Josch: Ich halte Jenseits des Lichts für eines der besten Abenteuer, die jemals für DSA geschrieben wurden, von daher freue ich mich sehr, dass hier das Thema Theater erneut aufgenommen und ganz nebenbei auch eine kleine Reminiszenz an Der Fluch des Mantikor eingestreut wird. Der Plot bekommt für mich in jedem Fall den Kritiker-Sonderpreis in der Kategorie „So verrückt und an den Haaren herbeigezogen, dass es schon wieder geil ist.“ Kurzfassung: Schelmin Tsaburga will ein echtes Kriminaltheater in Syrrenholt aufführen, in dem sie alle Rollen dank magischer Illusionen selbst spielt. Sie bringt die Helden als unwissende Protagonisten ins Geschehen, die dann versuchen, den inszenierten Fall zu lösen, und währenddessen ganz nebenbei einer echten Schurkentat auf die Schliche kommen (Kleinkriminelle entführen einen Tsageweihten, damit ein Schwarzmagier ihnen ein Lebenselixir zubereitet). So durchdringen sich die aventurische Realität und die nicht als solche erkannte inneraventurische Fiktion und am Ende geht alles … irgendwie zu Ende und gut aus, wenn der Meister Glück hat.
Fluch des Mantikor
Ein Hauch vergangener Schelmereien weht diesmal durch das Botenabenteuer. Einigen Einhörnern gefällt das.
Ich glaube zwar, dass das Abenteuer nur funktioniert, wenn man als Meister höllisch aufpasst, um die Spieler nicht zu früh auf die Pointe zu stoßen, und man im Zweifelsfall auch ein wenig auf die Lust der Spieler am Mitfabulieren bauen kann, aber wenn alles klappt, dann dürfte sich auf Grundlage des kurzen Abenteuers ein wunderbarer Spieleabend gestalten lassen, bei dem man seine Gruppe mit einem echten Aha-Effekt überraschen kann. Das werde ich bei nächster Gelegenheit auf jeden Fall als Intermezzo einstreuen und hoffe sehr, dass sich meine Erwartungen erfüllen. Dass auch an eine Karte des Finalorts gedacht wurde, macht die Entscheidung umso leichter. Einzige Sorge: Vermutlich weist gleich jemand aus dem Eulhornzirkus nach, dass die Protagonistin viel zu wenig ASP hat, um den ganzen Zinnober aufzuführen oder die Zauber eigentlich gar nicht 100% dafür geeignet sind. Selbst wenn: Das wird dann einfach handgewedelt oder durch entsprechende Wertanpassungen passend gemacht – der Plot ist einfach zu gut, um ihn durch Regeln zu verderben. (Na gut, Vorschlag zur Güte, bevor Cifer mir die Einhornbruderschaft aufkündigt: Man könnte auch einfach aus der Protagonistin ein Zwillingspärchen machen, dann dürfte ein Teil der Probleme schon mal behoben sein.) Für mich das zweite Highlight der Ausgabe und der Höhepunkt des 167er Boten für alle, die mal 5W6 gerade sein lassen können.
Cifer: Du nimmst mir die Worte aus dem Maul. Sowohl in Bezug auf das AsP-Problem als auch auf die mögliche Lösung. Eine weitere Schwierigkeit könnte übrigens sein, dass die Schelme stark auf die Vorhersehbarkeit der Heldenaktionen angewiesen sind – hier bietet es sich an, zum einen viel mit „Charakteren“ zu arbeiten, die man nicht automatisch an einem Ort findet und zum anderen gegebenenfalls Ablenkungen wie Karrenstaus, Menschenaufläufe und so weiter organisieren zu lassen, die die Helden gegebenenfalls lange genug aufhalten, damit die Schelme Zeit zum Bühnenumbau haben. Ich denke, hier handelt es sich um ein Abenteuer, in dem tatsächlich Schelme mal nicht als absolut nervtötend rüberkommen würden – insbesondere, wenn sie, sobald es um den Tsageweihten geht, auch den Ernst der Lage einsehen.
Vibart: Obwohl zu meinem Bedauern in dem Abenteuer nicht einmal ein richtiges aventurisches Theater als Handlungsort auftritt (*hüstel*), kommt das Ganze so burlesk daher, dass man es eigentlich auf Discokugelglitzerpapier hätte drucken müssen und in rosa Tüll einbinden. Aber abgesehen davon …
… dass die wandlungsfähige Tsaburga mehr AsP durchbrennt, als Borbarad sich für die Invasion Tobriens zurückgelegt hatte;
… dass der Plan zweier „Kleinkrimineller“, einen leibhaftigen Zwölfgötterdiener zu Seife zu verarbeiten, ein derart finsteres Aventurienbild zeichnet, dass es sich mit der fröhlich-bunten Restausstattung der Verwechslungskomödie beißt;
… dass der Plot so sicher unfallfrei hinhaut, wie Shakespeare den Sommernachtstraum zufällig beim Herumprobieren mit einer Schreibfeder im Stockdunkeln produziert hat,
… abgesehen davon ist das Ganze so abgefahren und die Grundidee so cool, dass man „Bretter, die die Welt bedeuten“ nur lieb haben kann. Auch dafür, dass es am Ende eine schöne Karte gibt.
Josch: Fairerweise muss man ergänzen, dass der Plan der beiden Kleinkriminellen nur lautet, irgend was mit Lebensverlängerung zu machen (quasi das „Was mit Medien“ im aventurischen Gangster-Milieu), und erst durch den döseligen Schwarzmagier die Komponente „richtig schön evil“ ins Spiel kommt.
Vibart: Stimmt. Geweihte entführen und einsperren ist ja mehr so ein Kleindelikt.
Josch: Angesichts von Schwarzen Landen und Namenlosengeweihten in jeder aventurischen Schaltstelle der Macht fällt das inzwischen doch unter „lässliche Sünden“. Wir sind hier doch nicht beim DSA2-Ringelpiez mit Auswürfeln! Die Verelendung ganzer Landstriche infolge der Flüchtlingskrisen bei gleichzeitigem Fehlen einer realistischen Sozialgesetzgebung sowie glaubhafter Klimazonen treibt halt seltsame Blüten. Immerhin gibt’s so für Helden genug zu tun.
Vibart: Unter Answin hätt’s sowas nicht gegeben!
Nox: Angesichts der ganzen – teilweise nicht unangebrachten – Lobhudelei muss ich hier aber mal entschieden reingrätschen! Die Idee des Szenarios, also das kriminalistische Schauspiel, das von der schelmischen Schöpferin Tsaburga inszeniert wird, ist ja ganz nett. Dagegen wirken aber die von platten Klischees durchzogenen Bösewichte – ein fieser Schwarzmagier, ein schmieriger Krämer mit Halbglatze sowie dessen grobschlächtiger, tumber Helfershelfer, und vor allem deren haarsträubendes Ziel – ein Jugendelixier aus einem Tsageweihten herstellen – ein wenig zu unglaubwürdig. Als Teil von Tsaburgas Schauspiel wäre diese Bande sicher grandios, aber in der Form ist sie höchstens unfreiwillig komisch. Abgesehen von dem Frevel an dem Tsageweihten, der eigentlich vollkommen unnötig ist und nur dazu dient, dem Plot seinen „bitteren Ernst“ zu verleihen, wirkt die ganze Geschichte viel zu konstruiert. Also ich bin nicht begeistert, aber Tsaburga ist niedlich.