Ich hatte das Vergnügen, Friedlos dieses Jahr zu meistern und schließe mich dem allgemeinen Tenor an: sehr gutes Abenteuer (eigentlich schon eine Kampagne - wir haben fast ein halbes Jahr gebraucht) mit einigen Fallstricken, die sich dank der Tipps in diesem Thread hier aber entschärfen ließen. Wir haben es mit einer fast reinen Thorwaler-Gruppe und DSA5-Regeln gespielt. Bei allen gruseligen Erkundungen, spannenden Verfolgsungsjagden und harten Kämpfen sollte man auf jeden Fall Spieler haben, die Szenen gerne ausführlich ausspielen, und nicht rein effektiv Probleme lösen wollen. Denn durch die Handlung zu rushen, wird dem tiefen Cast und den interessanten Locations nicht gerecht - und ist lange Zeit auch keine Lösung, da die Ziele nicht direkt erreichbar sind.
Die große Stärke von Friedlos sind IMO die vielen (um die 50) Meisterpersonen. Abwechslungsreich, teils sehr detailliert beschrieben und schön illustriert. Marada als unweise Alphawölfin, Silja als hemmungslose Optimistin, Schwarzaxt als brutales aber ehrliches Arschloch, Strupp als Bud-Spencer-Thorwaler der alten Schule, dazu der mysteriös-abstoßende Gottrufer und der trollende Goldzahn-Rogni... der Cast hat mir als SL riesig Spaß gemacht. Und natürlich die eiskalte Tula, die hier afaik ihren ersten Abenteuer-Auftritt überhaupt hat. Bei mir hat sie sich nachts auf Skerdu allerdings nur Hjördis geschnappt, mit deren Einverständnis.
Ich hab noch paar NSC verändert, um den Bezug auf Nordwestaventurien noch zu stärken:
- Gottrufer Rik wurde von einer obskuren Witzfigur zu einem noch unbewussten Numinoru-Geweihten, der seinen Nassen Gott schließlich auf Aguaduron fand (einige Helden schützten die Sumpfleute lange Zeit - und als Rik nach Aguaduron sein volles Potenzial entfalten konnte, machte sich das sehr bezahlt)
- Siljas Leibwächterin wurde zu einer kecken albernischen Schwertgesellin (die später auch die Verräterin war, aber gerettet werden konnte)
- die eigentlich zu langsame Kogge wurde durch ein nostrisches Zauberzeichen am Segel beschleunigt, betreut vom einem nostrischen Deromanten (Nostorion aus Karl-Heinz Witzkos Daijin-Trilogie)
- der alanfanische Spion verdrückte sich unerkannt beim Untergang Narkenhavens, da ihm alles "zu thorwalsch" wurde
- die Horasierin flog ersatzlos raus, dafür wurde Rasquirio della Gandar und die HPNC etwas mehr ausgebaut
Den größten Schwachpunkt des Abenteuers - dass die Helden lange Zeit ziellos herumirren und nicht mal wissen, wonach sie suchen sollen, habe ich so gelöst, dass die Flotte als erstes durch den noch nicht völlig dichten Nebel Yumudas Insel ansteuerte. Das war als SL mein erster Gedanke beim ersten Querlesen des Abenteuers. Komisch dass es darauf gar nicht eingeht. Ich wollte aber keine IC wie OOC monatelange frustrierende Irrfahrt. Also gab es in Yumudas verräucherter Höhle noch eine etwas konkretere Prophezeiung als das, was von Berik bekannt war:
All dies hat mein Auge schon einmal gesehen
Nebel der Schlangentochter folgte dem Ruf der Canterer
Wal schützte Jurga und kann auch euch bewahren
Sehet die Spur der Hjaldinger, findet des Wales Gebein
Sucht euren Weg an einem Ort ohne Ziel
In einem Hafen ohne Stadt
Wartet ein Gott ohne Priester
Sucht sein Heiligtum doch fliehet vor
Den Rudern des blutigen Kaisers
Festes Land und alter Stein sind die Ketten des Nebels
Nur ein Wort kann sie schließen
Vertraut nicht der Treue von Menschen
Gewinnt die Gunst der Befellten und Befiederten
Doch scheut die Krallen der großen Katze
Im Gegenzug musste Solvi zurück bleiben, um der Riesin neue Geschichten zu erzählen (womit Marada ihres wichtigsten Beraters beraubt und noch mehr auf die Helden angewiesen war - speziell auf die Spieler-Skaldin). Das kürzt die Irrfahrt um einiges ab, aber das Abenteuer ist auch so lang genug und die Highlights (den roten Turm, das Phileasson-Trugbild, die Insel der Verlorenen und natürlich Aguaduron) kann man trotzdem gut einbauen.
Hat man eine wenig diplomatische Heldengruppe, kann die Flotte sich auch sehr schnell selbst dezimieren, was im Laufe des Abenteuers alles immer schwieriger machen wird. Unsere Helden standen von Anfang an hinter Marada, wollten sie nie stürzen, tolerierten die Fraktion der Jarlin und arrangierten sich irgendwann sogar mit den Friedlosen (nachdem der Premer Krieger den Holmgang gegen Schwarzaxt gewann, zeigte dieser endlich etwas Respekt). Da hatte ich wohl Glück. Gerade bei Schwarzaxt kann es schnell eskalieren. Da sollte der Meister auch seinen Nutzen zeigen: Kampfkraft, Berechenbarkeit, Kontrolle von Bärenschänders Walwütigen. Auch Rogni sollte nicht nur nerven, sonst wird er bald über Bord geworfen. So hat er bei uns immer mal den Helden mit merkwürdigen Zufällen in kritischen Situationen geholfen. Sie ahnten irgendwann, dass er mehr ist als nur ein einfacher Streuner, und ließen ihn zähneknirschend gewähren. Ebenso sollte man Egil nicht zu offensichtlich zum Spalter machen. Er hat bei uns von Anfang an (zurecht) an einigen Teilen von Tulas Prophezeiung gezweifelt. Und die Helden wussten lange nicht, ob sie da ihm oder Hjördis glauben sollten. So ließen sie ihn lange genug aus den Augen, dass er seinen Umsturz planen konnte. Dass er da auch noch den Premer Krieger überzeugen konnte (Dreifach-20 bei Willenskraft-Probe) hätte zwar fast zum Partykill geführt, aber nunja...
Was man vorher noch wissen sollte ist, dass es zwar ein sehr langes Abenteuer ist, man aber nur an wenigen Punkten neue Helden einbauen kann. Bei uns waren das eine weitere Thorwalerin (Überlebende einer Otta, die in der ersten Seeschlacht versenkt wurde) und ein Garether Antimagier (wurde in Aguaduron aufgesammelt, wo er als Schiffbrüchiger gelandet war). Ansonsten bewegt man sich kaum in der Zivilisation, auch Einkaufen oder Tempelbesuche sind lange Zeit nicht möglich.
Fazit: Man muss wissen, worauf man sich bei Friedlos einlässt. Für den Meister sehr komplex, für die Spieler vielleicht zeitweise frustrierend. Aber wenn man sich auf eine düstere Thorwaler Odyssee einlassen kann, dann liefert Friedlos ein echtes Brett ab. 5 Punkte.