Es braucht zum Wunderwirken keinen Hochgeweihten. Das kann jeder Dorfpriester, mit dem man immer wieder Wassertags gerne einen heben geht. Er muss das nicht währenddessen machen und soll eine Liturgie (auch im Sinne eines ordentlichen Götterdienstes) auch zu würdigen wissen. Aber dennoch weiß man, dass er so etwas kann. Das müssen auch keine Grad-V-Granaten sein, aber Wunder im Sinne von erstaunlichen, einer profanen Erklärung entbehrenden Ereignisse sind es dennoch. Hier hinkt also der Vergleich zu irdischen Gegebenheiten erheblich, wo Wunder meistens im Nachhinein (z.B. zur Kanonisation) deklariert werden und nicht annähernd so selbstverständlich sind. Heiligsprechung ist ein gutes Beispiel: Dafür muss man irdisch
ein Wunder vollbracht haben. In Aventurien bedarf es da schon deutlich mehr, wenn man besieht, was
jeder Geweihte allein mit den zwölf kleinen Segnungen anstellen kann. Karmale Übernatürlichkeiten sind den aventurischen Menschen deutlich näher und vertrauter, sicherlich zu einem gewissen Grad auch selbstverständlich(er).
Was die Einordnung von einfachen und Hochgeweihten angeht:
Man kennt seine örtlichen und die relevanten Schutzheiligen. Aber vom Wahrer der Ordnung oder vom zuständigen Sennenmeister, auch vom Pfleger des Landes (um eine volksnähere Kirche einzubringen) hat man wenig Vorstellungen (die Travianer haben ja nicht einmal Erzprätoren). Ich wüsste auch nicht, dass die besondere Wunder wirken oder generell den Göttern näherstünden. Die haben eben ein hohes Kirchenamt inne und verkehren in entsprechenden Kreisen: Adlige, Patrizier und dergleichen. Dass das Kirchenoberhaupt eine besondere Stellung innehat, ist wieder etwas Anderes. Die sind teilweise schon auf wundersame Weise ins Amt gekommen (z.B. Leatmon Phraisop d. J.) oder - gerade die Mystiker - tatsächlich den Göttern besonders nahe. Kurioseweise sind gerade solche Geweihte weniger in profane Händel verstrickt (z.B. der aktuelle Bote des Lichts, der sich vornehm zurückhält). Es hängt also mitnichten am Amt - nicht einmal bei den PatriarchInnen -, als wie götternah, wundersam oder (aus dem Kreise der Geweihten) herausragend ein Geweihter wahrgenommen wird. Auch der einfache Dorfpriester kann als lebender Heiliger erscheinen, der Hochgeweihte hingegen seine Stellung hoher Geburt und Intrigen verdanken, ohne dass man von ihm in spiritueller Hinsicht sonderlich Notiz nimmt.
Also in das Fehlen von Informationen würde ich da nicht allzuviel hineininterpretieren.
In das Fehlen von Informationen braucht man nicht viel hineininterpretieren. Ich kritisiere, dass auf Basis fehlender Informationen etwas interpretiert wird. Es gibt keinen Zustand "Doppelweihe", die Ordination sieht keine (Nach-)Behandlung eines bereits Geweihten vor und eine gesonderte liturgische Hochgeweihten-Initiation gibt es auch nicht. Daher gibt es überhaupt kein Indiz dafür, dass da irgendein liturgischer oder gar göttlicher Akt im Spiel ist.
Es liegt nahe, dass Hochgeweihte nicht näher beschrieben werden, weil es da nicht viel näher zu beschreiben gibt - weil sie schlicht nur ein höheres Amt bekleiden und einen klangvolleren Titel führen (was auch immer im Einzelnen die Anforderungen und Bedingungen der einzelnen Kirchen sein mögen). Dass sich mancher Forennutzer wünscht, dass mehr dahintersteckt, kann ich zwar nachvollziehen. Dann reden wir aber vom persönlichen Wunsch-Aventurien.
@Andwari: Rondra-Kirche.
Das sollte keine Rezeptidee sein, wird aber wohl so oder ähnlich praktiziert, weil es anderes inzwischen kaum praktikabel ist. Ich bezweifle auch, dass die aventurische Wirklichkeit so glatt heroisch aussieht. Ein Kampf kann neben dem Triumph (flawless) und dem Tod eben auch Verstümmelung u.a. nachhaltige Folgen mit sich bringen. Und ich sehe absolut keinen Grund, diesen Ausgang als besonders unwahrscheinlich oder quantitativ vernachlässigbar anzunehmen (auch nicht, dass die DSA-Regeln so etwas kaum vorsehen). Ich will auch nicht sagen, dass man vorrangig auf diesem Wege zu Amt und Würden kommt, nur, dass das kein Grund ist, irgendeine Schmach zu empfinden. Es sei denn, der Geweihte lebt in der Traumblase, dass der Sieger immer mit Rondra ist - auch wenn der Super-Untote gerade dem Heermeister das Herz herausgerissen hat. Das ist offensichtlich keinr sinnvolle Auslegung von Rondras Gunst.
Es ist keine Kirche des Sieges. Kampf ist (anders als bei Kor) kein Zweck, sondern ein notwendiges Mittel. Für den Versehrten oder vielleicht auch "nur" nachhaltig Traumatisierten oder eben Gealterten hat Rondra vielleicht Anderes vorgesehen. Der dreht irgendwelche Rekruten womöglich immer noch im Schlaf auf links, verliert keineswegs eine vorhandene Aura, war immerhin wirklich dabei, als es übel wurde (und schwärmt nicht nur davon), hat wahrscheinlich mehr Erfahrung als sonst wer, ist eben ein Veteran, wie er im Buche steht und allenthalben Respekt genießt. Junivera von Seshwick, Hochgeweihte zu Gareth, ist meiner Erinnerung nach ein Beispiel dafür. Je nach Ort, Zeit und sonstigen Gegebenheiten werden eben bestimmte Geweihte als Tempelvorsteher gefragt bzw. muss man nehmen, was man kriegen kann. Die Wunsch-Kandidaten, die zwölf eindrucksvolle Questen bestanden haben, die man nicht irgendwie als solche hinbiegen muss, sind rar. Gerade der vom Frontdienst befreite Priester hat die Kapazitäten zur Umschulung auf Tempelleitung. Geron den Einhändigen dazu zu verdonnern, weil der seine zwölf Taten bereits erfüllt hat, wäre hingegen nicht so sinnvoll - es gibt sicherlich noch den einen oder anderen Riesenlindwurm, der erschlagen gehört.
Beschaut man die einzelnen hohen Ämter, relativiert sich das aucho. Die Roten Räte ziehen nicht in die Schlacht (wüsste zumindest nicht, wann einer dieser allesamt namhaft bekannten Persönlichkeiten zuletzt in dem Zusammenhang erwähnt worden wäre). Die haben sich zuvor bereits irgendwie verdient gemacht. Der Heermeister wiederum wird recht martialisch erwählt. Da wird schon eher nach Kampfkraft ausgesiebt. Die Sennenmeister rekrutieren sich zumeist aus dem jeweiligen Hochadel. Das Schwert der Schwerter kann seine Nachfolge selbst bestimmen, die Sennenmeister geben ihr Ok (oder auch nicht). Da kann also praktisch alles passieren, je nachdem, in welche Richtung die Parteien ihre Kirche gerne gelenkt hätten.
Zum Alter: Das aktuelle Schwert der Schwerter kam mit 70 Jahren ins Amt (und war als Sennenmeisterin nicht viel jünger). Gernot von Halsingen (Sennenmeister: Bornland seit eh und je) kratzt an der 70. Jaakon von Turjeleff überschritt im Amt als Sennenmeister (Mittellande) ebenso die 70, seine Nachfolgerin geht (frisch bestimmt) auf die 50 zu. Ähnlicher Jahrgang (gleicher Boronstag): Granus Algoniar, quasi rechte Hand des Schwerts der Schwerter. Aldare und Nepolemo wurden bereits genannt. Bei den Roten Räten können wir den Zwerg gerne außen vor lassen. Der hohe Herold ist der 60 näher als der 50, Siegelbwahrer war zuvor Jaakon von Turjeleff (s.o.).
Quintessenz (des langen Rondrianer-Beispiels): Auch innerhalb einer Kirche gibt es sehr verschiedene Möglichkeiten an Amt und Würden zu kommen - und diese müssen nicht zwangsweise mit herausragender Göttergefälligkeit und offensichtlicher Erwähltheit zu tun haben. Auch in der Fiktion stoßen Schemata, wie es laufen sollte, an ihre Grenzen - auch wenn summierte Einzelfälle als Beispiele aufgrund ihrer tlw. Kuriosität bei DSA (Stichwort: ehem. SC) nicht immer genauer betrachtet werden sollten.