Ich melde mich jetzt zum ersten Mal hier im Forum um ein Abenteuer zu kommentieren.
Als Charakter habe ich einen brabakischen Nekromanten/Dämonologen gespielt, der gerade alleine aus Richtung Al'Anfa kam und das Abenteuer daher alleine gespielt hat.Ich hatte dabei wirklich eine Menge Spaß. Allerdings weiß ich auch, dass der Meister einiges verändert hat.
Der Einstieg lief nicht über den (wohl vorgesehenen) Geschichtenerzähler, sondern über eine Gruppe von Tocamuyac, mit denen mein Charakter ohnehin Handel getrieben hatte. Die Schwester eines Stammesmitglieds in das er sich verguckt hatte war von einem Elementarwesen (einem Luftdschinn mit Seelenfragment eines der ursprünglichen sechs Geschwister) kontaktiert worden und hatte danach Symptome gezeigt, für die man den Brabaker zu Rate gezogen hat. Damit war die Einbindung für mich als Spieler direkt persönlicher als irgendeine Geschichte, die man auf dem Markt hört.
Die Bibliothek von Selem war eins meiner großen Highlights, ich kann allerdings nicht sagen, ob ein Besuch im Abenteuer eigentlich vorgesehen ist - zu Recherchezwecken wäre es allerdings aus meiner Sicht logisch. Der ursprüngliche Hüter der Bibliothek ist von unserem Meister glaubhaft dargestellt worden. Hat man etwas getan, was ihm gegen den Strich ging, kam der Geist näher und der eigene Charakter begann das Fieber zu spüren, an dem der Hüter gestorben war. Das war in den ersten Gesprächen bei mir eigentlich immer der Fall, weil der Geist nachvollziehbarer Weise nicht unbedingt von einem Nekromanten begeistert war. Das Fieber brachte Schwäche mit sich und ließ einem Schweiß auf die Stirn treten, während sich die Hitze des Fiebers einen Weg durch den eigenen Körper brannte. Die Anfälle waren sehr akut und nahmen mit schwindendem Abstand zum Geist an Intensität zu, sodass eine Berührung möglicherweise zum Tod geführt hätte. Später - nach Übergabe einiger lokaler Schriften an die Bibliothek - war der Geist zugänglicher, wenn auch immer noch schwierig zu handhaben. Seine standhafte Weigerung den Helden auch nur in die Nähe wertvollerer Bücher zu lassen war eine ziemliche Herausforderung, wenn man vermeiden wollte ihn gleich wieder zu verärgern.
Dazu kommt die Entdeckung welche Schätze dort lagern und die Erkenntnis, dass niemand sie je wirklich wird nutzen können.
Grund dafür ist ein Zauber oder Fluch, der jedem Besucher der Bibliothek schon bald die Erinnerung an das, was er in der Bibliothek gesehen hat wieder aus dem Gedächtnis tilgt und es in der schwülen Letargie Selems verschwinden lässt. Mein Charakter hatte lediglich das Glück sich schon in der Bibliothek entsprechende Notizen gemacht zu haben, aus denen er später Einzelheiten rekonstruieren konnte.
Ein paar halbherzige Versuche den modernden Bestand der Bibliothek noch zu retten waren dann leider auch zum Scheitern verurteilt.
Die Reise durch den Sumpf nachdem man erst einmal sein Ziel ausgemacht hatte, war zwar für meinen Charakter äußerst unangenehm, für mich dafür umso interessanter. Ich habe sie auch nicht als gefährlichen Verbindungsteil zwischen den zwei Haupthandlungsorten des Abenteuers betrachtet, sondern eher als Möglichkeit zu erfahren wo die Komfortzone des eigenen Charakters endet. Der Sumpf war schon eine ziemliche Herausforderung für den Magier, der eigentlich gewohnt war jeden Abend ein Bett zur Verfügung zu haben, um sich dort in zumindest relativer Sicherheit auszuruhen. Zwar hat ihn die angebetete Tocamuyak begleitet, allerdings war der tiefe Sumpf auch nicht ihr Heimat-Terrain, sodass sie aufeinander achten müssen. Sie musste ihm z.B. Käfer aus dem Bein schneiden, während er gezwungen war mit dem Stab auf eines der Krokodile loszugehen. Wechselnde Nachtwachen und das ständige Krabbeln, Brüllen und Knurren der umgebenden Fauna haben diesen Abschnitt noch darüber hinaus mit genug Spannung versorgt, um ihn kurzweilig zu halten.
Die Villa und der "Garten" der Geschwister waren für mich der zweite große Pluspunkt des Abenteuers. Nicht nur, dass beides einen absoluten Kontrast zu dem Dschungel außen herum geboten hat, es war auch - gerade für einen einzelnen Charakter - ein tolles Erlebnis in diesem potentiell gefährlichen Gebiet durch Logik und nicht durch Kampfkraft überleben und weiterkommen zu können. Für jedes Problem, dass sich einem stellte gab es eine nachvollziehbare Lösung. Beispielsweise konnte man über einen See gelangen, wenn man nur erkannte, dass man auf einer abgebrochenen Eisscholle entlang der Strömung das andere Ufer erreichen konnte.
Ich fand' dabei nicht einmal, dass man um die elementaren Wechselwirkungen wissen musste. Schlussendlich reichte es zu erkennen, dass gewisse Elemente sich gegenseitig schwächen oder sogar vernichten - und das konnte man im Garten öfter sehen.
In der Villa war es gänzlich um meinen Charakter geschehen. Die schiere Macht eines bisher unbekannten Elementarismus', die Pracht der Einrichtung und die Selbstverständlichkeit mit der die Restaspekte der Geschwister nach tulamidischer Sitte Hausschuhe für Besucher vorhielten hat ihn tief beeindruckt. Ich persönlich fand' es darüber hinaus spannend die Geschichte Stück für Stück zu erfahren, zu erkennen, dass das Gegenüber mit dem man spricht sich bewusst ist nur der Nachhall einer Seele zu sein und in direkter Nähe der eigentlichen Gefahr eine ruhige und luxuriöse Nacht zu verbringen.
Das Finale war ebenfalls mit Logik (und den rechten Zaubern) zu meistern. Der Umstand, dass die Eisrose offensichtlich äußerst potent war und mit einem Teil seines Gegenelements vernichtet werden musste, war durch die anderen Elementarwesen zu erfahren - die pure Macht auch an den gescheiterten Vorgängern zu sehen. Hier ist Kreativität gefragt, da es keinen Gegner zu bekämpfen, sondern ihn lange genug zu überleben gilt. Mein Charakter hat mit dem Ecliptifactus seinen Schatten durch die Kälte geschickt, um die Rose zu vernichten, da dieser nicht einfrieren konnte. Zwar war auch das knapp, aber es hat - jedenfalls bei meinem Spielleiter - funktioniert.
Ebenfalls passend fand' ich den Abspann, in dem zumindest mein Spielleiter das bisher von den Geschwistern erhaltene Haus dem Verfall durch den umgebenden Sumpf preisgegeben hat. Auf diese Weise konnte man quasi zusehen, wie der Zustand des ganzen Geländes sich verschlechterte und all die Pracht und die Macht wurden von einem wunderbaren Traum langsam zu einem Teil der verrottenden Realität.
Zwar konnte ich ein paar Stücke vor der Vernichtung retten, lange jedoch nicht alles.
Noch kurz hinterher:
Pros:
+ Eine märchenhafte Story
+ Ein Einblick in eine Magierichtung, die vielleicht auch für Spielercharaktere interessant ist
+ Wechselnde Szenerien, die für Einsteiger die Anwendung verschiedener Talente ermöglichen
+ Es ist - jedenfalls nach meiner lesart keine überragende Kampfkraft nötig, sodass auch schwächere Gruppen ohne Probleme das Abenteuer bestehen können
Cons:
- Der Standard-Einstieg ist vielleicht nicht unbedingt überzeugend
- Selem ist als Stadt meiner Ansicht nach nicht unbedingt für Einsteiger (Spieler wie Spielleiter) geeignet