Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

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Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

sagista hat geschrieben:Immerhin tut sie nichts, im Gegensatz zur Türkei, um weiter zu eskalieren.
- Sie hat den türkischen Ministern verboten, Wahlreden zu halten.
- Sie hat ihnen verboten, in die Niederlande einzureisen.

Das sind Eskalationen. Und zwar nicht nur rein verbale Eskalationen, sondern Taten.

Zu Putin und Erdoğan:
Putin behandelt Erdoğan im Prinzip genau so wie Merkel Erdoğan behandelt: Worte ignorieren und Beziehungen auf einer rein geschäftlichen Ebene führen.

Da gibt es in Deutschland den Spruch: "Was kümmert es die stolze Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr reibt?"

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Über das Stadium sind wir längst hinaus, wir drehen uns im Kreis. Oder rechtfertigen diese "Taten" - ich setze das jetzt bewusst in Anführungszeichen, da, wie dargestellt, die türkische Eskalation natürlich auch aus Taten bestand und besteht - ewig währende Beschimpfungen aus der Türkei? Die Türkei setzt die Eskalation durchgehend fort, die Niederlande tut das nicht.

Ansonsten also doch die Methode, Erdogan wie ein unreifes Kind behandeln nach dem Motto, der will doch nur spielen?

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Nein, diese Taten rechtfertigen keine Beschimpfungen.
Aber die damaligen Überlegungen des türkischen Außenministers über Sanktionen rechtfertigen auch kein Einreiseverbot.

Wie gesagt: Eine Eskalation besteht daraus, dass eine Seite etwas relativ harmloses macht. Die andere Seite reagiert darauf mit einer Sache, die etwas weniger harmlos ist. Die erste Seite reagiert darauf mit einer Sache, die noch weniger harmlos ist. Und das schaukelt sich auf.

Letztendlich rechtfertigt keine Aktion die Reaktion des Gegenübers. Weder auf türkischer noch auf niederländischer Seite.

Thargunitoth
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Und Rutte hat angekündigt, dass der deeskalieren will. Also alles nur Wahlkampfshow auf Seiten der Niederlande...

Am Ende gibt es dann zweideutige Aussagen mit der alle leben können und man lässt vergangenes vergangen sein. Typsische Heuchelei der Politiker. Genauso bewerte ich auch Erdogan, da für ihn um einiges mehr auf dem Spiel steht, kommen auch härtere Aussagen.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Du vergisst bei deinen Überlegungen aber eines, Eulenspiegel, bzw. sagst zwar, dass du das nicht vergisst, aber du fügst dem keine angemessene Bedeutung bei deiner Bewertung zu: Es gibt kein Anrecht eines Politikers, im Ausland einen Wahlkampfauftritt zu absolvieren, mithin hat die Niederlande nichts unrechtes getan, die Türkei schon. Da mag man sich mit Begriffe wie "Dämlichkeiten" irgendwie versuchen herauszulavieren, aber das ändert nichts daran, dass die Niederlande zu keinem Zeitpunkt im Unrecht war, die Türkei schon.

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AngeliAter
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von AngeliAter »

Ähm, die Türkei hat so einen Vertrag unterschrieben welcher besagt, das sie im Ausland keinen Wahlkampf machen würden (gut, das haben wir ja alle gemacht), wenn die Niederlande nun darauf bestehen, das dieser Vertrag eingehalten wird, ist das Provokation?
Oder ist es Provokation von Seiten der Türkei (besser Ergodan) das er die Einhaltung dieses Vertrages nicht einhalten möchte?
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Du vergisst bei deinen Überlegungen aber eines, sagista, bzw. sagst zwar, dass du das nicht vergisst, aber du fügst dem keine angemessene Bedeutung bei deiner Bewertung zu: Es gibt kein Anrecht, von einer fremden Staatsmacht nicht als Faschist bezeichnet zu werden.

Ja, die niederländische Regierung hat ein Recht darauf, Wahlverbote auszusprechen.
Aber die türkische Regierung hat ebenfalls ein Recht darauf, diese Praktiken als faschistisch zu bezeichnen und über Sanktionen nachzudenken.

Rein juristisch sind beide Parteien im Recht. Aber nur, weil man juristisch das Recht zu einer Sache hat, heißt das noch lange nicht, dass man angemessen gehandelt hat.

Ansonsten wechselst du andauernd das Thema: Wir hatten über Eskalation gesprochen und jetzt sprichst du plötzlich von Recht. Könnten wir vielleicht bei einem Thema bleiben und nicht alle paar Posts das Thema wechseln? Denn das führt letztendlich dazu, dass das Gespräch sich im Kreis dreht.
AngeliAter hat geschrieben:Ähm, die Türkei hat so einen Vertrag unterschrieben welcher besagt, das sie im Ausland keinen Wahlkampf machen würden
Von diesem Vertrag höre ich zum ersten Mal.
Es gibt ein türkisches Gesetz, dass Werbung für Wahlen (im Sinne von Parteien wählen) im Ausland verbietet. Inwiefern dieses Gesetz auch Werbung für für ein Referendum einschließt, weiß ich nicht.
Aber das ist ein innertürkisches Gesetz und kein Vertrag zwischen der Türkei und jemand anderem.

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AngeliAter
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von AngeliAter »

Zitat Zeitung:
"Botschaften und Konsulate sind nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Vertretungen nicht „exterritorial“, sondern genießen lediglich besonderen Rechtsschutz im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben. Das Übereinkommen aus dem Jahr 1961, das praktisch alle UN-Mitgliedstaaten unterschrieben haben, legt unzweideutig fest: Alle Personen mit Diplomatenstatus sind verpflichtet, „die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats zu beachten. Sie sind ferner verpflichtet, sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen.“
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Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Und inwiefern verbietet dieser Vertrag Wahlwerbung? Der Vertrag verbietet, sich in die inneren Angelegenheiten des Gastgeberlandes einzumischen. Er verbietet also, Wahlwerbung für eine niederländische Partei zu machen.
Der Vertrag verbietet aber nicht, sich in die inneren Angelegenheiten des eigenen Staates einzumischen. Er verbietet also keine Wahlwerbung für eine Wahl im eigenen Staat.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Soweit ich informiert bin, verbietet es sogar die türkische Verfassung, im Ausland Wahlkampf zu machen, aber was interessiert einen Herrn Erdogan schon die Verfassung seines Landes.

Ansonsten, ok, anscheinend sind Beleidigungen erlaubt, oder woher begründet sich das Anrecht, andere Staaten oder Staatsoberhäupter als Faschisten zu bezeichnen? Vor allem solche, mit denen man in einem Militärbündnis steht, in deren Union man vorgeblich möchte etc. Im Übrigen war dies auch nicht der Punkt, an dem die Türkei Recht gebrochen hat, das hat sie, als z. B. die Ministerin einfach so in die Niederlande eingereist ist, obwohl es explizit unerwünscht war.
Eulenspiegel hat geschrieben:Ansonsten wechselst du andauernd das Thema: Wir hatten über Eskalation gesprochen und jetzt sprichst du plötzlich von Recht. Könnten wir vielleicht bei einem Thema bleiben und nicht alle paar Posts das Thema wechseln? Denn das führt letztendlich dazu, dass das Gespräch sich im Kreis dreht.
Dann lies noch mal meinen Post vom 18.03.2017 13:04. Dann wird klar, worauf ich hinauswill. Ich versuche schon zu eruieren, wie man irgendwann aus dieser Spirale auch wieder herauskommt. Und da ist es schon nicht unerheblich festzustellen, was zwar als eine Eskalation verstanden werden kann, aber dennoch rechtens ist und was eine Eskalation ist, die dazu auch Unrecht ist. Von einem Themenwechsel kann also mitnichten die Rede sein.

Was die Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Empfangsstaates betrifft: Wir befinden uns auf deutschem Territorium, bzw. im aktuellen Thema auf niederländischem Territorium. Es handelt sich um politische Veranstaltungen, die auch Einfluss auf die Gesellschaft des Empfangsstaates hat, da ja die türkischstämmigen Einwohner auch Teil der niederländischen Gesellschaft sind. Das ganze Thema führt zu Spannungen innerhalb der türkischen Community. Also kann man durchaus von inneren Angelegenheiten sprechen. Im Übrigen weiß ich nicht, ob dieser besondere Rechtsschutz für Diplomaten auch für Politiker gilt, die ja nicht zwingend Diplomatenstatus genießen, so weit ich weiß. Dass ausländische Politiker mehr Rechte zur politischen Agitation im Empfangsstaat haben als Diplomaten, darf bezweifelt werden.
tagesschau.de hat geschrieben:Kein Anspruch auf Einreise

Das Gericht stellt bei dieser Gelegenheit klar: Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen haben weder aus dem Grundgesetz noch aus dem Völkerrecht einen Anspruch auf Einreise nach und die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland. Dazu sei vielmehr die Zustimmung der Bundesregierung nötig, denn solche Entscheidungen fallen in ihre Zuständigkeit für Auswärtige Angelegenheiten. So eine Zustimmung zur Einreise kann auch "konkludent" erfolgen - das heißt, die Einreise muss nicht in jedem Einzelfall ausdrücklich genehmigt werden.
Es wird ganz deutlich, das Verweigern von Wahlkampfauftritten stellt eigentlich nicht einmal eine der viel zitierten Eskalationen dar. Das ergibt sich offensichtlich aus dem Völkerrecht; ob die niederländische Verfassung einen ähnlichen Passus wie das Grundgesetz enthält, entzieht sich meiner Kenntnis.

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Ich kenne jetzt kein internationales Gesetz, das Beleidigungen verbietet.

Zwischen "unerwünscht" und "verboten" ist dann doch ein kleiner Unterschied. Sie ist legal in die Niederlande eingereist und wurde erst nach der Einreise ausgewiesen. Das Einreiseverbot galt ursprünglich nur für Çavuşoğlu. Erst nachdem die Familienministerin Kaya ausgewiesen wurde, wurde ein generelles Einreiseverbot für türkische Minister erhoben.

Zur Deeskalation:
Nein, um zu eruieren, wie man aus einer Eskalation wieder herauskommt, ist es völlig unerheblich, welche Eskalations-Schritte jetzt Rechtens waren und welche nicht.

Zu den inneren Angelegenheiten:
Nein, bei deiner Definition von "inneren Angelegenheiten" dürfte ein Botschafter nichtmal mit der Regierung sprechen, da das bereits einen Einfluss auf den Staat haben kann.
Selbst der Austausch des türkischen Botschafters würde von den türkisch-niederländischen Bürgern wahrgenommen werden und wäre somit eine Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten.

Ich denke, es sollte klar sein, dass eine so allgemeine Bedeutung von "Innere Angelegenheit" nicht gemeint ist, da damit eine Botschaft nicht handlungsfähig wäre.

Um deutlich zu machen, was alles NICHT in den Bereich "Einmischung in Innere Angelegenheiten" gehört: Wenn ein Staatsbürger vom Gastgeberland festgehalten wird, darf die Botschaft dem Inhaftierten einen Rechtsberater schicken und diesen beraten. Das wird nicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten aufgefasst, obwohl die innere Justiz des Gastgeberstaates direkt betroffen ist.

Außerdem: Die Niederlande haben sich bei ihrer Ausweisung nie auf das Wiener Übereinkommen bezogen. Hier stellen einige Foren-Benutzer eine These auf, wo selbst die niederländische Regierung weiß, dass diese These nichts taugt.
Es wird ganz deutlich, das Verweigern von Wahlkampfauftritten stellt eigentlich nicht einmal eine der viel zitierten Eskalationen dar. Das ergibt sich offensichtlich aus dem Völkerrecht; ob die niederländische Verfassung einen ähnlichen Passus wie das Grundgesetz enthält, entzieht sich meiner Kenntnis.
Nein. Du musst zwischen "Du hast kein Recht darauf" und "Etwas ist verboten" unterscheiden.

Dein Zitat macht nur deutlich, dass das Verweigern von Wahlkampfauftritten nicht gegen das Völkerrecht verstößt. Genausowenig wie das Beschimpfen als Faschisten nicht gegen das Völkerrecht verstößt.

Ob das Verweigern von Wahlkampfauftritten eine Eskalation ist, darüber macht die Tagesschau keine Aussage.
Auffällig ist jedoch: Das Bundesverfassungsgericht hat nie gesagt, dass Wahlkampfauftritte von ausländischen Regierungen völkerrechtlich verboten sind. Sie haben gesagt, dass die Entscheidung, ob es verboten oder erlaubt ist, bei der deutschen Regierung liegt. Es ist nicht durch das Wiener Übereinkommen geregelt, die Regierung kann es regeln!

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Wenn du meinst, dass Beleidigungen zu akzeptierender Teil internationaler Beziehungen ist, dann mag dir dies gegönnt sein. Ich halte das jedoch weder für politisch klug noch vernünftig. Ob Beleidigung ein international definierter Straftatbestand ist, weiß ich nicht.

Aber ich möchte doch denken, dass derjenige, der vermeintliche oder tatsächliche "Eskalationsschritte" vollzogen hat, die rechtlich in Ordnung sind, insgesamt in einer besseren Situation ist als einer, dessen Eskalationsschritte rechtlich zumindest fragwürdig sind. Es geht ja darum, wer nun sachlich den ersten Schritt in Richtung Deeskalation gehen sollte; das ist, im vorliegenden Fall, eindeutig die Türkei.

Deine Ausführungen zu den inneren Angelegenheiten sind eine Überinterpretation meiner Aussagen zu diesem Thema, was du ja auch genau weißt, insofern muss ich darauf garnicht gesondert eingehen. Allerdings hättest du dir, wenn schon, zumindest die Mühe machen können, auf den Unterschied zwischen dem Diplomaten und dem Regierungsmitglied einzugehen.

Zu den Wahlkampfauftritten: Ja, die Regierung eines Landes kann es Politikern anderer Länder erlauben, Wahlkampfauftritte durchzuführen. Ich habe da prinzipiell ja nicht mal was gegen. Aber, eine Regierung kann das eben auch verwehren und das hat die andere Regierung dann zu akzeptieren, ohne dieses Brimborium zu veranstalten. Ich habe doch nie gesagt, dass Wahlkampfauftritte im Ausland verboten seien - gut, im Falle der Türkei ist es aufgrund der türkischen Verfassung doch verboten, aber sei es drum - aber was gibt es denn daran nicht zu verstehen, dass es kein Recht darauf gibt? Es ist somit eine Gefälligkeit des Staates, der das erlaubt, somit verbietet es sich, auf eine Ablehnung so zu reagieren.

Was mir nicht klar ist, warum verteidigst du das Verhalten der Regierung Erdogan? Ist es einfach die Lust daran, eine provokative Haltung einzunehmen oder bist du wirklich von dem überzeugt, was du schreibst?

Im Übrigen fällt mir auf, dass du dich immer noch nicht dazu geäußerst hast, wie deiner Meinung nach die Anteile an der Eskalation verteilt sind.

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Bitte lege mir keine Wörter in den Mund, die ich nicht gesagt habe. Und bitte wechsel nicht andauernd das Thema. Es ging nicht um die Frage, ob Beleidigungen akzeptabel sind. Es ging auch nicht um die Frage, ob das politisch klug ist. Es ging um die Frage, ob man auf internationaler Ebene ein Recht darauf hat, nicht beleidigt zu werden.

Also nochmal die Bitte an dich: Wechsel nicht das Thema, sondern lass uns erstmal ein Thema ausdiskutieren!

Bei der Deeskalation geht die Aufforderung an beide, den ersten Schritt zu tun. Wenn man immer erwartet, dass die andere Seite den ersten Schritt tut, tut niemand den ersten Schritt.

Nein, meine Ausführungen sind keine Überinterpretation deiner Aussagen. Deine Aussagen sind eine Überinterpretation des Wiener Übereinkommens und eine Überinterpretation der Tagesschau.
Und was soll der angebliche Unterschied zwischen Diplomaten und Regierungsmitgliedern? Weder im Wiener Übereinkommen noch in der Tagesschau wird auf diesen Unterschied eingegangen. Und auch sonst konnte ich keinerlei Hinweise darauf finden, dass dort unterschieden wird: Beide befinden sich in einer diplomatischen Mission im Ausland.
Was mir nicht klar ist, warum verteidigst du das Verhalten der Regierung Erdogan?
Ich verteidige nicht das Verhalten Erdoğans. Im Gegenteil: Ich verurteile das Verhalten Erdoğans.
Aber das bedeutet nicht, dass ich das Verhalten der niederländischen Regierung gut finde.

Ich verurteile beide Verhalten: Erdoğan hat sich schlecht verhalten und die niederländische Regierung hat sich ebenfalls schlecht verhalten.

Um es nochmal deutlich zu machen: Beide haben legal gehandelt. Keine der beiden Seiten hat gegen internationale Vorschriften verstoßen. Aber trotzdem haben beide Seiten aus meiner Sicht unmoralisch (aber dennoch legal) gehandelt.

Zur Eskalationsverteilung:
Was ist für dich ein Maßstab, wie man Eskalationverteilung misst? Wie soll man da eine Verteilung angeben?

Ich kann dir sagen, dass die niederländische Regierung mit den Taten angefangen hat, während die türkische Regierung ursprünglich nur verbale Eskalationen hatte. (Aber um es nochmal zu sagen: Sowohl die Taten als auch die verbalen Eskalationen sind legal.)

Und ich halte es für verwerflich, mit zweierlei Maß zu messen:
Bei der Bewertung des niederländischen Verhaltens nimmst du das Maß "Ist das Verhalten legal?"
Bei der Bewertung der türkischen Regierung nimmst du das Maß "Ist das Verhalten moralisch?"

Man sollte sich für ein Maß entscheiden und dieses Maß für beide Regierungen anwenden.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Interessant, wie du immer festlegst, was gerade Thema ist und was nicht. Ich lasse das einfach mal so stehen; ich denke, jeder wird selbst lesen und erkennen, wer wie wann in den Themen herumspringt. Ein enervierende Diskussion darüber ist überflüssig, so dass ich einfach mal beim Thema bleibe, ohne mich jetzt um jede semantische Spitzfindigkeit zu kümmern.

Du ignorierst jedoch beharrlich den entscheidenen Punkt, es gibt kein Anrecht auf Einreise für ausländische Politiker. Du kannst noch so viel drum herum reden, von legalen Handlungen, Unterscheidungen zwischen Worten und Taten schreiben, etc., am Ende bleibt dieser entscheidene Punkt, den man nicht wegdiskutieren kann. Eine Einreise gegen den Willen der jeweiligen Regierung ist dann eben nicht mehr legal. Mit zweierlei Maß hat das nichts zu tun, du gehst schlicht von falschen Prämissen aus.

Und so messe ich auch die Eskalationsverteilung. Und vor allem auch, was danach war. Das ignorierst du ja auch. Nach der Ausweisung der türkischen Ministerin kam aus Den Haag nichts Eskalierendes mehr - zumindest so weit ich weiß - aber die Hasstiraden aus Ankara gingen ja immer weiter.

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Nein, du legst immer fest, was Thema ist und wechselst es dann: Von daher: Du hast freie Themenwahl. Ich schreibe dir nicht vor, über welches Thema wir reden. Aber wir sollten bei einem Thema bleiben und es nicht andauernd wechseln.

Und nein, ich ignoriere keinen Punkt.

Wenn du über Recht sprechen willst:
Es gibt kein Anrecht auf Einreise von Politikern. Und es gibt kein Anrecht auf internationaler Ebene, nicht beleidigt zu werden.

Wenn du also auf juristischer Ebene diskutieren willst: Beide Regierungen haben vollkommen legal gehandelt:
Die niederländische Regierung hat vollkommen legal die Einreis verweigert. Und die türkische Regierung hat vollkommen legal die niederländische Regierung beleidigt.
Beides war vollkommen legal.

Ich ignoriere das nicht. Ich bin mir dessen durchaus bewusst. Was du jedoch die ganze Zeit ignorierst ist, dass es auf internationaler Ebene kein Anrecht der niederländischen Regierung gibt, nicht beleidigt zu werden.

Wenn du über Moral sprechen willst:
Ja, dass die niederländische Regierung beleidigt wurde, ist unmoralisch. Aber dass den türkischen Regierungsmitgliedern die Einreise verboten wurde, ist ebenfalls unmoralisch.

Es gibt letztendlich vier Punkte:
1. Das Einreiseverbot war legal.
2. Das Einreiseverbot war unmoralisch.
3. Die Beleidigungen waren legal.
4. Die Beleidigungen waren unmoralisch.

Du redest die ganze Zeit nur von 1. und 4. Aber du ignorierst die ganze Zeit 2. und 3.
Eine Einreise gegen den Willen der jeweiligen Regierung ist dann eben nicht mehr legal.
Nochmal: Die Einreise wurde nicht verboten. Die Person wurde zur "unerwünschten Person" erklärt. Das ist Justizsprech und bedeutet, dass die Person bei Einreise keine diplomatische Immunität erhält, obwohl sie im Regierungsauftrag unterwegs ist.
Die Einreise war zu diesem Zeitpunkt erlaubt, jedoch hatte die Familienministerin keine diplomatische Immunität.

Später wurde auch zusätzlich noch ein Einreiseverbot ausgesprochen. Aber daran hat sie sich gehalten. Zu dem Zeitpunkt als sie in die Niederlande gereist ist, herrschte noch kein Einreiseverbot, sondern "nur" der Status als unerwünschte Person (d.h. Einreise legal, aber ohne diplomatische Immunität).

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Farmelon
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Farmelon »

Bitte zurück zum Thema und weniger Kasperln!

@ sagista
Lass ihn doch, jedes mal wenn ich hier reinschaue und sehe das die Hälfte der Thread-Seite aus ausgeblendeten Beiträgen besteht ist doch klar, wie das weitergeht und endet. Das die Türkei bei ihrem Auslandswahlkampf ihre eigenen Gesetze bricht und anderes ist inzwischen doch eh klar.


------------------------


@ Topic
Nett, jetzt sind wir schon so weit das Erdogan behauptet Deutschland hätte den Putschversuch unterstützt. Offenbar wollte er mal Abwechslung davon sich auf die Niederlande zu stürzen. :rolleyes:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/r ... 39475.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/t ... 39455.html

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Farmelon hat geschrieben:Bitte zurück zum Thema und weniger Kasperln!
Die Eskalation zwischen der Niederlande und Türkei ist Thema des Threads.

Was man lieber sagen sollte: Weniger Themenwechsel innerhalb eines Gespräches.
Das die Türkei bei ihrem Auslandswahlkampf ihre eigenen Gesetze bricht und anderes ist inzwischen doch eh klar.
Nein. Klar ist:
1. Die Türkei hat Gesetze, die es verbieten, für Wahlen (im Sinne von Personen wählen) Werbung im Ausland zu machen. Über Werbung für ein Referendum steht dort nichts.

2. Weder die Niederlande noch die EU noch sonst irgendeine offizielle Stelle hat darauf hingewiesen, dass die Türkei gegen ihr eigenes Gesetz verstößt.

Zum Putschversuch:
Nein, die Türkei behauptet nicht, Deutschland hätte den Putschversuch unterstützt. Die Türkei behauptet, Deutschland würde die Gülen-Bewegung unterstützen. Und die Gülen-Bewegung würde den Putschversuch unterstützen.
Dass Deutschland irgendetwas direkt für den Putschversuch getan hätte, behauptet niemand in der Türkei. Es wird stattdessen behauptet, dass Deutschland die Gülen-Bewegung wie eine nicht-terroristische Gruppierung behandle.

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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Herr der Welt »

@Eulenspiegel:
Man liest aber in verschiedenen Artikeln Anderes. Übersetzen die falsch oder übersehen die etwas?

Verwiesen wird auf Art. 94/A (die redigierte Fassung von 2008/2012), wo es heißt:
Yurt dışı seçmenlerin oy kullanmasında; sandık, gümrük kapılarında oy kullanma veya elektronik oylama yöntemlerinin birlikte veya ayrı ayrıuygulanmasına, seçim türüne ve yabancı ülkenin durumuna göre, Dışişleri Bakanlığının görüşü alınarak Yüksek Seçim Kurulunca karar verilir. Yurt dışı seçmen kütüğüne kayıtlı seçmenlerin oy kullanmalarına yönelik iş ve işlemlerde, Dışişleri Bakanlığının bilişim altyapısından faydalanılabilir.
Dışişleri Bakanlığı, Yüksek Seçim Kurulunun belirleyeceği usul ve esaslar doğrultusunda, kullanılacak olan bilişim altyapısının oluşturulması ve güvenliği için gerekli tedbirleri alır.

Milletvekili genel seçimlerinde, üzerinde Yüksek Seçim Kurulu filigranı bulunan özel imal edilmiş kâğıtlara basılı birleşik oy pusulalarında; sadece seçime katılan siyasi partilerin özel işaretleri, kısaltılmış isimleri ve tam yazı halinde adlarıyla her siyasi parti için ayrılan bölümün altında çapı iki santimetre olan boş bir daire bulunur.
Yurt dışı seçmenler, milletvekili genel seçimi, Cumhurbaşkanı seçimi ve halkoylamasında oy verebilirler.
Yurt dışı seçmenler sadece seçime katılan siyasi partilere oy verebilirler.
Yurt dışında ve yurt dışı temsilciliklerde seçim propagandası yapılamaz.
Yurt dışı seçmenlerin mektupla oy vermesi.
Ich kann nur auf den Google-Übersetzer zurückgreifen (bzw. auf andere Übersetzer für einzelne Wörter zur Überprüfung).

Da heißt es für "Yurt dışı seçmenler sadece seçime katılan siyasi partilere oy verebilirler", dass Wähler im Ausland (nur?) an Präsidentschaftswahlen und Referenden teilnehmen dürfen.
Für den darauffolgenden Absatz "Yurt dışında ve yurt dışı temsilciliklerde seçim propagandası yapılamaz" wird angegeben, dass im Ausland und in Auslandsvertretungen keine Wahlwerbung betrieben werden darf (wobei mir nicht ganz klar ist, ob man "yapılamaz" als "man darf nicht" in Sinne von "man darf nach dem Gesetz nicht" oder "man sollte das nicht tun" lesen sollte).
Beide (sowie auch die anderen beiden Absätze) beziehen sich wohl auf Wähler im Ausland (yurt dışı seçmenler) und somit aufeinander. Das würde bedeuten, dass im Ausland weder für die Präsidentschaftswahlen noch für Referenden geworben werden darf (v.a. wenn Wähler im Ausland sowieso nur in diesen Fällen wählen dürfen).

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

@Herr der Welt
Im Deutschen wird unterschieden zwischen Wahl und Abstimmung.

Diese Unterscheidung gibt es im Türkischen auch:
seçim: Wahl
oy: Abstimmung

Diese beiden Wörter und ihr Bedeutungsunterschied ist notwendig, um den Text zu verstehen.

Mein türkisch ist auch schon etwas eingerostet. Aber ich versuche mich mal an einer Übersetzung des zweiten Absatzes von Artikel 94/A. Der leichteren Übersicht nummeriere ich die Sätze außerdem mal durch:
1. <Hier wird erklärt, wie der Stimmzettel aufgebaut sein muss.>
2. Ausländische Wähler sind zugelassen zur Wahl des Parlaments, zur Wahl des Präsidenten und zur Abstimmung beim Referendum.
3. Ausländische Wähler können nur für - an der Wahl teilnehmende - Parteien stimmen.*
4. Im Ausland und in Auslandsvertretungen ist Werbung für Wahlen zu unterlassen.
5. Ausländische Wähler stimmen per Brief ab.

*Klingt im ersten Augenblick trivial. Gemeint ist damit, dass ausländische Wähler keine parteilosen Einzelpersonen wählen können. (Im Gegensatz zu Wählern in der Türkei.)

In Satz 2 wird deutlich, was was ist:
Beim Parlament handelt es sich um Wahlen.
Beim Präsidenten handelt es sich ebenfalls um Wahlen.
Beim Referendum ist es jedoch eine Abstimmung.
Satz 3 und 4 machen dann spezielle Einschränkungen für Wahlen.
Satz 5 ist dann wieder allgemein.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

@ Eulenspiegel:
Interessant, was du unter einem Themenwechsel verstehst, aber gut. Ich erspare jetzt allen Anwesenden und mir ausschweifende Argumentationen, warum das in meinen Augen kein Themenwechsel ist, weil das Ergebnis eh vorprogrammiert ist, da bin ich geneigt, Farmelon zuzustimmen.

Ich finde gleichwohl deine These nachwievor interessant, dass es auf internationaler Ebene kein Anrecht darauf gäbe, nicht beleidigt zu werden. Gut, es wird schwierig, Herrn Erdogan wegen Beleidigung vor Gericht zu bringen, aber dass es im Umkehrschluss erlaubt sein soll, finde ich interessant.
Eulenspiegel hat geschrieben:Es gibt letztendlich vier Punkte:
1. Das Einreiseverbot war legal.
2. Das Einreiseverbot war unmoralisch.
3. Die Beleidigungen waren legal.
4. Die Beleidigungen waren unmoralisch.
Zu 1: Ja, ist selbsterklärend.
Zu 2: Nein, das Einreiseverbot war eine adäquate Reaktion auf die Sanktionsansdrohung.
Zu 3: Nein, Beleidigungen sind i. d. R. strafbar. Selbst wenn nicht exekutierbar, so doch zumindest ein diplomatisches NoGo. Wenn man auf dem formalistischen Standpunkt steht, dass alles legal ist, was nicht sanktioniert wird, ist das in diesem konkreten Fall eher eine Spitzfindigkeit.
Zu 4: Ja.

Im Übrigen sind, nach meinem Kenntnisstand, Regierungsmitglieder immer noch keine Mitglieder des diplomatischen Dienstes. Du musst zwischen Regierung und Diplomaten unterscheiden. Einen Diplomaten kann man zur persona non grata erklären, d. h., dass diese Person nicht mehr erwünscht ist. Mit einer Ministerin hat das nichts zu tun.

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AngeliAter
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

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Nur Diplomaten genießen Immunität (aber auch nur, wenn sie anerkannt wurden).
Den restlichen Regierungsmitgliedern kann man ohne weiteres die Einreise verbieten (bestes Beispiel: Russland und den USA). Wird bei beiden auch bejubelt (möglicherweise weil es auch gegen die eigene Regierung gerichtet ist).
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

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@sagista
Dass du das interessant findest, freut mich.
Wenn du mir den internationalen Vertrag zeigst, der Beleidigung unter Strafe stellt, würde ich das auch interessant finden. Ich habe allerdings noch nie von so einem Vertrag gehört.

Ansonsten bitte zwischen Strafbarkeit, Sanktionierbarkeit und NoGo unterscheiden. Natürlich sind Strafbarkeit und Sanktionierbarkeit zwei verschiedene paar Schuhe. Mir zu unterstellen, ich würde die beiden Sachen gleichsetzen, ist ein NoGo von dir (aber nichtsdestotrotz ein legaler Zug).

Unter NoGo auf internationaler Ebene fallen in meinen Augen Völkerrechtsverletzungen, Kriegserklärungen etc. (Im nationalen Bereich gibt es natürlich schon deutlich früher NoGos.)

Ob Regierungsmitglieder Mitarbeiter des diplomatischen Dienstes sind, weiß ich nicht. Auf alle Fälle gelten für sie die gleichen Regeln. Auch für sie gilt normalerweise diplomatische Immunität. Und wie man am Beispiel der türkischen Außenministerin gesehen hat, kann man auch diese zur Persona non grata erklären.

@AngeliAter
Diplomatische Immunität gilt auch für Minister.

Das hat aber nichts mit Einreiseverboten zu tun. Man kann auch Diplomaten die Einreise verbieten.

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Herr der Welt
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Herr der Welt »

@Eulenspiegel:
Das ist vielleicht eine mögliche Lesart, geht aber keinesfalls eindeutig aus dem Wortlaut hervor. Anders wäre es, wenn in (4) ausdrücklich auf die Präsidentschaftswahlen ("Cumhurbaşkanı seçimi") Bezug genommen würde.
"seçim propagandası" scheint eine fest Wendung für Wahlkampf/Wahlwerbung zu sein, während es "Abstimmungswahlkampf" als Wendung nicht zu geben scheint. Das ist im Deutschen ja auch so.
Und (4) verbietet allgemein Wahlkampf ("seçim propagandası" als feste Wendung) und nicht Wahlwerbung nur für Präsidentschaftswahlen. Das steht da einfach nicht.
Dazu auch die Interpretation eines Juristen (abseits der philologischen Fragen). Der Autor Christian Rumpf war Gastwissenschaftler an der Universität Ankara und sein Schwerpunkt ist wohl u.a. türkisches Recht, weshalb ich ihm auch die sprachliche Kompetenz zusprechen würde, den Absatz richtig zu lesen.

Insofern halte ich deine Lesart, Eulenspiegel, für abwegig.

Eulenspiegel
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

@ Herr der Welt
OK, Herr Rumpf akzeptiere ich durchaus als Autorität. Insofern hast du mich da überzeugt. - Den Artikel habe ich erstmal nur überflogen. Den werde ich nachher genauer lesen.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Was bleibt ist die Frage, wie es weitergehen soll mit dem Verhältnis zur Türkei. Ob es nun legal ist oder nur nicht sanktionierbar ist, wenn der eine Staatschef andere Staats- und Regierungschefs unentwegt beleidigt oder ob Regierungsmitglieder diplomatische Immunität genießen, ist für diese Frage eigentlich ziemlich unerheblich, weil es sich dabei letztendlich um Kleinigkeiten handelt.

Fakt ist jedoch, es vergiftet das Verhältnis und die Atmosphäre immer weiter. Es mag Herrn Erdogan daran gelegen sein, die Eskalationsspirale immer weiter zu treiben, um weiterhin Propaganda nach dem Motto "Die Welt hat sich gegen die Türkei verschworen" machen zu können. Ich denke, man kann durchaus davon ausgehen, dass zumindest vor dem Referendum keine Deeskalation seitens der türkischen Seite zu erwarten ist; es wird ja täglich nachgelegt, selbst wenn die vorangegangene Beleidigung nicht retouniert wird.

Inzwischen denke ich, man sollte türkische Wahlkampfauftritte in Deutschland und im besten Fall in ganz Europa nun grundsätzlich untersagen. Wie wir festgestellt haben gibt es für türkische Politiker kein Anrecht auf die Durchführung dieser Auftritte. Aufgrund des sehr unfreundlichen Gebahrens der türkischen Regierungsmitglieder erscheint es mir nicht sinnvoll, ihrem Willen dennoch nachzugeben. Sollen sie halt toben und wüten und wenn Herr Erdogan dann seinen Worten Taten folgen lässt und trotz Nichteinladung einreisen will oder ansonsten einen Aufstand anzetteln will, muss er trotzdem bleiben. Auch in der Vergangenheit waren insbesondere die Auftritte Erdogans in Deutschland meistens problematisch und integrationsfeindlich.

Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, wenn ausländische Regierungschefs zu ihren hier lebenden Landsleuten kommen und zu ihnen sprechen, aber die türkische Seite hat den Bogen schlicht überspannt, so dass sie in meinen Augen den guten Willen der Bundesregierung in dieser Sache nicht mehr verdient haben.

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Farmelon
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Farmelon »

Wie es weitergeht kann man schlecht sagen. da ist von nach der Wahl auf heilere Welt machen von EU-Seite, bis hin zur völligen Eskalation inklusive Bruch aller Beziehungen alles drin.

Ich weiß nur nicht was besser wäre, wenn Erdogan sein Referendum gewinnt oder verliert. So oder so wird er sich sicher nicht aufhalten lassen wollen. Wenn er verliert hat er ja die böse EU als Sündenbock, dazu Terroristen und Gülenbewegung, genau das was es für weitere Säuberungswellen braucht. Andererseits kommt nach dem Sieg die Todesstrafe und sicher auch weitere Säuberungswellen, inklusive Todesurteile. Bisher sterben die Leute ja "nur" an Selbstmord oder Unfällen in den Gefängnissen, wenn sie als Erdogangener hingestellt wurden oder es wirklich sind.
Schon ganz am Anfang, vor dem ganzen Scheiß, wurde von Erdogans Seite die Wahl ja schon so dargelegt das jeder der Nein abstimmt die Terroristen unterstützt.

Die Türkei unter Erdogan ist jetzt schon eine halbe Diktatur, letztens hab ich den Film "Hitler-Aufstieg des Bösen" gesehen und die ganzen Parallelen zur Türkei haben mir schon ein flaues Gefühl im Magen beschert.

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Cifer
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Cifer »

Ich weiß nur nicht was besser wäre, wenn Erdogan sein Referendum gewinnt oder verliert. So oder so wird er sich sicher nicht aufhalten lassen wollen. Wenn er verliert hat er ja die böse EU als Sündenbock, dazu Terroristen und Gülenbewegung, genau das was es für weitere Säuberungswellen braucht. Andererseits kommt nach dem Sieg die Todesstrafe und sicher auch weitere Säuberungswellen, inklusive Todesurteile. Bisher sterben die Leute ja "nur" an Selbstmord oder Unfällen in den Gefängnissen, wenn sie als Erdogangener hingestellt wurden oder es wirklich sind.
Ich sehe grad nicht, was eine Niederlage irgendwo auch nur in die Nähe der Tragweite eines Sieges rücken sollte. Eine Niederlage würde dafür sorgen, dass er zumindest nicht ganz so schnell sein Regime ausbauen kann, was Dissidenten noch etwas Atemraum verschafft, wenn auch möglicherweise nur, um das Land zu verlassen. Letztendlich sehe ich nicht, wie da etwas anderes als ein Spiel auf Zeit (aka: hoffen, dass es der 63jährige Möchtegerndiktator nicht mehr lange macht und sein Nachfolger vernünftiger drauf ist) helfen sollte.
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Farmelon »

Er könnte aber auch Wahlmanipulation vorwerfen, woher auch immer, und das Referendum trotzdem für Gelungen erklären wenn er nur knapp verliert. Darauf folgen weitere Säuberungswellen quer durch Regierung, Beamte, Staatsangestellte und unliebsame Bevölkerungsteile. Damit begründet er dann die Einführung der Todesstrafe.

Oder er stachelt seine Anhänger auf gegen die welche mit nein gestimmt haben vorzugehen, oder diese anschwärzen da sie damit ja die Terroristen unterstützt haben, was zu weiteren Ausschreitungen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen könnte. In Kombination mit dem Ansetzen eines zweiten Referendums.

Vielleicht hast du recht und so wird auch alles verzögert, was Zeit verschafft, ich befürchte dass es das nicht besser machen wird. Aber wir werden es ja bald erleben. Vielleicht behauptet er ja auch einfach er hätte gewonnen, obwohl er verloren hat, Wahlbetrug ist ja keine neue Erfindung.

Thargunitoth
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Es geht bei Türkei/Niederlande auch nicht um juristisches Recht oder dergleiche, sondern um diplomatisch angebrachtes Verhalten und da ist die Türkei einfach ein Aggressor ohne gleichen, während die Niederlande nur auf die Eskapaden der türkischen Regierung reagiert.

Sie ist quasi dazu gezwungen dem türkischen Verhalten entgegenzutreten und kann nur entweder schwach aussehen, wenn sie Erdogan gewähren lässt oder sie verschlechtert die Beziehungen zu der Türkei, wenn sie entsprechend dagegen reagiert.

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sagista
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Re: Wird sich am Verhältnis EU - Türkei etwas ändern?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Man muss ja davon ausgehen, dass alle, die mit "nein" stimmen, in den Augen Erdogans mindestens Verräter wenn nicht gar Terroristen sind. Geht das Referendum aus seiner Sicht schief, wird er wahrscheinlich eine ganz große Verschwörung gegen sich und die Türkei wittern. Ich glaube zwar nicht, dass er versuchen wird, mittels eines Wahlbetrugs das Referendum zu gewinnen, aber vielleicht versucht er es nach eine weiteren Säuberungs- und Propagandawelle in einem Jahr erneut. Das ist aber tatsächlich alles Spekulation.

Zumindest bleiben wir von weiteren unerwünschten Besuchen verschont. Vielleicht kann man ja dann irgendwann mal wieder zu vernünftigen Beziehungen kommen. Gleichwohl würde ich es begrüßen, wenn man vor der Rückkehr zur Tagespolitik darauf bestehen würde, dass Erdogan seine unsäglichen Verbalinjurien der letzten Tage zurücknimmt, um Entschuldigung bittet und sich ganz klar davon distanziert. Wenn er das nicht hinbekommt, sind Gespräche auf Augenhöhe schwierig, da er sonst das Image des bockigen ungezogenen Kleinkindes in der Gestalt eines erwachsenen Mannes so schnell wohl nicht wieder loswerden wird.

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