Edit: Bezieht sich auf Keideran und Ehny.
Wobei sich das gar nicht mal zwangsläufig ausschließen muß. Bei einigen der Insel-Szenarien habe ich mir schon gedacht, daß das nett sein könnte zu leiten (und bei den Monaden habe ich gedacht "ach du Sch..., ist das lahm"), und, wie schon gesagt, das Nachtherrscher-Abenteuer finde ich auch ziemlich gut.
Was dem Abenteuer dagegen mMn ziemlich schadet, und zwar sowohl dem Abenteuer als Lesestoff als auch als Bedienungsanleitung, ist eine recht zerwürfelte Struktur (wie gesagt, je länger ich mich mit dem Ding beschäftige...)
Erst grundsätzliche Auftraggeber (Stoerrebrandt et al.), dann andere "Questgeber", die im Laufe der Vorbereitungen auf die Helden zukommen. Die Helden aber sind doch noch gar nicht angeworben... Dann kommt die Anwerbung, die teilweise genau dasselbe nochmal wiederholt.
Daß der folgende Regel- und Tabellenteil wenig Stimmung verbreitet, soll bitteschön so sein - Regeltexte möglichst stimmungsvoll zu verfassen, ist eins der Grundübel von DSA4.
Aber dann im zweiten Kapitel - die Inseln werden nacheinander beschrieben, ist ja gut so. Der Abschnitt zum "Roten Faden" auf S. 69 dagegen ist wieder Chaos pur - diese Abschnitte sollen eine Linie durch die vorherigen Abenteuerteile legen. Der hier aber redet von Dingen, die erst danach beschrieben werden, sagt dagegen rein gar nichts zum Inselhopping, und hier liest der Leser das erste Mal was von der Ankunft in Uthuria, in der höchst nüchternen Formulierung "Das wichtigste Ereignis ist sicherlich die Ankunft in Uthuria." Natürlich kommt da keine Stimmung auf. Na gut, Uthuria, die Erwartung ist geweckt - aber was kommt dann? Ereignisse, die eigentlich schon am Anfang der Reise geschehen; das Abenteuer spult also zurück, obwohl es doch schon fast angekommen war. Und erst nachdem man sich durch wirklich heftigen Amira-Schmalz und die beiden Hinweisgeber gelesen hat, kommt "Endlich Uthuria!"
Dafür, daß das der Höhepunkt des Abenteuers, mindestens aber der ersten beiden Kapitel (von drei) sein soll, fällt das wirklich enttäuschend aus. Ein kurzer Absatz darüber, was irgendeine Priesterin grad denkt, einer, der erklärt, daß es völlig egal ist, wo die Helden ankommen, und ein Vorlesetext, dem es irgendwie nicht aufgefallen ist, daß man die ganze Zeit irgendwelches Land entdeckt. Das war's. Hier wird sich nicht mal bemüht, die Größe des Augenblicks zu betonen. Und danach kommt ein kurzer Absatz zum "Roten Faden", der dem vorhergehenden direkt wiederspricht (S. 69: "die Begegnung mit Amira sollte ausgespielt worden sein", die Begegnung mit Mariella, Klabinto und den Monaden wird zumindest sehr nahegelegt. S. 80: "Keine der Szenen muß stattgefunden haben", mit ausdrücklicher Erwähnung der gerade erwähnten Szenen. Äh ja.)
Das dritte Kapitel geht dann direkt mit dem Nachtherrscher-Szenario los. Selbst das wenige, was zu Lager, Siedlung, Eingeborenen und Dschungelreisen im Abenteuer steht, kommt später. Der Leser ist also grade in Uthuria angekommen, als Meister stellt er sich die Verfassung seiner Helden vor, die Uthuria sehen - und aus dieser Erwartungshaltung wird er wieder herausgerissen, indem ihm ein Szenario präsentiert wird, das davon ausgeht, daß die Helden schon eine Weile da sind.
Daß keine Stimmung aufkommt, ist - zumindest mMn - nicht so sehr ein Problem der offenen Anlage des Abenteuers, sondern einerseits seiner Struktur, die mit schöner Regelmäßigkeit aufgebaute Erwartungen zertrümmert, ohne daß ein Mehrwert fürs Spielleiten erkennbar wäre, sowie der danebengeratenen Prioritäten: es geht um die Entdeckung Uthurias, ein Ereignis, das ca. ein Sechshundertvierzigstel des Abenteuers (eine Viertelseite von 160 Seiten) einnimmt.
P.S. Andere Abenteuer kommentiere ich deutlich weniger harsch, schon gar nicht in diesem Detail. Gerade die in diesem Beitrag angesprochenen Dinge - also Struktur und Leserführung - ließen sich sicher auch in anderen Abenteuern bemängeln und sind mMn im Zweifelsfall auch nicht ausschlaggebend. (Strukturprobleme, die das Leiten behindern, dagegen sehr wohl.) Das Abenteuer ist in dieser Hinsicht vermutlich nicht wesentlich schlechter als manch anderes, hier gibt es nur grad einen Grund, genauer hinzuschauen.