Gerichtsprozesse und Falschanklage

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MondinoGravura
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Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Praios zum Gruße!

Heute eine Frage im Namen der Gerechtigkeit.

Mein horasischer Rechtsgelehrter erwartet in Zukunft regen Zulauf durch Kusliks Bevölkerung. Als Advokat will er sich einen Namen machen.
Die Regeln zu Gerichtsprozessen bzgl. Beweispunkten habe ich gelesen, auch den RdH-Teil zu Recht und Strafe.
Dort ist unter anderem "Falschanklage" als Kapitalverbrechen aufgeführt.

Mir stellt sich nun die Frage - da es ja durchaus sein kann, dass ein einflussreicher Angeklagter sich durch Kontakte rausreden kann (in Regelwerten ausgedrückt: Die Beweispunkte unter dem doppelten SO bleiben) - wie wird verfahren, wenn der Angeklagte freigesprochen wird, aber dennoch Indizien vorliegen?
Also wenn zwar Beweispunkte akkumuliert werden, diese aber nicht für eine Verurteilung reichen?
Sollten die Beweispunkte ins Negative fallen würde ich sagen: Das reicht definitiv für eine Anklage wegen Falschanklage.
Was aber, wenn die Beweislage einfach nur zu dünn gesäht ist (also SO*2 d. Angeklagten>BewP>0), um z.B. einen Stadtrat Kusliks zu verurteilen (und dieses Szenario ist bei sehr einflussreichen Personen ja gar nicht so unwahrscheinlich)? Ist ein Freispruch gleichgesetzt mit Falschanklage, oder wird da inneraventurisch unterschieden?
Schließlich hätte das sicher bei jedem Richter einen faden Beigeschmack, wenn der Angeklagte zwar freigesprochen wurde, der Kläger aber auch keine Falschanklage begangen haben soll.

Vielleicht hat jemand ja Ideen, wie in diesem Fall verfahren werden würde.

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Je archaischer das Rechtsfindungssystem, um so einfacher und direkter wird es.

In Aventurien, besonders im HR, ist "modern" schon die Idee eines "öffentlichen" Anklägers verbreitet - d.h. es ist eben nicht mehr nur persönliche Gegnerschaft/Betroffenheit, die jemanden dazu bringt, seinen Nachbarn vor Gericht zu zerren, sondern "Bürgerpflicht" oder gar ein staatlich organisiertes Amt.
Wenn man den "Staatsanwalt" ähnlich für eine irrtümliche Falschanklage abstraft, wie im urtümlichen System, dann funktioniert das moderne System nicht.
=> Hier ist eine Anklage viel leichter ausgesprochen, weil man beim Misslingen eben nicht quasi-automatisch selbst dran ist. Hier ist "Gericht" wie in unserem irdisch-modernen System schon stark eine "unabhängige Überprüfung" eines Falls.

Stellen wir uns richtig archaische Systeme vor, gibt es solche Unsicherheit nicht: Sobald es zum Prozess kommt, verliert ein Beteiligter. Das funktioniert besonders dann perfekt, wenn man die Gegner mit ein paar Waffen auf ein kleine Insel rudert, wegguckt und etwas später den Überlebenden einsammelt - der hat Recht, der andere nicht.
=> Wer sich einer Anklage nicht 100%ig sicher ist, wird eben gar nicht anklagen. Die Gesellschaft stellt nur den "Rahmen" in dem das Gericht stattfindet und bindet sich nicht selbst die Verantwortung auf, was angeklagt wird. Wenn das Gericht dem Ankläger nicht folgt, werden halt die Konsequenzen fällig - der Ankläger ist dann pauschal als "Falschankläger" zu sehen. Ihm immer (immer?) die eigentliche Tatstrafe aufzubrummen, ist ein bewährtes Mittel. Der Ankläger ist hier eben nie "unbeteiligt" sondern wird automatisch als Gegner des Angeklagten gesehen. Wenn der Angeklagte unschuldig ist, muss man den Kläger bestrafen - sonst hat man ein massives Kräfte-Ungleichgewicht und eine Prozessflut.

Jadoran
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Den Spieß nach einer "weggedrückten" Anklage umdrehen und den Kläger wegen Falschanklage anzuklagen kann auch schnell nach hinten losgehen, da die Beweislast sich ja umkehrt. Wenn Indizien da waren, die Klage eigentlich sogar "zu Recht" erhoben wurde, und nur dank Einflussnahme (nichts anderes bedeutet ja dieser SO-Wert) abgewehrt wurde, dann wird das nur in ganz leichten Fällen gemacht werden. Einflussnahme kostet nämlich immer - und seien es Gefallen, Ansehen beim Volk, Gold etc. Jeder Prozess eröffnet Gegnern eine Gelegenheit.
Die Richter haben zumeist das klare Mandat, für Frieden und Ordnung im Sinne der herrschenden Ordnung zu sorgen. Individuelle Gerechtigkeit im Sinne von Menschenrechten ist auch im Horasreich ein eher philosohisches Konzept.

Es mag dem (wahrscheinlich selbst hochadligen) Richter zwar stinken, dass die Gräfin damit davonkommt, dass ihr hübscher Reitknecht, mit sie etwas hatte, sich das Genick brach, als er nicht mehr wollte und stattdessen die Stallmagd heiraten wollte... aber sofern da nicht was staatsgefährdendes drin steckt oder zumindest eine Baronin als Zeugin gegen sie auftritt... tja... dumm gelaufen halt. Der Richter wehrt die Klage ab. Zeugenaussage Stallmagd vs. Gräfin, keine Chance. Aber das heißt nicht, dass er blöd ist und denkt, die Gräfin wäre unschuldig.
Zuletzt geändert von Jadoran am 30.05.2017 11:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Das Beispiel mit dem Reitknecht funktioniert genau dann, wenn "die Gräfin wäre sauer, wenn man sie wegen so einer Kleinigkeit belasten würde" für Richter, Gesellschaft usw. wichtiger ist als "Stallknecht Alrik ist tot". Die Beteiligten suchen gar nicht nach "Beweisen" - der Sachbeweis (d.h. der durchgeschnittene Sattelriemen und das Messer der Gräfin daneben) ist ein ziemlich neumodisches Zeug.

Zeugen sind hingegen genau so eine Zusammenrottung von gegen die Gräfin stehendem SO, wie man braucht um ein gesellschaftlich akzeptiertes Urteil zu finden. Wenn genügend Zeugen aussagen, ist es vmtl. gesellschaftlich besser, die Gräfin zu verurteilen als wenn alle sie trotz Freispruch hassen. Das ganze Konzept "Eideshelfer" geht in die Richtung.

Es geht da viel stärker um Rechtsfrieden als um individuelle Gerechtigkeit - wenn die Beteiligten glauben würden, ungerechte Urteile zu fällen, wäre das absolut hinderlich = man rechtfertigt sein Urteil über welche Begründung auch immer, aber dass hinterher ein Ritter oder Richter übrig bleibt, der weiterhin auf Vergeltung aus ist, wäre das Scheitern des Systems.

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BurkhardSekir
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von BurkhardSekir »

Also nach gesundem Menschenverstand dient die Sache mit der Falschanklage ja dazu, wichtige Personen vor unnötigen Prozessen zu schützen. Denn wenn jemand angeklagt wird, dann horchen alle anderen auf und der SO leidet (kurzfristig) darunter. Wenn ich jetzt persönlichen Groll gegen Graf Alrik hege, dann kann ich ihn einfach immer wieder anklagen (lassen), dann muss er zwei Mal pro Woche vor Gericht erscheinen und kann sich nicht um sein Lehen kümmern o.ä.

Die Falschanklagenstrafe sorgt nun dafür, dass ich nicht sagen kann "Graf Alrik hat gestern in Gareth einen Bettler bestohlen", wenn Graf Alrik, wie jeder weiß, momentan in Prem ist. Falschanklagen sind für mich solche Anklagen wo man auch ohne Verhandlung sehen kann, dass es nicht sein kann. Im Gegensatz zu einfach solchen Klagen "Graf Alrik hat heute Nacht ohne weitere Zeugen an meine Haustür gepinkelt", die aufgrund von Beweismangel fallen gelassen/abgewiesen werden (weil Graf Balrik behauptet, Alrik sei bei ihm gewesen die ganze Nacht).

Anderer Ansatz: wenn nun jede abgewiesene Klage ein Kapitalverbrechen wäre, dann hätte Aventurien ein großes Problem und kaum noch jemand würde andere anklagen. Wodurch es mittelfristig mehr Verbrecher geben würde, denn wo kein Kläger, da kein Verbrechen.
Da das hier in letzter Zeit vermehrt auftritt, kann ich nur jedem diesen Link ans Herz legen: http://www.das-dass.de/

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Um es runterzubrechen: Findet der Freispruch nun also aufgrund von Mangel an Beweisen (wozu ich Zeugenaussagen ebenfalls rechne) statt, existieren aber Indizien, die darauf hindeuten (der Richter sich also unsicher ist, ob die Tat nicht doch so stattgefunden hat) würde er eine Anklage wegen Falschanklage wohl einfach ablehnen, richtig?
Anders natürlich, wenn die Unschuld zweifelsfrei bewiesen ist.

Eine weitere Frage, die mir aufkam: In RdH ist die Rede von Gebühren für die Anklage, was bspw. die Bezahlung der Justizbeamten einschließt, sowie weitere Beglaubigungen.
Bei den Justizbeamten ist es einfach: Man zählt die Anwesenden Beamten, legt je ein Tageseinkommen fest und hätte dann die Kosten pro Gerichtstag (die ja vom Kläger erstmal gezahlt werden müssen).
Was fällt unter die Beglaubigungen? Vermutlich verschiedene Beweise (bspw. der Alchemist, der mit schriftlich bestätigt, dass tatsächlich Gift im Essen nachgewiesen werden konnte). Gibt es da noch weitere (kostentechnisch Relevante) Beglaubigungen die man bezahlen muss?

Weiterhin darf man sich im Falle einer Verurteilung als Kläger "schadlos" am Verurteilten halten, also die Prozesskosten wieder eintreiben (was man laut Gareth-Box sogar selbst tun muss, ob das im HR ähnlich ist - ich würde es für nicht unwahrscheinlich halten). Existiert in Aventurien sowas wie eine "Pfändung", kann ich also sagen: "Die Baracke ist hundert Goldstücke wert, der Baumeister Signor ya Marello hat es mir beglaubigt, die gehört jetzt mir, da der Verurteilte kein Bargold hat."? Würde annehmen, dass das sogar der Usus ist - eher wenige dürften größere Summen Gold angespart haben, sondern diese eher in Sachwerten anlegen. Aber womöglich gibt es ja eine Textstelle, die diese Vermutung widerlegt.

Jadoran
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Klagen kann ohnehin nur der, der die Gerichtskosten vorstrecken kann - man ist ja nicht in Thorwal, woder Freie mit der Axt in der Hand in den Kreis tritt und brüllt, "Ich klage diesen Hundsfott Olf an, mir meine Stiefel geklaut zu haben!"
Anderersiets sind die gerichtskosten auch cniht so hoch, denn zu Zeugen ist Recht und Pflicht des Freien, dafür gibts kein Geld. Der gerichtsbestellte Sachverständige ist noch nicht erfunden. Seinen Anwalt muss jeder selbst bezahlen.
Aber trotzdem ist eine Klage für einfache Leute immer noch eine sehr teure Sache, insbesondere, wenn man einen Advokaten hinzu ziehen muss.
Das sich schadlos halten trifft es, wobei Grund und Boden anders beurteilt wird als "Fahrhabe", da muss man aufpassen, über was das Gericht einen Titel ausstellt.
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MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Jadoran hat geschrieben: Das sich schadlos halten trifft es, wobei Grund und Boden anders beurteilt wird als "Fahrhabe", da muss man aufpassen, über was das Gericht einen Titel ausstellt.
Gibt es da offizielle Quellen dazu? Diese Unterscheidung wäre ja definitiv wichtig. Logisch, dass der Medicus, der es irgendwie geschafft hat gegen den Baron zu gewinnen, nicht dessen Land bekommt. Aber wie verhält es sich bei zwei Esquirii, die jeweils nicht besonders reich sind, aber eben ihr Häuschen irgendwo stehen haben?
Oder der Schutzgelderpresser, der in Aldtenküslich seine Baracke stehen hat - und seine Habe gerade mal reicht die Opfer wieder auszuzahlen?

Es gibt ja diese Regelung, dass ein zahlungsunfähiger Verurteilter für einen Tageslohn von 1 H irgendwo Zwangsarbeit vollstrecken muss - zahlt dann der horasische Staat die Geschädigten aus - im Wissen, dass sich die Zwangsarbeit natürlich mehrfach rentiert?

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gerichtskosten
Diese als "nicht hoch" anzusehen, ist mMn grundsätzlich falsch. In manchen verstädterten Gegenden mag es ziemlich kostengünstigen Zugang zu Gerichten geben, aber ansonsten gilt:
Der Gerichtsherr ist eine höhergestellte Persönlichkeit, weil er die Autorität haben muss, sein Urteil ggf. gegen die unterlegene Partei durchzusetzen und deren Missmut auszuhalten. Nachbarschaftsstreit zwischen Freien (ca. SO8) um ein paar Zäune, Obstbäume oder so was (deutlich über Bagatelle, es geht um Geld und Rechte) landen ganz schnell vor dem Freigericht, d.h. da muss sich der Baron mit SO13 drum kümmern.
=> Die Gerichtskosten erscheinen dem Baron nicht hoch, dem kleinen Handwerker aber vllt. schon. Das Ganze Gerichtswesen ist eine Dienstleistung der Obrigkeit für seine Untertanen - der Leibeigene kriegt die ggf. im Paket "kostenlos", der Freie darf richtig dick zahlen, wenn er das nutzt.
Bei Straftaten kann man über eine Zahlung ans Gericht gleich seine Schuld gegen die Gesellschaft abzahlen - d.h. z.B. 20-40 Dukaten für den Geschädigten, den man um 20 Dukaten geschädigt hat plus 20-40 Dukaten für den Richter. Warum sollte der adelige Richter weniger kriegen als der Geschädigte, der doch nur der Webermeister aus Alrikshofen ist? Die beiden hätten sich ja auch so einigen können, statt das Gericht zu belästigen.

@Zwangsarbeit
Ich würde den mittellosen Kleinkriminellen zuerst die Gerichtskosten und dann die Wiedergutmachung an den Geschädigten abarbeiten lassen.
1H pro Tag ist ein mMn völlig kaputter Satz: Wenn man vergleicht, was ein einfacher Knecht auf dem Gutshof zum Überleben braucht (5-15 H incl. Nahrung) und was er erarbeitet (10-25 H, besonders qualifizierte Personen evtl. mehr), kommt man eher in den Bereich 5-10 H täglich. Da den "Staat" sowohl bei den Gerichtsgebühren als auch bei der Kalkulation der Erträge massiv übersteuern zu lassen, ist mMn unnötig: Ein körperlich fitter Landstreicher kriegt seine Verurteilung zu insgesamt 500 Talern und kann die in 2-3 Jahren Zwangsarbeit abarbeiten, haben alle was davon. Evtl. hat man sogar danach einen neuen freiwillig bleibenden Einwohner. Aventurien hat nicht so viele Leute, als dass man sie wahllos verschleißen könnte, besonders wenn man keine Bleimine besitzt.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Bzgl. Gerichtskosten:
Ich glaube nicht, dass die Kosten abhängig von der Schadenszahlung sind. Schließlich wäre sonst alle Vergehen unter einem Gewissen Wert völlig unattraktiv für jedes Gericht - ich meine aus RdH rauszulesen, dass man schon einfach die Löhne für x Verhandlungstage zahlt + noch einige Gebühren extra. So kann es dem Gericht egal sein was da verhandelt wird. Bei höheren Gerichten steigt dadurch dann auch das zu entrichtende Geld für die Verhandlung. Wie du nämlich schon sagst, es ist eine Dienstleistung - die wohl auch eine fixe Summe Geld kostet, egal, was am Ende dabei rausspringt.

Bzgl. Zwangsarbeit:
Auch hier glaube ich nicht, dass der Schadensersatz "In Echtzeit" abgearbeitet wird. Sonst müssten Geschädigte ja unter Umständen Jahre warten, bis der Ersatz da ist. Den von dir genannten Weber dürfte das ruinieren können - was ja auch nicht im Interesse des Staates liegt. Außerdem hat das HR (und die haben ja ihre Orte, an die sie Zwangsarbeiter schicken) durch den Verurteilten eine sichere und billige Arbeitskraft - aus rein geschäftlicher Sicht ist wäre das nur mit minimalem Risiko behaftet, den Schadensersatz direkt auszuzahlen. Der 1H pro Tag soll wohl auch vermeiden, dass absichtlich Vergehen begangen werden die zu Zwandarbeit führen, um die nächsten Monaten eine sichere Unterkunft und Essen zu haben.

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Warum sollte das Gericht gegenüber dem Weber als Kreditgeber auftreten, indem es ihm den nicht direkt eintreibbaren, sondern nur vom verurteilten Landstreicher abzuarbeitenden Schadenersatz vorstreckt? Wenn der Weber ein braver Bürger ist, kriegt er sicher anderswo Kredit, evtl. unter Berücksichtigung seiner "sicheren" Einnahmequelle aus dem Zwangsarbeiter. Vom Verurteilten soll ja nix zu holen sein und ggf. sind die Gerichtskosten vom erfolgreichen Kläger schon vorab bezahlt worden - vorher macht das Gericht ggf. gar nix.

Solche Straftäter in die Südmeerkolonien zu verfrachten, ist für Aventurien eigentlich sinnlos = es gäbe genug Arbeit in direkter Umgebung, es gibt keine Überbevölkerung daheim, der Bewachungs- und Transportaufwand usw. für diese handvoll Zwangsarbeiter ist unverhältnismäßig hoch. Dem arbeitsscheuen Gesindel ein Dach überm Kopf zu geben ist hingegen traviagefällig und vmtl. einem sehr hesinde/nandusfreundlichen Geist entsprungen. Er nennt das Konzept "Zuchthaus".
1H am Tag heißt, dass derjenige profitiert, der den Zwangsarbeiter einsetzt und nicht derjenige, der über den 1H seinen Schadenersatz kriegen soll (dann sind 10 Dukaten Strafe = 3 Jahre Zwangsarbeit, der Gefangenenunternehmer macht täglich vmtl. 3-10 H Gewinn pro Gefangenen). Also ein massives Ungleichgewicht zu Gunsten des Staates oder von ihm beauftragter Gefängnis-Unternehmer, die richtig Reibach machen, während weder Gerichtsschreiber noch Geschädigter direkt was von haben.

Es würde gegenüber der zur Delinquenz neigenden Unterschicht durchaus Sinn machen, denen "verurteilte Kleinkriminelle in Zwangsarbeit" direkt vor die Nase zu setzen - denen es noch ein merkliches Stück schlechter geht als dem normalen Manufakturarbeiter oder Feldpächter. Die normalen Arbeiter werden sich mit den noch schlechter gestellten Typen eben nicht solidarisieren, sondern haben endlich wen, auf dem sie rumhacken können. Spart auch Bewachungsaufwand.

@Gerichtskosten
Weil die kleinlichen Streitereien um 3 Hühner so unattraktiv für den Herrn Baron sind, macht genau die Kleinigkeiten ja ein Dorfgericht o.ä. = billiger. Gebühren an einen Streitwert zu koppeln, hat sich irdisch bewährt - machen Anwälte, Notare usw. quasi immer noch. Je mehr es wert ist, um so mehr Gebühren kann man aus den Beteiligten rausholen, ohne dass die das System in Frage stellen. Natürlich mit einer fixen und relativ hoch angesetzten Untergrenze was die Gebühren angeht. Den Richter quasi "stundenweise zu mieten" ist unwürdig, auf so Ideen können vllt. die Horasier kommen - anderswo gibt es dafür gleich mal eine kleine Lektion Staatskunde (d.h. der Richter ist Baron, findet diese Idee schlecht und entscheidet spontan auf einen Vormittag Pranger = geht in 3 Sekunden, muss nicht mal protokolliert werden).

Gerichte sind eigentlich was Bürgerliches - Adelige können sich anderweitig behelfen, dafür haben sie ihre Schwerter. Die meisten Prozesse werden zwischen einigermaßen gutsituierten Freien ablaufen - denn vom Landstreicher ist kaum was zu holen (s.o.) und mit dem Comto legt man sich nicht an. Unterschicht geht nicht zum Gericht, sondern beauftragt 3-Finger-Alrik und seine Jungs.
Die meisten Prozesse werden auch nicht "heldentypisches Strafrecht" (d.h. Einbruch, Totschlag, aufrührerische bewaffnete Angriffe ...) sein, sondern der Streit um Weiderecht, Handelsprivilegien und sonstige Gelddinge.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Um meine Antwort einzudampfen:
Genau das, was du als unsinnig empfindest, ist in RdH allerdings gesetzt und es geht in meinem speziellen Fall ja ums Horasreich.
Ausserdem ist es nicht "der Zwangsarbeiter vom geschädigtem Prozessgewinner Alrik" sondern der Zwangsarbeiter des HR. Die haben da Minen und Manufakturen, in denen Zwangsarbeiter arbeiten.

Mir scheint daher, dass deine Antwort eventuell fürs MR oder Nostergast oder Ähnliches anwendbar ist, aber gerade im HR eben nicht zutrifft, da die Quelle RdH dem teilweise direkt widerspricht. Auch wenn sicher nicht alles Sinn macht, was in RdH steht, möchte ich mich allerdings weitestgehend daran halten - nicht das Rad neu erfinden.

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Vergiss nicht die GA (S.144 ff.) - auch wenn die älter ist, so ist doch die Struktur-Beschreibung zwischen MR und HR oft nachezu deckungsgleich (und der Text in RdH ab S.84 nicht nur im Bezug aufs Bild eine ziemlich gute Kopie des zuvor Geschriebenen).

generelle Übereinstimmungen und Unterschiede (wo dann RdH als neuere Publikation gelten soll)
+ Struktur der Gerichte
- Comti von eigenem Recht und nicht nur Fürsten im Hochgericht
+ Beschreibung von Sonderrechten und Sondergerichten
- Klarstellungen zur Lex Zwergia und praiotischen Inquisition
+ Es gibt verschiedene Verfahrensarten,
- im HR ist (wie im MR, aber noch dominanter) das Inquisionsverfahren - hat nix mit den Inquisitoren zu tun - üblich.
- Kläger muss in Vorkasse gehen, die Gerichtsgebühren sind hoch.
- HR nutzt weiter auch die auch im MR maßgeblichen Rechtswerke (Rohal usw.)
+ Strafen im HR gleichen dem MR, weniger Leibstrafen
- berufsmäßige Advokaten sind ein besonderes Merkmal des HR im MR machen das halt die Hofkaplane usw. = nur bei Unterstellung eines "im HR ist alles besser", wird das ein echter Unterschied, ob Dich der von der Zunft beauftragte erfahrene Typ oder der Adlerorden-Mietadvokat vertritt.
+- keine oder kaum eigene Ermittlungen der Richter = Raum für Heldenhandeln
+- Strafkatalog quasi deckungsgleich
- erwähnt: Geldstrafe in 3-facher Höhe des Schadens für kleinere Vergehen

und eben
- Zwangsarbeit mit 1H pro Tag

Die Folge ist, dass ein mittelloser Übeltäter nach diesen Quellen für den Diebstahl einer "Schere" im Wert von 25 Talern zu mindestens 75 Talern Strafe zzgl. Gerichtsgebühren verurteilt würde. Da er die nicht zahlen kann, sind das 3+ Jahre Zwangsarbeit.
=> Hier ist es RAW schon ziemlich egal, wie viel mehr der gestohlen hätte, wer den ganzen Schneiderladen ausräumt, überlebt in den Bleiminen ja nicht 10-fach länger, sondern stirbt auch völlig rechtswidrig nach 3-5 Jahren, ohne die Schuld völlig abzuarbeiten.
=> Der Verrechnungs-Tagessatz von 1H ist das Problem. Jeder Mafiaboss reibt sich die Hände, denn der besorgt ggf. die 100 Taler für den Delinquenten, gewinnt so einen ihm verpflicheteten Diener, der die in vllt. 1 Jahr statt 3+ im Steinbruch wieder reinarbeitet und streicht dann den Profit ein.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Danke für die ausführliche Auflistung.

Bezüglich dem 1H-Arbeiten und Mafiabossen, die das ausnutzen: Bei der Lektüre von RdH, speziell bei so mancher Stadtbeschreibung (Kuslik, etc.) schien es mir aber beinahe gewollt, dass kluge Ganoven bestimmte Systeme dort ausnutzen können. Mafiöse Strukturen und Geheimbünde gehören ja dort zum Setting.

Falls der Zwangsarbeiter in der Mine sterben würde, bevor er das Geld zurückzahlt, könnte man ihn auch zum Süßholzraspeln schicken. Weniger tödlich, also kann er länger dort arbeiten. Die Frage ist auch, inwieweit man Leute vor Gericht zerrt, die tatsächlich gar nichts haben - da schickt man eventuell eher den Schlägertrupp und kassiert die einfach am Gesetz vorbei ein. Prozesskosten können die ja ohnehin nicht aufbringen, wer soll einen also aufhalten.
Bei anderen gäbe es eben eventuell so manches zu "Pfänden", von Opas antikem Rosenholztisch, den dieser als Schreiner in jungen Jahren gefertigt hat über die Hühner oder eben - wie gesagt - die Hütte, in der der Täter wohnt.
Die Frage ist nur, ob man eben so einfach Pfänden darf. Speziell, da man den Kram ja selbst eintreiben muss.

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Arbeitsgelegenheiten
Man kann natürlich sein ganzes Rechtssystem auf "Süssholz" aufbauen oder seine ganze Wirtschaft auf einer Tulpenzwiebel-Spekulationsblase. Aber eigentlich sind verurteilte Zwangsarbeiter doch eher was für echt einfache, schwere Arbeiten voll Dreck, niedrigem Prestige usw. Wenn Süssholz ein Exportschlager und extrem profitabel ist, finden sich dafür auch andere Arbeiter, die das gerne und mit einem gewissen Stolz machen.

Bleimine (oder al'anfanische Halbseiden-Plantage), genau wie Galeere sind eher als Todesstrafe anzusehen - wie lange sollen die da arbeiten? Das Gefühl mit peitschenschwingendem Motivator und erbärmlichen Lebensbedingungen sagt doch, dass die Sträflinge nach spätestens 2-5 Jahren (entspricht RAW Verurteilung zu 7-18 Dukaten Strafe) völlig kaputt sind.

@Alternativen
Mit einem Gerichtsurteil darf man mMn pfändenderweise losziehen - schließlich ist jetzt auch der Staat = die Gesellschaft insgesamt Gläubiger, das Urteil setzt eine Strafe fest. Es ist in GA S.146 richtig beschrieben, dass die Obrigkeit/Gesellschaft ab einem gewissen Punkt eben auch im Boot ist, nämlich um den Rechtsbruch an sich zu vergelten.
=> Mit einem Urteil sind alle gegen den Verurteilten, der nur mit Erfüllung des Urteils (bzw. abarbeiten...) diese Schuld aus seinem festgestellten Rechtsbruch gegen die Gesellschaft und ein wenig auch gegen den Geschädigten, der aber eben auch befriedigt werden muss sühnen kann. Da wird eine prinzipielle Sache draus - wer vor dem Urteil wegläuft o.ä. ist halt schlicht weg und vergessen, wer sich nach dem Urteil der Strafe entzieht, ein Feind der Gesellschaft.

Ohne Urteil geht das nicht. Und das ist genau der Unterschied für den gewünscht gesetzestreuen Bürger, dass der eben keine Schläger, Mafiosi o.ä. beauftragt, sondern den Weg übers Gericht geht. Den Schuldner selber "einzukassieren" und auf der eigenen Hacienda zur Arbeit zu zwingen ist eben nicht rechtens (und extrem anfällig gegen Missbrauch). Das ganze Thema "Gerichtswesen" soll ja den gut situierten Mittelschichtlern ein Sicherheitsgefühl liefern. Dem Gossenstreuner bringt das kaum was und der Herzog könnte/kann sich auch ohne durchsetzen.

Wir sprachen hier allerdings von Fällen, wo Geldstrafen eben nicht in Bargeld oder leicht veräußerbaren Sachwerten eintreibbar sind. Auch der kleine Handwerksgeselle wird vmtl. eher zum Geldhai gehen als sich seinen Hammer, Säge und Winkeleisen wegpfänden zu lassen - denn dann fehlt ihm seine Einnahmequelle. In mancher Bauernhütte mag mehr Silber liegen, als man so vermutet - aber gerade bei städtischer Unterschicht ist oft wirklich nix Verwertbares.

@Mafia
Es ist mMn ein Unterschied, ob die Banden sich halt ihre Gelegenheiten suchen müssen, oder ob ein Gerichtssystem jeden erwischten Kleinkriminellen dauerhaft in ihre Fänge treibt - sehenden Auges. Diebstahl von <5 Dukaten wird einerseits als "Bagatelle" betitelt, andererseits sollen die Konsequenzen absolut ruinös sein.
Eine entwendete Schere = 3 Jahre Zwangsarbeit/Galeere oder dauerhaft dem organisierten Verbrechen verpflichtet.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Süssholz ist in RdH speziell als Zwangsarbeitsmöglichkeit genannt - anstrengend, aber nicht tödlich.

Womöglich liegt des Pudels Kern auch in der Geldhai-Sache: Die Androhung von Zwangsarbeit steht (was sicher niemand möchte) und trifft eben die, die nicht mal von Geldhaien mehr einen Kredit bekommen. Quasi die unterste Schicht der Gesellschaft.

Ob die Sache mit dem "Auslösen" tatsächlich existiert, das weiß ich nicht - ich wüsste aber auch nicht, was dagegen spräche.

Ich glaube, dass die Diskussion über die Begünstigung mafiöser Strukturen mit einem schlichten "Ja, das spielt denen in die Hände" beantwortet werden kann. In Kuslik jedenfalls (und vermutlich im ganzen HR, mit wenigen Ausnahmen) ist Korruption nichts seltenes. Und solange man dabei keinem Hochadligen (oder Helden) auf die Füße tritt auch relativ "ungefährlich".

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Man könnte seine Bettler und Krüppel auch einfach so erschlagen.

Mein Problem mit der 1H-Zwangsarbeit ist folgende:
Ein einfacher Kleinbauer, ein junger Handwerksgeselle usw. lebt "karg" - d.h. ihm bleiben vllt. 30-60 Taler im Monat und seine Arbeit ist mehr wert - denn da greift immer noch ein Grundherr, Meister o.ä. kräftig was ab, es werden Steuern und Abgaben fällig ...
Es gibt eine Schicht darunter, also Knechte, Dienstboten, Hilfsarbeiter usw. - aber auch deren Arbeit ist was wert, ggf. kaum weniger als die der Bessersituierten, nur dass da mehr abkassiert wird und deshalb dem Arbeiter weniger bleibt. Diese Leute (mit SO2-4) haben vllt. 20-30 Taler im Monat (quasi nix davon als Bargeld, sondern halt tellerweise Grütze), leben also zwischen den Meisterschirm-Kategorien "karg" und "elend" - weil elend halt wirklich auch noch den Bettler, Kriegsflüchtling, Schindsklaven und arbeitsscheuen Vagabunden umfassen muss.

Heißt: Ein Herr, der irgendeinen nicht völlig kaputten Erwachsenen (14-60) zu einer simplen Arbeit einsetzen kann, macht damit monatlich irgendwas zwischen 10-30 Talern Gewinn. Das gibt dem Grundherrn von 100 arbeitenden Untertanen Gesamteinnahmen von 100-300 Dukaten, die dann nach Abzug seiner ganzen Kosten für einen vmtl. knapp "reichlichen" Lebensstil (30-80 Dukaten) für diese Niederadeligen-Familie reichen.
Bei den Lohntabellen ist "unten" dadurch verzerrt, dass beiläufig erwähnt wird, dass da noch Essen dazukommt - bzw. DSA als Wirtschaftssystem nicht mal ansatzweise funktioniert, wenn man für 75% der Bevölkerung annimmt, dass die quasi ausschließlich Lebensmittel produzieren ("Bauer") und gleichzeitig für Getreide usw. die absurd niedrigen Preise aus H&K unterstellt, die einfach die normalen Preise mal 10% sind - und die sind schon fragwürdig.

Natürlich könnte man in seinem Aventurien die Preise überarbeiten - aber dann ist die Schere des Schneiders, die zum Preis von soundsoviel Sack Getreide verkauft wird und soundsoviele Arbeitsstunden von Bergleuten, Eisenverhüttern, Schmieden usw. enthält, die alle ins System passen müssen, eben auch nicht mehr 25 Taler sondern vllt. nur 25 Heller wert = 25 Arbeitstage eines Helfers = 10 Arbeitstage einer Fachkraft? Damit ist ein Diebstahl von 50 Talern halt auch keine Bagatelle mehr, sondern ein großangelegter Diebeszug, der das komplette Inventar von drei Handwerkerhäusern umfasst.
=> DSA atmet da noch stark den Geist von "erhöhe die Preise massiv, wenn die Helden was kaufen oder bestraft werden sollen und senke sie, wenn sie was zu verkaufen oder eine Dienstleistung anzubieten haben". Das treibt halt an vielen Stellen sonderbare Blüten.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Die Rechnung mag ja stimmen, aber die Zwangsarbeiter werden ja auch nicht "fair" bezahlt - das soll ja deutlich zu wenig sein, um die Zwangsarbeit eben unattraktiv und zur Strafe zu machen. Damit es sich eben für alle Seiten rentiert (und demnach würde ich auch annehmen, dass der Staat ggf. die ausstehenden Kosten vorstreckt - weil es sich eben durch und durch rentiert).

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Es geht mir nicht um die "faire" Bezahlung der Zwangsarbeiter, sondern darum, dass ein "Gefangenenunternehmer" den Reibach macht und das ganze System stark zu Vermeidungsreaktionen (->Mafia) drängt.

Wenn der Zwangsarbeiter nur täglich etwa 5H über seine kärgliche Verpflegung hinaus erwirtschaftet (ein extrem niedriger Ansatz, verglichen mit jedem "freiwilligen" Feldarbeiter), dann heißt das, dass die Strafe effektiv 5-fach höher ist als wenn er sie anderweitig begleichen könnte (5H vs. 1H) - Gericht und Geschädigter kriegen nur den ausgemachten Betrag an Gebühren+Entschädigung. Heißt, irgendwer greift 80% ab. Wenn das "der Staat" ist, wär es O.K. - die Vermeidung der extrem unschönen Situation wird aber dazu führen, dass halt ein Mafiosi ein billigeres Angebot macht und den Verurteilten nur 1,1-fach bis 4,9-fach übervorteilt.

Als Aventurier würde ich sofort solche Zwangsarbeiter haben wollen um sie auf meinen Gütern einzusetzen - 1H pro Tag (d.h. 10-20 Dukaten insgesamt bei 3-6 Jahren festgesetzter Zwangsarbeit) an den eigentlichen Auftraggeber ist ein absolutes Schnäppchen. Vergleiche es mit Sklavenmarkt, da kostet ein einfacher, verschleißbarer Sklave ganz fix 60-100 Dukaten.

MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

Wenn man nun aber annimmt, dass dieses Urteil feststeht, nicht ausgelöst werden kann (aus von dir aufgeführten Problemen) und die Werkstätten für Zwangsarbeiter tatsächlich dem Staat gehören (wovon ich ausgehe), dann erledigt sich das Zwangsarbeiter-Problem, richtig?
Es steht (außer Korruption) ja nichts dem im Wege dem Mafiosi zu sagen "Urteil ist gesprochen, gibts nicht". Klar kann man das im Vorfeld (also vor Urteilsverkündung, was immer ein wenig pokern ist) ausnutzen, aber wie schon gesagt -ich glaube so soll das Setting auch sein.
In RdH wird auch (in der Stadtbeschreibung Kusliks) von einem nun außer Kraft gesetzten Gesetz gesprochen, das es erlaubt hat zahlungsunfähige Verurteilte in die Sklaverei zu verkaufen. Anschließend steht aber sinngemäß geschrieben, dass dieser Umstand gewisse Leute trotzdem nicht davon abhält dem Gefangenen ein "Angebot" zu machen - ergo genau den Umstand beschreibt, den du (zurecht) als problematisch ansiehst.

Jadoran
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Wenn man ein System aufstellt, dass es einigen ermöglicht, sich unverschämt bis zur körperlichen Vernichtung anderer zu bereichern, dann entsteht Unzufriedenheit. Zugriff auf Zwangsarbeiter haben sicher nur ein sehr eingeschränkter "verbindungsreicher" Kreis.

Metagamistisch: Wenn man ein solches System installiert, um soziale Spannungen a la "Vorabend der Revolution" zu kreieren ist das durchdacht. Wenn man aber das Horasische System als fortschrittlich und "menschenfreundlicher" als etwa "barbarische" hinstellen will, dann funktioniert das nicht.

Von daher würde ich die I-H Regelung anders auslegen: Der 1-H ist das, was der Zwangsarbeiter noch selber bekommt (Neben der Freiportion Fußtritte, Gefängniskost und Strohsacklogis), der Rest seines Normallohns wird zur Schuldbegleichung eingesetzt.
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MondinoGravura
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von MondinoGravura »

"Vorabend der Revolution" trifft es - gerade in Kuslik - aber sehr gut. Dort ist mehrmals die Rede vom unzufriedenen einfachen Volk und von der Wut auf den Gerontokraten der Stadt. Daher ja mein Standpunkt - ich glaube, es soll genau so sein. Und ist dadurch eben problematisch - gewollt problematisch.

Jadoran
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Versteh mich nicht falsch: Ein solches Setting im Horasreich kann sicher interessant sein. Ich glaube aber nicht, dass das die offizielle Sichtweise ist. Selbst in Al'Anfa wurde die Revolution ganz fix abgeblasen und durch ein "Make Al'Anfa Great Again" ersetzt. RdH atmet mehr Renascentia und "Die Horasier können alles ein bischen eleganter und besser". Das Justizsystem wird als fortschrittlich präsentiert, nicht als kleptokratisch.
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Leta
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Leta »

Ich wäre bei einem Rechtssystem nicht zimperlich. Geldstrafen gibt es bei mir primär in den Situationen in denen der Verurteilte diese auch bezahlen kann. Wobei "bezahlen" bedeuten kann das er alles verkaufen muss was er besitzt.

In den meisten Fällen in denen der Verurteilte nicht bezahlen kann gibt es Leibstrafen oder Schuldturm für den Fall das es Leute gibt die eventuell für ihn bezahlen könnten.

Andwari
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@bezahlen können
Der Mafiosi drückt dem Angeklagten gerne bei Urteilsverkündung ein paar Dukaten in die Hand, wenn er damit für sich eine win-win-Situation schafft. Der Verurteilte zahlt direkt die Geldstrafe, erspart sich für 10 Dukaten die 3 Jahre Zwangsarbeit, der Mafiosi nimmt fortan einen Teil seines Einkommens - vllt. 5 Jahre lang 1 Dukaten monatlich? Wären 60 Dukaten. Der Verurteilte fährt damit deutlich besser als in den Bleiminen, der Mafiosi hat eine richtig lukrative Investition und einen dankbaren Klienten. Ersetze ggf. Mafiosi durch Comto Menschenfreund.

@Jadoran
Genau meine Sichtweise, ein sich derartig bereichernder Staat würde auf Akzeptanzprobleme stoßen.

@Leta
Leibstrafen helfen niemandem außer etwas Rachebefriedigung, der Zwangsarbeiter ist auch deutlich abschreckender als der Krüppel (der auch aus einem der zahlreichen ehrenvollen Kriege stammen kann). Schuldturm ist Geldstrafe mit Durchsetzungsverstärkung.
=> Für kleinere Delikte bleibt kaum was außer Geldstrafe/Zwangsarbeit, besonders gegenüber Unterschichtlern, die sowieso keine Ehre haben. Die zu auszupeitschen oder zu verstümmeln vergrößert nur die Schlange vor der Travia-Suppenküche und liefert noch mehr Bettler.

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Na'rat
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Re: Gerichtsprozesse und Falschanklage

Ungelesener Beitrag von Na'rat »

Bei dieser ganzen modernen Betrachtung ist zu beachten, dass es im Horasreich direkt archaisch zugeht. Die Urteilsfindung per Zweikampf ist eine der Einnahmequellen für das Schwertgesellentum, welches im Horasireich seinen Ursprung hat.
Daneben gibt es noch die zweikampfversessenen Rondrianer.

Auch gilt im Horasreich, Falschheit ist eine Nationaltugend. Da gibt es keine Beinahe Verurteilungen oder Freisprüche, außer es dient zumindest einem der Beteiligten.
Eine Falschaussage gibt es zum Beispiel nur dann, wenn man vorher den Richter bestochen hat.

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