Tjoa... es ist eingetroffen und durchgelesen. Insofern, auf zum Bericht:
Das Buch folgt dem Format der Vorgänger. Das Anfangskapitel von HaM entfällt natürlich, es geht gleich nach dem Vorwort mit den Akademien los, die sich auf gut 140 Seiten erstrecken. Danach kommen die privaten Lehrmeister zum Zug, erst in einer allgemeinen Beschreibung, dann mit spezifischen Beispiellehrmeistern und schließlich deren Werten.
Begonnen wird gleich einmal mit
Al'Anfa. Und damit kommen wir auch IMO zum Tiefpunkt des Bandes: Diese Akademie kann nach der Beschreibung einfach gar nichts. Historische Spitzenleistungen hat sie explizit keine vorzuweisen und im Vergleich zu den anderen Fakultäten der Universität schneidet sie auch eher mäßig ab - wie man später erfährt, wäre um ein Haar die Magie an die medizinische Fakultät angegliedert worden. In der Krankenstation behilft man sich laut Buch auch lieber mit mundanen Mitteln und verwendet Magie nur für Notfälle - wie passt das zu den eitlen Al'Anfanern, die ganz sicher nicht von Narben begeistert sind? Besondere Bücher sind zwar verfügbar, stehen aber allesamt nicht in der Fakultätsbibliothek, sondern gehören Privatpersonen oder anderen Fakultäten. In der Abschlussprüfung soll der Candidatus vergiftete Nahrung mittels KLARUM PURUM entgiften. Vermutlich besteht hier der Trick darin, zu erkennen, dass der ABVENENUM vielleicht passender wäre...
Dass der Dekan seinen Posten eher über sein diplomatisches Geschick als über seine fachlichen Fähigkeiten erhalten hat, ist akzeptabel, aber was das restliche Personal angeht, muss man sich doch ein wenig wundern:
-der Illusionist im Lehrstab ist größenwahnsinnig und paranoid, inklusive einer eingebildeten Verschwörung durch den Großen Theatralo
-die Sekretärin des Dekans sieht zwar lecker aus, kann aber kaum lesen und schreiben und spricht nur gebrochenes Brabaci (kann sich der Kerl keine Lustsklavin leisten?)
-die Fakultätssekretärin ist wesentlich kompetenter, aber dafür auch eine Spionin
-der Chefalchimist versucht jede Kooperation mit der alchimistischen Fakultät zu vermeiden
-und zu guter letzt hat der Prodekan des Seekriegsstudiengangs ausgeprägte Meeresangst
Dazu kommt dann noch ein Kasten "Dämonenbeschwörung und Boronsglaube", in dem erklärt wird, dass die Boronkirche zwar ein Beschwörungsverbot durchsetzen wollte, dies jedoch nicht gegen den Widerstand der Granden geschafft hat. Magier dürfen "zu Forschungszwecken" weiterhin Dämonen beschwören, wobei aber allen klar ist, dass die Invocatios auch völlig praktisch eingesetzt werden. Tja... es gibt ja noch nicht genug entkernte Kirchen, die ihre Forderungen nicht durchsetzen können. Und was hat so eine Staatskirche in einer Theokratie schon zu sagen? Dabei wäre es gerade hier so einfach gewesen, nicht einen faulen "Don't ask, don't tell"-Kompromiss auszuhandeln, mit dem sich die Kirche geschlagen gibt, sondern als Konsequenz der Sklavenhaltermentalität festzulegen, dass die al'anfanische Boronkirche einfach nichts gegen beherrschte Dämonen einzuwenden hat, genau wie sie nicht gegen Novadis auf den Plantagen wettern.
A propos Boronkirche: Die Kellergeschosse der Akademie sind nicht zu betreten, weil dort wohl irgendein magischer Unfall
Meisterinformationen: in Zusammenhang mit einem alten V'Sar-Ritualplatz, der sich unter der Schule befindet, geschehen ist und massig Totengeister herumspuken, man sich aber nicht die Blöße geben möchte, bei der Kirche um Hilfe zu bitten.
Was war noch? Ach ja, Salpikon Suevertin. Zeitweise war ich mir nicht ganz sicher, ob ich nicht gerade einen Artikel über Mirham las, denn die wohl häufigstgenannte Person des ganzen Kapitels ist, ja, Savertin, der überhaupt den größten Gönner und Könner der Akademie darstellt.
Dass man übrigens Fernzauberei lernt, indem man Holzstücken mit Zielen darauf auf's Meer hinaustreiben lässt, um sie per Ignifaxius abzuschießen, hat man sich "von den erfahrenen Zauberern aus Bethana abgeschaut" - denn Al'Anfa hat ja keine erfahrenen Zauberer.
Wenn das das
Neue, Erfolgreiche Al'Anfa ist, dann gute Nacht, schwarze Perle. Das sieht mir eher nach der Darstellung der Akademie aus, wie sie in einer horasischen Komödie vorkommen würde.
Tut mir leid für den Rant, aber das musste grad mal raus.
Gehen wir also weiter zu... den Erfahrenen Zauberern aus
Bethana. Bethana ist alles, was Al'Anfa nicht ist, nämlich toll. Bethana ist beliebt, Bethana ist kompetent, Bethana ist kultiviert, Bethana sind die Magier mit dem Zahnpastawerbungslächeln. Bethana hat sich der Grauen Gilde angeschlossen, weil ihnen die Weiße zu sehr auf den Lehenseid als Reichsakademie gepocht hat. Und wenn man wie im Szenariovorschlag etwas aus der Akademie stehlen soll und dabei schon trotz der "fast hundert (angehenden) Kampfmagier und ihren loyalen Untertanen" nicht erwischt wird, dann kann
Meisterinformationen: "Optional [...] die Helden ein lächelnd meditierender Landor Gerrano [Spektabilität] in ihrem Quartier erwarten, um sie zur Rede zu stellen." Weil die Bethanier eben so Erfahren sind.
Ok, tut mir leid für den zweiten Rant. Wenn man die Schwächen der al'anfanischen und die Stärken der bethanischen Magier zusammennehmen, durch zwei teilen und gleichmäßig verteilen würde, kämen IMO zwei glaubwürdige Akademien raus. So haben wir hingegen zwei Karikaturen, einmal ins negative und einmal ins positive.
Kommen wir also zu Nummer drei. Ich würde jetzt auf ein Ende der Schmerzen hoffen, wenn es sich hierbei nicht um die Akademie zu
Elburum handeln würde, bei der sowas einfach nicht drin ist. Dafür sind die Schmerzen tatsächlich mal rein ingame - outgame ist die Akademie interessant geschrieben. Auf das eigentlich zu kurze Bestehen der Akademie wird ebenso eingegangen (es gab sowohl schon fast fertig ausgebildete Lehrlinge, die dort noch ihren letzten Schliff erhielten, als auch Lehrmeister, die bei der Zerstörung flohen, ihre Schüler mitnahmen und zuende ausbildeten) wie auf die Frage, warum die Hexe Dimiona im magierfeindlichen Ex-Aranien eigentlich eine Magierschule gründete.
Natürlich wird die Geisteshaltung beleuchtet. Diese ist interessanterweise gar nicht so stark belkelelgläubig - die meisten Lehrmeister haben entweder einfach so ihrem a-religiösen Sadismus gefrönt oder waren tatsächlich erfreut über die wegfallenden Schranken, die einer effektiven Forschung im Weg standen. Der von der Obrigkeit geforderte Belkeleldienst wird dabei auf viele ohnehin "notwendige" Handlungen draufgeflanscht, die halt noch ein wenig grausamer zelebriert werden als üblich. Ebenso werden die Probleme aufgezeigt, unter denen die nie über ihre Gründerjahre hinausgekommene Schule litt, beispielsweise die zwar räumlich große Bibliothek, die aber zu großen Teilen aus leeren Regalen besteht, so dass man ein Zweitstudium tatsächlich schon mit der Abschrift eines nahezu beliebigen Buches bezahlen kann. Definitiv also mal ein Fall, in dem auch die Bösen unter Logistikproblemen leiden. Abgerundet wird das noch durch einen Überblick über die erforschten Gebiete: Todesalchimie (Verwendung von Leichenteilen als alchimistische Substitute), Nadelsetzen (wahlweise mit gewöhnlichen Nadeln oder Dornrosenstacheln), Krankheitsbehandlung, permanente Mnemosynthese (als Möglichkeit der Wissensübertragung) und magische Schönheitschirurgie. Bei den NSCs gibt es übrigens auch einen, den man später an einer anderen Akademie nochmal (mit merkwürdigen Lücken in der Vita, aber dafür tollen neuen Heilfähigkeiten) wiederfindet...
Die Spektabilität Maryan di Shumir wird als Schreibtischtäterin in bester Banalität-des-Bösen-Manier charakterisiert, die sich am Codex Albyricus festklammert - denn wenn man zur Folter das richtige Gewand trägt, kann's ja so schlimm nicht sein. Dazu passt auch ihr Portrait der Marke Graue Maus besser als die xte oronische Domina.
Weiter geht's mit der Halle der Antimagie zu
Kuslik, der man ein nettes Mini-Hogwarts-Gimmick verpasst hat, weil es dort auch vier Flure gibt, in die die wenigen Scholaren aufgeteilt werden: einer pro Jahr pro Flur. Natürlich ist auch diese Akademie hochherrschaftlich und angesehen, aber im Vergleich zu Bethana hat man hier IMO gerade durch die Intriganz mehr verborgene Ecken und Kanten eingebaut, die man hinter dem schönen Schein entdecken kann - selbst
Meisterinformationen: das vermutete Liebespaar aus diplomatischer Spektabilität und kampfmagietheoretischem Wunderkind im Lehrkörper hasst sich eigentlich abgrundtief.
Schwenken wir nun um zur Halle der Macht zu
Lowangen. Diese gehört meines Erachtens auf jeden Fall zu den interessanten Akademien des Bandes, weil der Kontrast der auf eherne Selbstbeherrschung achtenden Puschinske-Schülern zu den hedonistischen Fasarern sehr schön herausgearbeitet wird. Gerade der die Schule seit ihrer Gründung begleitende Puschinske wird gut beleuchtet, so dass zumindest ich ein Interesse an der bisher für mich farblos gebliebenen Irgendwie-böser-Schwarzmagier Gestalt und ihren Intrigen entwickeln konnte, die sich tatsächlich in quasi jede Richtung erstrecken - Lowangen ist zwar weit ab von jeglichen anderen schwarzen Akademien und von rohalistischen und weißen Konkurrenten umgeben (der betreffende Abschnitt heißt "Auf verlorenem Posten?"), streckt aber Fühler nach Andergast, zu den bisher savertinschen Schatten, in die Schattenlande und sogar nach Perricum aus.
Thema Schattenlande: Eine der komplett neuen Akademien ist
Mendena, die Kriegsakademie von Haffax. Und gleichzeitig mein absolutes Highlight in dem Band. Mendena ist die S&S, wie sie sein sollte - kein verschwenderisches Ignifaxius-Gefunzel (tatsächlich haben nur zwei der vier Ausbildungsvarianten überhaupt Schadenszauber), sondern taktischer und strategischer Magieeinsatz: Aufklärung mittels Adlerschwinge, Karteneinprägen per Memorans, Gardianum gegen Feindzauberei, ein klein wenig Hellsicht und Beherrschung für Verhöre und massenhaft Unterstützungszauberei für die Kämpfer. Ein wenig merkwürdig an den Werten ist das Fehlen des Odem Arcanum sowie die mangelhaften Beschwörungsfähigkeiten der Invokator-Variante - wobei der Lehrkörper auch offiziell gespalten ist, was Dämonologie angeht. Man müsste sich zudem mal die Sprüche anschauen, da finden sich doch
einige recht heftige und seltene darunter, bei denen andere Magier gerade in der Kombination ins Sabbern geraten. Da Haffax allerdings über mittlerweile wohl vier Akademien drübergerauscht ist (Tuzak, Ysilia, Elburum, altes Mendena+Privatschatz von Xeraan), ist auch verständlich, dass sein Personal sich da das beste rausgepickt hat.
Inhaltlich ist die Akademie zwar relativ verlässlich gegenüber Haffax, denkt aber auch schon darüber nach, wie sie eventuell von späteren Machthabern anerkannt werden könnte, inklusive eines Offizierskreises, bei dem sich Haffax meiner Meinung nach so gegen den 20. Praios mal dringend um stabile Eichenmöbel sorgen sollte.
Fazit: Wenn sie nicht auf der falschen Seite stünden, wäre das definitiv eine der abenteuertauglichsten Akademien überhaupt, aber auch so ist sie von den schattenländischen Akademien noch am spielbarsten und dank des starken Supportgedanken wird der Magier zwar relativ mächtig, nutzt diese Macht aber idealerweise, um seine Mitspieler zu unterstützen statt sie zu ersetzen, was sogar dem Geist der Schule entspricht.
180° Kehrtwende: Pazifistische Heilmagier aus
Norburg. Hier hat man es IMO geschafft, ein paar interessante Gesichtszüge in das ansonsten eher klischeehafte Bäumchenkuschlertum zu bringen - erstens ist nämlich mit dem strengen Pazifismus keineswegs jeder Norburger einverstanden (besonders die aufgenommenen Ysilianer haben für ihren Geschmack genug die Wange hingehalten) und zweitens hat die Halle des Lebens noch ein Dunkles Geheimnis (tm) -
Meisterinformationen: eine der herausragendsten Spektabilitäten war von der Methodik her eher ein Vordenker Elburums und wurde von seinen Untergebenen vergiftet. Ansonsten sind die Norburger ziemliche Gutmenschen, die (insbesondere Kämpfer aller Art) lieber mundan als magisch heilen, jeden zur Behandlung annehmen und auch eher nach den Möglichkeiten des Patienten als nach der erbrachten Leistung berechnen.
Vom praxisnahen Norburg hinauf in den (wörtlichen) Elfenbeinturm:
Punin. In Punin sind mit Sirdon Kosmaar wieder die noch theoretischeren Theoretiker an der Macht. Es wird auf die zwei Ausbildungsrichtungen der nüchternen Observatoren und der geradezu aufregenden Invokatoren eingegangen ("aufregenden" gilt dabei explizit nur im Vergleich zu ersterer Version - der Puniner Beschwörer ist im Vergleich zum Brabaker immernoch der absolute Langweiler) und die wunderschöne Bigotterie bezüglich anderer Zaubertraditionen beschrieben: Wenn ein Bericht über ein magisches Phänomen von einer Hexe oder einem Elfen stammt, dann existiert dieses Phänomen erstmal nicht. Und sollte irgendwann mal ein Magier diesem Bericht nachgehen, dabei feststellen, dass da was dran ist und darüber ein Paper verfassen, dann ist das selbstverständlich die alleinige Entdeckung eben dieses Magiers. Zusammen mit Kosmaars Vorurteilen gegenüber hochgeborenen Scholaren und der allgemeinen und noch näher ausgeführten Weltfremdheit macht das Punin meines Erachtens zu einem sehr interessanten Spielort.
Bleiben wir im Mittelreich und wechseln die Gilde, kommen wir zu Rommilys.
Rommilys ist eine an sich ganz interessante Akademie, die aber doch ziemlich unter einem Problem leidet: Spitzel mit Wahrheitsliebe sind irgendwie doof. Deswegen hat man hier auch das Gefühl, dass der Autor in jedem dritten Satz "Kauf die blöde Prinzipientreue weg!" sagen möchte. Und insofern hat die Spektabilität Praiodane Werckenfels zwar auch gute Kontakte zur Praioskirche, dehnt aber selbst gern mal das Gesetz, was als Resultat wieder zu inkonsistenten Praioten führt - sie selbst wird von ihrem geweihten Neffen gedeckt, bei dem auch mit keiner Silbe erwähnt wird, dass er sich dafür eventuell Ärger mit Kirchenoberen einhandeln könnte.
Und in der Tat ist auch ein Abenteuervorschlag der, dass die Helden unter falschen Verdacht geraten und mit der Akademie als Verfolger ihre Unschuld beweisen müssen, denn, wie der Text nochmal explizit erwähnt: Eine Unschuldsvermutung gibt es aventurisch nicht. Da mag man ihm noch zustimmen, doch dass in einer solchen Situation nicht die beste Idee einfach wäre, sich festnehmen zu lassen und per Hellsichtsmagie zumindest die Akademie von der eigenen Unschuld zu überzeugen, will nicht in den Kopf.
Schade, damit hat man hier mal wieder ein paar einerseits engstirnige, andererseits aber auf ihre eigenen Prinzipien pfeifenden Gestalten im Umkreis der Praioskirche mehr.
Und nun zu den Typen, die vor ein paar Jahren noch von Rommilys aus unter Beobachtung standen:
Tuzak. Die Akademie ist auch wieder ganz interessant geschrieben, gerade unter dem Gesichtspunkt der Maraskanisierung und des späteren Spektabilitätensterbens. Was daran eher merkwürdig erscheint: Als Maraskan erobert wurde und die Schule nur knapp ihrer Auflösung entging, wurde sie unter starke Kontrollen gestellt. Dabei wurden vom Lehrplan "Hexen-, Schelmen-, Druiden-, und Borbaradianersprüche [...] gestrichen und die Dämonologie auf die Theorie beschränkt". Bitte woher hatten die vorher Sprüche aus
vier Fremdrepräsentationen? Und wieso gab es an einer maraskanischen Schule praktische Dämonologie?
Schönes Kuriosum am Rande: Von der Adlerschwinge-Gestalt eines Nachtwindes wird wegen sonst drohender starker Selbstmordgedanken abgeraten.
Zurück auf's Festland, ungefähr gleicher Breitengrad, aber andere Seite des Kontinents:
Vinsalt. Das anatomische Institut ist quasi die Privatpatientenversion von Norburg. Hier wird geheilt, wer es sich leisten kann. Und auch hier hat man düstere Geheimnisse, denn einerseits finden sich im Giftschrank das eine oder andere Buch, das nicht einmal dort stehen sollte, andererseits liegt man im ständigen Clinch mit der Boronkirche (der eskalieren könnte, wenn bekannt würde, dass an den Seziertischen regelmäßig Geister exorziert werden müssen) und zum dritten findet sich hier auch der oben erwähnte Herr mit dem pikanten Zweitstudium im Osten wieder.
A propos Osten:
Yol-Ghurmak. Yol-Ghurmak ist Schwarze Lande auf Steroiden. Nix mit Imagekampagne Schattenlande, mit Risikoabwägung oder Vorsicht, in Yol-Ghurmak wird beschworen, was nicht bei drei auf dem Dämonenbaum ist. Am besten ein Zant zum auf-den-Arm-nehmen-und-streicheln, während man "Nein, Herr Sturmfels - ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben!" sagt. Der Großteil des Lehrkörpers hat einen Pakt und brennt eher schneller als langsamer durch die Kreise und im Zentrum des niederhöllischen Chaos auf Dere steht kein geringerer als... Tante Balphi. Jup, genau das Bild wurde verwendet. Wie war das mit der Wiederverwendung von Artwork? Naja, Kontinuität und so... Seine Lieblingsschülerin Mactana folgt mit ihrem (Nicht-)Bekleidungsstil dann wieder den traditionellen Superschurkinnen, aber vielleicht reicht ja das agrimothische Feuer zum Wärmen aus.
Hier wird das Fantasylevel deutlich nach oben gefahren - zusammen mit den Türmen der Akademie, die die Eckpunkte eines großen Heptagramms bilden und desöfteren mal für Großbeschwörungen von Dämonen umgeordnet werden.
Die Versorgung mit schuldfrei umschnetzelbaren Schurken für die nächsten 10 Jahre ist jedenfalls gesichert.
Chrononautos: Von Yol-Ghurmak zu
Ysilia. Die möchte man eigentlich nur in den Arm nehmen und drücken. Im Ogersturm nahezu ausgelöscht, beim Wiederaufbau im ehemaligen herzöglichen Stall gelandet, den Akademieschatz Invercano von Kuslik geklaut bekommen, vor dem Gildenrat bloß eine Rüge als Strafe erreicht, nach quasi-Obstruktion durch die Weiße Gilde in den Folgejahren knapp nicht den Sprung in die Graue geschafft und kaum dass der letzte Stein in Ysilia gemauert war von Borbarads Horden gefrühstückt.
Ansonsten sind die nach dem Ogerzug stark praktisch veranlagten Ysilianer gut spielbar, wenn man grad keinen Andergaster oder Lowangener zocken möchte, aber partout nicht auch nur in der Nähe des Elfenbeinturms landen will.
Und das waren auch schon die Akademien. Nun kommt der Teil über die Lehrmeister, der mit einer allgemeinen Betrachtung "Was ist ein magischer Lehrmeister?", "Wer darf sowas eigentlich?" und "Wie verläuft so eine Lehre?" beginnt. Sowohl hier als auch bei den einzelnen Lehrmeistern wird zudem darauf eingegangen, womit sich ein Magier nach seiner Ausbildung eigentlich seinen Turm finanziert. Das Kapitel weiß auf jeden Fall zu gefallen, hat aber auch einen Pferdefuß: Im Kasten "Ein Zweitstudium bei einem privaten Lehrmeister?" (Kurzform: Lehren ja, regeltechnisches Zweitstudium nein) wird nebenbei eröffnet, dass ein Lehrmeister innerhalb eines Monats Lehrzeit einem Charakter einen neuen Hauszauber beibringen kann. Kostenpunkt sind 10facher Aktivierungsfaktor und zumindest bei einem B-Spruch ohne sonstige Merkmalskenntnisse lohnt sich das durchaus, wenn man plant, ihn über die 13 hinaus zu heben oder ihn gar durch die Zauberwerkstatt zu jagen. Wie problematisch das ganze insgesamt ist, müsste man mal genauer überlegen - es erscheint mir aber rein vom kostentechnischen keinen Sinn zu machen, dass die Kosten vom Aktivierungsfaktor abhängen, denn die eingesparten AP bleiben ja relativ konstant.
EDIT: Siehe Nachtrag!
EDIT 2: Doch nicht siehe Nachtrag!
Aber auf zu den einzelnen Lehrmeistern.
Zunächst hätten wir da
Deveron Elgarstyn, einen Obskuromanten, also einen Magier, der mit Schatten zaubert und ein größeres Arsenal entsprechend modifizierter Zauber beherrscht. Der Typ ist zudem noch Mitglied und mittlerweile sogar Anführer des gleichnamigen Meuchlerbundes. Über die augenscheinlich fehlenden Zauber wurde ja schon was gesagt - ich finde es nicht sonderlich schlimm, sie in PDF-Form kostenlos nachgeliefert zu bekommen. Schmunzeln musste ich allerdings über seine Kurzbeschreibung: "Deveron Elgarstyn (*993 BF, wallendes dunkles Haar und Bart, sehniger Körper unter weiter Kutte,
mysteriös [Hervorhebung durch mich])." Zudem ist das endlich mal ein Lehrmeister, der per Nuntiovolo die vergebenen Verpflichtungen auch einfordern kann.
Je nachdem wie das PDF ausfällt klingt der Lehrmeister jedenfalls durchaus interessant, auch wenn ich eine neue Schwemme an ultrakewlen Meuchlern befürchte...
Weiter in der chromatisch herausgeforderten Magie geht's mit dem
Beschwörerkreis des Karasuk, also den Überresten des Warunker Nekromantenrates. Und Überreste sind hier wörtlich zu nehmen, denn auch hier sieht man, dass den Bösen keineswegs alles in den Schoß fällt, bis sie Kontakt mit den Helden haben - die Bibliothek ist deutlich geschrumpft und um überhaupt über die Runden zu kommen ist man auf Paraphernalienverkauf nach Yol-Ghurmak angewiesen.
Übrigens findet sich hier auch die Schneck- äh, Dame vom Einband: Satyana, Botin des Todes. Sie ist tatsächlich explizit unempfindlich gegen Kälte. Na, das wollen wir mal gelten lassen.
Und wo's so schön ist bleiben wir doch gleich in der finsteren Ecke mit
Khelbara ay Baburia, einer Heilmagierin, die das Licht gesehen hat und jetzt in Zusammenarbeit mit einer Qabalya und der Tsakirche versucht, etwas gutes mit ihrem Leben anzustellen. Möchte jemand raten, in welcher belkelelgeführten Heptarchie ihr dunkles Geheimnis in Form ihres Ausbildungsortes liegt? Genau. Liest sich jedenfalls recht angenehm, zumal man hier mal eine tatsächlich lautere schwarzmagische Heilerin vor sich hat, die keinen weißen Hintergrund braucht, um gutes zu tun. Ihr langfristiges Ziel ist eine Anerkennung durch die Schwarze Gilde und eine Begnadigung durch die aranische Herrschaft. Gerade in einer Schleierfall-Gruppe könnte ich mir einen Schüler sehr gut vorstellen, der mit wachsendem Grauen mitbekommt, dass Oron noch nicht ganz so tot wie angenommen ist.
Und damit verlassen wir die schwarze Magie:
Kiranya von Kutaki ist die schon bekannte Metamagierin, die sich allerdings mit Punin unter Kosmaar überworfen hat und vom Typus her in Richtung einfach lebende Philosophin geht. Hm.
Luminoff und Morcalino gehören auf jeden Fall nicht zu den Asketen - die Ausbildung unter dem Namen "Kulinarische Köstlichkeiten" bringt die Extrema des Powerniveaus bei zusammen: Hier hat man die Gelegenheit, einen gildenmagischen Zuckerbäcker zu spielen. Allein das Konzept ist schon einfach genial und lässt sich in einer Lowpowerkampagne meiner Meinung nach schön unterbringen, wenn es doch unbedingt ein Gildenmagier sein muss.
Danach wird's bunt: Die
Qabalyim werden in einem Abschnitt abgehandelt, der immer mal wieder verschiedene aufgreift (auf zweieinhalb Seiten behandelt werden die Erben der Gräber, die Töchter Niobaras, die Nachtwinde und die Ilaristen). Die Wertesätze sind nach Qabalya getrennt, folgen aber auch intern nochmal einem Baukastenprinzip, da man es hier ja mit mehreren Lehrern pro Fraktion zu tun hat. Für Hintergrunde wird primär auf die Organisationsbände verwiesen.
Weiter im tulamidischen Raum geht es mit dem schon bekannten
Rafim Bey. Im Prinzip gibt's nichts großartig neues über ihn, aber es ist schön, den nicht abgrundtief bösen Dämonologen weiter ausgearbeitet zu sehen.
Nach dem grauen Beschwörer rutschen wir nun wieder in die Schwärze ab zu
Sefira Alchadid, einer selemischen Chimärologin, die sich in der Tradition der Magiermoghule sieht. Sie gehört auf jeden Fall zu den interessanteren Gestalten, zumal sie keineswegs als Klischeeschurkin auftritt und Pakte ablehnt. Hier werden auch einige ihrer Kreationen erwähnt, darunter Dinge, die eher in Richtung "sinnvolle moderne Gentechnik" als "Ich frage mich, was wohl dabei rauskommt...?" gehen wie den Vielobstbaum. An der Krone ihrer Schöpfung, dem "beinahe idealen Nutztier", muss sie allerdings noch arbeiten - als sie versuchte, Vögel in ihre Nerzkuhsau reinzukreuzen, verdarb leider bisher die Milch.
Achtung an alle Allergiker: Dieses Kapitel kann Spuren von Eulen enthalten.
Mit einem Sprung in der Gesinnungsskala geht es dann weiter mit
Septimo Sargentilians Spiegelwelten. Septimo ist Spezialist für Glasherstellung, es handelt sich hier also wieder um einen Handwerksmagier, diesmal mit Fachrichtung Objektmagie und offensichtlichem Fokus auf die Kristallkugel.
Hinaus auf's Meer geht es dann mit der ebenfalls schon bekannten
Sevastana Gevendar, die zwar vom Eigensinn zwischen grauer und schwarzer Gilde angesiedelt ist, aber trotzdem(?) eine ziemlich angenehme Persönlichkeit ist. Sie bildet klassische defensive Bordmagier aus. Merkwürdig an der Beschreibung: Sie hat einen Hass auf's Horasreich, der an der einen Stelle mit einer Ablehnung für eine Stelle als Bordmaga für eine Güldenlandexpedition, an einer andern aber mit einer horasischen Intrige um einen untreuen Verlobten einer guten Freundin begründet wird. Multiple Choice Past?
Und schließlich wird das Kapitel abgeschlossen von
Xaviera Karsidian, einer Objektmagierin, die neben etwas Artefaktmagie vor allem auf die Nutzung der Traditionsartefakte ausgelegt ist, weswegen man auch gleich mit Stab, Schwert, Kugel
und Schale beginnt. Auf jeden Fall ein interessantes Konzept, bei dem man schauen müsste, ob die damit möglichen Effekte wirklich breit genug gefächert sind, um ein sinnvolles Abenteuerleben zu ermöglichen - angesichts der niedrigen Aktivierungskosten kann man auf jeden Fall wesentlich
häufiger Zauber benutzen als sonst, wenn man denn mal eine passende Wirkung dabei hat...
Das Buch endet dann mit einer Liste aller neu eingeführten Professionen mit Werten und, Freude oh Freude, einem Index aller drei Bücher!
Insofern beende ich auch mein Geschwafel mit einem Fazit:
-es sind einige sehr coole Akademien und Lehrmeister im Buch enthalten (Mendena, potentiell Elgarstyn je nach PDF-Inhalt, Lowangen, Punin, Sefira)
-es ist einiges an Grütze enthalten (Al'Anfa, Bethana, teilweise Rommilys)
-das allgemeine Kapitel über die privaten Lehrmeister ist gut geschrieben und enthält vor allem auch klare Antworten zu praktischen Fragen, die für Spieler von Lehrmeistern oder ihren Schülern wichtig sein können (Zulassung, Finanzierung, rechtlicher Status)
-Lektorat... geht so. Es sind Fehler drin, aber nach dem Amazonentext des ersten Orga-Bandes schreckt mich nichts mehr
-die Illustrationen sind abgesehen von Tante Balphi durchweg akzeptabel bis gut, auch wenn man sich über den Kleidungsbedarf von Schwarzmagiern streiten kann
-es gibt keine aventurischen Heilmagier ohne dunkles Geheimnis
Die Ausfälle sind zu verschmerzen (auch wenn ich mich besonders auf Al'Anfa gefreut hatte), insofern: knappe
4/5.
Nachtrag mit Dank an
Farmelon und
Herr der Welt:
Beim Hauszauberlernen ist nun doch von Aktivierungs
kosten die Rede, Kommando zurück, alles ist toll (außer dass die Formel immernoch keinen Sinn macht, weil die Ersparnis konstant ist)