Samstag, 11.06.13
Gedanken des Orsimus Firdanus
Kapitel V.I: Diebstahl
Mit der "Agrippa" auf dem Yaquiro, am 45. Ludens III. Alricus-Horasi
Brazirakus Vult!
Drei Tage sind nach unserer halsbrecherischen Flucht aus Omlatia vergangen. Drei Tage, nachdem wir unseren malmenden Huf auf die Köpfe der verräterischen Conductii niedersausen ließen. Drei Tage, nachdem wir dem verfallenden Tempel des Nandus seiner Geheimnisse beraubt haben. Drei Tage, nach denen mein Bein endlich zum ersten Mal zur Ruhe und zu Erholung kommen konnte. Und drei Tage Ruhe, welche schlussendlich durch das nervtötende Gequäke von unserem Centuriomagus (dem ich gerne mal seinen Stock in den Rachen schieben würde), welcher sich mal wieder über irgendetwas pikierte, unterbrochen wurde. Er ließ dazu sogar die versammelte Mannschaft der "Agrippa" antreten. Diesmal war es wohl wirklich ernst.
"Wir haben einen Verräter an Bord!" Ungläubiges und wenig begeistertes Raunen erklang.
"Man hat uns bestohlen, bei Shinxirs güldenen Flügeln! Unsere Reisekasse ist weg!"
In der Tat, das war beunruhigend.. bei Brazirakus nicht minder güldenen Hörnern!
Centuriomagus Quintus Aurelius, dem wir feierlich die Obhut unserer "Reisekasse" – bis vor kurzem bestehend aus schätzungsweise 3000 güldenen Aureal aus dem Tempelschatz von Omlatia mit den Prägungen verschiedener Horasi – anvertrauten, war wütend. Mächtig wütend! Ein gar brazirakusgefälliges Feuer brannte in seinen Augen, doch es war nicht der Stierhäuptige, der seinen Geist entflammte.
Und das war garnicht gut!
Der Centuriomagus begann nun, wüst einen nach dem anderen zu befragen und zu beschuldigen. Er war wütend, in seiner Ehre gekränkt. Zu allem fähig. Beinahe gefiel er mir, der alte Stock. Aber nur beinahe. Immerhin standen nun die Seesöldner, mit denen wir uns vor einigen Tagen angefreundet und mit denen wir nun schon sowohl den Angriff der Attentäter aus Firdana sowie den Ereignissen aus Omlatia überstanden hatten in der Kreide, und das fühlte sich an, als würden wir uns ins eigene Fleisch schneiden.
Er ordnete den dummen Klotzkopf Anders und unseren Artisticus an, den Lade- und Schlafraum zu durchsuchen. Eine Goldschatulle löst sich nicht einfach so in Luft auf, ausser der gierige Tasfarilor wäre persönlich vom Berg der Götter Alverans herabgestiegen und hätte sich unseres Schatzes bemächtigt.
Der dumme Anders veranstaltete jedenfalls im Frachtraum ein riesiges Chaos, als er einfach ALLES was er finden konnte auf einen Haufen warf. Es würde viele Stunden dauern, die Gegenstände dieses Haufens wieder ihren richtigen Besitzern zuzuordnen.
Doch dazu sollte es nie mehr kommen. Aber ich schweife ab..
Da weder Anders noch der wendige Publius fündig wurden, beschloss ich gemeinsam mit meinem wortkargen Sklaven die Ermittlungen selbst anzustellen. Siehe da, auf dem Boden im Schlafsaal wurden Schleifspuren gefunden, die aussahen als hätte jemand die schwere Truhe mit dem Schatz über den Boden gezogen – die Spuren führten geradewegs zum hinteren Ende der Triere, zur geheimen Schmuggelklappe. Publius hatte daraufhin eine neue Idee – ob vielleicht jemand von der Besatzung so dreist war, den Schatz einfach mit einem Seil im Wasser hinter uns herzuziehen, ausserhalb der Triere?
Wir öffneten die Klappe, und da mir langsam die Geduld abhanden ging, warf ich den Artisticus kurzerhand überbord, damit er "seine These überprüfen konnte", wie der neunmalkluge Quintus Aurelius gesagt hätte. Publius konnte ja schwimmen - glaube ich zumindest. Ich ließ es drauf ankommen.
Fluchend und prustend tauchte Publius wieder aus dem Wasser auf. Nach ein paar drohenden Gesten, er würde nicht eher wieder an Bord gelassen bis er nicht sagen konnte ob die Truhe da hing oder nicht (ich untermauerte mein Argument, indem ich mit meinem Pilum drohte, das ich direkt am Ausrüstungshaufen den Anders unter Deck veranstaltet hatte fand). Als Publius mir wortreich versicherte, dass da "verdammt nochmal keine blöde Truhe hing", hieß ich ihn erneut an Deck willkommen. Friedlich wie ein Lamm. Brazirakus sei mein Zeuge.
Währenddessen schlug der Centuriomagus an Deck gänzlichst andere Töne an. Als sich herausstellte, dass jemand einen Schemel benutzt hat um die hintere Ladeklappe zu entriegeln, kam nur noch der kleine Perainikles von den Seeleuten in Frage. Quintus Aurelius begann, ihm die Finger brechen zu wollen, während Antonius und auch der Rest der Mannschaft kreidebleich dem Schauspiel beiwohnten. Als der zweite Finger brach, begleitet vom peinerfüllten Aufschrei des jungen Cyclopäers, sprang mein Sklave Aruf auf und warf sich schützend vor Perainikles. Aruf gestand, die Truhe des Tempelschatzes in der gestrigen Nacht im Yaquiro versenkt zu haben. Er fand es nicht gerecht, dass der Schatz "seines" Herrn einfach so geplündert wurde.. ich sah nur noch den roten Schleier vor mir, die ohnmächtige Wut über diese eigenmächtige und geradezu blöde Tat ließ mich vergessen, dass ich mich gerade mit meinen 100 Stein Kampfgewicht auf einen dürren, 16-jährigen Sklavenjungen schmiss und drauf und dran war, mit meinen Fäusten wahre Sinphonien des Schmerzes aus seinem kleinen Körper zu entlocken..
... und dann ging alles drunter und drüber!
Kapitel V.II: Dornenbehaftete Mantikorschei**e
Mit der "Agrippa" auf dem Yaquiro, am 45. Ludens III. Alricus-Horasi
Aviv, der Mondmensch, entdeckte ihn als erstes!
Während ich drauf und dran war, meinen untreuen und verräterischen Sklavenjungen mit harten Faustschlägen ins Gesicht zu maßregeln, hatten wir wohl alle unsere Aufmerksamkeit etwas schleifen lassen. So bemerkte erst der Mondmensch, dem tätliche Gewalt scheinbar zuwider ist, dass sich am Rand des Yaquiros ein Lebewesen niedergelassen hat, welches wir bis dato nur aus den Erzählungen und Hirngespinsten betrunkener Seefahrer und Geschichtenerzähler kannten.
Vom Ufer aus taxierte uns ein riesenhafter, gefährlich dreinblickender Mantikor!
Er war größer als ein ausgewachsener Ochse, und aus der Ferne konnte man das Spiel seiner starken Muskeln verfolgen, als er sich gemütlich, aber mit einem berechnendem Blick in den Schwarz glänzenden Augen dranmachte der "Agrippa" am Ufer entlang zu folgen. Sein Schwanz – dick wie ein Kriegerarm, aber mit gefährlichen und giftigen Dornen gespickt - wogte im Sand des Ufers gefährlich hin und her und wirbelte Sand und Steinchen auf. Wir sahen starke, große Drachenflügel, die aus dem Rücken des löwenhaften Körpers wuchsen, während er uns abschätzend aus einem vage Menschenähnlichen Gesicht anblickte. Wir hielten inne, vor Schreck erstarrt. Der Mantikor bleckte die Zähne. Denn wir waren allesamt unbewaffnet.
Alle, bis auf Aviv, der im Schneckentempo nach seinem Bogen griff. Uns war bewusst, dass der Mantikor gerade mit seiner Beute – uns – spielte. Ich hörte das Raunen des Steuermanns ("Ein Mantikor! Oh ihr Götter!") und erinnerte mich der Geschichten – und die gingen stets gleich aus. Der Mantikor, tödlich und immer hungrig nach Menschenfleisch, war ein seltener – nichtsdestotrotz gemeingefährlicher – Sauhund! Er lähmt seine Gegner mit den giftigen Stacheln aus seinem Schwanz. Und in seinem Maul befinden sich ganze drei Zahnreihen mit rasiermesserscharfen Zähnen, mit denen er sogar Ogerknochen oder die Kettenhemden der bosparanischen Legion ohne große Anstrenungen zu knacken vermag. Erstarrt und nervlich "ein wenig angespannt" harrten wir der Dinge, die da folgten.
Der Centuriomagus flüsterte Anweisungen, man möge sich ganz vorsichtig in Richtung "unter Deck" bewegen – langsam, und ohne den Mantikor zu provozieren. Aviv und der tumbe Anders – selbst stark wie ein echter Troll – sollten unseren Rückzug decken. Wir taten, wie uns geheißen..
.. doch irgendetwas ging schief, irgendjemand stolperte – es kam zur Eskalation! Noch während wir also schon auf halbem Weg zur möglicherweise rettenden Luke waren, sprang der riesenhafte Mantikor in die Luft, öffnete majestätisch seine Drachenflügel und kam geradewegs auf uns zu. Eine Hölle und ein wahres Chaos entbrandte auf Deck!
Noch während wir alle gleichzeitig versuchten, durch die Luke unter Deck zu springen, prasselten die ersten Giftdornen auf uns nieder und bohrten sich schmerzhaft in unser – vor allem mein – Fleisch. Erste Schmerzensschreie und lautes Fluchen erklang an Deck. Doch dann waren die meisten von uns inklusive mir schon die Treppe herab..
Der Mondmensch Aviv tat sein Bestes, dem Mantikor die Landung zu vergällen, doch dieses Ungetüm zeigte sich vom Pfeilbeschuss wenig beeindruckt. Krachend landete das Monster auf der "Agrippa", und ich hörte nur noch wie oben ein heftiger Kampf entbrandte. Ich ließ mir schnell von Aruf meine Ausrüstung reichen, die dieser mühsam aus dem Müllberg zerrte der einmal unsere gesamtes Hab und Gut darstellte. Währenddessen bereitete der Centuriomagus einen Zauber vor, mittlerweile kannte ich ja die Gesten und sein angestrengtes Gesicht. Wir tauschten einen letzten Blick – wir wussten, jetzt geht es aufs Ganze! Brazirakus, richte deine Augen auf deine tapferen Krieger!
Gerade als ich gerüstet wieder die Treppe nach oben stürmen wollte – ich ignorierte so gut es ging die Schmerzen der Stacheln in meinem Fleisch und das erste Brennen des Giftes, das wohl schon in meiner Blutbahn floss – kam schon ein mit zerissener Kleidung verletzter Aviv die Treppen heruntergerollt. Kurz drauf stürmte Anders mit angsterfülltem Schrei an mir vorbei – seinen abgerissenen linken Arm unter die andere Achsel geklemmt – bei den Göttern! Bei Brazirakus! Nun waren der Magier und ich die schützende letzte Verteidigungslinie!
Der Artisticus Publius hatte unterdessen, soviel konnte ich später rekonstruieren, die hintere Ladeklappe zur Flucht geöffnet und die Mannschaft brachte sich gerade mit lautem Platschen ins rettende Nass in Sicherheit. Der Centuriomagus und ich würden unserer Mannschaft soviel Zeit wie möglich verschaffen!
Als das Biest sich nun selbst daranmachte, durch den für sie schmalen Durchgang nach unten zu kommen, warf ich ihr Heldenhaft meinen Pilum in die Fresse! Wütend fauchte und schrie es, und für einen kurzen Moment sah ich die drei Zahnreihen. Dann zerbiss es mit Leichtigkeit meinen Pilum. Einfach so, als wäre das nichts. Ich schauderte.
Und ich hatte Angst, zum ersten Mal. Wenn dieses Biest nicht hier im Lukenrahmen steckengeblieben wäre, es könnte mich innerhalb von Sekunden zerfetzen. Teile meines Körpers zeigten ausserdem schon erste Lähmungserscheinungen von dem Gift, ein brennender und heißer Schmerz machte sich in meinen Gliedern breit. Nur nicht aufgeben! Ich spürte, dass die Zeit knapp wurde, aber ich zog dennoch mechanisch mein Spatha, wenn auch halbherzig. Die Zeit spielt gerade gegen mich. Doch ich beiße erneut die Zähne zusammen. Für den Imperator, für Brazirakus!
Mit aller Gewalt drückte sich der Mantikor durch den Durchgang, riss damit einige Bretter aus der Luke. Ich hörte die Stimme des Centuriomagus, der mich anwies, den Rückzug anzutreten.
Ha, als würden die Diener Brazirakus je vor etwas oder jemandem zurückweichen!
Ein paar Tatzenhiebe des Mantikors später, die mein Gesicht wüst verunstalteten und mein Kettenhemd auf der Brust aufrissen, erkannte ich dann schließlich doch die Weisheit in des Centuriomagus Plan. Doch leider war es, wie der Zufall es so will, ein kleines bisschen zu spät. Doch die Götter waren mir hold: Der Mantikor drückte sich gerade mühevoll die Treppe runter, zerstörte dabei hinderliche Balken und Bretter, die mit lautem Bersten splitterten – und als ich mich kaum noch bewegen konnte und schon am Fuß der Treppe servierfertig für den Mantikor bereitlag, sprang der Artisticus von wer-weiß-woher über mich und warf ein Gefäß – seinen späteren Angaben zufolge mit dem Atemgift, welches die Legion eigentlich in Firdana aus dem Schmuggelgut der "Agrippa" hätte konfiszieren müssen - genau in das Maul des Mantikors, der das Ding natürlich direkt aus einem Reflex heraus im Flug zerbiss und runterschluckte. Und kurz drauf ein sehr komisches Gesicht machte. Er hielt inne. Seine Augen weiten sich vor Schreck.
Das war genau der richtige Zeitpunkt. Publius zog mich hinter sich zur Ladeklappe nach draußen, während Quintus nun seinen vorbereiteten Zauber auf den Mantikor losließ: "Ignisphaero Feuerball"!
Das Schiff explodierte, und das letzte was ich weiß ist, dass wir in den Yaquiro geschleudert wurden..
Handschriftliche Notizen von Aruf Faruch Bân Akhbar
Kapitel V.III: Die Nymphe Doramis
Am Yaquiro, am 45. Ludens III. Alricus-Horasi
Nach der Explosion der "Agrippa", die NANdus sei Dank auch dieses fliegende Untier mit in die Tiefen des Yaquiro riss, gelang es unseren Bootsleuten nach einiger Zeit alle Teilnehmer der Expedition meines Dominus aus dem Wasser zu fischen. Bis auf meinen Dominus Orsimus waren alle bei Sinnen, doch viele von uns waren versehrt – mich plagen nun allein die Schmerzen von der Prügel, welcher der Dominus mir verpasst hat. Immer noch zu Unrecht – dieser Schatz gehörte in einen Tempel, oder nirgendwohin!
Während der Elb Aviv mit kundiger Hand die Splitter und Dornen, welche das Monstrum auf dem Schiff auf uns verschossen hat aus dem Fleisch der Versehrten zog, mühte ich mich ab den schwer verletzten Anders zu beruhigen, dem der rechte Arm abgerissen wurde, den er ungläubig vor sich auf dem Boden abgelegt hat. Dem Centuriomagus ist es gelungen, den Armstumpf mit einem Feuerzauber zu verschmelzen, so dass unser Riese nicht vom vielen Blutverlust irgendwann ohnmächtig würde oder stirbt. Bei NANdus, ich habe noch nie einen Menschen gesehen der soviel wegstecken kann. Dennoch klappert er nun unaufhörlich mit den Zähnen als würde er frieren, vermutlich griff schon das Wundfieber nach ihm..
Wir alle waren schwer verwundet, geschwächt, teilweise vergiftet – und einige dem Tode näher als dem Leben. Wir hörten, wie die Geister der Dis Manibus – der Totengeister - schon nach uns riefen. Nun, zumindest einige von uns. Mir bescheidenem Diener und den Bootsleuten gelang noch als erstes die Flucht, wir kamen nur mit ein paar Kratzern und Schrammen davon. Aber diejenigen, die Heldenhaft unseren Rückzug deckten, waren schlimmer dran..
Nun war guter Rat teuer, denn sowohl der Ork, der immer noch nicht im Diesseits angelangt war, wie auch der Artisticus und wohlmöglich auch Anders rangen mehr oder minder mit dem Tode..
Es war Aviv, der Elb, der uns mit seinem Wissen über die Wälder beiseite stand. "Ich spüre in den Wäldern vor uns eine starke Präsenz", sprach er mit seinem flötenden Akzent. "Ein mächtiger Geist, eine Kraft.. dieser Wald, das muss der Wallon sein, wie man sich in meinem Volk erzählt. Südwärts des Flusses, den ihr Teloren den Yaquiro nennt. Und die Dame Doramis, die Nymphe des Lebens, vermag uns gar zu helfen."
Wir spürten allesamt wenig verlangen, tief in diesen bedrohlich wirkenden Wald einzudringen, der vor nicht weniger als einer halben Stunde noch diesen Mantikor ausgespuckt haben mag. Doch der Elb schien zuversichtlich, er lächelt. Bei NANdus und bei Iriabara, obwohl ich mich fürchtete, würde es mich schon interessieren was es in diesem den Elben heiligen Wäldern noch so alles zu entdecken gilt. Ausserdem stand das Leben meines Herrn auf dem Spiel. Ich unterstützte den Vorschlag des Elben, in der Hoffnung, dass wenn dieser Waldgeist tatsächlich die Toten wieder zu den Lebenden aus dem Borones zurückführen mag, man meinen Einsatz für diese Tat ebenfalls in die Wagschale die unser Reiseglück (und meine körperliche Versehrtheit) ausmachte hinwarf. Die Gruppe war so geschwächt und am Ende, dass ich nicht einen scheelen Blick bemerkte, als ich soeben obwohl ich Leibeigener war eine eigene Meinung ins Spiel brachte.
So wurde es beschlossen. Wir gehen in den Wallon!
Da wir beinahe unsere gesamte Habe auf der Triere gelassen hatten, mussten wir die Verwundeten auf den Schultern tragen, da diese entweder zu schwer verletzt oder vom Gift des Mantikors zu gelähmt und benommen waren um selbst zu marschieren.
Aviv führte uns mehrere Stunden durch den Wald, während Bremsen und Schnaken sich an unserem Blut gütlich taten und die Sommersonne ein ekelhaftes Klima im Wald entstehen ließ. Dann schließlich erreichten wir eine Lichtung mit einer ausgetrockneten Bodensenke, welche ungefähr das gleiche Ausmaß wie das des Brazirakus-Tempels in Firdana haben mag. "Hier sind wir", flötete der Elb, "und mit etwas Glück mag uns die Dame Doramis empfangen".
Wir warteten und warteten. Nichts geschah.
Am Abend, als es dämmerte und auch der tumbe Anders mittlerweile in gnädige Ohnmacht fiel, hatten wir unsere Hoffnungen schon gänzlichst fahren lassen, als SIE plötzlich auf die Lichtung trat. Bei NANdus und bei Raia, welch eine Schönheit!
Die Dame Doramis war von schlanken und hohem wuchs, von Statur und Bau den Elben gleich – doch damit endeten schon die meisten Gemeinsamkeiten. Ihr Haut wär Grün wie das Laub des Waldes, und ebenso ihre Haare. Sie hatte mandelförmige, braune Augen und ein ebenmässig geformtes, hübsches Gesicht. Die Dame war nackt. Es war mir, als würde uns die Leibhaftige Raia entgegentreten – selbst das zarte und mehrzackige Hirschähnliche Geweih, das aus ihrem Schädel wuchs, vermochte nicht die sanften und lieblichen raiagefälligen Gedankenspeile zu unterbrechen, die mich seitdem wie eine Inspiration überfallen..
Die Dame sprach mit einer seltsamen, den Elben ähnliche sprache, und Aviv übersetzte uns was sie uns mitteilte:
Sie grüßte uns Anderlinge, mit Vorsicht. Schwer verwundet sind wir an ihre Lichtung getreten, doch sie weigert sich, Menschen des Krieges wieder einen Weg in die hiesige Welt zu bahnen, nur damit diese mit ihren Waffen wieder neue Leben von anderen Lebewesen fordern können.
Daraufhin entbrannten zäh geführte Verhandlungen, und unsere Zeit wurde immer knapper, denn wir wollten die Sterbenden unter keinen Umständen den Dis Manibus überlassen.
An weltlichen Gütern war die Dame Doramis nicht interessiert, aber abgesehen von ein paar Geldkatzen und etwas An-Mann-Ausrüstungen hatten wir auch nichtmehr zu bieten. Doch wir blieben hartnäckig, denn es ging um das Leben unseres Dominus und unserer Verbündeten.
So sprach die Nymphe:
"Ich sehe, das Leben eurer Freunde ist euch teuer. Helfen kann ich, doch schenke ich euch Menschen des Krieges meine Heilung nicht. Tut mir einen Schwur und erfüllt dem Leben einen Dienst, dann werde ich eure Freunde retten."
Wir willigten ein.
Die Nymphe sprach weiterhin:
"Im Osten, jenseits dieses Waldes, braut sich eine Aura des Bösen zusammen. Sie zerstört das Leben, schändet das Land, peinigt die Natur. Sie ist nicht von hier, sie gehört hier nicht hin. Geht ostwärts, sucht ihre Quelle und reinigt die Ländereien vom schwarzen Dorn, der im Fleisch der Umwelt steckt. Sorgt dafür, dass kein Lebewesen mehr davon krank wird. Ich kann sie nicht heilen, mich bindet der Wallon. Doch ich kann euch helfen, ihnen zu helfen."
Es war wie in einem Märchen – eine einzelne Träne rann von ihrer Wange. Sie fing sie mit dem Finger auf, sprach einige Worte.. und die Träne kristallisierte.
"Dies ist die Hilfe in letzter Sekunde. Sie vermag euch und anderen das Leben zu retten, wenn kein Ausweg mehr besteht." Sie überreichte die kristallisierte Träne dem Centuriomagus, der sie gierig einsteckte.
Dann trat die Dame Doramis auf die Anhöhe vor der Senke und hob die Arme. Elbischer Singsang erklang, es hörte sich an, als würde ein ganzer Chor von Frauen in verschlungenen Worten singen. Sie begann, die Arme zu bewegen, ganz so, als würde sie Wasser aus einem Stein treiben wollen. Und dann geschah das wunderliche:
Die Senke füllte sich innerhalb von 10 Minuten zu einem kleinen See. Bei NANdus, welch ein Schauspiel! In kürzester Zeit wuchsen Seerosen, Minzblätter und Gräser rund um das Gewässer, und nach einiger Zeit wies die Dame Doramis uns an, von diesem Wasser zu trinken.
Während wir das Wasser tranken, sahen wir wie unsere Wunden sich schlossen. Nicht nur das – dunkel gefärbtes Aderwerk im Gesicht meines vergifteten Dominus Orsmius verschwand, der Armstumpf des riesigen Anders begann, neue Knochen, Muskeln und Hautschichten zu bilden – bis ihm gar ein neuer, verheilter Arm am Stumpf nachgewachsen war. Hier war mächtige Magie am Werk, und stumm dankte ich meinem Herrn NANdus für dieses Schauspiel.
Als wir alle genesen waren bemerkten wir, dass auch Tiere des Waldes sich der Senke näherten und von dem See tranken: Rehe, die humpelten, sprangen kurz darauf wieder freudig zurück in den Wald. Vögel, deren Gefieder matt war, erhoben sich in neuem Glanz.
Wir waren geheilt, und bester Dinge. Doch nun band uns das Versprechen mit der Nymphe, die zwischenzeitlich verschwunden war ohne ein Wort des Abschieds. So beschlossen wir, hier an der Senke das Nachtlager aufzuschlagen, um am nächsten Morgen frisch ausgeruht ostwärts des Waldes aufzubrechen, um unseren Teil des Handels nachzukommen.
Gedanken des Orsimus Firdanus
Kapitel V.III: Seltsame Krankheit
Im "Wallon", am 46. Ludens III. Alricus-Horasi
Wir brachen ostwärts auf und folgten den Pfaden, die der Mondmensch in der Wildnis einschlug. Ich gab den Befehl, wachsam zu bleiben, da man in den dichten Wäldern des Barbaricums nie wissen kann, was hinter den Bäumen lauert. Nicht, dass wir erneut einer Bestie wie dem Mantikor in die Arme liefen.
In der letzten Nacht, als wir in der Senke dieses Waldgeistes gelegen haben, wurden wir irgendwann von einem entfernten Gewitter und lautem Krachen geweckt – es hörte sich gar unnatürlich an, und rötliche Blitze erhellten die Dunkelheit. In den Blitzen sahen wir – weit im Osten entfernt – eine Art Wirbelsturm in den Himmel aufragen. Wir waren uns damals sicher, dass dies möglicherweise das Phänomen war, dessen Ursprung wir beseitigen sollten uns diese Mondfrau auftrug. Für mich sah das Ganze nach Dämonenspuk aus, und wo Dämonen rumspuken, gibts immer einen Beschwörer, der ein paar aufs Maul verdient – so lernt man das in der Legion. Also folgten wir nun unserem Mondmenschen, der uns in die ungefähre Himmelsrichtung des nächtlichen Ereignisses lenkte.
Gegen Mittag fanden wir einen überwachsenen Weg inmitten des Waldes, was wir zum Anlass nahmen aus dem Unterholz herauszutreten und diesem Pfad ostwärts zu folgen. Die Steine des Pfades waren von unzähligen Karrenspuren glattgeschliffen, und so waren wir uns sicher dass uns diese Straße schneller zum Ziel führen würde – sehr wahrscheinlich sogar in zivilisiertes Gebiet. Beim Gemächt meines Herrn Brazirakus, ein paar befestigte Mauern zwischen uns würde das erschöpfte Gemüt sicherlich etwas abkühlen, zumal sich auch langsam der Appetit im Magen regte. Doch bald schon sollte ich meinen Wunsch nach schützenden, befestigten Mauern bereuen..
Wir marschierten mit strammer Geschwindigkeit, soviel unsere Caligae hergaben, und erreichten am späten Nachmittag nach etwa 15 Meilen eine Weggabelung. Am rechten Pfad führte die alte verfallene Straße vorbei an einem der vielen gewaltigen Nadelbäume in Richtung einer Strauchheide, hinter der die Ausläufer des Gebirges Limitantes abzeichneten. Wir waren wohl weit südlich des Yaquiro marschiert.
Der linke Pfad, ein offensichtlich jüngerer Holzbohlenweg, führte auf die Silhouette einer Stadtmauer zu, welche in einiger Entfernung auszumachen war. Hunger, Durst und der Wunsch nach Zivilisation in all' seinen Formen ließen uns nun diesen Weg einschlagen. Irgendwo musste man ja mal anfangen. Wir gingen also in Richtung der Stadtmauern zu, in der Hoffnung inmitten des Barbaricums eine horastreue befestigte Anlage zu finden. In einer oder zwei Stunden würden wir sie erreichen.
Ein Hornstoß ertönt, wir hörten Pferdehufe auf dem Bohlenweg, und militärische Kommandos erschallen in Bosparano. Wir sahen aus der Entfernung, dass sich ein Stoßtrupp der Kreuzung nähert. Doch diese schienen einen Mann, ein Mensch, der ein Bündel in der Hand trägt zu verfolgen. Als Gesandte des Horas ist es unsere Pflicht, diesen Mann festzusetzen, also traten der Centuriomagus und ich dem gehetzt dreinblickenden Mann in den Weg, worauf dieser stark abbremsen musste. Er war kreidebleich, und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er atmete schwer.
"Bitte", sprach er, "kommt uns nicht näher!"
Nicht, dass das uns aufgehalten hätte. Ich neigte bedrohlich mein Pilum zu dem Mann hin, der langsam in Richtung Unterholz ging. Aviv gab einige zischelnde Laute von sich und zückte seinen Bogen. Der gejagte sprach erneut:
"Bitte, Dominus, komm uns nicht näher, zu eurer eigenen Sicherheit! Wir.. wir sind verflucht, kümmert euch nicht um uns.. und bitte verratet uns nicht. Sie wollen uns erschiessen.."
Fragend blickte ich den Centuriomagus an. Dieser schaute mich selbst ein wenig verdattert an und zuckte die Schultern. Der Mensch trug offensichtlich ein Kind bei sich, vielleicht ein Neugeborenes. Wir konnten ihn damit schlecht angreifen. Doch als wir uns wieder dem Verfolgten zuwenden wollten, wurde uns die weitere Entscheidung abgenommen – er verschwand blitzschnell im Unterholz. Aviv, der Mondmensch, sowie der wendige Publius folgtem ihm.
Uns Centurionen (sowie Aruf mit Anders) erreichten derweil der Verfolger, schätzungsweise zwei Decurien an der Zahl. Angeführt wurden sie von einer hochgewachsenen, grobschlächtigen Menschenfrau sowie einem dicklichen Menschen auf einem Pferd – ein Legat? Hier?
Nein! Als ich den weiteren Blick über die Einheit schweifen ließ, bemerkte ich, dass diese zwar in die Rüstungen einer bosparanischen Legion gekleidet waren, aber diverse Änderungen in Punkto Bewaffnung, Abzeichen und Ausrüstungen vorgenommen wurden. Des weiteren trugen diese Milites weder Pilum noch Scutum, sondern waren hauptsächlich mit Bögen bewaffnet – wie die Mondmenschen!
Wir stellten uns vor, und erfuhren, dass es sich bei diesen Menschen um Centuria Tenda von der Freiheitsgarnison aus dem nahegelegenen "Neuenfurt" handelte, während der berittene Mann sich als Senator Kordanius Terzius von den Kordaniern vorstellte. Man fragte uns schnell nach dem verfolgten Mann, da traten schon Aviv uns Publius von ihrer erfolgreichen Jagd durchs Unterholz heran, den jungen Mann – Garog geheißen – im Schlepptau. Dieser zitterte gerade um sein Leben.
Wie sich herausstellte, wollte Centuria Tenda den jungen Garog und sein Kind lebend, während der Senator "sicherheitshalber" darauf bestand, die beiden flugs hier hinrichten zu lassen, "damit kein weiteres Unheil geschehe". Bei Brazirakus, irgendetwas war hier doch oberfaul!
Doch die Scharade setzte sich fort: Kaum, dass die Centuria mit dem Senator ihre Debatte über eine mögliche Hinrichtung des Bauern zugunsten eben jenes Kerls abgeschlossen hatten (man sprach von einer Quar.. Karr... Karantöne, oder so), wurden wir befragt: Wo wir herkamen, wo wir hingingen? Die Befragung der Centuria wurde wüst vom Senator Kordanius Terzius unterbrochen, der empfahl, "diese ganze Bagage am Besten ebenfalls in diese Koriantäne zu stecken, zur Sicherheit". Bei Gyldaras T*tten, hatten wir nicht gerade erst den Geistern des Dis Manibus eine lange Nase gemacht und vom Regenwasser des grünen Elbenweibs gesoffen?
Also hob ich meine Waffen und ging in Kampfposition, der Rest meiner "Einheit" machte es mir gleich. Auch die Decurien dieser Freiheitsgarnison machten sich kampfbereit. Stumm bat ich meinen Herrn Brazirakus, sein Augenmerk auf mich, seinen Diener zu richten, als plötzlich das Unerwartete geschah:
Die Decurien hatten uns schon umkreist und zogen ihren Schildwall enger um uns, als plötzlich das Kind im Arm des Bauern zu husten anfing. Augenblicklich verharrten die Freiheitsgardisten, sie nahmen gar wieder zwei rasche Schritte Abstand von uns.. oder dem Bauern mit dem Kind. Schwer zu sagen.
Der Bauer blickte erschrocken zu seinem Kind. Er schnürte das kleine Bündel in seinem Arm etwas auf, und ich sah deutlich das rotwangige, kleine Gesichtchen, sowie kleine Schweißperlchen die auf des Kleinen Stirn standen.. es blickte aus fiebertrüben Augen in die Welt – doch dann fing es kurz darauf an zu krampfen, und der Bauer Garog flüsterte "Nicht husten, meine Kleine, bloss nicht husten..", doch es war zu spät. Reflexartig riss er sein Kind mit beiden Armen in die Höhe, und ein letztes mal atmete sein Kind mit rasselndem Atem ein.
Dann hustete das neugeborene Mädchen in den Himmel hinein, und aus seinem Mund schlugen Meterhohe, heiße Flammen – eine tiefrote Stichflamme, die alles um sich herum verdorren ließ.
Das Kleine hustete und hustete, stets von neuen, heißen Flammen begleitet. Dann war es schlagartig vorbei.. Als der Bauer das Kind herabsinken ließ, hielt er nicht mehr als ein verkohltes, kleines Bündel in der Hand. Das Töchterlein war in den Borones eingefahren. Betroffen blickten wir einander an, während der Bauer auf die Knie sank.
"Versteht ihr nun", sprach der Senator von den Kordaniern, "warum wir euch in die Quarantäne stecken müssen? Solange wir nicht sicher sind, wer von euch noch dieses teuflische Drachenfieber besitzt, können wir euch nicht frei herumlaufen lassen. Solltet ihr innerhalb der nächsten Tage keine Anzeichen des Fiebers zeigen, sollt ihr euch hier wieder frei bewegen dürfen. Es ist bloss zu unserer aller Sicherheit."
Wir willigten ein.
Handschriftliche Notizen von Aruf Faruch Bân Akhbar
Kapitel V.IV: Die Quarantäne
In der "Quarantäne" in Neuenfurt, vom 46. auf den 47. Ludens III. Alricus-Horasi
Mehr schlecht als recht wurden wir, das heißt der Dominus und seine Gefährten, in die Siedlung Neuenfurt im Kerker einquartiert. Der Kerker, dessen Räumlichkeiten komplett aus einem Stein herausgeschlagen waren, wurde unter anderem als Quarantäne für die Drachenfieberkranken benutzt.
In den beiden Tagen, in denen wir hier eingesperrt waren, erfuhren wir vom wachhabenden Decurio sowie den vorbeischauenden Senatoren und den Gyldara-Priestern (die uns mit Weihwasser einsegneten) ein wenig über die Hintergründe dieser Ortschaft und ihre Erfahrungen mit der Krankheit, den die Furien scheinbar höchstselbst in unsere Welt gebracht zu haben scheinen.
Die Vorfahren dieser Siedlung lebten vor über hundertzwanzig Jahren noch in der Siedlung Belfortia, einige Wegmeilen von hier, in der Nähe der Ausläufer des Limitantes. Regiert wurden sie von Dux Enraxosch aus dem Volk der Zwerge. Doch der Dux muss sich einen Magus an seine Seite gerufen haben, Draconius, und seit dieser Zeit müssen viele Menschen und Zwerge spurlos verschwunden sein.
So erhoben sich die Revoltierenden Bürger Belfortias gegen ihren Dux und seinen Magus, es kam zum Bürgerkrieg, der hart gefochten wurde. Draconius rief Dämonenbrut dabei und tödliche Wolken auf die Plebejer herab, die Stadt brandte. Doch schlussendlich konnte Kordanius (Primus), welcher fortan das Geschlecht der Kordanier gründete, dem üblen Magus das Handwerk legen. Belfortia brannte, sein Regent verschwand spurlos als der Magus fiel, und die Überlebenden dieses Kampfes wollten hier nicht mehr leben. Sie zogen an eine Yaquiromündung und gründeten die heutige Siedlung Neuenfurt, wo wir uns nun in der Quarantäne befinden.
Neuenfurt wurde aus dem Holz der Bäume des Wallon erschaffen, und obwohl man stets der Gefallenen des Befreiungskampfes gedachte und sich des Imperiums lossagte (daher die Freiheitsgarnison), meideten die Bewohner nun die verfluchte Provinz Belfortias im Südwesten.
Vor etwa Einhundert Jahren dann muss ein dämonischer Sturm ausgebrochen sein, und alle Personen, die mit diesem in Berührung kamen, waren mit dem Drachenfieber – wie man es hier nennt – infiziert. Man sprach vom Fluch des mächtigen Magister Arcanum Rerum Draconius, welcher selbst nach seinem qualvollen Ableben noch danach trachtete, den Neuenfurtern zu schaden.
Die ersten Opfer des Drachenfiebers erreichten die Mauern Neuenfurts und suchten Schutz im Gyldara-Tempel. Doch aufgrund des stoßartigen Feuerspeiens der armen Opfer fing Neuenfurt schon alsbald Feuer. Im Nu war die neue Sieldung wieder bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Überlebenden beschlossen, die Stadt erneut aufzubauen, und diesmal dafür zu sorgen, dass kein mit Drachenfieber infiziertes Lebewesen mehr ihre Mauern betrete. So wurde dann auch die Quarantäne mit viel Mühe aus dem Stein des Erdbodens geschlagen.
Alle Paar Jahre, stets begleitet von einem niederhöllischen Sturm, tritt erneut das Drachenfieber auf. Und nun ist es wieder soweit. Und mein Dominus und seine Gefährten (inklusive seinem treuen Diener Aruf) sind nun zusammen mit einem Infizierten – darauf lassen das schweißnasse, bleiche Gesicht und das gequälte, unterdrückte Hüsteln des Bauern Garog schließen – eingesperrt.
Als am Ende des ersten Tages sich das Drachenfieber bei Garog so deutet, dass er mit einem Hustenkrampf fast alle von uns in wandelnde Fackeln verwandelt hatte war uns klar, dass wir uns um seine Krankheit kümmern mussten, wollten wir den morgigen Tag ebenfalls überleben. Beinahe hätten auch diese Dokumente hier Feuer gefangen, und so danke ich NANdus dass er mir nicht diesen Zeitvertreib des Festhaltens unserer Reise genommen hat, solange wir hier um unser Leben zittern.
Doch den Dominii war klar: Es war guter Rat teuer. Der nun todkranke Bauer Garog könnte uns alle bei seinem nächsten Hustenstoß in die Luft sprengen und uns zu Sternen am Himmelsdach der Götter machen. Schließlich hielten wir es für das Beste, dem Bauern die Träne der schönen Dame Doramis zu überlassen, welche er zögernd verschluckte.
Wie durch ein Wunder – und wir dankten ausgiebig den Göttern – wich die Krankheit aus seinem Leib und wir hatten bis zum Ende des kommenden Abends Ruhe, als die Senatoren in Beratung mit den Glydara-Priestern uns wieder in die Freiheit entließen.
Als klar wurde, dass wir auf der Suche nach dem Ursprung der Krankheit waren, war zumindest Centuria Tenda vom Senat dafür, uns gewähren zu lassen. Kordanius Terzius sowie ein zwergischer Senator namens Frenzosch waren dagegen, aber konnten uns auch nicht mit Argumenten festhalten. Meine Dominii waren freie Menschen der Legion, diese Festzuhalten hieße das Bosparanische Imperium höchstselbst herauszufordern. So ruhten wir noch die Nacht in einer Taberna in Neuenfurt aus, ehe wir am nächsten Morgen in Richtung der "verfluchten" Ruine Belfortias aufbrechen sollten...
Gedanken des Orsimus Firdanus
Kapitel V.V: Die Ruinen
Neuenfurt bis Ruinen von Belfortia, den 48. Ludens III. Alricus-Horasi
Wir reisten bis zum Abend des folgenden Tages bis zu den verfluchten Ruinen, die uns momentan als einzigsten Anhaltspunkt zur Aufklärung dieser mysteriösen Krankheit diente. Die ehemalige Provinzstadt liegt schon lange in Trümmern, wie es aussieht, nur der Turm des Magister Arcanum Rerum Draconius steht noch als einziges, brandgeschwärztes Mahnmal trutzig wie eh und je inmitten der Trümmer. Hier werden wir lagern und am nächsten Morgen mit den Untersuchungen beginnen.
In der Nacht wurden wir erneut dem dämonischen Sturm gewahr, der nun von Nordwesten zu kommen schien. Publius und Aviv erkletterten den Turm und bemerkten oben eine Spiegelkonstruktion und ein Guckloch. Vom Guckloch aus sahen sie, dass der Sturm in einer Art "Strauchheide" zu toben schien. Da uns unser Leben lieb und teuer ist und ich bei Brazirakus dickem Schwengel keine Lust hatte, mir eine Teufelskrankheit aus dem Schlund der Blakhurien zuzuziehen beschloss ich (diesmal einstimmig mit dem Centuriomagus), dass wir uns erst hier um diesen Turm kümmern wurden. Wir fanden eine verriegelte Tür zu den Kellerräumen, und um diese würde sich unser fingerfertiger Artisticus ganz bylmareshgefällig am nächsten Morgen kümmern. Wir legten uns erneut schlafen.
Am Morgen des 49. Ludens knackte der flinke Publius die Türe, und wir traten in das dunkle Kellergewölbe ein, welches sich als riesiges Kerker- und Labornetzwerk unterhalb Belfortias entpuppte.
Als wir im größten Laboratorium ankamen, wurden wir gar von einem riesigen Lehmgolem angegriffen! Alle unsere Waffen schienen wirkungslos, Anders und ich waren schwer in Bedrängnis und schon angeschlagen, als Publius zusammen mit Aviv flink begann, dem Golem mit einem straffgezogenen Seil die Beine wegzuziehen, als sich dieser darin festwand und hinfiel.
Ein paar liebgemeinte Schläge in die Lehmfresse erledigten den Rest. Brazirakus Vult!
Des weiteren fanden wir im Labor in einer mit fallen gesicherten Truhe einige Interessante Wachstäfelchen, welche die Manuskripte des Magister Arcanum Rerum Draconius waren. Ich verlese:
1. Tag
Ich vermisse Dich jetzt schon, Ulana, obwohl ich Deinen Kuss noch immer auf meinen Wangen fühle. Ich verpreche Dir bei meinem Seelenheil: Ich komme wieder, Dein Vater wird mich nicht erkennen, so behangen mit Gemmen und Goldstickereien werde ich sein. Und er wird Dich mir zu Frau geben; mein ganzes Streben ist auf diesen Moment gerichtet, Ulana.
19. Tag
Dorminorus, der Magus Primus des Königreichs Nordmarken, hat mich abgelehnt: Ich wäre nicht genug bei der Sache. Ich könne es gerne in 10 Jahren erneut versuchen. Bin hin und hergerissen zwischen Wut und Verzweiflung. Kann ein Magier sich denn erlauben, einem alles zu sagen, nur weil der erste Magus ist? Mein Herz klopft, wenn ich an Dich denke, Ulana: Ich will Dich nicht enttäuschen!
79. Tag
Was soll ich bloss tun? Niemand will mich als Assistenten. In der Greifenmark nicht, in Vadocia nicht, in den Nordmarken nicht. Es muss Pech sein, das mich verfolgt, ich bin doch nicht übler als andere Magier! Muss ich denn bis ans Ende der Welt reisen, um meinen Platz im Leben einzunehmen?
145. Tag
Phecadia, was für eine Praefetur! Es ist gar nicht so, wie es immer heisst. Die Leute sind zwar etwas wortkarg, aber sehr fleissig. Ich habe noch keinen Bettler gesehen, auch Diebesgesindel gibt es hier nicht, es liegen in den unbewachten Brajanostempeln sogar offen goldene Messer und goldene Schalen herum, die noch niemand mitgenommen hat. Ich fühle mich sicher. Warum antwortet nur Ulana nicht auf meinen Brief?
146. Tag
Ulana hat geantwortet! Und übermorgen stelle ich mich bei dem hiesigen Centuriomagus Hocksense vor. Und dann werde ich Ulana schreiben, dass ich Optio eines Centuriomagus bin! Heute findet ein Volksfest statt, kann das Leben nicht schön sein?
147. Tag
Es geht mir wieder besser. Ich habe noch nie gesehen, wie einem das lebendige Herz herausgeschnitten wurde, ich ärgere mich, dass ich diesem Anblick nicht aufrecht standgehalten habe, selbst die hiesigen Kinder verzogen keine Mine. Hoffe, ich kann die Robe bis zum Vorstellungsgespräch morgen noch reinigen.
149. Tag
Ich
151. Tag
Jetzt, wo ich die Grenze nach Phecadia hinter mir gelassen habe, finde ich wieder Zeit zu schreiben. Ich denke, es wird keinen Hinweis auf mich geben, mein Herz klopft immer noch, wenn ich an den Dämon zurückdenke, den ich zu Gesicht bekommen habe. Habe ich richtig gehandelt? Meine Hand greift nach dem Gestein, und es wird mir klar: Dies ist das Geschenk des Schicksals an mich.
Ich hatte Pech, doch nun habe ich Glück.
152. Tag
Wieder aufgeschreckt. Hocksense vor Augen. Der Gehörnte, sein Lachen. Muss weiterschlafen, brauche Kraft, schnell hier wegzukommen.
153. Tag
Ich brauche einen Plan, sonst zerbreche ich.
155. Tag
Um es klarzustellen:
1. Ich habe Hocksense nicht helfen können. Keiner verlangt von einem Assistenten, seinem Herrn zu helfen, wenn er mit einem Shruuf ringt! Und ich war ja noch nichteinmal sein Assistent. Und von einem Nicht-Assistenten verlangt auch niemand, seinem Nicht-Herrn zu helfen, oder?
2. Ich verdiene das Gestein, weil Hocksense es nun nicht mehr brauchen kann.
3. Ich verdiene das Gestein, weil Hocksense auch mich damit in Gefahr gebracht hat.
4. Ich verdiene das Gestein, weil ich eine Chance zu bekommen habe, der Welt zu zeigen, dass ich etwas kann.
Hätte ich es vielleicht nicht wegnehmen sollen, als das Ritual noch im Gange war?
Pah, wenn es so wichtig gewesen wäre, dann hätte Hocksense schliesslich besser darauf aufgepasst. Es ist jetzt meins!
Der Plan:
1. Ich werde mir zur Sicherheit einen neuen Namen geben. Sollten mir Phecadier auf der Fährte sein, wird sie das verwirren. Vielleicht „Franius“?
2. Ich reise abseits der grossen Strassen und suche nach einem Ort, wo ich mich der Forschung widmen kann.
3. Ich werde dieses seltsame Gestein zu meinem Zentrum machen, es steckt viel Macht in ihm, soviel ist klar. Ich („Yarum“?) muss nur den Weg finden, diese Macht zu nutzen...
4. Ich werde ein mächtigerer Magier als Hocksense werden. Selbst Shruufii sollen erzittern, wenn sie meinen Namen hören: Vielleicht „Iulius“?
5. Irgendwas habe ich noch vergessen, was war das noch?
159. Tag
ICH BIN JETZT „DRACONIUS“!
161. Tag
Schlafe besser.
173. Tag
Ich habe einen Idioten kennengerlernt, einen Möchtegernprincps, den Zwerg Enraxosch, Fürst über eine götterverlassene Praefectur im Nirgendwo. Er war mächtig beeindruckt von mir, gutes Gefühl. Habe eine Idee und bleibe noch etwas in Belfortia, wie das Städchen heisst. Muss morgen wieder mal Ulana schreiben.
179. Tag
Draconius ist nun Magus Primus. Princeps Enraxosch ist nun sein Rex (König). Ich habe es dem Trottel eingeredet - Wie berechenbar Eitelkeit die Menschen (und Zwerge) doch macht.
203. Tag
Mein König Enraxosch der Prunksüchtige hat mir ein Labor genehmigt, Steuern erhöht. Einwohner murren nicht, Steuern zu niedrig?
Endlich Ulana schreiben.
205. Tag
Restauration des Turmes willkommen. Werde hier einziehen. Im Keller Labor errichten. Steuern erhöht.
2282. Tag
Das Gestein hat einen Namen: Kerkeroid, es stammt wahrscheinlich von einem Steinbruch auf Kerkeros, einer Zwischenglobule (Heimat der Shruufii?). Angeblich ist es geronnenes und gepresstes Blut. Enraxosch der Großspurige nervt, Einwohner murren, aber beschweren sich nicht, Steuern zu niedrig?
2533. Tag
Wieder zwei Lehrlinge angenommen, Fandoran und Septimus von den Acilern. Gegen 150 Argental. Kann wahrscheinlich weiter erhöhen. Beschwörungen und Herbeirufungen sind ja trivial, mein Ziel ist, Unterweltler zu teleportieren! Doch auch Herbeigerufene sind hilfreich, wenn man sie gut füttert. Sie verschmähen allerdings Rinder.
2534. Tag
Bei Lehrlingen werden sie gesprächiger! Allerdings sollten die anderen Lehrlinge nicht erfahren, wie Fandoran umgekommen ist, könnte ihre Moral senken. Darf nicht mehr so an Silberstaub sparen. Enraxosch der Nervige will mit mir Angeln gehen.
2923. Tag
Unschuld ist der Schlüssel! Erfahre immer mehr!
2935. Tag
Einwohner werden unruhig. Muss vorsichtig sein, wen ich nachts schnappe. Wenn ich mir die Lehrlinge anschaue, unsicher und doch machtgierig, dann denke ich manchmal, so könnte ich einst auch ausgesehen haben. Doch jetzt ducken sich alle vor mir, wenn ich durch die Strassen schwebe. Es ist ein gutes Gefühl, das nur von den Momenten übertroffen wird, wenn ich nachts an einem Bett auftauche, um einen neuen Leckerbissen für meine jenseitigen Freunde zu ernten.
2947. Tag
Heureka! Brennender Kerkeroid, Schwarzlicht, Spiegel, Pentagramm, je größer desto besser!
Die Welt wird vor dem Erzmagier Draconius erzittern! Dorminorus, wer ist Dorminorus?
2948. Tag
Gerade als ich Enraxosch besuchen wollte, bemerkte ich eine Schar von Bürgern. Sie führten nichts gutes im Schilde, das spürte ich. Ich überholte sie, sperrte den jammernden Enraxosch in sein Verlies und setzte eine Illusion auf den Thron. Meine Intuition trug mich nicht:
Sie baten König Enraxosch den Gnadenreichen, er möge sich um das Verschwinden der Frauen und Kinder kümmern. MEIN Enraxosch der Listenreiche antwortete, er könne gute Spurenleser nur mit mehr Geld bezahlen: Die Bürger ließen all ihr Vermögen da. Hach, was bin ich doch für ein Diplomat!
2949. Tag
MEIN Enraxosch der Alleinstehende hat seine Bediensteten entlassen.
3998. Tag
Septimus von den Acilern ist mit dem Bau des Turmes im Wallon fertig. Habe die magische Tarnung drübergelegt.
3999. Tag
Obwohl ich nun zweimal nachgezählt habe, scheint mir etwas von dem Kerkeroid zu fehlen. Sollte ich leichtsinnig geworden sein?
Habe Septimus von den Acilern im Verdacht.
3999. Tag
Septimus von den Acilern hat eigene Experimente mit Teilen meines Schatzes durchgeführt. Interessante Resultate, die Wolke vergeht nicht und lässt Tote zu Untoten werden. Ich habe eigene Experimente mit Teilen von Septimus von den Acilern durchgeführt. Ehrlich gesagt, sind die Resultate weniger interessant.
4005. Tag
Ein Dämon hatte Husten, brauche einen neuen Lehrling.
4317. Tag
Übermorgen ist es soweit, meine Lehrlinge haben das Pentagramm fertiggestellt. Ich werde mit der Zwergenfamilie noch letzte Befragungen durchführen, nur den Jungen hebe ich mir für den Notfall auf. Trotzdem erwarte ich keine Überraschung: Das Pentagramm wird durch das Schwarzlicht zu einem Teleportal. Ich werde durch das Teleportal rufen, was kommen mag, aber bei der Grösse wird die Wahrscheinlichkeit hoch sein, dass die Entitäten mächtig sein werden. Als Opfer biete ich ihnen - ganz Belfortia an, da kann jeder Dämon noch etwas passendes finden. Die Leute sind sowieso unangenehm, als führten sie etwas im Schilde, glaube ich, besonders dieser Bauer, dem seine Familie fehlt, guckt so seltsam.
4318. Tag
Heute Nacht wird von hier eine neue Epoche des Weltgeschickes beginnen, und ich kann sagen, ich habe sie ausgelöst.
Alles ist bereit, die Stimmung ist feierlich. Habe die potentiell Unzuverlässigen lieber beseitigt, Nervenschwache können wir heute nicht brauchen. Ich habe die Schale vorbereitet, in der ich den Kerkeroid abbrennen werde, sein Licht wird die Dunkelheit ... verdunkeln. Noch ein Glas Yaquirowein, und dann werde ich beginnen. Hätte man das gedacht, als
(Das Folgende ist schnell hingekritzelt)
Lärm gehe
Bei den Eiern des Bullen, bei Iriabaras T*tten, beim Gebälk Effarios: Die Aufzeichnungen des Magus sind überaus besorgniserregend und lassen schlussfolgern, dass hier irgendwo ein riesiges Spiegelpentagramm aufgestellt sein muss. Ebenso fanden wir einige seltsam-verklumpten Steine: Dieses Kerkeroid, mit dem man die Dämonen so einfach rufen kann.
Bei den Spiegeln wurde Publius hellhörig, er erinnerte sich oben im Turm einen seltsamen Spiegel gefunden zu haben. Wir eilten nach nach oben, im Laufschritt, Marsch!
Oben fanden wir tatsächlich einen Spiegel in einer seltsamen Aufhängung, welche der Centuriomagus untersuchte. Der Turm hatte 2 Guckschlitze, und beide Spiegelseiten waren jeweils zu den Fenstern ausgerichtet. Wir blickten nach draußen und sahen, dass ein Fenster ungefähr zur Wegkreuzung führte, wo wir vor einigen Tagen dem kranken Bauern Garog und den Freiheitsgardisten begegneten – das andere Fenster blickte in Richtung der Berge, den Ausläufern des Limitantes.. wir beschlossen, in Richtung der Wegkreuzung zu gehen, da sich dort scheinbar der auf den Wachstafeln erwähnte Turm dieses Septimus befinden sollte. Aviv schien nämlich in der Tat einen bemerkenswerten, nicht so ganz ins Gefüge der Natur passenden Baum in der Nähe der Kreuzung gesichtet zu haben.
Da wir den ganzen Tag Wachstäfelchen gelesen und zumindest der handfeste Teil der Gruppe sich gelangweilt hatte, rasteten wir noch eine Nacht in dem gesicherten Turm und brachen am nächsten Tag dann zu diesem "Immergrünen Baum" auf, oder wie ich sagen würde, "dem Turm mit der Illusion drauf". Der Mondmensch immer mit seiner Ästhetik, brr!
Handschriftliche Notizen von Aruf Faruch Bân Akhbar
Kapitel V.VI: Das größte Pentagramm, das jemals gemacht wurde!
"Der Immergrüne Baum" nahe der Wegkreuzung, 51. Ludens III. Alricus-Horasi
Bei NANdus, welch eine List!
Hätten wir nicht aus den Hinweisen der Wachstäfelchen, die im Gegensatz zu den Aussagen meines Dominus weder "doof" noch "irgendein uninteressantes Gekritzel das keiner hören will ausser vielleicht diese blöden
Meisterinformationen: Wachstafelschw*chteln mit ihren kleinen Wachsschaberchen und den noch kleineren Männereiern" waren gehabt, wären wir wohl wie alle Bewohner des Umlandes tatsächlich der Illusion – überaus potent übrigens, wie der Centuriomagus nach einer arkanen Anrufung behauptet - erlegen.
Aber nun, da man es weiß fällt auf – im Gegensatz zu den anderen Bäumen schwingt das Laubwerk beim Wind nicht mit. Vögel finden auf den Ästen keinen Halt. Und wenn man versucht, den Baum hochzuklettern, spürt man an den Fingern nach etwa 3 Schritt Höhe, dass die Holzmaserung einer glatten Maserung weicht, selbst wenn das Auge vor sich Rinde sieht. Welch eine tolle Illusion, bei NANdus. Und wieder bin ich stolz, ein weiteres ungelöstes Rätsel aufgedeckt zu haben. Natürlich gemeinsam mit den Dominii. Aber ich möchte ausdrücklich in meinen Chroniken festhalten: ICH war es, der diese "doofen" Wachstäfelchen zu lesen hatte, den ich bin schließlich "der blöde Sklave der unsere Reisekasse im Yaquiro versenkt hat" (der Schatz gehörte in einen Tempel!). Ich musste lesen, während die anderen im Kellerverließ – auf den Überresten des Lehmgolems wie auf Hockern sitzend – die Würfel kreisen ließen. Die Dominii haben vielleicht Nerven!
Der Elb und der Artisticus erkletterten den Baum und ließen uns dann ein Seil runter, damit wir ebenfalls den "Turm" betreten konnten. Tatsächlich war der Baum wie ein Turm aufgebaut, ein kleines Wendeltreppenhaus im inneren, sowie kleine Räumchen. Der Turm erfüllte nur einen Zweck: in seiner Spitze befand sich ebenfalls wie im Turm des Magister Arcanum Rerum Draconius die gleiche Spiegelaufhängung. Während der eine Spiegel logischerweise in Richtung Belfortias ausgerichtet war, zeigte die andere Fläche in Richtung eines verfallenen, großen Gebäudes im Süden nahe der Ausläufer des Limitantes – möglicherweise der Palast des Rex Enraxosch, den der schändliche Magus so schändlich aus dem Weg geräumt hat.
Der Centuriomagus schloss, dass die Spiegel scheinbar an 5 verschiedenen Positionen zu diesem riesigen Pentagramm ausgebaut sein müssen, welcher sich eigentlich (laut Wachstäfelchen) mit dem verbrannten Kerkeroid zu einem großen "Teleportal" formiert. Im Auge des Pentagramms muss sich das Gebiet befinden, welches diese Stauchheide ausmacht, die wir auch von hier vertrocknet und faulig wie ein Geschwür in der Landschaft sahen. Der Centuriomagus schlussfolgerte, wenn man den Spiegel außer Kraft setzt, könne das Pentagramm nicht mehr lösen – Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Anders kümmerte sich um die Spiegel und setzte diese ausser Kraft!
So zogen wir nun schnell zurück nach Neuenfurt, um uns vom Senat unsere Erkenntnisse vergolden zu lassen, während der Centuriomagus in der Taberna ausrechnen wollte, wo sich folglich die anderen letzten Spiegel befinden mussten. Im Grunde fehlte uns ja nur noch einer.
Gedanken des Orsimus Firdanus
Kapitel V.VII: Hangover III – Neuenfurt Edition
Neuenfurt, 52. Ludens III. Alricus-Horasi
Am nächsten Tag traten wir direkt dem Senat von Neuenfurt vor und klärten diese darüber auf, dass die Zeiten des Drachenfiebers nun für alle Zeiten Geschichte seien, und auch wie dieses entstehen konnte – großes Gejubel für uns!
Als wir ihnen allerdings die Positionen der weiteren 4 Spiegel nannten, die noch von ihrer Freiheitsgarnison ausser Kraft genommen werden sollten, war der Jubel nicht mehr ganz so einhellig. Die Meisten empörten sich darüber, dass wir unsere Aufgabe nicht vollends erfüllten, man hörte viel Murren. Aber zumindest Centuria Tenda war zufrieden.
Sogar so zufrieden, dass sie bereitwillig mit unserem Centuriomagus später noch Brazirakus huldigten, nachdem sie im Ratskeller noch eine Flasche Wein getrunken hatten.
Doch in der Nacht war das Geschrei groß: Man ließ mich aufwecken, weil jemand versucht hat den Centuriomagus und die Centuria zu vergiften. Durch eine großzügige Spende aus unserer recht kleinen Reisekasse konnten die beiden noch gerade so wieder ins Leben zurückgerufen werden, bevor sie sich ihre Innereien ausgeschissen hatten.
Irgendjemandem hatten wir wohl scheinbar in die Suppe gespuckt. Irgendjemandem aus dem Senat. Doch wir wussten nicht wem.
Als wir also am nächsten Morgen forschten und den Senat zusammenrufen wollten hieß es, einige Mitglieder des Senats seien nicht in der Stadt. Bei Brazirakus, ganz toll! Ich spürte, wie mein Blut kocht.
Der Centuriomagus hatte den Einfall, wir sollten doch einfach umgehend zu den anderen Positionen gehen, wo wir die Spiegel lokalisiert hatten. Wenn jemand aus dem Senat diese Sache geplant hätte und wir ihn nun fast erwischt hätten, würden wir vor Ort vielleicht spuren finden.
Kapitel V.VIII: Es klärt sich auf..
Alter Friedhof, 53. Ludens III. Alricus-Horasi
Also begaben wir uns auf den alten Friedhof, wo die Leichen des Massakers von Belfortia untergebracht waren – die Neuenfurter meiden diesen Ort unter allen Umständen, also erschien es uns als Brennpunkt Numerus Primus, dort mit der Suche anzufangen.
Was wird dort fanden, waren jede Menge Spuren – mehr als uns lieb war. Scheinbar wurde hier schon seit längerem im Großen Stil herumgebuddelt, wo eigentlich Leichen liegen sollten. Jemand hat sich also die Angst und den Aberglauben der Neuenfurter zunutze gemacht, bei Brazirakus!
Wir sahen jede Menge Knochenspuren, und auch Fußspuren die von Friedhof zum Flüsschen in der Nähe führten – und dort sahen wir ein kleines Boot. Also benutzten wir es..
.. und kamen schnurstaks am Gebäude des zwergischen Senatoren Frenzosch heraus, welcher als Neuzugezogener vor einigen Jahren keinen Platz mehr in Neuenfurt fand und deshalb hier sein Anwesen hinbauen ließ. Scheinbar war der ehemaliger Händler und nunige Senator nicht ganz das, was er zu sein schien. Bei Brazirakus prallen Oberarmen, hier war mächtig was oberfaul! Ich rückte meine Ausrüstung zurecht, bereit zur Konfrontation.
Wir platzten ins Gebäude, während Publius und Aviv durch das Dach eindrangen. Wir sahen, dass die Wohnung selbst seit längerem unbenutzt schien, doch wir fanden auch diese Kellertür, aus der von unten gerade ein Rumpeln erklang. Mit gezogenen Waffen machten wir uns nach unten..
.. wo sich uns ein seltsamer Anblick bot: der Senator, gekleidet in eine Robe eines Belharios-Priesters – jenes vom Horas verbotenen Kultes der Rache und der Selbstjustiz – welcher gerade in seinem eigenen Blute liegt und uns noch zuraunt, seine Rache zu vollenden.. dann verstarb er.
In jenem Kellerraum wurde scheinbar ein wenig Wasser vom Fluss der Yaquiro-Seitenarms hineingeleitet. Sehr seltsam! Und dennoch scheint sich der Belharios-Priester – in dessen Heiligtum wir uns befanden – die Mühe gemacht zu haben, in der Mitte ein kleines Inselchen in den Fluss hineinzuarbeiten. Und auf diesem Inselchen stand ein Sarg.
Was dann folgte, ging alles sehr schnell: Publius begab sich, wie hypnotisiert, zum Inselchen. Dann wurde er plötzlich von einer Fledermaus angegriffen, die sich im Sturzflug in Richtung Sarg/Publius in einen ausgewachsenen Mann mit spitzen Zähnen verwandelte – ein Fangpir, oder wie diese heißen! Ich warf dem Artisticus mein Pilum zu, und ehe wir uns versahen bohrte Publius dem Blutsaugenden Ungeheuer das Ding schon in die Brust, mitten durchs Herz.
Als wir uns später von unserem Schrecken erholten, ließen wir meinen Sklaven erneut Wachstäfelchen und Pergamente lesen.
Wie sich herausstellte, war Senator Frenzosch das übriggebliebene Zwergenkind aus dem Kerker des Schwarzen Turms von Belfortia, das fliehen konnte als die Bürger der Stadt den Magus im Turm angriffen. Da der Magister Arcanum Rerum Draconius seine Eltern umgebracht hatte, schwor sich Frenzosch Rache, doch als dieser seiner Rache schon beraubt wurde durch den Tod des Magus, fühlte sich Frenzosch laut den Einträgen nicht besser. Er wollte unbedingt derjenige sein, der sich tausendfach für die Qualen die seine Eltern durchringen mussten rächen wird. So schloss sich Frenzosch einem Belharios-Kult an, der ihm genügend Nekromantische Kenntnisse vermittelte, um aus den Knochen des Magus einen Fangpir zu machen und diesen ins (Un-)Leben zurückzurufen. Die gütige Marbo würde an dieser Stelle sicher am liebsten auf den Boden kotzen!
Der Vampir, unfähig den Fluss des Yaquiro zu überqueren, wäre dann auf seinem Inselchen gefangen. Der Durst nach der Essenz der Lebenden würde ihn quälen und wahnsinnig machen, und so hätte der Belharios-Prieser seine stete Freude an dem gequälten, ehemaligen Magister Arcanum Rerum gehabt. Aber scheinbar war der Magister selbst in seinem Untod noch zu schlau für den Senator, so muss er ihn scheinbar vorhin irgendwie überwältigt haben.
Dennoch war der Fangpir nicht schnell genug für unseren Artisticus, was erklärt warum er nun nur noch ein elendes Häufchen Asche und Schleimsch**ße ist. Ich hab das ganze noch einmal gesegnet, zur Sicherheit. Und mal ausnahmsweise nicht mit Blut. Aber jetzt haben wir hier genug Trubel gehabt, wir werden schauen, dass wir hier so schnell wie möglich wegkommen.
Brazirakus Vult!
-Fortsetzung folgt beim nächsten Spieltermin -