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mike-in-the-box
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Ungelesener Beitrag von mike-in-the-box »

sagista hat geschrieben: 17.08.2017 23:45Ich hatte das ganz anders gelesen. Für mich las sich das so, als würde Deutschland 280.000 Verfahren durchführen, obwohl es ganz strenggenommen eigentlich nur für 1.000 zuständig gewesen wäre. Wie sollte man das anders lesen?
Korrekt zu lesen wäre es so:
Von den 280000 Verfahren haben 1000 Verfahren die Bedingung des Artikel 16a GG erfüllt, dass sie direkt eingereist sind.
Das heißt maximal 1000 könnten theoretisch politisches Asyl nach dem GG erhalten. Das ist völlig korrekt.
Was der Artikel aber unklar lässt ist, dass Deutschland natürlich für viel mehr Verfahren zuständig ist, weil es ja noch das Asylgesetz gibt, das weiter gefasst ist. Das ist eben das wo der Artikel suspekt ist. Man sieht, dass der Autor sich mit der Thematik auskennt, aber indem er diese Thematik nur andeutet, aber nicht direkt schreibt, entsteht beim Lesen der Eindruck, das wir 280000 Verfahren durchgeführt haben obwohl es nach Gesetz nur 1000 hätten sein dürfen.
Das stimmt wie gesagt nicht. Das ist es, was mich daran stört. Der Mann weiß ganz genau was er tut und wie er einen ganz bestimmten Eindruck erweckt ohne die Unwahrheit zu sagen, indem er hält bestimmte Infos reinschreibt, aber den Leser die Bedeutung nicht klarmacht.

Das siht man gut im 2. Teil des Artikels. Ich kann es die Tage gerne Mal genau analysieren wenn ich Zeit ahbe.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Vorsicht, der Autor schreibt nicht "obwohl es nach Gesetz nur 1000 hätten sein dürfen" sondern "hätten nur etwa 1000 Migranten ein Asylverfahren in Deutschland durchlaufen müssen, wenn auf die Prüfung von Personen, die über sichere Staaten einreisten, verzichtet worden wäre". Das ist jetzt zwar ein wenig Wortklauberei, aber zwischen "dürfen" und "müssen" besteht ja schon ein signifikanter Unterschied. Deswegen meinte ich ja auch "streng genommen".

Im übrigen wird doch, wie auch im Artikel erwähnt, § 16a GG in § 18 AsylG umgesetzt und konkretisiert:
§ 18 AsylG hat geschrieben:1. er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) einreist,
2. Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und ein Auf- oder Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet wird, oder
3. er eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er in der Bundesrepublik Deutschland wegen einer besonders schweren Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist, und seine Ausreise nicht länger als drei Jahre zurückliegt.
Im Übrigen sind Gründe wie Armut und Perspektivlosigkeit, ja selbst ein Bürgerkrieg für sich allein genommen, wohl eher keine Asylgründe, auch nicht nach § 3 und 4 AsylG. Zumindest finde ich diese weder bei den Verfolgungshandlungen noch bei den Verhandlungsgründen, wobei natürlich zu konstatieren ist, dass in einem Bürgerkrieg die
§ 3 AsylG hat geschrieben:begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
wahrscheinlich auf sehr viele Menschen grundsätzlich zutreffen könnte. Bürgerkriege haben ja meist gewisse Ursachen, die sich auf einen oder mehrere diese Punkte zurückführen lassen. Aber nur weil in der Heimat Krieg herrscht, bedeutet das nicht zwingend das Vorliegen von Asylgründen. Der Bürgerkrieg als solches macht den Einzelnen nicht zum Flüchtling i. S. d. AsylG sondern dafür müssen die beschriebenen Eigenschaften vorliegen und es dürfen keine Ausschlusskriterien vorliegen.

Aber ich glaube, um das wirklich dezidiert auseinandernehmen zu können, müsste man wahrscheinlich tief in die Gesetzeskommentare einsteigen. Ich bin ausdrücklich dessen bewusst, das sich vermeintlich klare Gesetzesformulierungen in der relevanten Gesetzestextkommentierung ganz anders darstellen können, die für den Laien wenig nachvollziehbar sein können, bzw. worauf ein Laie wahrscheinlich kaum kommen wird. Da sich jedoch auch Rechtsexperten und ausgebildete Juristen nicht zwingend einig bei dem Thema sind, scheint es mir da auch keine wirklich vollständig richtige Interpretation zu geben.

Was aber, denke ich, relativ klar ist, dass zwar Deutschland wesentlich mehr Asylverfahren durchführt als es tatsächlich müsste, mithin natürlich auch wesentlich mehr Flüchtlingen - ob jetzt wirklich Asylberechtigte oder nicht sei mal dahingestellt - Schutz gewährt, als es müsste, aber dass dies natürlich nicht verboten ist. Von bestimmten Leuten wird ja Merkel gerne mal Rechtsbruch geworfen, als sie die Grenzen geöffnet hatte. Ich glaube nicht, dass das haltbar ist, sonst müsste es ja Gesetze geben, die die Aufnahme von Flüchtlingen bzw. Ausländern generell verbietet. Ein solches Gesetz ist mir freilich nicht bekannt. Aber der Umkehrschluss, Deutschland habe so handeln müssen, wie es gehandelt hat, scheint mir genausowenig haltbar. Man kann nicht, wie es manche andere Kreise tun, argumentieren, Deutschland habe grundsätzlich die Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen, aber gleichzeitig die genauen Definition von Asyl oder die vorhandenen Ausschlussgründe ignorieren.

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BenjaminK
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Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Die Gesetze sind ja meist ohnehin nicht aussagefähig, sondern das, was an ständiger Rechtsprechung dabei rum kommt. Ich meine, "begründetete Furcht" ist ja noch nicht einmal aktive Verfolgung, sondern nur die Angst davor, dass es passieren kann bzw. wird. Verfolgung wegen "politischer Überzeugung" oder "Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" sind so dehnbar, dass hier eigentlich weitere Durchführungshinweise gegeben werden müssten.

Dass in Deutschland, was abgesehen von der nördlichen Seegrenze wohl kaum eine Grenze zu unsicheren Gebieten hat, dafür sehr viele vermeindlich direkt eingereist sind, ist wohl unbestritten. Damit wären andere Staaten, durch die durchgereist wurde, zuständig, die wiederum aber auch nicht ein Problem der europäisches Außengrenze alleine stemmen wollten. Alles nachvollziehbar und auch wenig änderbar, denn auch bei Asylbewerbern gilt ja erst einmal die Unschuldsvermutung und wenn derjenige sagt, er sei direkt eingereist und man ihm nicht das Gegenteil beweisen kann (<-schwierig....) und gleichzeitig noch eine minimale Möglichkeit darauf besteht, dass es die Wahrheit ist (mit dem Fallschirm abgesprungen, durchs Watt eingereist und planlos nach München gewandert, Fluchttunnel....), bleibt es halt ein offenes Geheimnis, dass es nicht stimmt, wird aber so behandelt werden müssen, als wenn es stimmt.
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Ungelesener Beitrag von mike-in-the-box »

Bei einem Asylverfahren, dass ja kein Gerichtsverfahren ist, trägt erst einmal der Asylsuchende die Beweislast (und mit Beweisen sind jetzt nicht unbedingt Doumente etc. gemeint, sondern ein schlüssiger und glaubhafter Sachvortrag). Ich hoffe ich vermische hier jetzt keine juristischen Begriffe.
Generell geht es einfach darum, dass der Schutzsuchende erst einmal von sich aus darlegen und glaubhaft machen muss, dass verfolgt wird oder er in Gefahr ist. Nur wenn die Gefahr wirklich offensichtlich ist, ist das Bundesamt dann auch in der Pflicht entsprechend zu handeln.
Das erstreckt sich auf Asyl nach Artikel 16a GG und das Asylgesetz. Soweit ich weiß leitet sich das ganze aus den Mitwirkungspflichten nach §15 AsylG ab.

Soll heißen, die alleinige Behauptung direkt nach Deutschland eingereist zu sein reicht nicht aus um sich für politisches Asyl nach dem GG zu qualifizieren. Es müssen zumindestens Indizien vorliegen, welche die Aussage stützen oder wahrscheinlich erscheinen lassen.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Ich habe gerade einen Artikel mit 10 Thesen für ein weltoffenes Deutschland von ehemaligen Politikern der SPD und der Grünen gefunden. Ich finde diese Thesen sehr nachvollziehbar und würde es begrüßen, würden diese gesellschaftlicher Konsens werden.

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Mustafa ben Ali
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Ungelesener Beitrag von Mustafa ben Ali »

Talron hat geschrieben: 14.08.2017 15:32Z.b. Arbeitspflicht im Gefängniss.
Welche Arbeiten sollen sie den übernehmen?
Es wird schon in den JVAs schon gearbeitet. Allerdings gibt es da strenge Regeln. Leuchtmittel darf der Hausmeister (gibt sogar Gefangene, die diesen Job machen) z.B. austauschen, aber eine neue Steckdose verlegen nicht. Auch wenn der Hausmeister ein Elektromeister ist.
Was Gefangene machen dürfen ist; kochen, Bücher ausleihen etc..
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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

@Mustafa ben Ali
Schaue dir einmal die Situation in den USA an. Es wird wohl in diese Richtung gehen.

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Talasha
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

Sir Isaac Newton ist der tödlichste Bastard im ganzen Weltraum!

Jadoran
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Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Der wichtige Punkt ist: "Die meisten ... stehen in einem Gewerbegebiet". So Sachen wie 24h-LKW Anlieferung, Lärm etc. ist in Gewerbegebieten für die Gewerbetreibenden wichtig. Wenn da auf einmal Wohnnutzung entsteht, werden auch Ratz-Fatz Schutzrechte geltend gemacht, die man nicht einfach per Ausnahmegenehmigung aushebeln kann. Wegen der hohen Schutzrechte der Privatwohnung kassiert spätestens das Bundgerechtswegehof ein und dann dürfen die Gewerbetreibenden wegziehen. Da läßt sich keine Firma drauf ein, da es einfach nicht vertraglichkontrollierbar ist, es würde also ausnamhslos jede anssässige Firma im Gewerbegebiet klagen, oder die Geschäftsführuingen würden sich der Untreue schuldig machen.
Das hat also mit Bürokratie ausnahmesweise nichts zu tun sondern mit dem hohen Stellenwert, den der Schutz der Privatwohnung in unserem Rechtssystem hat. In vielen Fällen darf man jemanden eben nicht den kleinen Finger reichen, weil der sich dann sofort die ganze Hand einklagen kann.
Dreck vorbeischwimmen lassen

Andwari
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Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Talasha
Die leerstehenden Gebäude stehen halt wohl überwiegend nicht in München - was tun damit? In meiner Geburtsstadt (ländliche Kreisstadt) hatte im August/September 2015 der größte örtliche Bauunternehme ein Grundstück, fertige Pläne und Kapazitäten, da in "Leichtbauweise" was für 180 Flüchtlinge hinzustellen - gegen einen 10-Jahres-Mietvertrag.

Das Landratsamt konnte kaum anders, als das ausnahmsweise für diesen Zweck - im Gewerbe/Industriegebiet - zu genehmigen, weil denen die Flüchtlinge in der Turnhalle saßen und der Schulanfang vor der Tür stand. Das Gebäude war übrigens iirc im Januar bezugsfähig.

Klar, dass ohne weitere Flüchtlinge das Haus zunehmend leerer wird - denn jeder anerkannte (!) Flüchtling darf sich eine normale Wohnsituation suchen und wird das evtl. auch tun, denn der Wohnstandard des Behelfsbaus ist halt mager - vor 2 Jahren hatte niemand die Kapazitäten über, die ankommenden Flüchtlinge erst mal auf der Straße warten zu lassen, bis ein regulärer Bau erstellt ist. Einige Migranten sind auch nicht als Flüchtlinge anerkannt worden und wieder zurück in Albanien usw.
Jetzt, über 2 Jahre später sind also alle noch nicht-anerkannten Flüchtlinge des Landkreises nicht mehr in irgendwelchen Ferienwohnungen, Turnhallen oder Gasthofzimmern - sondern in dem neu gebauten Gebäude, aus dessen Mietvertrag der Landkreis nicht mal eben raus kann - es war von Anfang an klar, dass da kein neues Wohngebiet entstehen darf und das Haus vmtl. nach 10 Jahren einfach von der Betonplatte in den Müllcontainer geschoben wird. Das selbe ist mit dem Asylantenheim vom Beginn der 1990er Jahre auch irgendwann passiert.

Was hätte wer anders machen sollen?

Ich finde den prinzipiellen Ansatz (Bayern), die Flüchtlinge auf alle Landkreise/Kommunen zu verteilen, richtig. Manches verwaisende Dorf in Thüringen hat auch nicht laut "Hier" gerufen und sich Flüchtlinge aus NRW oder Bayern schicken lassen. Und die These, Leben im Bayerischen Wald sei generell unzumutbar ist noch 2 Jahre älter als die Flüchtlingskrise.

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Talasha
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

Andwari hat geschrieben: 16.11.2017 12:09@Talasha
Die leerstehenden Gebäude stehen halt wohl überwiegend nicht in München - was tun damit? I
Das hier schon:
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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

@@Talasha
Hat schon jemand geschrieben, steht im Gewerbegebiet. Damit das so einfach möglich ist müsste man den allgemeinen Rechte für Anwohner generell senken. (Z.b. beim Thema Lärmschutz, dann ginge z.B. auch der Flughafen in der Innenstadt Berlin wieder)
Klar natürlich könnte man auch Wohnungen in Gewerbegebieten generell erlauben mit weniger Schutz. Aber dann hast du ganz schnell wieder das Problem, dass dann jemand kommen kann, Fläche in einem Gewerbegebiet kaufen und dann einfach Wohnhäuser bauen. Damit hättest du als Stadtplaner deutlich an Kontrollfunktion verloren. Also ginge nur der Weg ein Gewerbegebiet nachträglich als gemischtes Gebiet oder so zu deklarieren. Womit du dann natürlich wieder bei Dingen wie dem Lärmschutz bist.....
Effizienter Staat steht immer im gegensatz zu Rechte seiner Bürger. Das kommt sich immer ins Gehege.

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Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Jadoran hat geschrieben: 16.11.2017 11:44Das hat also mit Bürokratie ausnahmesweise nichts zu tun sondern mit dem hohen Stellenwert, den der Schutz der Privatwohnung in unserem Rechtssystem hat. In vielen Fällen darf man jemanden eben nicht den kleinen Finger reichen, weil der sich dann sofort die ganze Hand einklagen kann.
Das sind dann eher verquere Gesetze, die auf "Ganz oder gar nichts" beruhen.
Entweder du bekommst gar nichts oder du bekommst die ganze Hand.
Hier wäre es sinnvoll, den Leuten auch den kleinen Finger zuzugestehen: Für die Leute, die gar nichts bekommen, wäre das eine große Verbesserung.
Talron hat geschrieben: 16.11.2017 13:26Effizienter Staat steht immer im gegensatz zu Rechte seiner Bürger. Das kommt sich immer ins Gehege.
Im Augenblick haben Bürger kein Recht, im Gewerbegebiet eine Wohnung zu bauen.
Wenn man ihnen erlauben würde, im Gewerbegebiet eine Wohnung zu bauen, aber auf Lärmschutz zu verzichten, solange sie im Gewerbegebiet leben, wären beiden geholfen: Der Staat wäre effizienter und die Bürger hätten mehr Rechte: Für Bürger außerhalb des Gewerbegebietes ändert sich nichts, sie hätten immer noch das Recht auf Lärmschutz. Und für Leute ohne Wohnung haben wir sogar eine Verbesserung, da sie so wenigstens eine Wohnung bekommen.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Bis dann die ersten Klagen kommen, wenn die Leute nach zwei Jahren feststellen, dass sie der Lärm krank macht. Oder es muss von Amts wegen eingeschritten werden wegen Kindeswohlgefährdung oder was auch immer. Das deutsche Planungsrecht ist auf solche, ich nenne es mal, pragmatische Lösungen nicht eingestellt. Jede Kommune, die ehemalige Flüchtlingsunterkünfte z. B. in Gewerbegebieten zur allgemeinen Wohnnutzung freigibt, würde sich auf lange Sicht eine ganze Menge potentiellen Ärger ins Haus holen, deswegen sind die Kommunen gut beraten, dies nicht zu tun.

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Talasha
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

sagista hat geschrieben: 16.11.2017 22:11Bis dann die ersten Klagen kommen, wenn die Leute nach zwei Jahren feststellen, dass sie der Lärm krank macht.
Ich denke nicht das irgendjemand eine Unterkunft im Industriegebiet als dauerhafte Wohnung für wen auch immer benutzen möchte. Wenn überhaupt ginge es um Puffer für ein paar Monate, aber ich befürchte, dass unsere Bürokraten daraus sehr schnell Jahre machen würden.
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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

@Eulenspiegel
Das sind dann eher verquere Gesetze, die auf "Ganz oder gar nichts" beruhen.
Entweder du bekommst gar nichts oder du bekommst die ganze Hand.
Hier wäre es sinnvoll, den Leuten auch den kleinen Finger zuzugestehen: Für die Leute, die gar nichts bekommen, wäre das eine große Verbesserung.
Da gibt es so ein Prinzip, das nennt sich Rechtsicherheit. Sprich der Staat muss sich an seine eigenen Gesetze halten. Sprich wenn der Staat entscheidet X gilt, dann gilt auch X und nicht Y wenn es Verwaltungsbeamten Z mal besser in den Kram passt.
Wenn man ihnen erlauben würde, im Gewerbegebiet eine Wohnung zu bauen, aber auf Lärmschutz zu verzichten, solange sie im Gewerbegebiet leben, wären beiden geholfen: Der Staat wäre effizienter und die Bürger hätten mehr Rechte: Für Bürger außerhalb des Gewerbegebietes ändert sich nichts, sie hätten immer noch das Recht auf Lärmschutz. Und für Leute ohne Wohnung haben wir sogar eine Verbesserung, da sie so wenigstens eine Wohnung bekommen.
Junge, es gibt nicht immer nur zwei Partein. Es ist nicht immer Staat Bürger sondern öfter Bürger 1, Bürger 2, Amt 1, Amt 2, Bürger 3 und Komplexere Konstellationen. Du erlaubtst in Gewerbegebieten zu Wohnungen zu bauen aber die Lärmschutzverordnungen gelten nicht.
Bauunternehmer A sieht jetzt das Geschäft seines Lebens und kauf billig Gewerbeflächen in der Spekulation sie als Wohnflächen zu verkaufen. Familie 1-20 kauft sich die Wohnflächen, Unternehmer A-C haben ihre Firma im Gewerbegebiet und expandieren etwas dadurch nimmt der LKW Lärm zu. Das stört die Anwohner. Und jetzt kannst du teure Lärmschutzanlagen bauen oder es einfach dabei belassen. Oder sagen wir die Unternehmen waren Langsamer. Jetzt ist damit ein Gewerbegebiet zu einem Wohngebiet geworden...

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Mustafa ben Ali
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Ungelesener Beitrag von Mustafa ben Ali »

Es gibt seit diesem Jahr auch Urbane Gebiete.
https://de.wikipedia.org/wiki/Urbanes_Gebiet
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Ungelesener Beitrag von Andwari »

Die Flüchtlingsunterkunft in Perlach ist halt nicht nur im Gewerbegebiet, sondern auch neben einem bestehenden Wohngebiet - die Mauer trennt also zum Wohngebiet ab.
In der direkten Umgebung der Flüchtlingsunterkunft sind Wertstoffhof, Autoschrauber, Geothermie- Elektronik- und Heizungsbauer = so wie man sich das vorstellt, die UMFs würden - wenn denn welche da sind - nicht nur auf einen Bolzplatz gehen sondern auch gleich die Hinterhöfe verschiedener Gewerke kennenlernen und erfahren, dass sich Kleingewerbetreibende Samstag nachmittag alle am Wertstoffhof treffen.

Ein 4 Meter hoher Gabionen-Wall ist natürlich völliger Unsinn - aber halt typisch, wenn ein öffentlicher Eigentümer sonst Gefahr liefe, sich selbst Nutzungsbeschränkungen auferlegen zu müssen - da werden lieber nach Gutachten hunderttausende Euro verbuddelt um hinterher sagen zu können "keine Lärmimmission mehr da" als sich z.B. mit wenigen tausend Euro Zaun + wenigen tausend Euro Zahlungen an die dann nicht mehr so traurigen Nachbarn zu behelfen.
Fehler dabei war vmtl. dass halt für die schnelle Errichtung des Heims nicht mal die Verfahren eingehalten wurden, die einem Nachbar sonst ermöglichen, bei Bauten im benachbarten Gewerbegebiet sich wg. Lärm zu melden - wo der Nachbar wahrscheinlich nicht viel rausholen könnte, weil Gewerbegebiet wo es nun mal auch laut sein kann. Die betreffende Stelle sieht eigentlich aus als sei die Teil des Gewerbegebiets und nicht völlig ins Grüne gebaut = da hätte vmtl. auch ein Gewerbebetrieb angesiedelt werden können.

@Mustafa ben Ali
Das stimmt - passt hier aber nicht, beim "Urbanen Gebiet" geht es eher um schon städtische Lagen, die halt bisher nicht als "Kerngebiet" ausgewiesen waren aber doch ähnlich sein sollen. Die neugebauten Flüchtlingsheime sind überwiegend am Rand zum Acker, d.h. da wo im Gewerbegebiet noch Platz war.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Der Bau zusätzlicher Flüchtlingskünfte war auch unter stadtplanerischen Gesichtspunkten eine absolute Ausnahmesituation. Wer sich in der Bauleitplanung ein wenig auskennt weiß, dass Planungsprozesse unglaublich langwidrig sein können, egal ob es sich nun um ein Neubaugebiet für Wohnen oder um ein komplexes Bauvorhaben auf einer innerstädtischen Brachfläche handelt.

Für die ganzen Verfahrensschritte,die für eine rechtsichere Bauleitplanung erforderlich sind, hatte man keine Zeit, deshalb hat man ja mit irgendwelchen Sondergenehmigungen schnell irgendwas hochgezogen, wo gerade Platz war und wo man mit keinen nennenswerten Widerständen rechnen musste.

Ein Problem, das die Wohnungsknappheit auch verursacht, sind die zahlreichen Vorschriften für alles mögliche. So gibt es z. B. zahlreiche aufgegebenen Kasernen mit Wohngebäuden, in denen früher ausländische Soldaten mit ihren Familien gewohnt haben. Klar entsprechen die nicht dem neuesten Standard, aber es gibt etliche, die wirklich noch ok sind. Ich selbst bin bereits in etlichen dieser Häuser gewesen und aus vielen könnte man echt was machen. Aber stattdessen gammeln die halt rum und davon werden die halt nicht besser.

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Talasha
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sagista hat geschrieben: 18.11.2017 00:26 Ein Problem, das die Wohnungsknappheit auch verursacht, sind die zahlreichen Vorschriften für alles mögliche. So gibt es z. B. zahlreiche aufgegebenen Kasernen mit Wohngebäuden, in denen früher ausländische Soldaten mit ihren Familien gewohnt haben. Klar entsprechen die nicht dem neuesten Standard, aber es gibt etliche, die wirklich noch ok sind. Ich selbst bin bereits in etlichen dieser Häuser gewesen und aus vielen könnte man echt was machen. Aber stattdessen gammeln die halt rum und davon werden die halt nicht besser.
In den Großstadtzeitungen gibt esimmer wieder Listen von Leerstehnden städtischen WOhnungen, die manchmal einfach nur vermietet werden müssten, es aber nicht werden weil sich keiner der örtliche Bürokraten die ARbeit machen möchte, sondern lieber darauf wartet die Gebäude ab zu reißen und dann selbst zu planen, macht sich auch besser im Lebenslauf und bei Besoldungserhöhungen.
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Spoiler
Talasha hat geschrieben: 18.11.2017 00:39 In den Großstadtzeitungen gibt esimmer wieder Listen von Leerstehnden städtischen WOhnungen, die manchmal einfach nur vermietet werden müssten, es aber nicht werden weil sich keiner der örtliche Bürokraten die ARbeit machen möchte, sondern lieber darauf wartet die Gebäude ab zu reißen und dann selbst zu planen, macht sich auch besser im Lebenslauf und bei Besoldungserhöhungen.
Ich glaube, da geht ein bisschen was durcheinander.
Wenn eine Kommune ein unprofitables Gebäude abreissen lassen möchte, ist das nicht sehr schwierig, wenn es sich im kommunalen Besitz befindet. I. d. R. macht es aber bedeutend mehr Arbeit, Wohnblöcke abreißen zu lassen und neu zu beplanen, anstatt zu versuchen, die städtischen Wohnungen zu vermieten, meist dann eher an Haushalte mit geringem Einkommen. In vielen Kommunen gibt es große Gebäudekomplexe aus den 1960er / 1970er Jahren, in denen kaum noch wer wohnen will. Das ist weniger der Bequemlichkeit der örtlichen Verwaltung zuzuschreiben als vielmehr der mangelnden Nachfrage. Deswegen reisst man diese Dinger auch gern ab, was aus städtebaulichen Gründen auch sinnvoll ist.

Die Häuser, die ich meinte, stehen dem örtlichen Wohnungsmarkt überhaupt nicht zur Verfügung und das ist das, was ich bedaure, zumal die Wohnstandorte der Kasernen durchaus architektonisch reizvoll sind. Das sind eben keine Plattenbauten sondern häufig Einfamilienhäuser oder ansprechende Geschosswohnungsbauten mit vier bis sechs Wohneinheiten.

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Zorni
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