindert.